Das Kellerkind

Im dunklen Gewölbe, seit Wochen schon stumm
Geschändet - verblendet - weder Freude noch Schmerz
Das Kind atmet röchelnd und schwach schlägt sein Herz
Schwebt es und lebt es im omnipräsenten Weltnetz herum.

Verbringt so die Tage, die Wochen und Jahre
Ignoriert es - verliert es - zwischenmenschliche Nähe
"Owned", würd' es sagen, wenn's sich selber so sähe
Und wird gefesselt und zerstört durch 'harte' und 'softe' Ware.


"Konjunktur" im Herbst

Rot sind die Blätter, schwarz die Rinde
Schwarz der Krähen Kollektiv
Als im kühlen Abendwinde
Der Tod nach 'neuen' Kunden rief.

Als schwarze Arme fließen Straßen
Rot befleckt ein jeglich' Ding
Wie, im Rauch von Autogasen,
Am Reifen ein roter, toter Igel hing.

Schwarz die Zahlen der Statistik
Des Quartals - und niemals rot
Garanten hierfür sind die Igel
Denn am Steuer sitzt der Tod.


Sooo ^^; Hier erst einmal zwei kleine Gedichte. Das Reimschema ist nicht immer völlig korrekt, was ich aber nicht schlimm finde. Im Gegenteil, ich wich manchmal sogar absichtlich davon ab - einerseits, um die Passagen interessanter zu gestalten, andererseits zur Ermöglichung schönerer Formulierungen.
Die Gedichte sind nicht brandneu, ich feilte schon seit ein paar Wochen daran (und traute mich ehrlich gesagt auch nicht, sie der "breiten" Öffentlichkeit zu offerieren). Da aber bald ein Poetry-Slam in Saarbrücken ansteht, an dem eine Freundin und ich teilnehmen möchten, fände ich etwas Feedback sehr hilfreich.
Danke für eventuelles Interesse schon einmal vorab.

So, endlich habe ich mein etwas "größeres" Projekt fertiggestellt. Seit Anfang Oktober schrieb ich hieran:

Die Ballade vom Alchemisten

Der Alchemist im fahlen Lichte
Im Dunst von Halluzinogenen
Umringt von Kolben, Gläsern, Flaschen
Mit einer Nadel in den Venen.
Das Herze rennt, der Geist pausiert
Und Todeshauch liegt in der Luft
Er legt sich völlig ungeniert
Ins Bette mit der Tageskluft.

Durch bunte Welten, weite Sphären
Schwebt er, schwimmt er Nacht für Nacht
Sieht blaue Äpfel, rote Ähren
Und wünscht sich, dass er nie erwacht.
Der Morgen graut, ein Rabe singt
Und Todeshauch liegt in der Luft
Doch aufstehn muss er - unbedingt!
Denn sein "Handwerk" ruft.

Eine fest verkorkte Flasche
Nimmt er vom Tisch der Alchemie
Steckt sie in seine Manteltasche
Und verlässt die Szenerie.
Bleicher Himmel, Nebelsuppe
Und Todeshauch liegt in der Luft
Als er geht zur Hügelkuppe
Wo sein "Handwerk" ruft.

Wo die toten Körper liegen
Auf den Äckern, voll von Blut
Von Mördern, Frauenschändern, Dieben
Ein letzter, böser Schatten ruht.
Verscharrt in jener Nekropole
Wo Todeshauch liegt in der Luft
Sind die Essenzen der Phiole
Nach denen laut sein "Handwerk" ruft.

Er rammt den Spaten in die Erde
Im Schweiße seines Angesichts
Fördert er verfaulte Särge
Und zerrt sie hoch ans fahle Licht.
Die Leichen sind sein Lebensquell
Und Todeshauch liegt in der Luft
Er nimmt die Augen der Gehenkten
Und lauscht, wie laut sein "Handwerk" ruft.

Ein Potpourri von Trankessenzen!
Ein Beliar der Alchemie!
Ein Ambiente, zu kredenzen
Den Cocktail reiner Blasphemie!
Er füllt die Spritze - hastig, schnelle
Als Todeshauch lag in der Luft
Mit besagter Lebensquelle
Und hört, wie sein Nirvana ruft.

Durch bunte Welten, weite Sphären
Schwebt er wieder, heute Nacht
Die Bilder jeglich Sinn entbehren
Welche das Gebräu entfacht.
Durchfliegt die Nacht, es graut der Morgen
Und Todeshauch liegt in der Luft
Ein neuer Tag bringt neue Sorgen
Weil das "Handwerk" wieder ruft.

Mal ein paar neuere Sachen:

Deutschland

Deutschland, Deutschland, überall
Hindukusch und Kongo-Wahl
Deutschland, Deutschland, sowieso
Stationiert im Kosovo
Weltpolitisch engagiert
Empfing man dennoch schwer schockiert
Den Druck der "Freunde" in der Ferne
Auf dass der Deutsche töten lerne!

Deutschland, Deutschland, CDU
Roland Koch gibt keine Ruh'
Deutschland, Deutschland, SPD
Unterschicht, ojemine!
Erklärt man dennoch freudig heiter:
"Bis Null-Neun regier'n wir weiter!"
Steuersenkung wie noch nie
Obacht, das war Ironie!

Deutschland, Deutschland, Arbeitsamt
Schlange steht bis Griechenland
Deutschland, Deutschland, Springer-Blatt
Für den, der keine Arbeit hat
Huch, das war jetzt ein Klischee!
Unterschicht, ojemine!
Schädelfotos, Hartz-Skandal
Nächstes Jahr ist Kanzlerwahl!


Leer

Ich bin leer
Ich liebe Dich!
Ich fühl mich wie der letzte Fisch
Im totgeglaubten Weltenmeer.

Ich bin leer
Ich liebe Dich!
Ich spür des Teufels tiefsten Stich
Und fall aus Gottes Himmelsheer.

Ich bin tot
Ich liebe Dich!
Ich hör, der Pfaff tut seine Pflicht
Und werde eins mit Dir und Gott.


Dichter- und Denkerland

Neulich war ich in der Stadt
Sah mich um, erhoffte Rat
Bezüglich deutscher Lit'ratur
- Normal lese ich Amis nur -
Den ganzen trivialen Mist
Der in den Charts zu finden ist
Nach langer Suche schüttelt' ich
Frustriert den Kopf und fragte mich
Ob ich der einzge bin, der fand:
Vorbei ist's mit dem Dichterland!

Bald stand ich vorn am Info-Schalter
Und fragt' den dortigen Verwalter
Ob man im Thalia-Sortiment
'Nen Heinrich Heine finden könnt'?
Da zog der Typ 'ne schiefe Fresse
"Mei Bub, de Heine kannsch vagesse!
Heit muss ma uff die Amis baun!
Lääs doch mol King odda Dan Brown!
De Heine is nur dritte Wahl..."
Ganz radikal, ganz trivial.

Nebenbei lag's auf der Hand:
Vorbei ist's auch mim Denkerland!


Thx für's Lesen