Ihr erinnert euch?
Gut.
Tuomas Valentin saß auf einem Häuserdach und rauchte. Nachdenklich blies er den grauen Rauch durch die Nase und beobachtete, wie die dünnen Schleier vom Wind zerrissen und davongeweht wurden.
Es war eine ruhige Nacht und die Stadt lag still da. Hier, in den Nebenstraßen, war sowieso um diese Uhrzeit nichts mehr los. Der Wind war kühl und angenehm, die Luft roch nach dem kommenden Regen, der Mond am Himmel war groß und golden. Tuomas mochte diese Nächte; sie trugen etwas unterschwellig Bedrohliches mit sich.
Seine Lippen bewegten sich tonlos, als er im Kopf ein Lied sang und sich fragte, was ihm diese Nacht wohl noch bringen würde. Er lebte für den Augenblick. Seine Zukunft ließ er kommen, die Vergangenheit gehen. So hielt er es seit Jahren. Bisher hatte es ihm weder etwas gebracht noch geschadet.
Ein warf einen Blick auf die Armbanduhr, die er, obgleich er Rechtshänder war, am rechten Handgelenk trug. Halb fünf in der Früh. „Scheiße“, seufzte er leise und schnippte seinen Zigarettenstummel in die Tiefe. „Ich brauch jetzt ’nen Kaffee.“
Er erhob sich, schritt gemächlich zum Rand des Schieferdaches und blickte sich um. Hier waren keine Fenster mehr hinter geschlossenen Rollos und vorgezogenen Vorhängen erleuchtet, niemand war mehr wach, kein Auto fuhr vorbei. Tuomas schob seine Hände in seine Hosentaschen und ließ sich fallen.
Jeder andere wäre gestorben. Aber Tuomas war nicht wie jeder andere, und das wusste er. Ein Sprung aus dieser Höhe brächte ihn nicht einmal um, wenn er kopfüber aufkäme.
Er landete wie eine Katze auf den Füßen und federte seinen Aufprall in den Knien ab, ohne die Hände aus den Hosentaschen genommen zu haben. Er blickte die Straße hinauf und hinab, aber niemand war zu sehen. Nur die Straßenlaterne an der Ecke flackerte.
Er machte sich auf den Weg zur nächstbesten Tankstelle.
Tuomas war keineswegs eine alltägliche Gestalt, aber nicht so auffällig, dass die Menschen skeptisch wurden. Gekleidet war er wie eine abstruse Mischung aus Punker, Rocker und Goth – seine graue Jeans war zerschlissen und löchrig, die Nietengürtel und Ketten um seine schmale Hüfte klirrten bei jedem Schritt leise. Seine schwarzen Converse waren bis zur Ausdünnung abgetragen, ebenso der hellgraue, knielange Stoffmantel, der wirklich schon bessere Tage gesehen hatte.
Aus einer Gesäßtasche friemelte Tuomas seine zerknitterte Zigarettenpackung, schob sich eine Kippe zwischen die Lippen und zündete sie an; eine kleine Flamme züngelte seinen Finger entlang und schon glimmte der Tabak in der Dunkelheit auf. Tuomas inhalierte, hielt einen Moment die Luft an und seufzte dann.
Die Tankstelle war eine Oase weißen, künstlichen Lichtes in der Nacht und bis auf die Verkäuferin menschenleer, als Tuomas das Grundstück betrat. Die Türflügel surrten leise, als sie sich öffneten und ihn einließen. Es war warm in dem kleinen Supermarkt, die Luft war trocken und roch nach lange gelagerten Lebensmitteln und Autozubehör. Die junge Frau hinter der Theke erwachte aus ihrem Halbschlaf, als er an sie herantrat.
„Haben Sie Espresso?“, fragte er und schob einen zerknitterten Geldschein über den Tresen. Auf ihr Nicken hin fügte er hinzu: „Mit viel Zucker.“
„Was machen Sie um diese Uhrzeit noch hier draußen?“, fragte die Verkäuferin redselig und schob einen Pappbecher unter die Espressomaschine. „Es ist echt selten, dass um diese Uhrzeit noch wer vorbeikommt... Zwei fünfzig macht das.“
Tuomas nahm den Becher, ignorierte die sengende Hitze, ließ ihr den Geldschein ohne Wechselgeld zurück und trank seinen Espresso schon aus, ehe er aus dem Laden war.
Aus der Dunkelheit draußen kam ein junger Mann auf den Supermarkt zu und Tuomas blieb stehen, um die Türe nicht zu verstopfen, trank den letzten, kleinen Schluck Espresso und warf den Pappbecher dann in den langsam überquellenden Mülleimer neben sich, als der Mann endlich ein Dankeschön nickend an ihm vorbeitrat. Einen Moment lang saugte sich Tuomas’ Blick an der dunklen Sonnenbrille des Mannes fest, bis er entschloss, dass es ihn nichts anging, ob ein Fremder nun um fünf Uhr nachts eine Sonnenbrille trug oder nicht.
Es war an der Zeit, nach Hause zu gehen.
Tuomas’ Wohnung lag etwas außerhalb der Stadt. Mit der Straßenbahn, die um diese Uhrzeit weder kontrolliert noch viel genutzt wurde, war er gut und gerne eine halbe Stunde unterwegs, aber das störte ihn nicht. Er mochte es, in der Bahn zu stehen und nach draußen zu sehen, solange, bis er aussteigen musste. Von der Haltestelle waren es nur noch wenige Schritte bis zu dem Wohnhaus, in dem er seine kleine 2-Zimmerwohnung hatte.
Er machte im Treppenhaus kein Licht, und auch in seiner Wohnung selbst nicht, schmiss nur den Mantel auf die Garderobe, den Schlüssel auf eine Ablage und trottete den kleinen Flur entlang, an dessen Ende das penetrante Blinken des Anrufbeantworters seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte.
Eine neue Nachricht in den letzten vierundzwanzig Stunden. Sowas, er war ja richtig gefragt...
Er tippte auf den blinkenden Knopf, ging dann in die Küche und suchte nach einer unbenutzten Kaffeetasse, während ihm sein Anrufbeantworter die Aufnahme einer sonoren, älteren Männerstimme vordudelte. „Guten Tag, Herr Valentin.“
„Nicht der schon wieder“, erklang Tuomas’ Stimme aus einem seiner Schränke, in den er sich gebeugt hatte und noch eine Tasse vermutete.
„Ich habe“, schnorrte der Anrufbeantworter ungerührt, „schon mehrmals versucht, Sie zu erreichen, aber Sie waren wohl außer Haus. Ein neuer Auftrag vielleicht?“
„Selbst wenn, was geht dich das an?“ Tuomas zog sich aus dem Schrank zurück, stieß sich dabei den Kopf und stellte dann fluchend die Tasse unter seine Espressomaschine, die ihm surrend seinen Kaffee ausspuckte.
„Wie Sie hoffentlich schon gesehen haben, ist Ihnen das Geld für unseren letzten Klienten pünktlich gebracht worden“, fuhr das Tonband unbeirrt fort. „Ich möchte Ärger mit Ihnen vermeiden, wie Sie wissen. Melden Sie sich, wenn etwas nach Ihrer Unzufriedenheit verlaufen ist, und ich werde Sie entschädigen!“
„Hör auf, mich anzurufen, verdammt noch mal.“ Tuomas schaufelte sechs gut gehäufte Löffel Zucker in seinen Kaffee und fragte sich, warum er sich die Mühe machte, mit seinem Anrufbeantworter zu reden. Wahrscheinlich war er wirklich vereinsamt in den letzten Jahren.
„So weit, so gut. Herr Valentin, ich habe einen weiteren Auftrag für Sie.“
„Ach was, so ein Zufall.“ Tuomas ließ sich auf einen klapprigen Küchenstuhl sinken und rührte in seinem Kaffee, während er zuhörte.
„Ich möchte, dass Sie am dreiundzwanzigsten dieses Monats in mein Büro kommen, gerne wieder gegen Mitternacht, wie Sie es bevorzugen. Ich werde da sein. Ich möchte am Telefon nicht allzu detailliert werden, aus Sicherheitsgründen, wie Sie sicher verstehen.“
„Meine Leitung wird nicht abgehört“, grunzte Tuomas und kippte seinen Kaffee, stand dann auf und würgte dem Anrufbeantworter das Wort ab, als er ihn abschaltete. „Alter Mann, du hast zu viele Feinde. Ich glaube nicht, dass ich einen zweiten Auftrag für dich ausführe. Es sei denn, ich kaufe mir eine wirklich teure Spülmaschine von deinem letzten Geld.“ Sein Blick fiel auf den schwarzen Lederkoffer, der sporadisch unter seiner Garderobe stand und kaum beachtet worden war, seit er den Besitzer gewechselt hatte. Tuomas ergriff den Henkel und stellte den Koffer auf den Küchentisch, öffnete die beiden Zahlenschlösser und betrachtete die Geldscheine, die, hübsch gebunden und gestapelt, nebeneinander auf dem dunklen Innenfutter ruhten und auf Benutzung warteten. Fünfstelliger Betrag in kleinen Scheinen. Davon würde es sich eine Weile leben lassen, fand Tuomas, und eine Spülmaschine war auch drin. Er hatte nämlich keine Lust mehr, den angetrockneten Kaffee in seinen Tassen per Hand abwaschen zu müssen. Neue Schuhe könnte er sich auch kaufen. Tuomas sah hinab auf seine abgetragenen Turnschuhe, deren Spitzen unter der abgewetzten Schlaghose hervorlugten. Seit mehreren Jahren trug er seine schwarzen Converse jeden Tag, bei jedem Wetter. Er entschied sich gegen neue Schuhe. An manchen Dingen hing sein Herz dann doch. An seinen Tretern eher noch als eingetrockneten Kaffeeresten.
Tuomas ließ den Koffer zuklappen und ließ ihn unbeachtet auf seinem Küchentisch liegen, als er sich seine Schuhe auszog, irgendwo im Flur in eine Ecke warf, dann in sein kleines Schlafzimmer ging, seine Kleidung auszog und auf seinen Sessel warf, um ins Bett zu kippen, sich unter seine Bettdecke zu wühlen und ein paar Stunden leichten Schaf zu finden.
To be continued...
Gut.
»Chaos entstand von allem zuerst.«
Aristoteles, Metaphysik
Prolog
Dunkelbau schimmerte Wasser, soweit das Auge reichte. Licht spiegelte sich in den ruhigen Wellen, deren Fluss seit Zeitaltern von keiner Bewegung, keinem Windstoß aus ihrem Rhythmus gebracht worden war. Die ganze Oberfläche war von Wasser umhüllt, das hüfthoch über dem sandigen Boden plätscherte.
Würde man diesen Stern von weit, weit entfernt bei Nacht beobachten, neben all den anderen, wäre er das hellste Licht am Himmel.
An drei mächtigen Säulen hatte man das Licht dieses Gestirns gebunden, den Wächter. In all der Dunkelheit des Alls leuchtete sein Körper, flutete das Wasser mit Licht. Doch sein Hals und seine Arme waren in Ketten gelegt, sein Körper durch das ewige Wasser ermattet und seine Kraft abgestumpft. Seit Ewigkeiten hatte er sich nicht bewegt, hing leblos da, das lange Haar versank im Wasser.
Bis zur ultimativen Vernichtung, allen Endes und Anfangs, sollte der Wächter gefesselt ausharren.
Und nun lösten sich seine Fesseln.
DAS CHAOS
Kapitel 1
Tuomas
Aristoteles, Metaphysik
Prolog
Dunkelbau schimmerte Wasser, soweit das Auge reichte. Licht spiegelte sich in den ruhigen Wellen, deren Fluss seit Zeitaltern von keiner Bewegung, keinem Windstoß aus ihrem Rhythmus gebracht worden war. Die ganze Oberfläche war von Wasser umhüllt, das hüfthoch über dem sandigen Boden plätscherte.
Würde man diesen Stern von weit, weit entfernt bei Nacht beobachten, neben all den anderen, wäre er das hellste Licht am Himmel.
An drei mächtigen Säulen hatte man das Licht dieses Gestirns gebunden, den Wächter. In all der Dunkelheit des Alls leuchtete sein Körper, flutete das Wasser mit Licht. Doch sein Hals und seine Arme waren in Ketten gelegt, sein Körper durch das ewige Wasser ermattet und seine Kraft abgestumpft. Seit Ewigkeiten hatte er sich nicht bewegt, hing leblos da, das lange Haar versank im Wasser.
Bis zur ultimativen Vernichtung, allen Endes und Anfangs, sollte der Wächter gefesselt ausharren.
Und nun lösten sich seine Fesseln.
DAS CHAOS
Kapitel 1
Tuomas
Tuomas Valentin saß auf einem Häuserdach und rauchte. Nachdenklich blies er den grauen Rauch durch die Nase und beobachtete, wie die dünnen Schleier vom Wind zerrissen und davongeweht wurden.
Es war eine ruhige Nacht und die Stadt lag still da. Hier, in den Nebenstraßen, war sowieso um diese Uhrzeit nichts mehr los. Der Wind war kühl und angenehm, die Luft roch nach dem kommenden Regen, der Mond am Himmel war groß und golden. Tuomas mochte diese Nächte; sie trugen etwas unterschwellig Bedrohliches mit sich.
Seine Lippen bewegten sich tonlos, als er im Kopf ein Lied sang und sich fragte, was ihm diese Nacht wohl noch bringen würde. Er lebte für den Augenblick. Seine Zukunft ließ er kommen, die Vergangenheit gehen. So hielt er es seit Jahren. Bisher hatte es ihm weder etwas gebracht noch geschadet.
Ein warf einen Blick auf die Armbanduhr, die er, obgleich er Rechtshänder war, am rechten Handgelenk trug. Halb fünf in der Früh. „Scheiße“, seufzte er leise und schnippte seinen Zigarettenstummel in die Tiefe. „Ich brauch jetzt ’nen Kaffee.“
Er erhob sich, schritt gemächlich zum Rand des Schieferdaches und blickte sich um. Hier waren keine Fenster mehr hinter geschlossenen Rollos und vorgezogenen Vorhängen erleuchtet, niemand war mehr wach, kein Auto fuhr vorbei. Tuomas schob seine Hände in seine Hosentaschen und ließ sich fallen.
Jeder andere wäre gestorben. Aber Tuomas war nicht wie jeder andere, und das wusste er. Ein Sprung aus dieser Höhe brächte ihn nicht einmal um, wenn er kopfüber aufkäme.
Er landete wie eine Katze auf den Füßen und federte seinen Aufprall in den Knien ab, ohne die Hände aus den Hosentaschen genommen zu haben. Er blickte die Straße hinauf und hinab, aber niemand war zu sehen. Nur die Straßenlaterne an der Ecke flackerte.
Er machte sich auf den Weg zur nächstbesten Tankstelle.
Tuomas war keineswegs eine alltägliche Gestalt, aber nicht so auffällig, dass die Menschen skeptisch wurden. Gekleidet war er wie eine abstruse Mischung aus Punker, Rocker und Goth – seine graue Jeans war zerschlissen und löchrig, die Nietengürtel und Ketten um seine schmale Hüfte klirrten bei jedem Schritt leise. Seine schwarzen Converse waren bis zur Ausdünnung abgetragen, ebenso der hellgraue, knielange Stoffmantel, der wirklich schon bessere Tage gesehen hatte.
Aus einer Gesäßtasche friemelte Tuomas seine zerknitterte Zigarettenpackung, schob sich eine Kippe zwischen die Lippen und zündete sie an; eine kleine Flamme züngelte seinen Finger entlang und schon glimmte der Tabak in der Dunkelheit auf. Tuomas inhalierte, hielt einen Moment die Luft an und seufzte dann.
Die Tankstelle war eine Oase weißen, künstlichen Lichtes in der Nacht und bis auf die Verkäuferin menschenleer, als Tuomas das Grundstück betrat. Die Türflügel surrten leise, als sie sich öffneten und ihn einließen. Es war warm in dem kleinen Supermarkt, die Luft war trocken und roch nach lange gelagerten Lebensmitteln und Autozubehör. Die junge Frau hinter der Theke erwachte aus ihrem Halbschlaf, als er an sie herantrat.
„Haben Sie Espresso?“, fragte er und schob einen zerknitterten Geldschein über den Tresen. Auf ihr Nicken hin fügte er hinzu: „Mit viel Zucker.“
„Was machen Sie um diese Uhrzeit noch hier draußen?“, fragte die Verkäuferin redselig und schob einen Pappbecher unter die Espressomaschine. „Es ist echt selten, dass um diese Uhrzeit noch wer vorbeikommt... Zwei fünfzig macht das.“
Tuomas nahm den Becher, ignorierte die sengende Hitze, ließ ihr den Geldschein ohne Wechselgeld zurück und trank seinen Espresso schon aus, ehe er aus dem Laden war.
Aus der Dunkelheit draußen kam ein junger Mann auf den Supermarkt zu und Tuomas blieb stehen, um die Türe nicht zu verstopfen, trank den letzten, kleinen Schluck Espresso und warf den Pappbecher dann in den langsam überquellenden Mülleimer neben sich, als der Mann endlich ein Dankeschön nickend an ihm vorbeitrat. Einen Moment lang saugte sich Tuomas’ Blick an der dunklen Sonnenbrille des Mannes fest, bis er entschloss, dass es ihn nichts anging, ob ein Fremder nun um fünf Uhr nachts eine Sonnenbrille trug oder nicht.
Es war an der Zeit, nach Hause zu gehen.
Tuomas’ Wohnung lag etwas außerhalb der Stadt. Mit der Straßenbahn, die um diese Uhrzeit weder kontrolliert noch viel genutzt wurde, war er gut und gerne eine halbe Stunde unterwegs, aber das störte ihn nicht. Er mochte es, in der Bahn zu stehen und nach draußen zu sehen, solange, bis er aussteigen musste. Von der Haltestelle waren es nur noch wenige Schritte bis zu dem Wohnhaus, in dem er seine kleine 2-Zimmerwohnung hatte.
Er machte im Treppenhaus kein Licht, und auch in seiner Wohnung selbst nicht, schmiss nur den Mantel auf die Garderobe, den Schlüssel auf eine Ablage und trottete den kleinen Flur entlang, an dessen Ende das penetrante Blinken des Anrufbeantworters seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte.
Eine neue Nachricht in den letzten vierundzwanzig Stunden. Sowas, er war ja richtig gefragt...
Er tippte auf den blinkenden Knopf, ging dann in die Küche und suchte nach einer unbenutzten Kaffeetasse, während ihm sein Anrufbeantworter die Aufnahme einer sonoren, älteren Männerstimme vordudelte. „Guten Tag, Herr Valentin.“
„Nicht der schon wieder“, erklang Tuomas’ Stimme aus einem seiner Schränke, in den er sich gebeugt hatte und noch eine Tasse vermutete.
„Ich habe“, schnorrte der Anrufbeantworter ungerührt, „schon mehrmals versucht, Sie zu erreichen, aber Sie waren wohl außer Haus. Ein neuer Auftrag vielleicht?“
„Selbst wenn, was geht dich das an?“ Tuomas zog sich aus dem Schrank zurück, stieß sich dabei den Kopf und stellte dann fluchend die Tasse unter seine Espressomaschine, die ihm surrend seinen Kaffee ausspuckte.
„Wie Sie hoffentlich schon gesehen haben, ist Ihnen das Geld für unseren letzten Klienten pünktlich gebracht worden“, fuhr das Tonband unbeirrt fort. „Ich möchte Ärger mit Ihnen vermeiden, wie Sie wissen. Melden Sie sich, wenn etwas nach Ihrer Unzufriedenheit verlaufen ist, und ich werde Sie entschädigen!“
„Hör auf, mich anzurufen, verdammt noch mal.“ Tuomas schaufelte sechs gut gehäufte Löffel Zucker in seinen Kaffee und fragte sich, warum er sich die Mühe machte, mit seinem Anrufbeantworter zu reden. Wahrscheinlich war er wirklich vereinsamt in den letzten Jahren.
„So weit, so gut. Herr Valentin, ich habe einen weiteren Auftrag für Sie.“
„Ach was, so ein Zufall.“ Tuomas ließ sich auf einen klapprigen Küchenstuhl sinken und rührte in seinem Kaffee, während er zuhörte.
„Ich möchte, dass Sie am dreiundzwanzigsten dieses Monats in mein Büro kommen, gerne wieder gegen Mitternacht, wie Sie es bevorzugen. Ich werde da sein. Ich möchte am Telefon nicht allzu detailliert werden, aus Sicherheitsgründen, wie Sie sicher verstehen.“
„Meine Leitung wird nicht abgehört“, grunzte Tuomas und kippte seinen Kaffee, stand dann auf und würgte dem Anrufbeantworter das Wort ab, als er ihn abschaltete. „Alter Mann, du hast zu viele Feinde. Ich glaube nicht, dass ich einen zweiten Auftrag für dich ausführe. Es sei denn, ich kaufe mir eine wirklich teure Spülmaschine von deinem letzten Geld.“ Sein Blick fiel auf den schwarzen Lederkoffer, der sporadisch unter seiner Garderobe stand und kaum beachtet worden war, seit er den Besitzer gewechselt hatte. Tuomas ergriff den Henkel und stellte den Koffer auf den Küchentisch, öffnete die beiden Zahlenschlösser und betrachtete die Geldscheine, die, hübsch gebunden und gestapelt, nebeneinander auf dem dunklen Innenfutter ruhten und auf Benutzung warteten. Fünfstelliger Betrag in kleinen Scheinen. Davon würde es sich eine Weile leben lassen, fand Tuomas, und eine Spülmaschine war auch drin. Er hatte nämlich keine Lust mehr, den angetrockneten Kaffee in seinen Tassen per Hand abwaschen zu müssen. Neue Schuhe könnte er sich auch kaufen. Tuomas sah hinab auf seine abgetragenen Turnschuhe, deren Spitzen unter der abgewetzten Schlaghose hervorlugten. Seit mehreren Jahren trug er seine schwarzen Converse jeden Tag, bei jedem Wetter. Er entschied sich gegen neue Schuhe. An manchen Dingen hing sein Herz dann doch. An seinen Tretern eher noch als eingetrockneten Kaffeeresten.
Tuomas ließ den Koffer zuklappen und ließ ihn unbeachtet auf seinem Küchentisch liegen, als er sich seine Schuhe auszog, irgendwo im Flur in eine Ecke warf, dann in sein kleines Schlafzimmer ging, seine Kleidung auszog und auf seinen Sessel warf, um ins Bett zu kippen, sich unter seine Bettdecke zu wühlen und ein paar Stunden leichten Schaf zu finden.
To be continued...
⁂ Næhmachinery
Premonitions in the rising wind; tonight the stars will fall.
The world in a cyclone, pouring out.
No escape, but hey, who cares? Just go with the flow.
The world in a cyclone, pouring out.
No escape, but hey, who cares? Just go with the flow.