Europa, wohin gehst du?

    • Europa, wohin gehst du?

      Hallo Leute!

      Angesichts der Europawahl mit ihrer geringen Wahlbeteiligung wollte ich mich hier im Forum mal umhören, wie ihr so zu Europa bzw. der Europäischen Union steht.

      Wie findet ihr es grundsätzlich, dass es so etwas wie die Europäische Union (EU) gibt? Findet ihr die EU in ihrer aktuellen Form gut? Wenn nicht, was würdet ihr verändern?

      Die Idee, welche - so denke ich - hinter der EU steckt, nämlich verschiedenste Länder und somit Kulturen unter einem gemeinsamen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen "Dach" zu vereinigen, finde ich toll. Ich denke, dass dies helfen kann die Intoleranz und Ungerechtigkeit in der Welt abzubauen und jeden für den jeweils anderen offener zu machen.

      Leider spüre ich von diesem idealisierten Streben nach Einheit in der Praxis meist nicht viel: Oft denke ich, es würde auch nicht auffallen, wenn die EU nicht da wäre, denn jedes Land rödelt noch so viel selbst vor sich, dass ich gar nicht das Gefühl habe, in einem größeren Ganzen zu leben. Kommt mir das nur so vor oder empfindet ihr das auch so?
      Dazu tun auch die Medien hier in Deutschland einiges, denn sie berichten oft nur über Sachen, die das Land selbst angehen; die anderen Länder um uns herum werden gewöhnlich ignoriert. Wenn natürlich irgendetwas Medienwirksames wie ein Amoklauf in einem anderen Land geschieht, dann wird über diesen auf jeden Fall auch hier berichtet, aber soll das schon alles sein? Warum erfahre ich nicht auch hier z.B. im Fernsehen etwas über die Wirtschaftslage in Portugal? Warum ist das offenbar nicht von allgemeinem Interesse?

      Insgesamt halte ich es für wünschenswert, wenn ich im täglichen Leben mehr von Europa spüren würde (wobei die Frage ist, bis wohin Europa eigentlich geographisch und ideell geht). Ich wünsche mir mehr (sichtbaren) Austausch zwischen den einzelnen Ländern und weniger Eigenbrötlerei.

      Was ist eure Meinung dazu?


      (Ja, es gibt einen Europa-Thread, aber der ist von 2006 und ich halte es für angemessen, jetzt mal einen neuen und aktuellen aufzumachen.)
    • nur ein vereintes europa, das vor allem wirtschaftlich und politisch zusammen arbeitet, kann ein annaehernd ernst zu nehmendes gegengewicht zu anderen global playern darstellen. europaeische staaten, die glauben, sie koennten im alleingang was ausrichten, haben meiner meinung nach eine sehr beschraenkte sicht.

      natuerlich muessten die europaeischen buerger vermehrt ueber europa und dessen chancen (und probleme!) aufgeklaert werden bzw. sich selbst (!) informieren. aber wenn schon nationale politik ueberfordert, wie soll man sich dann fuer europaeische interessieren oder begeistern? der citoyen ist ein utopisches wunschbild, das niemal in erfuellung gehen wird.

      das erinnert mich an eine europa-diskussion in der schule: das thema europa sollte vermehrt in den unterricht eingebaut werden, etc. aber wo soll man diesen stoff in den vollgestopften lehrplaenen noch unterbringen?

      ueber die geringe wahlbeteiligung oder das desinteresse der buerger rege ich mich schon lange nicht mehr auf. warum auch? unnoetige gefuehlswallungen bringen niemanden was und schon gar nicht den buerger an die urne.
      »Denn wir können, wenn wir nur die Entschlossenheit besitzen,
      die Hure Erinnerung und ihr ganzes Gelumpe und Gesindel aus dem Haus weisen.«

      - Virginia Woolf -

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    • Die EU macht vieles falsch :(

      Auch wenn europäische Staaten irgendwo in Afrika noch ihr eigenes Ding reißen können (Einflussnahme bei der "Entwicklungshilfe" etc), können sie weltpolitisch nichts mehr bewirken, wie Maybe schon schrieb. Dazu brauchen wir die EU, denn es gibt ganz sicher "europäische Interessen". Dafür reicht es aber nicht, wenn man eine gemeinsame Wirtschaftszone hat, der wichtigste Punkt hier wäre wohl eine gemeinsame Außenpolitik. Dann kann man sich endlich von den USA losreißen, was sicher nicht nur ein Vorteil für Europa ist.

      Außerdem ist sie in ihrer derzeitigen Form total undemokratisch. Ich denke, dass ich das nicht weiter erläutern muss, aber ich kann es gerne tun, falls irgendwer nicht weiß, was ich damit meine. Ob eine demokratische EU momentan Sinn macht, wäre auch wieder die Frage - solange die Bürger protektionistisch wie jetzt drauf sind, würde das alles wenig bringen. Aber was dagegen tun? Eine einheitliche (Neben-)Sprache würde schonmal helfen, aber welche? (etc.)
      An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass ich das System der USA dafür perfekt finde. Die "Regierung" entscheidet auch wirklich nur über Dinge, die den Bund betreffen - Gesetze sind in jedem Staat verschieden. Aber darum geht es mir nicht wirklich, denn Viele kleinere Dinge werden auch demokratisch in der kleinsten Instanz beschlossen - wenn man das mit der BRD vergleicht, wo Politik einen nicht zu betreffen scheint (ein Argument, das ich von Leuten höre, die heute z.B. nicht wählen gegangen sind), klingt das für mich viel demokratischer und könnte auch das Problem mit der sogenannten "Politikverdrossenheit" lösen. In Hessen waren gerade mal 35% wählen! Ob das auch so wäre, wenn man direkt Auswirkungen spüren könnte?

      Also außenpolitische und Wirtschaftsunion ja, innenpolitisch nein. Mit so merkbaren Unterschieden zwischen den Mitgliedsstaaten wird das auch mit einem "europäischen Gefühl" nichts, angefangen bei der Sprache und nicht endend bei den Problemen. Und sehr demokratisch ist sie auch nicht.

      Es ist spät, daher hoffe ich einfach mal, nicht allzu viele Fehler eingebaut zu haben |D
    • Um ganz ehrlich zu sein, finde ich die EU zwar eine gute Idee, aber sie ist einfach irgendwie total mies umgesetzt. Letztendlich erfährt man zwar AB UND ZU noch was aus anderen Ländern ("Hey, Frankreichs Präsident hat eine neue Frau" oder "In England sind auch ein paar Millionen Daten verschrebbelt worden"), aber gerade über die EU, die Leute, die diese führen, erfährt man nichts.
      Ich gabe keine Ahnung, wer die EU führt (also in diesem Parlament sitzt), was die machen, was sie überhaupt dürfen und wie die Machtverteilungen sind. So lang ich mich erinnern kann, habe ich nur EINMAL wirklich was von jenen Leuten gehört und das war, als der Skandal mit den Prostituierten in Frankreich war.
      Wow...

      Insofern ist mein Interesse an der EU auch beschränkt, denn ich "leide" schlicht an einem Mangel an Informationen, der mir Zeitung und Fernsehen liefert. Ich gehör nicht zu den Leuten, die sich einmal im Monat hinsetzen und im Internet schauen, was diese neues gemacht haben. Wenn es nicht in die Nachrichten kommt, erfahr ich es nicht. Insofern ist deren Wahlproblem selbst verursacht. Man erfährt von dem ganzen kaum was, soll aber wählen? Das ist, als wäre man seit zwei Tagen in der 5. Klasse und soll schon auswählen, wer für die restlichen Jahre Klassensprecher wird. Wer nicht weiß, was los ist und wen er da wählt, der wählt entweder irgendwen oder gar nicht.
    • Original von MangaEngel
      Ich gabe keine Ahnung, wer die EU führt (also in diesem Parlament sitzt), was die machen, was sie überhaupt dürfen und wie die Machtverteilungen sind. So lang ich mich erinnern kann, habe ich nur EINMAL wirklich was von jenen Leuten gehört und das war, als der Skandal mit den Prostituierten in Frankreich war.

      Achso, aber Du kennst alle 612 Abgeordneten im Bundestag? :)
      Ich muss gestehen, dass ich keinen persönlich kenne und nur die Namen derjenigen kenne, die auch im Bundeskabinett vertreten sind. Aber die Abgeordneten zu kennen oder nicht hat ja nicht unbedngt etwas mit der Interesse an der EU zu tun. Wichtig sind die Abstimmungen und die Konsequenzen, weniger die einzelnen Abgeordneten.
    • ich finde die eu ist zu unsichtbar. wie bereits im anfangspost erwähnt wurde, soll ein großes ganzes geschaffen werden, eine zusammenarbeit und gegenseitige unterstützung, wie jedoch soll diese wirksam werden, wenn 'die anderen' weiterhin ignoriert werden? es ist immer noch so, dass jedes land sich selbst als unabhängige einheit sieht, die für sich möglichst viele förderungen aus der eu schlagen will, was da mit den anderen vor sich geht, ist herzlich wenigen wichtig.

      ich bin zwar kein eu-experte, aber ich fände es bei weitem besser, wenn die eu ihre gelder besser kontrollieren würde, wo diese hingehen und wofür sie eingesetzt werden. sehr wünschenswert fände ich es auch, wenn interesse für die nachbarn geweckt würde, wie zum beispiel durch berichte, was die eu dort bereits erreichen konnte. im moment weiß eigentlich keiner so richtig, was die eu eigentlich das ganze jahr über macht oder ob sie überhaupt etwas macht. auch die politiker, die dort sitzen, kennt man nicht und kaum einer kann wirklich von sich behaupten, den richtigen vertreter für seine interessen gewählt zu haben.

      das alles ist zu unterschwellig, es fehlt wirklich information. wieso kann man nicht fernsehzeit opfern, um über die neuesten entwicklungen zu berichten? was in anderen ländern so vor sich geht, mit der eu? oder wenigstens im eigenen land? dass es in dem bereich aber auch großes desinteresse gibt, wundert mich nicht, da sich wie gesagt wenige wirklich auskennen.
      Geistreiche Zitate einer geistreichen Zeit #39


      Lem: ihr iq war 75
      mechanicbird: omg
      mechanicbird: woher weißt du das überhaupt? xD
      Lem: hat sie mal erzählt
      mechanicbird: sowas erzählt man doch nicht öffentlich...
      Lem: tja nur wenn man dumm ist
      mechanicbird: xD
      Lem: LMAO
      mechanicbird: HAHAHAHA
      mechanicbird: oh mann, shit xDDDDD
    • Ich finde die EU eigentlich gut...es gibt so viele Vorteile die wir dadruch erlangen, dass ich nicht verstehen kann, dass es Leute gibt die sagen "nö, ich geh nich wählen, wozu denn"
      ...oder noch besser, ganz stolz sagen: "Ich war noch nie wählen!"

      Leider konnte ich gestern nicht wählen gehen, was mich sehr sehr ärgert ;<
      War den ganzen Tag unterwegs und hätte nicht gedacht, dass ich erst so spät wieder zu hause bin. *gmrl*
    • Original von Maeuschen
      Achso, aber Du kennst alle 612 Abgeordneten im Bundestag? :)

      Nein, aber ich kenne wenigstens ein paar der wichtigen Leute
      Merkel als Kanzlerin, Köhler als Bundespräsident, Schavan ist Ministerin für Bildung...
      Man kennt einfach immerhin ein paar Leute, da in Nachrichten immer wieder mal in den Bundestag gesprungen wird, wo ein paar nette Leute in Anzügen stehen und irgendwas erzählen, während ihr Name zu sehen ist.
      Man kennt nicht jeden, aber immerhin weiß man sofort "Ach, der ist das".
      Aber bei der EU?
      Wie gesagt, hab mal drei Leute daraus gesehen, als diese befragt wurden, ob sie auch Prostituierte auf Staatskosten nehmen, aber wer die waren und so...
      Und ich finde, dass ist schlicht zu wenig Präsenz.
      Wenn die EU für mich entscheidet, will ich diese Entscheidungen auch erfahren und wissen, wer genau das wollte (wir kriegen es ja hier auch gesagt, wenn eine Partei der Meinung ist, was ändern zu wollen).
      Wie soll ich wissen, wen ich für die Europawahl wählen sollte, wenn man die Leute einfach nicht kennt, weder die aktuellen noch die vielleicht zukünftigen?
    • MangaEngel, ich bezweifle, dass sich das Interesse groß ändern würde, wenn man einen Europapräsident und/oder -kanzler und einige Minister benennen würde. Wenn man sich jetzt nicht für die EU interessiert, wird man es auch nicht mit "Oberhaupt" tun.
      Aber dennoch ist es interessant, dass einige gerne ein Deutschland-ähnliches System hätten, das Europa, bzw. der europäischen Politik ein Gesicht geben würde. Aber du musst selbst zugeben, dass es etwas schwierig wäre, einzelne Abgeordnete herauszupicken und ihnen eine höhere Stellung zu geben ;)
    • Original von Evilitschi
      Original von Maeuschen
      Aber dennoch ist es interessant, dass einige gerne ein Deutschland-ähnliches System hätten,


      Wo hast du das denn rausgelesen?


      Sieht man mal davon ab, dass das nirgends so steht kann ich mir nicht vorstellen, dass das einer freiwillig will. Vielleicht die Stabilität unser Demokratie aber auf eine zweite Konsensdemokratie kann ich verzichten.
      Es ist schlimm genug, das so ziemlich jedes Gesetz bei uns durch zig Vermittlungsausschüsse durchgespült wird bis mal ein nichtssagendes Stück Papier oder Monster rauskommt. Auf sowas kann ich gerne verzichten.

      Was das Parlament bräuchte wäre mehr Macht. Es müsste eigentlich genau so sein wie in den Nationalstaaten. Man wählt ein Parlament und aus dem Parlament werden die Kommisionsminister ernannt. Dann kann man ja schonmal erkennen, wo der Hase hinläuft. Auch eine Personalisierung wäre vielleicht nicht schlecht. So wie bei uns im Jahre 2005. Das war mehr Schröder vs. Merkel und hat die Leute an die Urnen gelockt. Aber dafür müsste man schon eine EU haben, die wie gesagt anderst aufgebaut wäre.

      Wünschenswert wäre es, denn die EU greift ja immer mehr in unserem Leben ein. Beispiele wären einmal diesen internationalen Haftbefehl, bei dem es viel Ärger gab, oder das versuchte Eingreifen des Ministerrates in die Bezahlung in der Feuerwehr. So sollen die Feuerwehrmänner nicht mehr pauschal für eine 24 Stundenschicht bezahlt werden, sondern dann, wenn sie wirklich arbeiten. Es gibt auch noch andere Sachen, die aber leider zu oft in den Medien verschütt gehen.
    • Original von Evilitschi
      Original von Maeuschen
      Aber dennoch ist es interessant, dass einige gerne ein Deutschland-ähnliches System hätten,


      Wo hast du das denn rausgelesen?

      Damit bezog ich mich nicht auf das komplette pol. System, sondern auf die Repräsentation. MangaEngel sagte ja selbst, dass sie sich Namen wie Angela Merkel, Horst Köhler, etc. merkt. Somit nehme ich an, dass sie auch so ein System für die EU gutheißen würde. Dasselbige habe ich auch schon aus meinem Bekanntenkreis gehört, deswegen habe das 'einige'.
    • Die angesprochene "Personalisierung" halte ich für eine gute Idee: auf diese Weise fiele es leichter bestimmte Aussagen und Ansichten Menschen zuzuordnen, was nicht nur für mehr Klarheit, sondern vielleicht auch für mehr Interesse und daraus folgend Beteiligung sorgen würde.
      Im Grunde erscheint die EU bzw. das Europäische Parlament doch lediglich als anonyme gesichtslose Masse, was viele in diesem Thread offenbar ähnlich sehen.

      Was ich etwas traurig finde, ist etwas, das Maybe ansprach: die EU als Gegengewicht zu anderen Staaten wie den USA oder China.
      Ich finde es schade, dass wir als Menschen und als Bewohner eines Planeten so etwas offensichtlich nötig haben. Warum können wir nicht alle als ein Volk leben und uns freuen sowohl darüber, was uns verbindet, als auch darüber, was uns unterscheidet?

      Vielleicht bin ich auch einfach nur zu optimistisch :|
    • Ja, wieso leben wir denn nicht so? Darf ich dich daran Erinnern, dass die Bundeswehr an mehreren Einsätzen beteiligt ist? Dass das "neue Euopa" den USA aus der Hand frisst, nur um Russland den Stinkefinger zu zeigen?

      Auch so wollen die USA mehr Einsatz vom "alten Europa", das jetzt nicht mehr mitzieht. Schonmal daran gedacht, dass man selber stark sein muss, um unabhängig sein zu können?
      Deswegen schrieb ich auch, dass wir einen Außenminister der EU brauchen: Wenn das die Einszelstaaten ablöst, hat die EU wirklich Weltgeltung, ganz im Gegensatz zu den Partikularstaaten.
    • Original von Zawa
      Original von Lady Malon
      Denn wenn man gar nicht wählt, kommen immer die falschen an die Macht!

      Die falschen sind bereits an der Macht. Daran ändert auch deine Stimme nichts.


      Die erste Aussage kann ich so unterschreiben, nur glaube ich an keine Weltverschwörung, weswegen man die zweite etwas einschränken muss: Mit jeder nicht abgegebenen Stimme erhält die "falsche" Partei einen Vorteil, und das kann man von allen Standpunkten so sehen ;)


      Shadow mirror: Zwar nicht mein Forum, aber dass rumgebashe nicht zu einer ernsthaften Diskussion zählt und daher nicht gerne gesehen ist, kann ich dir auch so sagen.
    • Is immer so 'ne Sache, denn "Macht" ist schon ein dehnbarer Begriff und "falsch" ist noch weitaus dehnbarer und zudem hochgradigst subjektiv. Jammern, dass alles falsch ist, hilft dann im Endeffekt aber auch keinem.


      Ja... zum Thema selbst will ich jetzt keinen Roman schreiben, da ich irgendwie eh bloß diverse bereits vorhandene Beiträge zitieren und passend zusammenstoppeln müsste. Grundsätzlich find ich die EU jedenfalls eine gute Idee, dran gearbeitet werden muss allerdings auf jeden Fall noch...
      Auf jeden Fall praktisch is die Möglichkeit, als EU-Bürger in jedem EU-Land ohne weitere Faxen arbeiten zu können, kam mir durchaus schon zugute.


      (Ja, man kann draufklicken)