Chrom

    • A million faces, each a million lie
      for each and all a chrome disguise.


      Die Sonne stand hoch am Himmel, war aber von dicken Wolkenschichten verhängt, sodass der Tag grau und kalt war. Es schien gar keine Farben mehr zu geben, aber wann hatte Link schon das letzte mal Farben gesehen?
      Er wanderte durch die Straßen von Hyrule Castle Town, aber niemand beachtete ihn. Wahrscheinlich, dachte er bitter, würden sie ihn selbst dann ignorieren, wenn er sie anrempeln würde.
      In den Gesichtern der Menschen spiegelte sich nichts wieder, ihre Mienen waren genauso grau und leblos wie die Welt, in der sie wandelten. Und doch wusste Link, dass hinter den grauen Fassaden bunte, rote, schwarze, grelle Angst nach draußen quellen wollte, ungezügelt und wild. Die Menschen wussten nicht, wie ihnen geschah, was ihnen den Tag vergraut hatte. Sie wussten nicht, woher die bodenlose Angst kam, die sie fühlten. Sie konnten sich ihr nur willenlos hingeben und spüren, wie sich ihre kehlen zuschnürten vor der unbekannten Bedrohung, die niemand kannte, die niemand jemals ansprach, vor der sie alle die Augen und Ohren verschlossen.
      Nur er nicht.
      Er hielt inne auf der Mitte des Marktplatzes. Vögel kreisten hoch über der Stadt, schwarze, sich langsam bewegende Punkte im rauen Herbstwind. Schwarze Punkte vor hellgrauem Grund.
      Grimmig dachte er über seine Versuche nach, den Menschen klar zu machen, welche bedrohung auf sie wartete, wenn sie das Land nicht verließen. Sie glaubten ihn nicht, ja, sie taten ja sogar so, als gäbe es ihn gar nicht. Jegliche Heldentaten des Herrn der Zeit waren vergessen. Aber warum sollten sie ihn auch brauchen? Die unmittelbare Gefahr, die sie alle gesehen hatten, hatte er ja besiegt. Dass etwas viel Schlimmeres, etwas Unsichtbares, über sie hereinbrach, wollten sie nicht verstehen.
      Wenn er sie jetzt noch hätte sehen lassen können, hätte er es nicht getan. In seinem Magen brodelte etwas, das er kaum kannte, ein brennendes, ätzendes Gefühl des Hasses. Wozu sollte er sich immer und immer wieder aufopfern, wenn sie es ihm nicht einmal dankten?
      Nein, so wollte er nicht denken. Er wollte nicht an sein Wohl denken, nicht bevor er die anderen gerettet hatte. Dennoch, er redete und sie hörten nicht zu. Für sie war er nichts besonderes mehr, jetzt, ohne das Schwert, ohne den Segen der Prinzessin, Ihrer Majestät. Ohne den Kopf des Tyrannen in seiner blutverschmierten Linken.
      Er war nur noch der Junge mit der seltsamen Kleidung, der mit Tieren sprach und lieber alleine als in Gesellschaft war.
      Wer sollte schon auf ihn hören?
      Link spürte, dass er die Fäuste so stark zusammengeballt hatte, dass ihm die Fingernägel schmerzhaft ins Fleisch schnitten, und er bemühte sich, seine Verkrampfung zu lösen. Im selben Augenblick glitt sein Blick wieder an den grauen Menschen vorbei in den Himmel, und auf einer Säule glänzte für einen Augenblick das heilige Wappen, der Adler dessen Kopf das Triforce bildetete, golden in einem kurzen Sonnenstrahl auf. Als Link blinzelte, war wieder alles grau wie zuvor, sodass er sich nicht sicher war, ob er es sich nicht vielleicht eingebildet hatte.
      Stumm schickte er ein kurzes Gebet zu den Göttinnen und allen Schutzheiligen, die ihn erhören mochten.
      Er wusste, dass die Bedrohung kam, und dass außer der schönen Prinzessin niemals jemand ihn wirklich für das, was er tat, anerkennen würde. Und er brauchte Kraft, diese Tortur jedes Mal erneut durchzustehen. Und er hoffte, dass die Göttinnen ihm beistehen würden, wieder die Farben in das Königreich zurück zu bringen, die die Schatten ihm genommen hatten.
      Vielleicht war es dumm, immer wieder darauf zu vertrauen, dass die Göttinnen ihm beistehen würden.
      Aber am Ende, das wusste er, reichte eine einzige Seele, um ihn zu erlösen.

      They'll never say they feel what you feel,
      that they can see the world you see.
      And in their faces, their expressions,
      a million faces, a million lies.




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      Inspiriert von "Chrome" von VNV Nation, im :SITD: Remix. Nur so aus Jux. Mal wieder, wie so gern, mein eigenes Zelda-Universum.
      Næhmachinery
      Premonitions in the rising wind; tonight the stars will fall.
      The world in a cyclone, pouring out.
      No escape, but hey, who cares? Just go with the flow.
    • Ohne mit der Tür ins Haus fallen zu wollen: Was meine Augen effektiv direkt nach Lesebeginn zurückschrecken ließ, war das "Hyrule Castle Town" - damit hast du zwar eine einwandfreie topographische Definition vorgenommen, aber im Rahmen dieses deutschsprachigen Textes wirkt es imho sehr deplatziert.
      (Dass es keine wirklich brauchbare Übersetzung gibt, weil "Hyrule-Stadt" einfach scheiße klingt, musst du mir nicht erzählen. xD Aber mich störte es sofort, Lösungen denke sich jemand anders aus. xD; )

      Ansonsten, gut, ich finde es stilistisch prima, die Thematik ist etwas problematisch, man weiß als Leser natürlich nicht so recht, worauf du hinauswillst, man kann es sich ungefähr denken und das ist oft sogar besser, als wenn man alles vorgekaut bekommt, aber es bleibt ein Nachgeschmack von Nichtwissen zurück. Man weiß als Leser zwar, wie die Situation ist und wie sie war, aber man weiß nicht so recht, wo du damit hin willst. Das ist sicherlich auch dadurch bedingt, dass es nicht so lang ist, da kann man nicht alles unterbringen, aber One Shot hin oder her, mich würden hier die Hintergründe zu Links Gedanken schon interessieren.

      Es ist ein bisschen viel Pathos und Selbstzweifel-/Selbstlegitimation-/Existenzangst-Gedöns drin, sogar für meinen Geschmack, das tut dem schönen Kopfkino, das ich eigentlich bei all deinen Sachen aufgrund deines anschaulichen Stils habe, zwar keinen Abbruch, aber es drückt den Gesamteindruck.

      Ich kenne ja deinen Stil, weiß, wozu du neigst und so weiter, deswegen kann ich das (leider? xD) weniger kritisch sehen. Ich find's insgesamt also schon gut, trotz der angesprochenen Kritikpunkte. :3 Weiter so!

      dead girls dry each others eyes
      and pretend for a while
      that we're still alive.


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      Twitter | DIE BASIS
    • Ja, weiß ich natürlich alles selbst. xD Das ist immer so eine Sache, wenn man versucht, ein Lied in einer Geschichte zu verpacken. Das funktioniert nie gut, daher vermeide ich es sonst, aber bei dem Lied musste es einfach sein. xDp
      Eine spezielle Handlung gibt es daher auch eigentlich nicht, was mir natürlich vorwerfen kann, ja...
      Wie immer bin ich primär ganz froh, überhaupt über drei Sätze hinausgekommen zu sein, da wollte ich's nämlich schon hinschmeißen, weil ich nicht wusste, wohin. Ich hab mich ziemlich direkt an eine Wiedergabe des Textes gehalten und der ist beizeiten doch sehr konfus.
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      Premonitions in the rising wind; tonight the stars will fall.
      The world in a cyclone, pouring out.
      No escape, but hey, who cares? Just go with the flow.
    • Guten Morgen,

      mich stört die Bezeichnung der Stadt nicht so sehr, ich hab selber in meinen Geschichten an dieser Stelle innerlich gekämpft.

      Noch weiß ich nicht ganz, wo ich die Geschichte zeitlich einordnen soll, aber das kommt sicher alles noch im Laufe heraus, wäre sonst auch langweilig.

      Ansonsten gefällt mir der Schreibstil, die Darstellung des Charakters bzw. seiner momentanen Gefühlslage gut.

      Ich bin gespannt, wie's weiter geht. Neugierig geworden bin ich auf jeden Fall.

      Gruß,
      Aliena

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Aliena ()

    • @Aliena: Ich glaube da muss man dich enttäuschen: sieht nach ner Kurzgeschichte aus D:

      Ich liebe deinen Schreibstil sowieso über alles - aber Sirius muss ich irgendwie sowohl bei "castle town" als auch bei dem Pathos zustimmen...
      Aber bei so ner kurzen geschichte hats eigentlich keinen Wert daran rumzumeckern.
      Oh und ich finds toll, dass Zelda erwähnt wurde <3
      [Blockierte Grafik: http://img829.imageshack.us/img829/698/mgscomic14.jpg]
      ...in that case, can we just skip the talking and fight already? - NO!