Camir...
Ich lese deine Texte regelmäßig, da das Fanworks hier (von ganz wenigen Ausnahemn abgesehen) ansonsten kaum etwas Adäquates bietet. Ich warte und warte ab, was passieren könnte, ob Action eintreten könnte - bisher leider noch nichts. Es gibt ein paar entscheidende Fehler, die du machst, die es aber auch wert sind, angeführt und besprochen zu werden. Schließlich ist es ja in der Tat möglich, deinen Text auszuformen, oder, wie mein Dozent etwas drastisch formuliert: "ihn noch zu retten". Du gibst dir Mühe, und es ist schön, wenn junge AutorInnen sich Mühe bei ihren Texten geben - deshalb sollte ihnen auch bestmöglich geholfen werden!
Schauen wir uns die Sache einmal an:
Du schreibst einen Fantasyroman, eine -erzählung, was auch immer. Das bietet dir einerseits Möglichkeiten, die dir der Realismus verwehrt, andererseits schränkt es dich enorm ein.
Du musst aufpassen, nicht platt zu werden. Eine unter vielen - wie viele Klonbücher gibt es schon? Elfen, Zwerge, Trolle, Drachen, Gnome, Tauren, Undeads, Humans. Du bleibst beim Menschen, das ist schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung. Fatal allerdings ist, dass du deine Story in mittelalterliche Gewande kleidest, auch das ist schon zu oft dagewesen, die Thematik ist verstaubt - was natürlich nicht heißen soll, dass es ein literarisches Tabuthema wäre.
Aber: Obacht ist geboten, Qualität muss für sich sprechen. Im Expressionismus war man auch plötzlich wieder wild auf Sonette, diese Formalwichsereien des ollen Gryphius, die sogar Goethe schon als unattraktiv und unbrauchbar abstempelte. Im Expressionismus feierten sie ihr Revival - aber nur, weil sie gut und anders waren.
Bei deiner Geschichte samt ihres Genres ist es sehr ähnlich: es ist tot. Es ist verbraucht, Bestseller zwar, zehrt aber letztlich alleine vom Konsum derer, die keinen blassen Schimmer von guter Literatur haben. Es ist Popliteratur und keine wirkliche Kunst. Das Fehlen jeglicher Polysemie trennt diese Bücher von Literatur (falls man diesen Begriff nicht allzu weit fasst).
Davon musst du dich lösen - wie tut man das am besten?
Ironie ist gefragt. Attraktiv wäre es zum Beispiel, das ganze Genre hopps zu nehmen und es an der Nase rumzuführen. Das gibt es zwar auch schon zuhauf, aber dies ist allemal erträglicher als der tröge Einheitsbrei. Ein, wie ich finde, sehr sinniger Ansatz: zerstöre dich, deine Geschichte, das ganze Genre - und bau es wieder neu auf! Nicht falsch verstehen, du musst natürlich nicht deine ganze Geschichte verwerfen. Nur ummodeln, das Konzept ändern.
Du bist nämlich in großer Gefahr: dein Text wird scheitern, wenn er nicht konkreter und schneller wird. Er dümpelt vor sich hin, es passiert hier eine Redundanz, dort eine - vielleicht ist sie wichtig und keine Redundanz, aber sie geht unter. Völlig unter, da sie vom Wulst der Dialoge überschwemmt wird. Diese musst du straffen, du musst eine ganze Menge herausnehmen. Manche (viele) deiner geposteten Auszüge bestehen zu 95% aus wörtlicher Rede, und diese zieht sich endlos. Das ist ein Fehler, der nicht begangen werden darf. Irgendwann fragt sich der Leser, ob deine Charaktere nicht ihre Feinde, sondern ihn selbst bekämpfen wollen. Und das wollen wir natürlich nicht, hier gilt es, aufzupassen.
Du willst schließlich episch schreiben und nicht dramatisch; oft genug dachte ich, ich befände mich in einer hofmansthaliensischen Konversationskommödie - was stellenweise zwar spaßig sein kann, allerdings nicht in eine Konversationstragödie abrutschen darf, das wäre tödlich!
Wörtliche Rede: okay, muss rein - nur wörtliche Rede: der sichere Lesertod.
Ein weiteres, genauso schwerwiegendes Mancko: dein Stil.
Natürlich, man fühlt sich in deiner Situation verpflichtet, möglichst authentisch zu schreiben - flechtet hier einen gräulichen Archaismus ein, euphemisiert und periphrasiert dort Dinge, die moderne Menschen schlicht beim Namen nennen würden. Eine große Schwäche des Genres, ich persönlich würde mir's deshalb nie zumuten. Dir sind die Hände gebunden, vieles geht einfach nicht, was bei Arno Schmidt oder Döblin zB hervorragend funktioniert und einfach gut ist! Problematisch sind da zum Beispiel - du als Linguistin kannst es sicher nachvollziehen - die schleppende Syntax, die vielen unnötigen Attribute, die plattgetrampelten Metaphern. All das kann einen Text ziemlich langweilig machen.
Deine Charaktere drücken sich zwar recht nachvollziehbar aus (man glaubt ihnen, dass sie in der Zeit leben, in der du sie ansiedelst), wirken dabei allerdings äußerst umständlich und schwerfällig. Ironie gibt es kaum, dabei ist sie die Seele jedes jungen Autorenherzens! Und wenn, dann ist sie leider zu plakativ, vorhersehbar und kastriert. Deine Charaktere müssen nicht witziger werden, keine Schelmen, Narren und Spitzbuben, aber du als Autorin. Bei all den Dialogen, die den Text fast schon zum epischen Theater machen, kannst du als Bert Brecht doch einmal auftauchen, und Salz in Wunden streuen, bösartig sein, frech etc: dir stehen viele Möglichkeiten offen. Es muss natürlich ein Bewusstseinswandel erfolgen um dies zu schaffen, sonst spricht letzten Endes ein antiker Chor zu uns. Aber halt, wir wollen ja kein Theater schaffen, sondern einen Roman schreiben. Daher nochmals eindringlich: Dialoge kürzen, mehr Action!
Soviel einmal hierzu, ich hoffe, ich konnte dir helfen und glaube, dass du die Kurve noch kriegen kannst, hin zur Literarizität, das traue ich dir durchaus zu, und das sage ich auch nicht jedem. Falls du Fragen hast oder weitere Tipps und Anregungen benötigst, kannst du mich gerne kontaktieren.
Ich wünsche dir noch viel Erfolg und Glück mit deinem Text!
Ich lese deine Texte regelmäßig, da das Fanworks hier (von ganz wenigen Ausnahemn abgesehen) ansonsten kaum etwas Adäquates bietet. Ich warte und warte ab, was passieren könnte, ob Action eintreten könnte - bisher leider noch nichts. Es gibt ein paar entscheidende Fehler, die du machst, die es aber auch wert sind, angeführt und besprochen zu werden. Schließlich ist es ja in der Tat möglich, deinen Text auszuformen, oder, wie mein Dozent etwas drastisch formuliert: "ihn noch zu retten". Du gibst dir Mühe, und es ist schön, wenn junge AutorInnen sich Mühe bei ihren Texten geben - deshalb sollte ihnen auch bestmöglich geholfen werden!
Schauen wir uns die Sache einmal an:
Du schreibst einen Fantasyroman, eine -erzählung, was auch immer. Das bietet dir einerseits Möglichkeiten, die dir der Realismus verwehrt, andererseits schränkt es dich enorm ein.
Du musst aufpassen, nicht platt zu werden. Eine unter vielen - wie viele Klonbücher gibt es schon? Elfen, Zwerge, Trolle, Drachen, Gnome, Tauren, Undeads, Humans. Du bleibst beim Menschen, das ist schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung. Fatal allerdings ist, dass du deine Story in mittelalterliche Gewande kleidest, auch das ist schon zu oft dagewesen, die Thematik ist verstaubt - was natürlich nicht heißen soll, dass es ein literarisches Tabuthema wäre.
Aber: Obacht ist geboten, Qualität muss für sich sprechen. Im Expressionismus war man auch plötzlich wieder wild auf Sonette, diese Formalwichsereien des ollen Gryphius, die sogar Goethe schon als unattraktiv und unbrauchbar abstempelte. Im Expressionismus feierten sie ihr Revival - aber nur, weil sie gut und anders waren.
Bei deiner Geschichte samt ihres Genres ist es sehr ähnlich: es ist tot. Es ist verbraucht, Bestseller zwar, zehrt aber letztlich alleine vom Konsum derer, die keinen blassen Schimmer von guter Literatur haben. Es ist Popliteratur und keine wirkliche Kunst. Das Fehlen jeglicher Polysemie trennt diese Bücher von Literatur (falls man diesen Begriff nicht allzu weit fasst).
Davon musst du dich lösen - wie tut man das am besten?
Ironie ist gefragt. Attraktiv wäre es zum Beispiel, das ganze Genre hopps zu nehmen und es an der Nase rumzuführen. Das gibt es zwar auch schon zuhauf, aber dies ist allemal erträglicher als der tröge Einheitsbrei. Ein, wie ich finde, sehr sinniger Ansatz: zerstöre dich, deine Geschichte, das ganze Genre - und bau es wieder neu auf! Nicht falsch verstehen, du musst natürlich nicht deine ganze Geschichte verwerfen. Nur ummodeln, das Konzept ändern.
Du bist nämlich in großer Gefahr: dein Text wird scheitern, wenn er nicht konkreter und schneller wird. Er dümpelt vor sich hin, es passiert hier eine Redundanz, dort eine - vielleicht ist sie wichtig und keine Redundanz, aber sie geht unter. Völlig unter, da sie vom Wulst der Dialoge überschwemmt wird. Diese musst du straffen, du musst eine ganze Menge herausnehmen. Manche (viele) deiner geposteten Auszüge bestehen zu 95% aus wörtlicher Rede, und diese zieht sich endlos. Das ist ein Fehler, der nicht begangen werden darf. Irgendwann fragt sich der Leser, ob deine Charaktere nicht ihre Feinde, sondern ihn selbst bekämpfen wollen. Und das wollen wir natürlich nicht, hier gilt es, aufzupassen.
Du willst schließlich episch schreiben und nicht dramatisch; oft genug dachte ich, ich befände mich in einer hofmansthaliensischen Konversationskommödie - was stellenweise zwar spaßig sein kann, allerdings nicht in eine Konversationstragödie abrutschen darf, das wäre tödlich!
Wörtliche Rede: okay, muss rein - nur wörtliche Rede: der sichere Lesertod.
Ein weiteres, genauso schwerwiegendes Mancko: dein Stil.
Natürlich, man fühlt sich in deiner Situation verpflichtet, möglichst authentisch zu schreiben - flechtet hier einen gräulichen Archaismus ein, euphemisiert und periphrasiert dort Dinge, die moderne Menschen schlicht beim Namen nennen würden. Eine große Schwäche des Genres, ich persönlich würde mir's deshalb nie zumuten. Dir sind die Hände gebunden, vieles geht einfach nicht, was bei Arno Schmidt oder Döblin zB hervorragend funktioniert und einfach gut ist! Problematisch sind da zum Beispiel - du als Linguistin kannst es sicher nachvollziehen - die schleppende Syntax, die vielen unnötigen Attribute, die plattgetrampelten Metaphern. All das kann einen Text ziemlich langweilig machen.
Deine Charaktere drücken sich zwar recht nachvollziehbar aus (man glaubt ihnen, dass sie in der Zeit leben, in der du sie ansiedelst), wirken dabei allerdings äußerst umständlich und schwerfällig. Ironie gibt es kaum, dabei ist sie die Seele jedes jungen Autorenherzens! Und wenn, dann ist sie leider zu plakativ, vorhersehbar und kastriert. Deine Charaktere müssen nicht witziger werden, keine Schelmen, Narren und Spitzbuben, aber du als Autorin. Bei all den Dialogen, die den Text fast schon zum epischen Theater machen, kannst du als Bert Brecht doch einmal auftauchen, und Salz in Wunden streuen, bösartig sein, frech etc: dir stehen viele Möglichkeiten offen. Es muss natürlich ein Bewusstseinswandel erfolgen um dies zu schaffen, sonst spricht letzten Endes ein antiker Chor zu uns. Aber halt, wir wollen ja kein Theater schaffen, sondern einen Roman schreiben. Daher nochmals eindringlich: Dialoge kürzen, mehr Action!
Soviel einmal hierzu, ich hoffe, ich konnte dir helfen und glaube, dass du die Kurve noch kriegen kannst, hin zur Literarizität, das traue ich dir durchaus zu, und das sage ich auch nicht jedem. Falls du Fragen hast oder weitere Tipps und Anregungen benötigst, kannst du mich gerne kontaktieren.
Ich wünsche dir noch viel Erfolg und Glück mit deinem Text!
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