Okay. Mal eine etwas andere Zelda-"FF". Viel Spaß beim lesen und danke fürs lesen.
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Teil I
Helden sind überbewertet und du bist einer
Kapitel 1: Eine seltsame/gelangweilte Spezies namens Oberschüler oder "Vorsicht, hinter dir!"
Der Radiowecker flog gegen die weißgestrichene Zimmerwand und der Gesang von Schlagersänger Adlo verstummte endlich. Es war Link völlig egal, ob er die Gerätschaft in seinem schlaftrunkenen Zorn geschrotet hatte oder nicht, wie jeden Donnerstag um 6:30 Uhr. Er hasste diesen Wochentag, und alles, was er mit sich brachte. Langer Nachmittagsunterricht, liebevoll und gnadenlos gepaart mit Schwertkampftraining bei dem wohl dümmsten, gröbsten Mann der Stadt: Seinem Vater, Adrian Quincer. Nichts, absolut gar nichts, würde ihn an einem solchen Morgen freiwillig aus dem Bett holen, selbst der schlimmste Radiosender war nur knapp ausreichend um seinen Donnerstagsver-dränungsschlaf zu beenden. Schlaf, der so schön sein könnte. Aber es half nichts. Jetzt hatte er sich schon aufgerichtet, um seine momentan wenig sauberen Ohren vor dem Funk-Rap zu bewahren, also hatte es jetzt auch nur noch wenig Sinn, sich solange wie ein gebackenes Zimtbrötchen im Ofen der Matratze und der Decke zu verstecken, bis seine Mutter Alice ihn zum Frühstück holen würde. „Oh Gott…ich kann’s kaum erwarten, dass der Tag vorbei geht! Wie werde ich meine einzige Geliebte vermissen: Mein Bett!“ dachte er laut.
Der 17jährige seufzte unbefriedigt, um letztlich aus dem Reich der weichen Kissen zu flüchten. Er gähnte, während er sich über den Kunstholzboden Richtung der Zimmertür begab. Seine persönlichen vier Wände waren mit Postern von diversen Bands bestückt, sein Schreibtisch kündigte durch die schlampig gestapelten Schulbücher die pure Unerträglichkeit des anstehenden Tages an. Ganz zu schweigen von seinem Holzkatana, das in der Ecke neben der Tür herumlag. Der junge Mann wohnte im ersten Stock des Familienhauses der Quincers, sein jüngerer Bruder Alan und seine ältere Schwester Annabelle hatten ihre Zimmer gegenüber dem seinen. Er hatte das Glück, dass das Bad genau rechts von seiner eigenen Tür postiert war, ansonsten hätte er den Weg wohl nie geschafft. „Jetzt erstmal kalt duschen. Das wird mich aufwecken!“ versuchte er sich und seinen Kilometerlangen Augenringen einzureden. Wie eine Götterspeise auf Zahnstocherschuhen wackelte er hinaus auf den Flur, machte eine scharfe Kurve nach links und trat in den Hygienetempel des Hauses ein. Er hätte vor Freude gejauchzt, wenn er das gekonnt hätte, als keines seiner Geschwister das Zimmer und seine Funktionen schon für sich beanspruchte. Ausnahmsweise war er heute der erste im Bad. Es war blau gestrichen und hatte ein geradezu kitschiges, weißes Wellenmuster an der Wand, die Fliesen waren in einer ähnlichen Farbkombination gehalten. Ein großer Spiegel und zwei Waschbecken klebten am Mauerwerk, durch das Fenster rechts daneben fiel Licht auf den drittältesten Hausbewohner. Ein öder, brauner Schrank stand dem Spiegel gegenüber, daneben die weiße Badewanne inklusive seines Ziels, der Dusche. Natürlich wurde die Tür gleich geschlossen und zusätzlich mit der Sperrkette gesichert. Sein paranoider Vater hatte eine solche doppelte Schutzvorrichtung an jeder Tür im ganzen Haus anbringen lassen, was Link aber ganz Recht war, seit Alan angefangen hatte, mit Kreditkarten und Kleingeld das Schloss mithilfe des Spalts an der Außenseite zu öffnen. „Will gar nich’ wissen, was Al in der Schultoilette alles macht…“ schoss ihm durch den Kopf. Aber jetzt hatte der Teenager sowieso andere Sorgen: Sein Spiegelbild war nämlich alles andere als vielversprechend. Seine aschblonden Haare standen wie ein Atompilz in den Himmel, seine Stumpen am Kinn waren ein Ausdruck der Unregelmäßigkeit, sein Gesicht prägte die Mimik einer Essiggurke, die vor 30 Jahren am Verfallsdatum „vorbeigegurkt“ war, und sein Mundgeruch kündigte sich sowieso durch den ekelhaften Geschmack in seinem Rachen an. „Ich sollte mir doch vielleicht am Abend die Reißer säubern, anstatt es auf den darauffolgenden Morgen zu verschieben…“ Für gewöhnlich war Link Quincer ein nicht unansehnlicher, junger Mann mit kantigen und maskulinen Gesichtszügen, einem gepflegten Dreitagebart und tiefen, blauen Augen, aber morgens hätte selbst seine Mutter ihn mit einem Monster aus den Tsukizilla-Filmen verwechseln können. Er griff sich seine aufgearbeitete Zahnbürste, nachdem er ausgiebig inspiziert hatte, wie fertig er aussah, und drückte den letzten Rest grüner Zahnpasta aus der Tube. Er war heilfroh, diese sogenannte Zahnpflegepaste los zu sein. Sie warb tatsächlich damit, angenehm und gut nach Chili zu schmecken. Allein der Gedanke, wie diese Firma namens Schmollgate darauf gekommen war, ein Gewürz in Zahnpasta zu verwandeln, brachte ihm neben abnormer Schläfrigkeit auch noch philosophische Kopfschmerzen ein. Aber zumindest schmeckte sie gerade noch erträglich genug, um seinen Brechreiz nicht zu sehr zu provozieren; was aber noch lange nicht hieß, dass er dieses Zeug jemals freiwillig wiederverwenden würde. „Wenn Paps noch einmal solchen Müll mit nach Hause bringt und mich dazu zwingt, es zu benutzen, überred’ ich Mama dazu, ihn ins Kuckucksnest zu stecken…ist eh längst überfällig!“ versprach der Jugendliche sich dennoch, während er sich den Mund mit Wasser ausspülte. Jetzt stand einer Dusche auch der üble Geschmack der eigenen Spucke nicht mehr im Weg.
Nachdem er sich kaltes Wasser über den Körper gießen lassen und sich für die Schule gepflegt zusammengerichtet hatte, verließ Link nur mit rosa Boxershorts bekleidet das Bad. Seinen bananengelben Pyjama hatte er nach zehn Tagen der Benutzung in den Waschkorb geschmissen, so gern er ihn auch hatte. Zumindest war er jetzt wach und sein Gesicht sah bei weitem besser aus. Er fühlte sich schon fiel wohler in seiner von der Sonne leicht gebräunten Haut, die seinen recht durchtrainierten Körper überzog. Seine Stimmung wurde aber gleich wieder getrübt, als er in sein Zimmer zurückkehrte und sein Blick auf die Umhängetasche fiel, die er mit all den Utensilien für den bevorstehenden, langen Tag vollstopfen musste. „Alles, wirklich alles, nur nicht Mathe und Geschichte…“ dachte sich der Teeny, während er sich ein paar weißer Socken aus der Schrankschublade kramte, was wegen dem Sperrstau darin einige Zeit benötigte. „Warum muss Mama immer schwarze Socken kaufen! Ich sag’ ihr doch immer, dass ich weiße will, aber sie scheint ja beides nicht unterscheiden zu können! Oder zu wollen!“ Wenigstens die Jeans und das grüne kurzärmlige Hemd waren schnell gefunden. Da fiel ihm auf, dass seine grünen Sneakers die letzte Woche nicht überlebt hatten und er jetzt ohne ein Paar Schuhe dastand, die zu dem Hemd passten. Aber wen kümmerte es schon, wenn er dann gelbe Chucks dazu anzog? Ja, wahrscheinlich würde Lauren behaupten, dass gelbe Schuhe und schwarzes Oberteil zusammen bei jedem normalen Menschen Erschaudern und Ekel auslösen würden. Aber wen kümmerte schon Laurens Meinung? Er war zwar ein Freund, aber seine Meinungen und Ansichten waren einzigartig. Einzigartig im Sinne von lächerlich, bei den in seinem Falle dunkelblauen Haaren herbeigezogen und wirklich nur die Seinen. Also würde Ray erst gar nicht ernsthaft darüber nachdenken, was für ein Kommentar dem feinsäuberlichen Mund seines Klassenkollegen zoraschen Ursprungs entspringen würde.
Beinahe aber hätte er darüber nachgedacht, ob er Malina so gefallen würde. Ganz knapp waren seine grauen Zellen daran vorbeigeschlittert, sich auf diese Frage zu stürzen. Diese rothaarige Mitschülerin war schon immer in seinem Interesse, seit er in der Mittelschule in derselben Klasse wie sie gelandet war. Er gab es gern zu, dass sie für ihn mehr war als eine Schulfreundin. Umso weniger gern gestand er sich aber ein, dass sie noch kein Pärchen waren und alles so in der Luft hing zwischen ihnen. Jedoch verlor er bald jedweden Gedanken an sie, denn ihr Abbild wurde in seinem Gehirn durch das von Gwendoline verdrängt, die seine Beziehung zu der Landwirtstochter immer wieder gerne als Grundlage verwendete, ihn gehörig aufzuziehen. In ihrer kindischen, teilweise übertrieben aufgedrehten Art war sie hervorragend auf Link und Lauren abgestimmt. Diverse Lehrer nannten das Trio bereits „Triumvirat der ungleichnamigen Ladungen“. Ihr Physiklehrer war ursprünglich auf diese Idee gekommen, als es vor drei Jahren in der 8. Klasse um Magneten und elektrische Ladungen ging. Und manchmal unterschieden sich die drei tatsächlich auf derhaft groteske Weise voneinander, dass seine Nerven es nicht mehr so recht mitmachen wollten. Trotz alledem freute er sich, seine zwei Freunde zu sehen, gerade donnerstags, wenn die Aussicht auf den Rest des Tages doch so düster war. Also verschwendete er keine weitere Zeit mehr mit Spekulieren, stattdessen packte er sich seine Tasche und stopfte alle nötigen Bücher ein. Mit der linken griff er sich anschließend sein hölzernes Übungskatana und machte einige Schritte zur Tür hinaus in den Gang. Dort stand auch Annabelle, oder Ann, wie sie lieber genannt wurde. Sie trug einen roten Bademantel, ihre schwarzen, schulterlangen Haare waren völlig durcheinander. Sie selbst sah putzmunter aus und stand vor dem Badezimmer, die Arme ungeduldig verschränkt. Da bemerkte sie lächelnd ihren jüngeren Bruder und sah kurz zu ihm hin, während er an ihr vorbei zur Treppe ins Erdgeschoss ging. „Morgen, Link, keine Zeit für deine Sorgen, hab verschlafen, muss noch Duschen, Alan ist im Bad, bis später, fahr’ heute mit dem späteren Bus, erwisch’ den normalen nicht, warte nicht auf mich. Ciao.“ Kam in einem Stoß und mit unsäglicher Geschwindigkeit aus ihrem Mund, der, wie der Rest ihres Gesichts, dem von Link sehr ähnlich war, nur feiner und femininer. „Okay, bis dann.“ Antwortete er, den Fuß auf die erste Stufe nach unten setzend. „Alan, mach hin! Oder ich schraub’ dir wieder die Zimmertür runter und versteck sie bei Nixon!“ Hörte er eine außer sich geratene Annabelle noch schreien, bevor er bei der Tür zum Wohn- und Esszimmer im unteren Flur ankam.
Diese öffnend sagte er: „Morgen, Mama.“ Und trat ein.
Seine Mutter saß alleine am Frühstückstisch und wirkte so, als hätte sie schon auf ihn oder eines seiner Geschwister gewartet, um mit dem Essen anfangen zu können. „Morgen, Link!“ gab sie, wie immer mit freundlichem, warmen Gesicht, zur Antwort. Wie ihre Tochter war ihr langes, lockiges Haar pechschwarz. Sowohl Annabelle als auch Link hatten ähnliche Gesichtszüge wie sie, doch Alice war noch um einiges zarter und ahnsehnlicher. Unglaublich attraktiv für ihre 46 Jahre. Doch ihr 22-jähriger weiblicher Sprössling würde ihr in den nächsten Jahren garantiert Konkurrenz machen.
Der Oberschüler setzte sich auf seinen gewohnten Platz am Tisch, zwei Plätze rechts gegenüber der Mutter. Links neben ihm saß für gewöhnlich immer Alan, ihm gegenüber sein Vater und neben diesem Ann.
„Mich hat noch niemand wie ein Wahnsinniger schreiend angesprungen, seit ich nach unten gekommen bin. Wo ist Paps?“ Wollte er von seinem anderen Elternteil wissen, während er sich seine Lieblings-Frühstücksflocken in seine Schüssel schüttete. Alice, die gerade 4 Scheiben Schinken mit unbeschreiblicher Sorgfalt auf ein Toastbrot mit Butter bettete, lachte auf.
„Ja, in der Tat ist es morgens recht ruhig, wenn dein Vater noch Meetings um 11 Uhr Nachts hat und dann die ganze Nacht im Büro bleibt!“ Meinte sie, was sogleich die Frage ihres Sohnes beantwortete. Obwohl Adrian so ein verrückter, hyperaktiver und überfürsorglicher Möchtegern-Komiker von einem Familienoberhaupt war, war er der hauptamtliche und außerordentlich geachtete Dekan einer Universität in der Nähe und ging dennoch seinen freiwilligen Lehrpflichten nach. Vor allem in den letzten Wochen hatte er erstaunlich viel zu tun. „Na dann, umso besser…“ Meinte der Bursche kaum hörbar und eher zu sich selbst. Kalte H-Milch fiel auf die Cornflakes in der Schüssel. „…vielleicht ist der alte Trottelkopf dann zu müde, um noch mit mir zu trainieren…das wäre traumhaft.“
„Was murmelst du da?“ Hinterfragte seine Mutter und hob die Augenbrauen, unverkennbar gekünstelt schockiert.
„Nichts, nichts…“ Erwiderte er mit vollem Mund.
„Ich hab dir doch schon tausendmal gesagt, dass du mit vollem Mund nicht mit deinen Eltern sprechen sollst! Ergötz dich zusammen mit deinen Geschwistern an euren jugendlichen Unsitten, aber nicht in Gegenwart deiner Mutter!“ Brüllte plötzlich eine lebendige, in Links spitzen Ohren geradezu nervenzerfressende Männerstimme, hinter seinem Rücken. Er wollte sich jetzt um keinen Preis umdrehen. Sein Traum, heute nicht mit seinem Holzkatana fuchteln zu müssen, war passe. Ehe er sich versah bestätigten sich seine Ängste endgültig, als die Stimme fortfuhr.
„Und ganz besonders in Anwesenheit deines Vaters solltest du das lassen!“
„Wenn ich diesen Tag überlebe, hab’ ich alle meine Ambitionen übertroffen…“ Dachte der verzweifelte Oberschüler, bevor tatsächlich sein grinsender Vater ihm gegenüber Platz nahm. „…bei WEITEM übertroffen!“
Kapitel Ende
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Teil I
Helden sind überbewertet und du bist einer
Kapitel 1: Eine seltsame/gelangweilte Spezies namens Oberschüler oder "Vorsicht, hinter dir!"
Der Radiowecker flog gegen die weißgestrichene Zimmerwand und der Gesang von Schlagersänger Adlo verstummte endlich. Es war Link völlig egal, ob er die Gerätschaft in seinem schlaftrunkenen Zorn geschrotet hatte oder nicht, wie jeden Donnerstag um 6:30 Uhr. Er hasste diesen Wochentag, und alles, was er mit sich brachte. Langer Nachmittagsunterricht, liebevoll und gnadenlos gepaart mit Schwertkampftraining bei dem wohl dümmsten, gröbsten Mann der Stadt: Seinem Vater, Adrian Quincer. Nichts, absolut gar nichts, würde ihn an einem solchen Morgen freiwillig aus dem Bett holen, selbst der schlimmste Radiosender war nur knapp ausreichend um seinen Donnerstagsver-dränungsschlaf zu beenden. Schlaf, der so schön sein könnte. Aber es half nichts. Jetzt hatte er sich schon aufgerichtet, um seine momentan wenig sauberen Ohren vor dem Funk-Rap zu bewahren, also hatte es jetzt auch nur noch wenig Sinn, sich solange wie ein gebackenes Zimtbrötchen im Ofen der Matratze und der Decke zu verstecken, bis seine Mutter Alice ihn zum Frühstück holen würde. „Oh Gott…ich kann’s kaum erwarten, dass der Tag vorbei geht! Wie werde ich meine einzige Geliebte vermissen: Mein Bett!“ dachte er laut.
Der 17jährige seufzte unbefriedigt, um letztlich aus dem Reich der weichen Kissen zu flüchten. Er gähnte, während er sich über den Kunstholzboden Richtung der Zimmertür begab. Seine persönlichen vier Wände waren mit Postern von diversen Bands bestückt, sein Schreibtisch kündigte durch die schlampig gestapelten Schulbücher die pure Unerträglichkeit des anstehenden Tages an. Ganz zu schweigen von seinem Holzkatana, das in der Ecke neben der Tür herumlag. Der junge Mann wohnte im ersten Stock des Familienhauses der Quincers, sein jüngerer Bruder Alan und seine ältere Schwester Annabelle hatten ihre Zimmer gegenüber dem seinen. Er hatte das Glück, dass das Bad genau rechts von seiner eigenen Tür postiert war, ansonsten hätte er den Weg wohl nie geschafft. „Jetzt erstmal kalt duschen. Das wird mich aufwecken!“ versuchte er sich und seinen Kilometerlangen Augenringen einzureden. Wie eine Götterspeise auf Zahnstocherschuhen wackelte er hinaus auf den Flur, machte eine scharfe Kurve nach links und trat in den Hygienetempel des Hauses ein. Er hätte vor Freude gejauchzt, wenn er das gekonnt hätte, als keines seiner Geschwister das Zimmer und seine Funktionen schon für sich beanspruchte. Ausnahmsweise war er heute der erste im Bad. Es war blau gestrichen und hatte ein geradezu kitschiges, weißes Wellenmuster an der Wand, die Fliesen waren in einer ähnlichen Farbkombination gehalten. Ein großer Spiegel und zwei Waschbecken klebten am Mauerwerk, durch das Fenster rechts daneben fiel Licht auf den drittältesten Hausbewohner. Ein öder, brauner Schrank stand dem Spiegel gegenüber, daneben die weiße Badewanne inklusive seines Ziels, der Dusche. Natürlich wurde die Tür gleich geschlossen und zusätzlich mit der Sperrkette gesichert. Sein paranoider Vater hatte eine solche doppelte Schutzvorrichtung an jeder Tür im ganzen Haus anbringen lassen, was Link aber ganz Recht war, seit Alan angefangen hatte, mit Kreditkarten und Kleingeld das Schloss mithilfe des Spalts an der Außenseite zu öffnen. „Will gar nich’ wissen, was Al in der Schultoilette alles macht…“ schoss ihm durch den Kopf. Aber jetzt hatte der Teenager sowieso andere Sorgen: Sein Spiegelbild war nämlich alles andere als vielversprechend. Seine aschblonden Haare standen wie ein Atompilz in den Himmel, seine Stumpen am Kinn waren ein Ausdruck der Unregelmäßigkeit, sein Gesicht prägte die Mimik einer Essiggurke, die vor 30 Jahren am Verfallsdatum „vorbeigegurkt“ war, und sein Mundgeruch kündigte sich sowieso durch den ekelhaften Geschmack in seinem Rachen an. „Ich sollte mir doch vielleicht am Abend die Reißer säubern, anstatt es auf den darauffolgenden Morgen zu verschieben…“ Für gewöhnlich war Link Quincer ein nicht unansehnlicher, junger Mann mit kantigen und maskulinen Gesichtszügen, einem gepflegten Dreitagebart und tiefen, blauen Augen, aber morgens hätte selbst seine Mutter ihn mit einem Monster aus den Tsukizilla-Filmen verwechseln können. Er griff sich seine aufgearbeitete Zahnbürste, nachdem er ausgiebig inspiziert hatte, wie fertig er aussah, und drückte den letzten Rest grüner Zahnpasta aus der Tube. Er war heilfroh, diese sogenannte Zahnpflegepaste los zu sein. Sie warb tatsächlich damit, angenehm und gut nach Chili zu schmecken. Allein der Gedanke, wie diese Firma namens Schmollgate darauf gekommen war, ein Gewürz in Zahnpasta zu verwandeln, brachte ihm neben abnormer Schläfrigkeit auch noch philosophische Kopfschmerzen ein. Aber zumindest schmeckte sie gerade noch erträglich genug, um seinen Brechreiz nicht zu sehr zu provozieren; was aber noch lange nicht hieß, dass er dieses Zeug jemals freiwillig wiederverwenden würde. „Wenn Paps noch einmal solchen Müll mit nach Hause bringt und mich dazu zwingt, es zu benutzen, überred’ ich Mama dazu, ihn ins Kuckucksnest zu stecken…ist eh längst überfällig!“ versprach der Jugendliche sich dennoch, während er sich den Mund mit Wasser ausspülte. Jetzt stand einer Dusche auch der üble Geschmack der eigenen Spucke nicht mehr im Weg.
Nachdem er sich kaltes Wasser über den Körper gießen lassen und sich für die Schule gepflegt zusammengerichtet hatte, verließ Link nur mit rosa Boxershorts bekleidet das Bad. Seinen bananengelben Pyjama hatte er nach zehn Tagen der Benutzung in den Waschkorb geschmissen, so gern er ihn auch hatte. Zumindest war er jetzt wach und sein Gesicht sah bei weitem besser aus. Er fühlte sich schon fiel wohler in seiner von der Sonne leicht gebräunten Haut, die seinen recht durchtrainierten Körper überzog. Seine Stimmung wurde aber gleich wieder getrübt, als er in sein Zimmer zurückkehrte und sein Blick auf die Umhängetasche fiel, die er mit all den Utensilien für den bevorstehenden, langen Tag vollstopfen musste. „Alles, wirklich alles, nur nicht Mathe und Geschichte…“ dachte sich der Teeny, während er sich ein paar weißer Socken aus der Schrankschublade kramte, was wegen dem Sperrstau darin einige Zeit benötigte. „Warum muss Mama immer schwarze Socken kaufen! Ich sag’ ihr doch immer, dass ich weiße will, aber sie scheint ja beides nicht unterscheiden zu können! Oder zu wollen!“ Wenigstens die Jeans und das grüne kurzärmlige Hemd waren schnell gefunden. Da fiel ihm auf, dass seine grünen Sneakers die letzte Woche nicht überlebt hatten und er jetzt ohne ein Paar Schuhe dastand, die zu dem Hemd passten. Aber wen kümmerte es schon, wenn er dann gelbe Chucks dazu anzog? Ja, wahrscheinlich würde Lauren behaupten, dass gelbe Schuhe und schwarzes Oberteil zusammen bei jedem normalen Menschen Erschaudern und Ekel auslösen würden. Aber wen kümmerte schon Laurens Meinung? Er war zwar ein Freund, aber seine Meinungen und Ansichten waren einzigartig. Einzigartig im Sinne von lächerlich, bei den in seinem Falle dunkelblauen Haaren herbeigezogen und wirklich nur die Seinen. Also würde Ray erst gar nicht ernsthaft darüber nachdenken, was für ein Kommentar dem feinsäuberlichen Mund seines Klassenkollegen zoraschen Ursprungs entspringen würde.
Beinahe aber hätte er darüber nachgedacht, ob er Malina so gefallen würde. Ganz knapp waren seine grauen Zellen daran vorbeigeschlittert, sich auf diese Frage zu stürzen. Diese rothaarige Mitschülerin war schon immer in seinem Interesse, seit er in der Mittelschule in derselben Klasse wie sie gelandet war. Er gab es gern zu, dass sie für ihn mehr war als eine Schulfreundin. Umso weniger gern gestand er sich aber ein, dass sie noch kein Pärchen waren und alles so in der Luft hing zwischen ihnen. Jedoch verlor er bald jedweden Gedanken an sie, denn ihr Abbild wurde in seinem Gehirn durch das von Gwendoline verdrängt, die seine Beziehung zu der Landwirtstochter immer wieder gerne als Grundlage verwendete, ihn gehörig aufzuziehen. In ihrer kindischen, teilweise übertrieben aufgedrehten Art war sie hervorragend auf Link und Lauren abgestimmt. Diverse Lehrer nannten das Trio bereits „Triumvirat der ungleichnamigen Ladungen“. Ihr Physiklehrer war ursprünglich auf diese Idee gekommen, als es vor drei Jahren in der 8. Klasse um Magneten und elektrische Ladungen ging. Und manchmal unterschieden sich die drei tatsächlich auf derhaft groteske Weise voneinander, dass seine Nerven es nicht mehr so recht mitmachen wollten. Trotz alledem freute er sich, seine zwei Freunde zu sehen, gerade donnerstags, wenn die Aussicht auf den Rest des Tages doch so düster war. Also verschwendete er keine weitere Zeit mehr mit Spekulieren, stattdessen packte er sich seine Tasche und stopfte alle nötigen Bücher ein. Mit der linken griff er sich anschließend sein hölzernes Übungskatana und machte einige Schritte zur Tür hinaus in den Gang. Dort stand auch Annabelle, oder Ann, wie sie lieber genannt wurde. Sie trug einen roten Bademantel, ihre schwarzen, schulterlangen Haare waren völlig durcheinander. Sie selbst sah putzmunter aus und stand vor dem Badezimmer, die Arme ungeduldig verschränkt. Da bemerkte sie lächelnd ihren jüngeren Bruder und sah kurz zu ihm hin, während er an ihr vorbei zur Treppe ins Erdgeschoss ging. „Morgen, Link, keine Zeit für deine Sorgen, hab verschlafen, muss noch Duschen, Alan ist im Bad, bis später, fahr’ heute mit dem späteren Bus, erwisch’ den normalen nicht, warte nicht auf mich. Ciao.“ Kam in einem Stoß und mit unsäglicher Geschwindigkeit aus ihrem Mund, der, wie der Rest ihres Gesichts, dem von Link sehr ähnlich war, nur feiner und femininer. „Okay, bis dann.“ Antwortete er, den Fuß auf die erste Stufe nach unten setzend. „Alan, mach hin! Oder ich schraub’ dir wieder die Zimmertür runter und versteck sie bei Nixon!“ Hörte er eine außer sich geratene Annabelle noch schreien, bevor er bei der Tür zum Wohn- und Esszimmer im unteren Flur ankam.
Diese öffnend sagte er: „Morgen, Mama.“ Und trat ein.
Seine Mutter saß alleine am Frühstückstisch und wirkte so, als hätte sie schon auf ihn oder eines seiner Geschwister gewartet, um mit dem Essen anfangen zu können. „Morgen, Link!“ gab sie, wie immer mit freundlichem, warmen Gesicht, zur Antwort. Wie ihre Tochter war ihr langes, lockiges Haar pechschwarz. Sowohl Annabelle als auch Link hatten ähnliche Gesichtszüge wie sie, doch Alice war noch um einiges zarter und ahnsehnlicher. Unglaublich attraktiv für ihre 46 Jahre. Doch ihr 22-jähriger weiblicher Sprössling würde ihr in den nächsten Jahren garantiert Konkurrenz machen.
Der Oberschüler setzte sich auf seinen gewohnten Platz am Tisch, zwei Plätze rechts gegenüber der Mutter. Links neben ihm saß für gewöhnlich immer Alan, ihm gegenüber sein Vater und neben diesem Ann.
„Mich hat noch niemand wie ein Wahnsinniger schreiend angesprungen, seit ich nach unten gekommen bin. Wo ist Paps?“ Wollte er von seinem anderen Elternteil wissen, während er sich seine Lieblings-Frühstücksflocken in seine Schüssel schüttete. Alice, die gerade 4 Scheiben Schinken mit unbeschreiblicher Sorgfalt auf ein Toastbrot mit Butter bettete, lachte auf.
„Ja, in der Tat ist es morgens recht ruhig, wenn dein Vater noch Meetings um 11 Uhr Nachts hat und dann die ganze Nacht im Büro bleibt!“ Meinte sie, was sogleich die Frage ihres Sohnes beantwortete. Obwohl Adrian so ein verrückter, hyperaktiver und überfürsorglicher Möchtegern-Komiker von einem Familienoberhaupt war, war er der hauptamtliche und außerordentlich geachtete Dekan einer Universität in der Nähe und ging dennoch seinen freiwilligen Lehrpflichten nach. Vor allem in den letzten Wochen hatte er erstaunlich viel zu tun. „Na dann, umso besser…“ Meinte der Bursche kaum hörbar und eher zu sich selbst. Kalte H-Milch fiel auf die Cornflakes in der Schüssel. „…vielleicht ist der alte Trottelkopf dann zu müde, um noch mit mir zu trainieren…das wäre traumhaft.“
„Was murmelst du da?“ Hinterfragte seine Mutter und hob die Augenbrauen, unverkennbar gekünstelt schockiert.
„Nichts, nichts…“ Erwiderte er mit vollem Mund.
„Ich hab dir doch schon tausendmal gesagt, dass du mit vollem Mund nicht mit deinen Eltern sprechen sollst! Ergötz dich zusammen mit deinen Geschwistern an euren jugendlichen Unsitten, aber nicht in Gegenwart deiner Mutter!“ Brüllte plötzlich eine lebendige, in Links spitzen Ohren geradezu nervenzerfressende Männerstimme, hinter seinem Rücken. Er wollte sich jetzt um keinen Preis umdrehen. Sein Traum, heute nicht mit seinem Holzkatana fuchteln zu müssen, war passe. Ehe er sich versah bestätigten sich seine Ängste endgültig, als die Stimme fortfuhr.
„Und ganz besonders in Anwesenheit deines Vaters solltest du das lassen!“
„Wenn ich diesen Tag überlebe, hab’ ich alle meine Ambitionen übertroffen…“ Dachte der verzweifelte Oberschüler, bevor tatsächlich sein grinsender Vater ihm gegenüber Platz nahm. „…bei WEITEM übertroffen!“
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