Wahljahr 2009

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • (=mehr Arbeitsplätze=mehr Konsum/Einkommensteuer, besseres Bild der Deutschen bei den Afghanen, weniger Terrordrohungen usw.)

      Bestechende Logik.

      Die Krux an der Hindukuschsache ist, dass Afghanistan respektive der afghanische Staat ohne NATO-Truppen nicht in der Lage ist, die ganzen Extremisten unter Kontrolle zu halten. Würde sich der Westen jetzt zurück ziehen hätten wir Ratzfatz einen neuen Gottesstaat und eine neue Brutstelle für Terroristen.

      Diese "Reichensteuer" finde ich hingegen im Grund ganz okay. Wer mehr hat sollte meiner Meinung nach auch mehr zahlen.
    • Original von jensen
      Jetzt soll der Staat die Steuern senken? Mit Billionen Euro Schulden?


      Japp, Deutschland wäre reich genug, alle Schulden zu bezahlen, wenn es besser wirtschaften würde. Es gibt wirklich ne Menge Dummfug, für die Geld da ist, und da wo es wichtig ist, plötzlich nicht.

      Wenn man den Leuten wieder mehr Geld an die Hand gibt steigt die Kaufkraft (Mehrwertsteuer!), es werden Arbeitsplätze frei (Steuern auf Gehälter), Betriebe kommen in Schwung (Gewerbesteuer) usw.

      Es hilft nichts, den Leuten immer mehr und mehr wegzunehmen. Auch die "Reichen" haben irgendwann nichts mehr. Und dann?

      @ Crowbar: Das mit dem mehr zahlen ist ja heute schon so, dafür gibt es ja verschiedene Steuerklassen. Auch die Gehälter sind bereits besteuert. Aber es muss sich eben auch noch ein bisschen lohnen können zu sparen. Und nicht, dass wenn man sich ein bisschen was vom versteuerten Geld angespart hat, gleich Vater Staat kommt und es einem wieder wegnimmt.

      Wem ich stattdessen ein Ende setzen würde sind die überproportionalen Managergehälter und die Riesenabfindungen wenn man eine Firma an die Wand gefahren hat und dafür höhere Löhne an Menschen die notwendige Arbeiten verrichten wie Krankenschwestern oder die städtische Reinigung (aka Müllabfuhr). Ich sage es noch einmal: Wer wirklich von der Reichensteuer betroffen ist, ist der Mittelstand, nicht die wirklich Reichen, denn die begehen Steuerflucht.
    • Original von Ark
      Man sollte nicht immer zeigen, dass man von Armut keine Ahnung hat. Und Wörter wie "Enteignung" sollte man auch nur in den Mund nehmen, wenn man weiß, was sie bedeuten.

      Mit Armut hat das nichts zu tun. Lass dir aber sagen, dass echte Armut in Deutschland nicht existiert.
      Wer weniger als 60% des Median-Einkommens verdient, gilt laut Regierung als arm.
      Und das sind dem aktuellen Armutsbericht der Bundesregierung zufolge zur Zeit 13% der Bevölkerung. Das nennt man auch relative Armut.

      Selbst wenn der am wenigsten verdienende immer noch eine Million verdient, es würde bei 13% "Armen" bleiben. Auch ein Wirtschaftswunder könnte relative Armut also nicht beseitigen.

      Solange es Einkommensunterschiede gibt wird relative Armut immer existieren. Nur wenn jeder gleich viel verdient gibt es sie nicht.
      Und in welchem gesellschaftlichen System herrscht "gleiches Einkommen für alle"?
      Richtig: Im Kommunismus!

      Das Wort Enteignung wurde im Übrigen von mir vollkommen korrekt verwendet. Was dich da jetzt stört, weiß ich nicht. Da musst schon genauer werden.

      Original von Ark
      Was "Staat" bedeutet, weißt du anscheinend auch nicht. Oder du weißt es und unterstreichst damit gerade deinen Egoismus ("Was geht mich das Leid anderer an?").

      Bitte werde mal konkreter. Ich kann schließlich keine Gedanken lesen.

      Original von Ark
      Falls du darauf hinauswillst, dass Menschen zum Arbeiten zu faul wären, dann erkläre doch mal bitte den Freitagsverkehr, in dem en masse Menschen von West nach Ost fahren.

      Nein, darauf wollte ich nicht hinaus. Faul werden die Menschen nur, wenn der Staat ihnen die Anreize nimmt.
      Was ich damit eigentlich sagen wollte, ist, dass der Staat keine neuen Werte schöpft. Das einzige was er kann ist Vorhandenes (von der Privatwirtschaft geschaffen) umzuverteilen. Wenn er die Produktiven also zu sehr schröpft, hat er irgendwann nichts mehr zum umverteilen. Denn irgendjemand muss den Kuchen backen, bevor er verteilt wird.

      Original von Ark

      Du nennst es also "gleiche Voraussetzung", dass Menschen in Armut um ihren Job bangen, während andere wie du hier offensichtlich so viel Knete haben, dass sie sich über so was nur amüsieren können? Bist du schon mal in Ostdeutschland gewesen? Bist du mal mit der Bahn nach Leipzig gefahren? Hast du gesehen, wie es da aussieht? Bist du schon mal mit der Bahn in den Hauptbahnhof von Cottbus gefahren? Es sieht da aus wie in einer Geisterstadt.


      Die obersten 10% kommen bereits jetzt für 52% des Einkommensteueranteils auf. Das heißt, ein Zehntel der Bevölkerung zahlt über die Hälfte aller Steuern.
      Und da möchtest du durch weitere Steuererhöhungen diejenigen effektiv Wirtschaftenden, die bereits einen überproportional hohen Beitrag zur ineffektiv wirtschaftenden Staatsbürokratie leisten, noch höher belasten, um den weiteren Gestaltungsspielraum der Bürokratie zur Subventionierung anderer ineffektiv Wirtschaftender zu sichern. Wenn das nicht ungerecht ist, weiß ich auch nicht.
    • Original von Knight Rider
      Selbst wenn der am wenigsten verdienende immer noch eine Million verdient, es würde bei 13% "Armen" bleiben. Auch ein Wirtschaftswunder könnte relative Armut also nicht beseitigen.

      Und deswegen kann ja alles so bleiben, wie es ist, was? Bist ja nicht betroffen ...

      Original von Knight Rider
      Und in welchem gesellschaftlichen System herrscht "gleiches Einkommen für alle"?
      Richtig: Im Kommunismus!

      Und das sagt uns jetzt was?

      Original von Knight Rider
      Das Wort Enteignung wurde im Übrigen von mir vollkommen korrekt verwendet. Was dich da jetzt stört, weiß ich nicht. Da musst schon genauer werden.

      Es geht mir nicht darum, ob du das Wort "korrekt" verwenden kannst. Es geht mir darum, ob du das ganz praktisch am eigenen Leib erlebt hast (oder zumindest nahestehende Menschen kennst, die das erlebt haben). Was glaubst du denn, was nach dem Krieg in der SBZ los war? Was für immer mehr Leute inzwischen interessant wird, sind übrigens die Pfändungsgrenzen. Und dass deine 13% hauptsächlich diejenigen ausmachen, die besagten Freitagsverkehr hinlegen, ist dir hoffentlich auch klar.

      Original von Knight Rider
      Original von Ark
      Falls du darauf hinauswillst, dass Menschen zum Arbeiten zu faul wären, dann erkläre doch mal bitte den Freitagsverkehr, in dem en masse Menschen von West nach Ost fahren.

      Nein, darauf wollte ich nicht hinaus. Faul werden die Menschen nur, wenn der Staat ihnen die Anreize nimmt.

      Hast du einmal in deinem Leben gesehen, unter welchen Bedingungen nicht wenige Ostdeutsche leben und arbeiten müssen? Arbeitsverträge sind da grundsätzlich befristet (höchstens ein oder zwei Jahre, das hat wieder mit irgendwelchen Tricks gegenüber der Bundesagentur für Arbeit zu tun), und das mit abenteuerlichen Probezeiten (6 Monate, bzw. alles, was geht). Gefordert werden Wunder was für Spezialkenntnisse und Zertifikate, und das ganze für einen Hungerlohn. Spätestens mit Ende der Probezeit wirst du wieder rausgeworfen und stehst einmal mehr ohne Job da. Dafür gibt's dann wieder in der Zeitung genau die gleiche Stellenausschreibung wie schon vor einem halben Jahr. Es spielt überhaupt keine Rolle, ob du hochqualifiziert bist, es geht allein um eine billige Arbeitskraft. Die Arbeitgeber dort haben trotz dieser extrem schlechten Verhältnisse bergeweise Bewerbungen auf dem Tisch liegen und wissen deshalb, dass sie dich jederzeit problemlos auswechseln können. In Ostdeutschland herrscht Erwerbsarmut, wie du sie dir wahrscheinlich gar nicht vorstellen kannst.

      Wo bitte sollen da noch Anreize sein?

      Original von Knight Rider
      Wenn er die Produktiven also zu sehr schröpft, hat er irgendwann nichts mehr zum umverteilen. Denn irgendjemand muss den Kuchen backen, bevor er verteilt wird.

      Mit der Wende hofften viele Ostdeutsche Anfang der Neunziger auf bessere wirtschaftliche Verhältnisse und investierten nicht wenig auf Kredit, z.B. in ein eigenes Haus. Erfüllt wurden die Erwartungen ganz und gar nicht, vielerorts gibt es Zwangsversteigerungen, in denen die Häuser für 'n Appel und 'n Ei verscherbelt werden. Statt eines Hauses haben viele nur noch einen riesigen Berg Schulden. Unter den oben genannten Arbeitsbedingungen, die in diesen Gegenden herrschen, braucht es dann nur noch die Idee irgendeines unvorhergesehenen Ereignisses, und schon stehen die Gläubiger vor deiner Tür und nehmen dir alles weg, was in deinen vier Wänden irgendwie von Wert sein könnte. Die Menschen, die dort leben, können froh sein, wenn sie Luft zum Atmen haben, und da redest du von Kuchen!?

      Es sieht indes so aus, als wüte der Kapitalismus inzwischen erfolgreich auch im Westen. Ein politisch sehr engagierter Bayer hat mir neulich gesagt, dass die Linken in Ostdeutschland hauptsächlich von der Bildungsschicht gewählt werden, während in Westdeutschland hauptsächlich Geringverdiener diese Partei wählen. (Und: Nein, er selbst ist nicht Anhänger der Linken.) Inzwischen merken also auch die, denen es wohl bis vor Kurzem noch gut ging, dass es auch sie treffen kann.

      Original von Knight Rider
      Die obersten 10% kommen bereits jetzt für 52% des Einkommensteueranteils auf. Das heißt, ein Zehntel der Bevölkerung zahlt über die Hälfte aller Steuern.

      Na, und? 10% der Bevölkerung besitzen wahrscheinlich auch 90% des Vermögens. Die übrigen 90% dürfen sich den Rest teilen. Die Idee hinter der "Reichensteuer" (die es übrigens schon einmal gab, und jetzt erkläre mit bitte keiner, dass sich seit dem Wegfall dieser Steuer die wirtschaftliche Lage der besagten 90% verbessert hätte) ist, dass den Menschen, die viel besitzen (eben Reiche, wenn man so will), auch viel verkraften können, während den Rest der Bevökerung eine solche Belastung in den Ruin treiben würde. Auf diese Weise kann mehr Geld der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden, ohne dass jemand darunter leiden muss. (So zumindest die Idee, und es gibt ja auch reiche Menschen, die sofort dazu bereit wären.)

      Original von Knight Rider
      Und da möchtest du durch weitere Steuererhöhungen diejenigen effektiv Wirtschaftenden, die bereits einen überproportional hohen Beitrag zur ineffektiv wirtschaftenden Staatsbürokratie leisten, noch höher belasten, um den weiteren Gestaltungsspielraum der Bürokratie zur Subventionierung anderer ineffektiv Wirtschaftender zu sichern. Wenn das nicht ungerecht ist, weiß ich auch nicht.

      Dass viel Geld zum Fenster hinausgeworfen wird, ist mir klar, und lch denke, da sind wir uns auch alle einig. Wenn ich dir aber etwas zum Thema Gerechtigkeit sagen darf: Leben und leben lassen! Sieh dir bitte, um mal nur eines von vielen Beispielen darzulegen, folgende Grafiken an:

      [Blockierte Grafik: http://www.freenet.de/freenet/wissenschaft/technik/hightech/saubere_kohle/b4_g.jpeg]
      [Blockierte Grafik: http://www.medienwerkstatt-online.de/lws_wissen/bilder/1051-2.jpg]
      Die erste Grafik zeigt Braunkohlevorkommen, die zweite Steinkohlevorkommen in Deutschland. Nun wünsche ich mir eine gute Erklärung dafür, warum ausgerechnet der Steinkohlebergbau subventioniert wird, als gäbe es kein Morgen.

      Es stellt sich für mich so dar, dass man beim (geografisch, siehe Karte) linken Feuer offensichtlich permanent nachlegt, während man das rechte einfach ausgehen lässt. Und dann kommen solche klugen Sprüche, dass es doch nicht gerecht sein kann, wenn man links nicht mehr nachlegen und sich stattdessen um rechts kümmern würde. Begründung: links bringt's noch was, da brennt es ja wie verrückt, aber rechts liegt doch nur noch die Glut. :rolleyes:

      Ark
    • Zitat: Original von Knight Rider
      Und in welchem gesellschaftlichen System herrscht "gleiches Einkommen für alle"? Richtig: Im Kommunismus!

      Und das sagt uns jetzt was?

      Dass der Kommunismus wohl kaum ein wünschenswertes Gesellschaftssystem ist. Und zwar noch weniger wünschenswert als der Kapitalismus. Liegt an der menschlichen Natur...
      Mir wäre kein kommunistischer Staat bekannt, der in irgendeiner Form seine Bürger nicht unterdrückt/ enteignet, sich um Menschenrechte kümmert, etc. pp.

      @ Ark: Mit all dem hast du nicht Unrecht, nur glaube ich, dass eine Reichensteuer an all dem nichts ändern wird und das war, soweit ich weiß, ja das Thema. Es gab sie, wie du selbst zugabst anscheinend schonmal (davon weiß ich nichts...) und es hat sich nichts geändert. Ich glaube auch, dass sich jetzt nichts ändert.
      Das System ist ungerecht - aber eine Reichensteuer würde mal wieder nur kurzfristig Symptome behandeln, anstelle der Ursache. Daher bin ich dagegen.
    • Ark spricht mir im Grunde aus der Seele. Schliesslich wohnte er dort, er hat hautnah mitbekommen, wie die dortigen Mechanismen greifen. Auch bringt er anschauliche Beispiele, denen man, wie ich finde, durchaus Glauben schenken darf. Dass ein geringer Prozentsatz der Bevölkerung einen Grossteil der Einkommens(!)steuer zahlt, ist nur legitim, weil sie im Verhaeltnis dazu wesentlich mehr verdienen. Jemand mit einem Netto-Einkommen von 1 Million €, was in diesen Schichten sogar noch recht wenig ist, dürfte sich m.E.n. sogar nicht beschweren, wenn er davon 900.000€ der Allgemeinheit zur Verfügung stellen würde. Von 100.000€ im Jahr kann man ja wohl immens gut leben, und es ist noch viel mehr, als der durchschnittliche Deutsche je auf seinem Bankkonto haben wird. Ich verstehe diese Gier nicht, absolut nicht. Kein derartiges Vermögen, wie zB das von gewissen KonzernchefInnen, um die Milliarde und mehr kann jemals ohne Ausbeutung zustande kommen.

      Ein Angleich der Verhaeltnisse ist noch lange kein reiner Kommunismus. Jener ist sowieso das böse Schreckgespenst, mit dem die Bosse samt den Politikern, die von ihnen profitieren, stets die kleinen Leute schrecken. Mehr soziale und justizielle Gleichheit ist ein Volksbedürfnis, aber der Deutsche ist derart blöde, dass er das, was er eigentlich möchte, direkt als Utopie brandmarkt. Argumentiert man nun damit, dass die Superreichen dann allesamt flüchteten, spricht das a) für ihre grenzenlose Asozialitaet und b) ist das Kapital sowieso grossteils im Ausland, wo es weit geringer versteuert wird. Der Staat wird also schon hintergangen, wo es nur geht. Die DDR dient natürlich als die schlimmste, grausamste und menschenverachtenste Episode der deutschen Geschichte, in der Mediendarstellung, praeziser: im Historytainment-Propaganda-Bullshit, liegen DDR und Nationalsozialismus nur einen Fingerbreit auseinander. Durch die Finanzkrise wurde uns gezeigt, dass das System, wie es jetzt ist, entscheidende Defizite aufweist, die in naher Zukunft nicht reguliert, sondern durch Schwarz-Gelb weiter dramatisiert werden - entschuldigt, aber Leute, die frei raus und aus vollster Überzeugung für den Neoliberalismus eintreten, haben entweder einen gewaltigen Sockenschuss oder sind, nun ja, eben ziemlich, ziemlich asozial.
      Es braucht also eine greifbare Systemalternative. Die letzte, die sich als solche erweisen konnte, war der Sozialismus, der in der aggressiven Systemkonkurrenz mit dem Kapitalismus nie eine Chance hatte, kleiner Spass: politisch korrekt klingt's so: "der vor unser aller Augen an seiner Untüchtigkeit und Unmenschlichkeit zusammengebrochen ist", wie ich neulich im deutschen Politfeuilleton (Zeit) las.

      Marktwirtschaft ist nicht schlecht, beileibe nicht das Verkehrteste, aber so man sie gebraucht, muss das mit enormem Bedacht geschehen und einem Verantwortungsgefühl des einen für den anderen. Das klingt nun natürlich wieder arg links, das ist natürlich nicht sooo toll. Aber der Sozialismus wird ja durchaus zur Anwendung gebracht: Beispiel, wieder, Finanzkrise.
      Wo kam das Geld her, dass die wenigen, dumm-dreisten Tröffel brauchten, um sich und ihre Unternehmen am Laufen zu halten? Aus ihren eigenen Taschen? Nein, da haetten sie Zeter und Mordio geschrien! Stattdessen bekamen sie Abfindungen in Millionenhöhe, damit sie nicht allzu traurig sein müssen. Aber, und darüber spricht man in dieser Deutlichkeit ja auch nicht gerne, von wem stammen nun besagte Millionen/Millarden?
      Von uns allen, wir blechten miteinander. Der Verlust, der von wenigen einzelnen, die meines Wissens nie dafür belangt wurden, verursacht wurde, der wurde schlicht und einfach sozialisiert. Von unten nach oben ist das für den deutschen Staat also keinerlei Problem.
      Hach, sogar wenn wir einen Brief verschicken, zahlen wir für z.B. Zumwinkels Rente. Wie das? Für den Schwerverbrecher, der alle betrogen hatte und von seinem unermesslichen Reichtum nichts durch Steuern zum Wohle der Gemeinschaft abtreten wollte? Für den zahlen wir?
      Ja, mit jedem Brief, respektive jeder Briefmarke. Die Deutsche Post zahlt ihm die Rente, indem wir zwangslaeufig ihre Dienste in Anspruch nehmen, zahlen wir für den, der alle hinterging. Und er kriegt nicht wenig, er kriegt eine Million Rente(!) im Jahr. Eine Million fürs Nichtstun, verschuldet durch vorangegangenes Ganoventum.

      Das heisst, der Sozialismus funktioniert einwandfrei. Nur nicht von oben nach unten, sondern einwandfrei von unten nach oben. Dessen ist sich leider niemand bewusst bzw ist sich dessen bewusst, findet es aber durchaus profitabel. Unterdrückt wird dadurch meinungstechnisch noch niemand, nur a klaanes, klaanes bissel öffentlich geächtet - und zwar die- oder derjenige, der konsequent gegen dieses vielleicht ein wenig faschistoide, aber auf jeden Fall höchst korrupte System seine Stimme erhebt.

      Zu dieser Reichensteuer wieder. Ich bitte euch, es ist ja wohl das Allerallerallerallermindeste. Leider hört der Homo nichtsosapiens eher auf das, was ihm schadet, als auf das, was recht und billig und nicht mehr als vernünftig ist.

      Dieser Beitrag wurde bereits 5 mal editiert, zuletzt von Acrobat reader ()

    • Original von CAMIR
      Zitat: Original von Knight Rider
      Und in welchem gesellschaftlichen System herrscht "gleiches Einkommen für alle"? Richtig: Im Kommunismus!

      Und das sagt uns jetzt was?

      Mir wäre kein kommunistischer Staat bekannt, der in irgendeiner Form seine Bürger nicht unterdrückt/ enteignet, sich um Menschenrechte kümmert, etc. pp.

      Mir wäre kein kommunistischer Staat bekannt...


      Top 4™ Bruno
      Think original.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Phael ()

    • @ Acrobat Reader: Ich gebe dir mit den immens hohen Löhnen recht. Nur finde ich, sollte man, bevor man diese Reichensteuer einführt die Leute einfach gerechter bezahlen. Welche Tätigkeit verdient es denn überhaupt 1 Mio. gezahlt zu bekommen? Ein Manager der seine Firma an die Wand fährt und es ist ihm scheißegal ganz sicher nicht. Wenn man alle Leute vernünftig bezahlen würde (es gibt so viele Jobs die für das was geleistet wird unterbezahlt sind), stellt sich das Problem schon garnicht.
      Du brandmarkst das Verhalten der Superreichen als asozial. Stimmt. Aber es passiert eben trotzdem mit dem Endergebnis, dass die, die für diese Steuer in Frage kämen einfach abhauen.
      Und in mir sträubt sich halt alles dagegen, dass wenn jemand durch harte Arbeit etwas gespart hart und sich Wohlstand erkämpft hat, der Staat kommt und es ihm wegnimmt, weil er jetzt "reich" ist. Das kann ja wohl auch nicht sein.

      @ Phael: Erbsen zählen kann ich auch alleine.
      Dass die einzelnen "Staaten" wie China oder die UdSSR dann ihren Leninismus/Maoismus/Sozialismus whatever pflegten täuscht nicht darüber hinweg dass all diesen -ismen der Kommunismus als theoretische Grundidee zugrundelag. Nur die praktische Ausprägung war halt ne andere. Und sorry mir gefällt keine davon.

      Kommunismus ist ne schöne Idee nur leider nicht realitätstauglich. Dass der Kapitalismus jetzt bröckelt ist wieder was anderes... Aber es gibt halt keine ideale Gesellschaft - dafür ist der Mensch zu sehr wie er nunmal ist.

      All animals are equal - but some are more equal.
      Aber das ganze wird doch jetzt ein wenig OT, Thema war das Wahljahr 2009 und nicht irgendwelche abstrakten Gesellschaftsformen...

      Ich will dir damit nicht mit der Modkeule den Mund verbieten wenn du mir noch etwas darauf antworten willst, aber langsam sollten wir wieder btt.
    • Original von CAMIR
      Und in mir sträubt sich halt alles dagegen, dass wenn jemand durch harte Arbeit etwas gespart hart und sich Wohlstand erkämpft hat, der Staat kommt und es ihm wegnimmt, weil er jetzt "reich" ist. Das kann ja wohl auch nicht sein.


      Der, der richtig reich ist, arbeitet selten richtig hart. Es geht nicht darum, den Omas den Sparstrumpf zu klauen. Ein derart immenses Vermögen, es sind regelrechte Unsummen, entstehen, wenn über einen langen Zeitraum grosse Massen von Leuten kategorisch unterbezahlt, schlicht ausgebeutet, werden und eine Person oder ein kleines Klüngel den allergrössten Batzen für sich selbst einstreicht. Im Erbfall ist's ja umso schlimmer. Jemand, der nie auch nur irgendwie taetig war, kann locker mal 10 Millarden erben - und will nichts davon abgeben. Daher waere eine höhere Erbschaftssteuer ab einem gewissen Betrag ebenfalls zu wünschen.
      Ausserdem ist der "Staat" kein fiktives Gebilde. Der Staat nimmt es ihnen nicht weg, sie profitieren selbst genauso vom Staat wie alle anderen. Sie stellen entsprechende Betraege der Gemeinschaft zur Verfügung, ohne dass ihr eigener Lebensunterhalt nur irgendwie gefaehrdet waere.


      @Bundestagswahl: dies Jahr im September wird ein gigantischer Haufen inkompetenter Idioten auf uns losgelassen. Die fertige Bundesregierung wird, so sie schwarz-gelb ist, sehr grossen Schaden anrichten. Irgendwann in den naechsten 4 - 8 Jahren waeren Bomben fliegen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Acrobat reader ()

    • Ich muss hier Acro mal deutlich zustimmen. Alle jammern immer, dass der Staat ihnen alles wegnimmt, die BILD titelt "50% der Zeit arbeiten wir nur für den Staat"...

      Ich zitier jetz einfach mal Volker Pispers:

      "Ja, haben sie dieses Schwein denn schonmal getroffen, für das sie da die ganze Zeit arbeiten? Wer ist denn dieser Staat? Gucken sie mal morgens in den Spiegel, da ham se ihn!"

      Für was ist der Staat denn gut? Klar wird ne Menge verwirtschaftet, aber die Lösung kann nicht sein, in eine "Alles-Meins"-Mentalität abzudriften und sich wirtschaftlich und steuerpolitisch abzuschotten. Der Staat sind wir alle. Das Geld wird im Finanzministerium nicht lecker angebraten und gefressen, sondern davon werden die Straßen gebaut, auf denen man fährt, davon werden öffentliche Verkehrsmittel betrieben, davon geht man zur Schule oder zur Uni.
      Wenn ich mich richtig erinnere, hat der Streik der U-Bahn-Fahrer in Berlin der Stadt JEDEN TAG (!) eine MILLION EURO eingebracht - Geld, das ansonsten der böse, böse Staat für das Funktionieren des Betriebs ausgeben hätte müssen. Nur in Berlin. Nur die U-Bahnen. Nur einen Tag.

      Und wenn ich mir ansehen muss, wie Kita-Plätze im Dutzend billiger gestrichen werden, massenhaft Arbeitskräfte unterbezahlt werden, die Bildung mehr und mehr vom Einkommen der Eltern abhängt (weil Fördermittel für die Schulen fehlen), die Schere zwischen reich und arm immer größer wird, Kinder zum Armutsgrund Nummer eins avanciert sind, wie Jugendprojekte aller Art en masse gekippt oder gestrichen werden, wie gemeinnützige Organisationen verzweifelt um ihr bloßes Überleben kämpfen, der Bildungsstandard gerade in der jüngeren Generation rapide degeneriert, wenn ich mir all diese Dinge angucke und dann die Reichen (oder, wie es ja politisch korrekter ist, die "hart arbeitende obere Mittelschicht"), die mit Schaum vorm Mund Gift und Galle fauchen, wenn sie ein winziges Stück ihrer fünf Autos, drei Eigentumswohnungen und fünf Sparfonds abgeben sollen an andere, die NICHT so verdammt viel Glück im Leben hatten (und ja, in so eine Situation kommt man nur mit Glück, denn wenn harte Arbeit langen würde, hätten wir nicht so eine elitäre Besserverdienendenschicht in Deutschland) -

      dann find ich persönlich das ziemlich widerwärtig. Das soll jetzt keine persönliche Attacke gegen irgend jemanden im Forum sein, ich wollte nur meine Meinung kundzum zum ewigen, leidigen Thema "Der Staat nimmt mir mein Geld weg".

      Btw stimmt es schon, dass Lafontaine selbst ziemlich viel auf dem Konto hat - aber immerhin ist er der einzige mir bekannte Reiche, der selbst für die Einführung der Reichensteuer ist. Macht nachdenklich, oder?
    • Original von CAMIR
      @ Phael: Erbsen zählen kann ich auch alleine.
      Dass die einzelnen "Staaten" wie China oder die UdSSR dann ihren Leninismus/Maoismus/Sozialismus whatever pflegten [...]

      Das stimmt zwar, aber darauf wollte ich gar nicht hinaus. Was ich sagen wollte ist, dass noch nie ein Land nicht einmal von sich behauptet hätte, kommunistisch zu sein. Weder die Sowjetunion, noch China, Kuba, etc.


      Top 4™ Bruno
      Think original.

    • Wobei ich mal fragen muss: Ab wann ist man "reich"?
      Ich weiß nur, dass meine Familie (bzw. mein Vater) beispielsweise brutto immens viel verdient. Da gehen monatlich Steuern weg, soviel hab ich selbst noch nie besessen. Aber dank einiger Fehlkalkulationen, finanzieller Unglücksfälle und durchaus auch betrügerischen Firmen sitzen wir ziemlich in den Schulden; wir sind eine siebenköpfige Familie, das Haus ist nicht abbezahlt und unterm Strich stehn wir nicht wirklich besser da als die durchschnittliche Mittelschicht. Ich finds auch recht krass, dass - wenn das Haus mal abbezahlt ist - mein Vater im Endeffekt viermal (!!) den Preis des Hauses bezahlt hat, nur mit Zinsen, Steuern und allem drum und dran.

      In der Theorie wäre meine Familie wohl reich; bloß den Einkommenszettel betrachtet. In der Praxis siehts aber so aus, dass das gesamte Eigentum meiner Familie sofort gepfändet würde, würde mein Vater seine Arbeit verlieren. Und alle säßen auf der Straße.


      Darum bin ich beim Wort "Reichensteuer" eher skeptisch. Ich muss zugeben, ich hab jetzt nicht alles hier gelesen, aber so wie ich die Welt kenne, würde einfach vom Einkommen noch mehr abgezwackt werden, anstatt darauf zu gucken, was derjenige denn nun konkret besitzt.


      (Ja, man kann draufklicken)
    • Original von CAMIR
      @ Acrobat Reader: Ich gebe dir mit den immens hohen Löhnen recht. Nur finde ich, sollte man, bevor man diese Reichensteuer einführt die Leute einfach gerechter bezahlen. Welche Tätigkeit verdient es denn überhaupt 1 Mio. gezahlt zu bekommen? Ein Manager der seine Firma an die Wand fährt und es ist ihm scheißegal ganz sicher nicht. Wenn man alle Leute vernünftig bezahlen würde (es gibt so viele Jobs die für das was geleistet wird unterbezahlt sind), stellt sich das Problem schon garnicht.

      Dieser Gedanke ist natürlich goldrichtig. Eine Kleinigkeit muss hier allerdings noch berücksichtigt werden, nämlich dass ein Großteil des Kapitals in Privatbesitz ist, und der Zins bewirkt, dass das Geld zu Gunsten dieser "Reichen" aus dem Umlauf verschwindet, von dem sich alle ernähren müssen. (Ich hoffe, dass ich jetzt nichts Falsches erzähle.) Früher gab es deswegen einen regelnden Mechanismus namens Vermögenssteuer. Heute nennt man so was wohl Reichensteuer, existiert im Vergleich zu seinem Vorgänger aber nur auf dem Papier.

      Was Löhne angeht, bin ich aus zwei Gründen dafür, dass die Einkommenssteuer nicht linear, sondern exponentiell wächst, was anders herum gedacht bedeutet, dass (um es einfach zu halten) der Nettolohn gegenüber einem linear steigenden Bruttolohn nur logarithmisch wächst: Erstens verhält sich die Wahrnehmung des Menschen logarithmisch (anders ausgedrückt: der Nettolohn(-anstieg) würde sich in "Rahmen" bewegen, die ein Mensch noch wahrnehmen kann), zweitens käme exponentiell mehr Geld der Allgemeinheit zugute, was insofern logisch ist, als dass sich die Menschen theoretisch auch exponentiell vermehren.

      @Ulyaoth: So makaber es für beide Seiten klingen mag, aber ich glaube, die meisten Ostdeutschen könnten auf das von dir Geschilderte richtig neidisch werden.

      Ich will noch etwas mehr zur Situation in Ostdeutschland sagen, weil ich denke, dass hautnahe Erfahrungen das ganze wesentlich veranschaulichen können und denen, die solche Erfahrungen nicht sammeln mussten, hilft, sich ein besseres Bild davon zu machen, wie es in Deutschland aussieht. Aber jetzt bin ich zu müde dafür; ich werde "morgen" wieder schreiben.

      Ark
    • @ Ark:

      Traurig ist aber, dass das, was früher vor allem für Ostdeutsche galt, jetzt auch im Westen immer "populärer" wird.. Hey! Freut euch, bald sind wir endlich geeint. Ein Volk aus immer ärmer werdenden Leuten, beherrscht von einer sich selbst durch ausbeutung erhaltenden Clique...
      Ein Beispiel dafür hab ich parat, auf der letzten Betriebsratssitzung in der Firma meines Vaters kam der Vorschlag auf, dass alle arbeiter (er ist Werkzeugmacher) auf 20!!!% Lohn verzichten sollten (neben dem Weihnachtsgeld usw was es eh nurnoch in Gerüchten und Märchen gibt), damit die Gewinne stabiler werden und man besser aus der Krise kommt...dazu noch Kurzarbeit usw.

      Ich frage mich wie lange es dauert bis diese "Clique" endlich versteht dass man Menschen nicht ewig ausnutzen kann..wahrscheinlich werden sie es genau dann merken wenn es das Volk merkt, nämlich dann wenn es zu Ausschreitungen kommt die die in Frankreich wie einen Kindergeburtstag aussehen lassen.
    • Original von AstartusSavall
      Klar wird ne Menge verwirtschaftet, aber die Lösung kann nicht sein, in eine "Alles-Meins"-Mentalität abzudriften und sich wirtschaftlich und steuerpolitisch abzuschotten. Der Staat sind wir alle. Das Geld wird im Finanzministerium nicht lecker angebraten und gefressen, sondern davon werden die Straßen gebaut, auf denen man fährt, davon werden öffentliche Verkehrsmittel betrieben, davon geht man zur Schule oder zur Uni.

      Zum ersten Teil stimme ich vollkommen zu. Manchen Deutschen geht es finanziell wirklich schlecht, die meisten jammern jedoch und wollen den perfekten Staat, sprich eine perfekte Finanzpolitik, in der für jeden das finanzielle Paradies kommen wird. Einschränkungen aufgrund finanzieller Probleme werden v.a ab der gehobenen Mittelschicht ungern in Kauf genommen - dafür ist doch der Staat zuständig.

      Dass Geld für die von dir genannten Zwecke eingesetzt wird, bleibt außer Frage, aber dennoch geht einiges a) für unnötige Ausgaben und b) für die lieben Politiker drauf. Erst kürzlich wurde uns in der sog. Dienstwagenaffäre gezeigt, wo Steuergelder hingehen. Und was ist mit den Schwarzgeldaffären? Wer kontrolliert eigentlich die Ausgaben der Politiker? In England hat man gesehen, dass die Politiker das Vertrauen der Bevölkerung missbrauchten und Ausgaben wie Hundefutter oder Fensterreinigungen vom Staat bezahlen ließen. Von den ganzen Zweitwohnungen in der Hauptstadt mal abgesehen...
      Ganz blind und die Finanzpolitik hochobend würde ich nicht an die Sache gehen.


      Die Piratenpartei hat in der Tat kein großes Wahlprogramm, jedoch ist sie keine Volkspartei und will in den nächsten Jahren sicherlich erst einmal auf den bestehenden Zielen aufbauen. Von den großen Parteien wird sie natürlich argwöhnisch betrachtet, Anfang der 90iger war es nicht anders mit Bundnis90/Grünen. Knapp 20 Jahre später haben sie Umfrageergebnisse über 10% (mindestens).
      Zudem wollte man damals recht wenig von grüner Politik hören, das brauchte kein Mensch. Heute ist die Umweltpolitik ein fester Bestandteil aller großen Parteien. Genauso kann es mit der Piratenpartei laufen. Welche Partei macht sich denn für das Urheberrecht und mehr Privatsphäre im Netz stark? Hie und da gibt es Gemurmel von Politikern, dass das Internet ja tatsächlich so langsam zum Stasinetz mutiert, gehandelt wird jedoch nicht. Auch wenn ein Sitz im BT aussichtslos ist, kann man auch mit Umfrageergebnissen unter 5 Prozent (3-4,9) darauf aufmerksam machen, dass die Ziele dieser Partei interessant sind. Und wie Evilitschi schon sagte: Im Moment hoffen die Piraten nicht einmal auf einen Einzug in den BT, aber ab einem Prozent ist jede Stimme für die Piraten bares Geld.
    • Da ich oben ja schon viel schrieb, bin ich mal so frei, hier nur einen kleinen, aber eminent wichtigen und bestürzenden Einwurf zu bringen. Wer das liest, sollte mal tief in sich gehen und sich fragen, was in diesem Staat eigentlich lost ist. Ein bisschen faschistoid kann man's meiner Meinung nach auf jeden Fall nennen.

      spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,641353,00.html
    • Hier nun die Fortsetzung, Einblicke in das Leben in Südbrandenburg:

      Noch bis vor zwei Jahren schmückten einige Hochhäuser die Gegend rund um den Cottbusser Hauptbahnhof. Heute ist das einzige Hohe in der Richtung die Bahnhofsbrücke. Sieht man sich auf den Straßen um, wird man praktisch nur mit Rentnern und Arbeitslosen konfrontiert. Wer so etwas wie Nachwuchs sehen will, kann lange suchen. Seit ungefähr zehn Jahren habe ich hier kaum noch ein Kind gesehen. Kinder sind purer Luxus. Wo in anderen Städten reges Treiben wäre, findet sich in Cottbus aus gutem Grund nur gähnende Leere: Praktisch niemand hat mehr Geld, das er spontan irgendwo ausgeben könnte.

      Sieht man sich die Entwicklung der Einwohnerzahlen von Cottbus an, ist eigentlich alles klar:
      • 1989 erreichte die Einwohnerzahl mit 128.943 ihren historischen Höchststand.
      • Seit der Wende in der DDR hat Cottbus wegen der hohen Arbeitslosigkeit und des Geburtenrückgangs bis Ende 2007 trotz erheblicher Eingemeindungen (Vergrößerung des Stadtgebiets um über 240 Prozent) etwa 20 Prozent seiner Einwohner verloren (26.132 Personen).
      • Die meisten Bewohner zogen in das Umland. [...] Der Grund ist überwiegend der Wunsch nach einem bezahlbaren Eigenheim, der sich in der Stadt selbst nur schwer realisieren lässt.

      "Wunsch" ist hier wirklich das richtige Wort, denn was "Eigenheim" bedeutet, habe ich ja oben bereits geschildert.

      Ich erinnere mich an ein Telefonbuch für den Raum Cottbus aus Mitte der Neunziger. Heute ist dieses Buch nur noch halb so dick! Die Gelben Seiten waren damals auch noch ein Buch. Heute sehen sie eher aus wie ein Heft. Aber genug der vielen Zahlen. Lassen wir die Natur sprechen: "Kot und Pfotenabdrücke sind Spuren und Zeichen dafür, dass der Urvater des Haushundes zurückgekehrt ist."

      Der Einwohnerrückgang hat natürlich auch auf Bildungseinrichtungen Einfluss. Um mal meine ganz persönliche und direkte Betroffenheit dieser Lage zu schildern: Als Kind sah ich noch relativ häufig ein Kino auch von Innen. Als Gymnasiast war das dann schon etwas Besonderes. Von den Eltern gab es Geld nur in Zusammenhang mit Bildung, also so Fahrkarten für die Schule, Essen etc. Internet kam erst später, was zwar mit der Oberstufe immer wichtiger, aber von meinen Eltern nicht so interpretiert wurde. (Zugegeben, auch Dinge wie dieses Forum hielten bei mir Einzug.) Folglich durfte ich mir fast monatlich Vorträge über die finanzielle Lage und existenzbedrohlichem Surfverhalten anhören, wenn die Rechnung einen Euro höher ausfiel als im Vormonat. Erst vor wenigen Jahren hatten wir halbes Ur-DSL bekommen, und es war ein Betteln sondergleichen, um meine Eltern zu einer Flatrate zu überreden. Geld für Mangas, CDs oder DVDs brauchte ich gar nicht zu erwarten, folglich habe ich in dieser Zeit nur sehr vereinzelt darin investiert, und das funktionierte so: Ein Band "Detektiv Conan" kostet 5 Euro, das habe ich dann in Essen umgerechnet, die ich dafür in der Schule kaufen könnte, ungefähr drei Mahlzeiten. Das hieße also dreimal hungern oder dreimal mehr Stullen schmieren, aber auf jeden Fall dreimal kein warmes Essen am Tag. Alternative: Billigeres Essen kaufen, allerdings war das weniger gesund und abwechslungsreich schon gar nicht. Außerdem kostete dieser Fraß selbst ja auch noch Geld, also hätte ich ungefähr zwei Wochen lang immer das Gleiche ungesunde Zeug zu mir nehmen müssen. Die Praxis war dann eine Mischung aus allem, also Billigfraß, Butterbrot und Hungerzeiten, nur noch gelegentlich auch das normale Essen. In den Ferien ging das ganze logischerweise nicht, was entsprechende Konsequenzen nach sich zog. Und das alles nur für eine CD oder einen Manga. Andere regelmäßige Ausgaben fernab der Schule hatte ich keine (wie auch, war ja kein Geld da). Es gab nur eines, in das ich relativ problemlos investieren konnte, und das war Bildung. Mitten in der Abizeit wurde jedoch mein Gymnasium geschlossen. Schülermangel. Ich durfte mich dann mit einer neuen Tutorin anfreunden, was auch teilweise in den Noten zu sehen ist. So gehen meine Anstrengungen in Sachen Bildung wieder kaputt. Kein Witz: So habe ich mehrere Jahre gelebt. Und es ist nicht erstrebenswert und auch nicht zumutbar.

      Heute muss ich mit der Situation umzugehen lernen, dass ich tatsächlich Geld habe! Erst gestern kaufte ich mir zum allerersten Mal Kleidung von meinem eigenen Geld. Es handelt sich um ein Paar Schuhe für 39,90 Euro - Geld, an das ich früher selbst für ein Fachbuch (Bildung!) nur schwer rankam. Die Schuhe, die ich davor trug, hatte ich schon einmal mit Alleskleber bearbeitet, und die Schnürsenkel, die schon einmal gerissen sind, gekonnt mit einem speziellen Knoten wieder benutzbar gemacht. Würde ich diese alten Schuhe weiterhin tragen, dürfte es wohl keine Woche dauern, und sie würden komplett zerfallen. Trotzdem kaufte ich neue Schuhe nicht früher, denn das wäre für ich eine komplett neue Denkweise; es wird mich Mühe kosten, mich diesbezüglich umzustellen.

      Aber zurück zu Cottbus. Hier hat man einen Blick vom Spremberger Turm, dem Wahrzeichen von Cottbus. Unten links ist die Sprem(berger Straße) zu sehen; im Vergleich zu anderen Ecken der Stadt hier mit "vielen Menschen". Einst war dies die wichtigste Handelsstraße. Am Horizont eher rechts sieht man, wenn mich nicht alles täuscht, das Kraftwerk Jänschwalde, das zweitgrößte Braunkohlekraftwerk Deutschlands. Hat jemand zufälligerweise eine gute Erklärung dafür, dass Cottbus als nächstgelegene Großstadt um ebendiesen Titel kämpfen muss, wo sie beinahe von Bergbau umzingelt ist?

      Und ich habe mich in meinen Ausführungen lediglich auf Cottbus beschränkt. Der da spricht von Brandenburg! Im Deutschunterricht bekamen wir Quellen vorgelegt, die erahnen ließen, wie es in Berlin zugeht, und Mecklenburg-Vorpommern steht sicherlich auch keinen Deut besser da. Eigentlich bedarf es nur eines Blickes auf das Wahlverhalten: Westdeutschland wählt schwarz, Ostdeutschland rot. Es ist nicht zu übersehen, wer bluten muss.

      Das alles passierte und passiert noch heute, und zwar nicht irgendwo in Rumänien, sondern hier. Und jetzt. In Deutschland. Wer auch immer meint, Deutschland sähe ungefähr so aus wie Bayern, der irrt gewaltig! Gleich hinter der ehemaligen Grenze geht es los mit dem Massensterben von Existenzen. Elend, das man selbst gesehen haben muss, um es wirklich zu begreifen. Einer meiner jetzigen Lehrer hat sich davon überzeugt, seine Antwort darauf: "Kein Wunder, dass die alle links wählen." Was auch immer der Leser dieses Beitrags wählen wird: Er berücksichtige bitte, dass es vielerorts in Deutschland noch viel schlimmer aussieht, als er sich vorstellen kann.

      Inzwischen sieht es aber so aus, als würden sich die Verhältnisse ändern - leider ausschließlich zum Schlechteren. Als es noch die Mauer gab, musste sich der Kapitalismus im Westen zurückhalten. Mit der Wende hat er dann den Osten, der überhaupt nicht an dieses System angepasst war, plattgemacht. Nachdem es also nichts mehr im Osten zu holen gibt, wütet er jetzt im Westen weiter, und das mit zunehmender Intensität, denn jetzt muss er nicht wie früher dem Osten die heile Welt vorspielen. Herzlichen Glückwunsch! Man darf sich fragen, was besser wäre, Kapitalismus oder andere Varianten, aber auf keinen Fall ist das jetzige System jetzt gut. Ich denke, viele Menschen haben ihre Vorstellungen von einem "perfekten Staat" so weit runtergeschraubt, dass es ihnen eigentlich nur noch darauf ankommt, einkaufen gehen zu können, ohne permanent aufs Geld schauen zu müssen, und schlafen und arbeiten zu können, ohne um den Job fürchten zu müssen.

      Ark

      [SIZE=7][denk]Und dann kommt so ein Sackgesicht und will mir was von relativer Armut erzählen. Fehlt bloß noch, dass er mir mit Nächstenliebe, Genügsamkeit und bla kommt. Dieter Nuhr sagt: "Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal Fresse halten". Recht hat er![/denk][/SIZE]

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Ark ()

    • Mal was ganz anderes, auch zu den Wahlen, aber zu vergangenen Wahlen: Viele erinnern sich bestimmt an das Debakel um die Hessenwahl letztes Jahr (Zusammenfassung: Andrea Ypsilanti, SPD, hat knapp gegen Roland Koch, CDU, gewonnen, allerdings nur so knapp, dass die Stimmen der Linkspartei nötig waren, um sie mit zur Ministerpräsidentin zu wählen. Die Linkspartei hat bedingungslos zugestimmt, da alle einfach nur noch Koch loswerden wollten. Das haben aber einige als "Kollaboration mit den Kommunisten" und "Linksruck in der SPD" beurteilt und im entscheidenden Wahlgang sind mehrere SPD-Abgeordneten von Ypsilanti abgerückt und haben damit indirekt wieder Koch zum Ministerpräsidenten gewählt.)

      Dazu ist jetzt was Interessantes rausgekommen: Laut dem Hessischen Rundfunk haben sich die Abweichler der SPD vor der entscheidenden Wahl heimlich mit CDU-Größen getroffen. Angeblich ging es dabei nur um ein "gegenseitiges Abtasten", für mich klingt das aber ziemlich nach Beeinflussung und "monetärer Überzeugungsarbeit". Ich möchte zu gern wissen, was da hinter den Kulissen noch abläuft - mit Vertuschungsarbeit hat die hessische CDU ja gerade unter Koch nach den ganzen Waffengeschäften und Schmiergeldaffären ja genug Übung...

      @Mäuschen: Sicherlich hast du Recht, dass da viel Schindluder mit den Steuergeldern getrieben wird. Aber was ist die Alternative? Wir zahlen alle keine Steuern mehr, bis die Politiker sich benehmen? Außerdem verliert man gerade bei solchen Dienstwagenaffären leicht die Dimensionen aus den Augen. Was kostet Ulla Schmidts Dienstwagen auf ner Insel jetzt konkret den Steuerzahler zusätzlich? Sind ja eigentlich nur die Benzin- und Transportkosten. Rechnen wir mal ganz hoch, sagen wir 500 Euro. Huh, davon wird der Staat zugrunde gehen.
      Jeder Schuss aus einem deutschen Panzer kostet den Staat so viel, wie es kosten würde, einen Kita-Platz EIN JAHR LANG zu subventionieren. Warum sagt man den Militärs dann nicht mal, sie sollen aufhören, auf den Truppenübungsplätzen so viel rumzuballern?
      Aber damit hat seltsamerweise niemand ein Problem.

      Selbstverständlich ist das Verhalten von Ulla Schmidt nicht korrekt gewesen, aber der Schaden für den Steuerzahler ist doch ziemlich überschaubar - der Medienhype darum erinnert mich etwas an die Flugmeilenaffäre, bei der Gregor Gysi wegen 72 Euro zurückgetreten ist und im gleichen Atemzug die Schmiergeldaffäre um Roland Koch (ja, ich mag den Kerl), bei der es um mehrere Millarden ging, einfach unter den Tisch fiel.
      Oft habe ich leider das Gefühl, dass Dinge wie Ulla Schmidts Dienstwagen vorgeschoben werden, um eine Ausrede zu haben, sich aus der persönlichen Verantwortung zu drücken und zu rechtfertigen, seine Steuern nur abgetrickst zu zahlen oder zumindest über den "bösen, bösen Staat" zu lamentieren.
    • @ Ast: Ulla Schmidt hat laut dem Bund der Steuerzahler immerhin noch 10.000€ gekostet, weil sie dem Chauffeur samt Sohn gleich noch den Urlaub finanziert hat. Das ist ein bisschen mehr...

      Mit den Militärs gebe ich dir hingegen vollkommen recht, vor allem, nach dem neuen Gesetz, dass die Soldaten jetzt auf Fliehende schießen dürfen....

      Wollte das grade noch ergänzen. Dass die alle korrupt sind, daran besteht - leider - kein Zweifel.
    • Original von CAMIR
      Mit den Militärs gebe ich dir hingegen vollkommen recht, vor allem, nach dem neuen Gesetz, dass die Soldaten jetzt auf Fliehende schießen dürfen....


      Was Dümmeres als dieses da ist denen in der Geschichte der BRD selten eingefallen. "Selten", sag ich, nicht "nie". Aber als Peter Struck von der "Verteidigung Deutschlands am Hindukusch" laberte und sich die Merkel damals dem Bush so eklig durch die Darmwand mauserte, da wurd's Zeit, ab da hab ich die echt für absolut grenzdebil gehalten. Jetzt ham wir schon den zweiten Angriffskrieg innerhalb von knapp 10 Jahren, Deutschland findet wirklich zu alter Staerke wieder, respekt.
      Und da wundern sie sich, dass sie kein Geld haben. Muss ja unbedingt in die Amee gepulvert werden, und da mit uns Deutschen niemand mehr so richtig Krieg spielen will wie damals, als uns die Polen und die Franzosen überfallen haben, müssen wir halt degenerierten Schwellen- bis Entwicklungslaendern zeigen, wo der Hammer haengt. Die uns nichts getan haben, ausser uns mit Heroin zu versorgen! Unsere Junkies werden sich freuen, wenn das über kurz oder lang durch kontrollierten Vertragsanbau noch teurer wird.
      Wer denkt denn an die? Wer sorgt denn, ich frage euch, wer hat denn schon, wer hat denn schon letztes Jahr gesagt - das, was jetzt jeder sagt, liebe Genossinnen und Genossen - wer hat denn gesagt: wer sichert uns die Rente? Wer sichert sie uns denn? Eben diese unsere Junkies - indem sie früh genug & meist nebenkostenfrei unter unseren Brücken verrecken. Aber ich frage euch: wer hat denn, wer hat denn schon vor 2 Jahren, ach was, vor 4 Jahren, wer hat denn immer gesagt, wer hat diese Brücken denn gebaut? Wir haben sie gebaut, und das nehmen DIE uns nicht weg, die Schwarzen da, die schwarze Pest, der schwule, neoliberale Sensenmann da. Der die Rente streichen möchte, der gelbe Vogel, der Kanarienvogel da.
      Aber wir stecken den Kopf nicht in den Sand - wie der Vogel Strauß, der den Kopf in den Sand steckt, nein, wir stecken den Kopf nicht in den Sand. Wir - sind keine Vogel-Sträuße, so viel ist sicher, liebe Genossinnen und Genossen.
      Ich aber frage euch: Wollt ihr Deutschland am Hindukusch verteidigen?
      Ich lasse hier die Hosen runter, ich lasse metapherisch die Hosen runter, liebe Genossinnen, ich lasse sie runter und lege ihn auf den Tisch, den Fakt, die Fakten, die die dpa gemeldet hat, die heute schon, die ich gestern schon in meiner Kommune bei BILD verbreitet habe, ich habe hier Fakten:
      "90% wollen das nich so, aber 15% sind dafür, 23,5% sind eher gegen Krieg aber für Deutschland und so, und 37,5% wollen abwarten was die Mehrheit macht und dann mitmachen. Der Rest wurde nicht gefragt."

      Und was sagt uns das? Ja, genau! Das sagt es uns! Daher wird jetzt Deutschland am Hindukusch verteidigt. Aber ich frage euch ein Weiteres: wer hat denn, wer hat den schon damals, in den 70ern, achwas, wer hat den schon in den 80ern gesagt, dass wir uns nicht wundern, wer hat denn damals schon nachgewiesen, dass wir müssen, dass wir auf Teufel komm raus, wer hat denn gesagt, dass wir auf Teufel komm raus Bomben unter den Arsch gelegt bekommen werden, wenn wir uns so verhalten? So ohne Anstand, so ohne internationale Souverä.., so ohne Verantwortung der Weltöffentlichkeit gegenüber?
      Da muss ich das Merkel, liebe Genossen und Genossen, ja, da muss ich es unterstützen, da müssen wir eine gemeinsame Lösung finden, auch mit dem Feind, ja auch mit dem Franzo..., nein, auch mit denen aus Bayern, also den Christdemonstranten, der sogenannen Christsozialistischen Union aus Bayern: da müssen wir eine gemeinsame Lösung finden, liebe Genossin und Genossen.

      Dass wir jetzt auf Fliehende schiessen können, ist auch Minimum, gegen bewaffnete Gegner, die womöglich auch auf uns schiessen, zu ballern, ist viel zu gefaehrlich und macht demzufolge keinen wirklichen Fun.

      Dieser Beitrag wurde bereits 7 mal editiert, zuletzt von Acrobat reader ()