Das Styroporbäumchen – ein Märchen.

    • Das Styroporbäumchen – ein Märchen.

      Das Märchen vom Styroporbäumchen

      Es war einmal ein Styroporbäumchen. Niemand hatte es lieb, weil es beim Anfassen so quietschte. Deshalb wollte sich das Styroporbäumchen auf die Reise machen. Denn es wollte erfahren, ob es wirklich das allereinzige Styroporbäumchen war. Zuerst wollte es nach Afrika, dann nach Amerika, Asien und schließlich nach Europa. Doch dann stellte es fest, dass es nicht laufen konnte. Da war es noch viel trauriger als zuvor.

      Das Styroporbäumchen stand in einer Lagerhalle im Obi und war da in den 70er Jahren vergessen worden, als man gerade Plastikweihnachstbäume erfunden hatte. Dort stand es in der hintersten aller Ecken, in die niemals ein Licht vordrang.
      Doch eines Tages drang tatsächlich Licht zu dem Bäumchen hin! Es wunderte sich, was wohl geschehen sein mochte. Es vernahm Schritte, bis plötzlich etwas heftig klirrte. "Verdammt!", rief eine Stimme. "Das mach ich aber nicht weg!" Um die Ecke der Regale kam ein Lagerarbeiter. Mit sich trug er ein Bäumchen aus Glas. Dessen Glasblätter waren teilweise kaputt. "So, hier bleib bei dem ganzen anderen Dreck!", schnaubte der Arbeiter und verschwand wieder.

      Die beiden Bäumchen blickten einander an, denn der Arbeiter hatte vergessen, das Licht auszumachen.
      "Warum bist du hier?", fragte das Styroporbäumchen.
      "Ich war eine neue Erfindung, ein Glasweihnachtsbaum. Aber ich gehe so schnell kaputt, deshalb will mich niemand haben“, sagte das Glasbäumchen traurig. "Und was ist mit dir?"
      "Ich quietsche so sehr, dass mich kein Mensch leiden mag."
      Das Glasbäumchen schüttelte sich ganz sacht, so dass seine Glasblätter leicht aneinanderstießen und sanft klirrten. "Also, ich habe bestimmt nichts gegen dein Quietschen."
      Behutsam hüpfte das Glasbäumchen näher an das Styroporbäumchen heran. Vorsichtig begann es seine Glasblätter an den Styroporkugeln zu reiben und es erzeugte einen wundervollen süßen Klang, wie ihn nie ein Mensch hören würde.

      Und wenn der Obi nicht schließlich abgerissen und durch ein Gebrauchtwagengeschäft ersetzt worden wäre, so stünden sie heute noch dort.

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      Diese Geschichte entstand vor etwa einer halben Stunde im Rahmen eines Chatgesprächs und war meine Gutenachtgeschichte an meinen Chatpartner. Da sie mitten im Schreiben für mich eine Bedeutung bekam und ich da unbewusst sogar eine Aussage reingearbeitet habe, dachte ich mir, dass ich sie mal hier reinstelle.

      Ich freue mich über Kommentare :)
    • Ich find sie süß. Vor allem wegen einem Zwangsverhalten von mir, das ich "Dinge haben Gefühle" nenne.
      Mir tun die Bäumchen irgendwie total leid - und ich hoffe sie sind nach dem Abriss von OBI nicht auf dem Müll gelandet. Immerhin klingen sie wirklich nett zusammen. :)
    • Naja, meine Meinung kennst du. Ich finde, es ist eine sehr interessante Interpretation des Märchens vom Styroporbäumchen ;)

      Ich glaube sogar, Belgrin hat deine Version besser gefallen als meine^^
      ~A dimwitted fool,~
      ~vested with power and trust~
      ~is still just a fool.~


      Behold the self-fulfilling prophecy! :ugly:
    • Dankeschön für eure lieben Kommentare :)

      Original von CAMIR
      Ich find sie süß. Vor allem wegen einem Zwangsverhalten von mir, das ich "Dinge haben Gefühle" nenne.

      Ja, da geht es mir genauso. Das zeigt sich dann in solchen abstrusen Situationen im Supermarkt, wenn ich z.B. drei Tüten Milch kaufen will, die vierte dann aber allein in ihrem Karton stehen müsste. Das kann ich nicht haben. Die muss ich dann auch kaufen. Oder sie zumindest, wenn es nicht geht, zu den anderen Milchtüten stellen.
      [SIZE=7]... ist das irgendwie bescheuert?[/SIZE]

      Original von Shiek Meister
      Wenn es anstatt ein Gebrauchtwagen, ein Gebrauchtwarengeschäft geworden wäre, hätte sie vielleicht sogar nocht jemand gekauft XD

      Das mit dem Gebrauchtwagengeschäft hat sogar einen Sinn:
      Gedanken hinter der Geschichte (nach dem Lesen lesen)
      Der Gedanke hinter der Geschichte ist ja, dass zwei Ausgestoßene zusammen etwas schaffen können, das der Rest der dummen intoleranten Welt nicht verstehen würde. Das Gebrauchtwagengeschäft steht im Gegensatz dazu mit seinen lauten Autos, die oft von Männern als Statussymbole gewertet werden, und mit diesen klischeehaften zwielichtigen Verkäufern, die nur ihren eigenen Profit im Kopf haben.