Jugendmedienschutz-Staatvertrag - Wtf, Deutschland?

    • Original von Torpedobear
      Wenn es tatsächlich einen Abklatsch der Zensur für Telemedien handelt, dann müssten Texte eigentlich frei sein. Ich hab, wenn ich so darüber nachdenke, noch nie von Büchern gehört, die eine Altersbeschränkung haben. Bei manch einem Buch von Stephen King müsste man das aber wohl annehmen.

      Gibt's doch zu Hauf.
      Erotikbücher z.B. oder auch Erotikforen. Text kann erst ab 18 sein.
      Genauso Psychoterror-Texte. Das verträgt nicht jeder 6-Jähriger.
    • Original von Salev
      Original von Torpedobear
      Wenn es tatsächlich einen Abklatsch der Zensur für Telemedien handelt, dann müssten Texte eigentlich frei sein. Ich hab, wenn ich so darüber nachdenke, noch nie von Büchern gehört, die eine Altersbeschränkung haben. Bei manch einem Buch von Stephen King müsste man das aber wohl annehmen.

      Gibt's doch zu Hauf.
      Erotikbücher z.B. oder auch Erotikforen. Text kann erst ab 18 sein.
      Genauso Psychoterror-Texte. Das verträgt nicht jeder 6-Jähriger.

      Diese Erotikecke hatte ich in der Tat gar nicht bedacht. Was die Verträglichkeit von Psychohorror und 6jährigen angeht: Ich habe wie gesagt noch nie von Altersbeschränkung bei Büchern gehört. Eine kleine Recherche bei amazon.de ergibt: Stephen Kings "Shining" ist ohne Hinweis - der Film dazu ist gleich unter dem Produktnamen mit "Freigegeben ab 16 Jahren" kommentiert. Wenn es überhaupt vorkommt, dass Bücher aufgrund von Brutalität altersbeschränkt sind, dann scheint die Messlatte so hoch zu liegen, dass mir auf Anhieb kein Buch einfällt, bei dem es soweit kommt. Dabei müsste konsequenter Weise eigentlich auch Hohlbeins "Camelot"-Trilogie (aufgeschlitzte Einhörner, blutige Gefechte) eine entsprechende Einstufung (ab 12?) erfahren, was jedoch nicht der Fall ist.
    • Ich glaube, es sind tendentiell wohl eher Empfehlungen. Irgendeine Gina Wild-DVD wird direkt unter dem Produktnamen mit "Freigegeben ab 16 Jahren" vermerkt. Ich denke, das ist schon ein Unterschied zum weiter unten angegebenen "vom Hersteller empfohlenen Alter".
      Darüber hinaus sind Hörbücher nicht mit Büchern gleichzusetzen. Die Vorstellungsfreiheit, die ich beim Lesen habe, ist der unter Umständen unangenehmeren Umsetzung durch den Regiesseur untergeordnet.

      ...nunja, vielleicht war ich einfach immer in den falschen Buchläden, wenn es keine Erwachsenenabteilung gab.
    • Die Abmahnmöglichkeit besteht nach FSM¹, anders als auf heise.de² rauszulesen war, wirklich schon länger. Und zwar für genau die gleichen Fälle.
      Damit ist die Abmahnangst ab dem 1. Januar gar nicht berechtigter als sie es schon die ganze Zeit war. Wahrscheinlich hielt sich das im Hintergrund, weil kaum wer darüber Bescheid wusste. Jetzt, durch die Medienaufmerksamkeit, wissen es aber viele und die Abmahnzahl könnte steigen.
      Proteste ist die Sache in meinen Augen dennoch wert und vielleicht bestehen sie deshalb auch: Die Novellierung hätte die Abmahnmöglichkeit beschränken müssen.

      Das heißt, dass wirklich nur eine Altersbeschränkungsalternative hinzukam und wir uns eigentlich über das alte Gesetz aufregen. Also wenn heise.de schwafeln sollte. Damit hat Ast Recht. Die ganzen Seiten haben aber statt einer Trennung alles in einem Satz in Bezug auf Januar geschrieben, sodass die Novelierung wirkte, als ob sie bezogen auf Abmahnungen was Neues bringen würde. Tat sie nur nicht. Das Gesetz, so bezweifelbar es auch ist, läuft schon lange in diesem Sinne.


      ¹FSM (letzter Punkt): Die Möglichkeit wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen besteht im geschäftlichen Verkehr in vielen Fällen, auch nach der derzeitigen Rechtslage, wenn sich ein Marktteilnehmer nicht gesetzeskonform verhält. Daran ändert der neue JMStV nichts. Für die allermeisten Anbieter bleibt eine Abmahnung nach wie vor sehr unwahrscheinlich, weil sie gar keine aus Jugendschutzsicht problematischen Inhalte anbieten.

      ²heise.de: Wer ab Januar 2011 nicht kennzeichnet oder den Zugang beschränkt, kann von der Konkurrenz eine Abmahnung wegen unlauteren Wettbewerbs erhalten. Schließlich verschafft er sich einen Vorteil, indem er sich nicht an bestehende Regelungen hält. Rechtsexperten befürchten bereits Abmahnwellen, die insbesondere kleinere geschäftliche Anbieter im Web überschwemmen könnten.



      Edit:
      Andererseits, wenn die Abmahnrate wirklich so extrem winzig ist, wie jetzt (man hörte ja bisher i.d.R. auch nie was), dann ist die Altersangabe eine enorm praktische Sache. Gewöhnlich hat man sich ja nicht darum gekümmert, ob man rechtlich bezogen auf die Altersfreigabe, richtig liegt. Durch den Hype kontrollieren alle ihren Inhalt, obwohl es kaum Abmahnungen bisher gegeben hat. Das erleichtert einem nun, sich bei Problemen zu schützen, weil danach Abmahnanwälte nichts mehr tun könnten, während sie das vorher gekonnt hätten. Außerdem braucht man keinen klaren Altersnachweis, sondern kann sich einfach mal eine Pornoseite aufziehen und muss dann nur noch die Altersfreigabe in den Code einbauen.
      Eigentlich ist das extrem praktisch, weil dann automatisch jeder ohne Kinderfiltersoftware als mindestens 18-Jähriger diesbezüglich durchgeht und gemütlicher an deutsche Porno- und Gewaltfilme kommt, ohne nervige Altersbestätigung.
      Mit der Argumentation, das Internet hätte keine Landesgrenzen, zerstören wir uns eigentlich selbst diese komfortable Sache, einfach mal alles Kritische mit Alterspunkt online zu stellen. Wenn bei einer Nachbearbeitung des Gesetzes dieser Punkt nun wegfällt, verlieren wir eigentlich an Freiheit.

      Ohne die Abmahnaffäre ist das eigentlich 'ne richtig nette Sache.
      Wenn aber bei Gesetzesverstößen immer Abmahnungen neben Bußgeld bestehen können, dann ist das neuartige Erwähnen davon mal richtig suspekt. Wenn sich das Abmahnverhältnis aber nicht ändert, dürfte es den meisten wirklich egal sein, weil dann wirklich nicht jeder Blog-Satz auseinandergerissen und kritisiert wird. Es besteht also wirklich kein Panikgrund. Das Gesetz ist also sogar für Ältere besser geworden.
      Anscheinend hat die Sache einer falsch aufgegriffen und das alte Gesetz zur Novellierung erklärt und dann haben fast alle großen Seiten mitgezogen. Und nun folgen eben die User.


      Das heißt, dass alle, die unabgeschottetes ü16-Material auf der Website hatten, eigentlich die ganze Zeit mahngefährdet waren und jetzt das Problem mit einem kleinen Code-Stück (statt aufwendigen Verfikiationsvorgängen) lösen können.

      Dieser Beitrag wurde bereits 7 mal editiert, zuletzt von Salev ()