Der apokalyptische Bordellbesuch
Der Blutmond triefte und lutschte Gedärme wie ein Erdtrabant. Die Nacht war ruhig und klar, weißer Schnee, gefrorene Titanentränen, bedeckte das Schlachtfeld, die weltlichen Vermächtnisse der Einherjer und die Schwerter, gestählt durch das ewige Feuer der Zwerge, der Schmiede, die selbst Mjöllnir, den Hammer des Germanenvaters, Thors, des Führers unseres großen Heeres, mit endloser Reinheit gesegnet hatte..
Rot auch meine Waffe, getränkt vom Blut der Feinde - ich reckte sie gen Asgard, lauschte den Hymnen der heidnischen Chöre und empfing die reine, nordische Macht.
"Bei der Macht von Asgard", schrie ich, "ich habe die Kraft!"
Um mich herum - nichts als Leichen, Kadaver, Ratten allesamt. Unwertes Leben, dahingerafft durch den Zorn der Götter, sie stanken zum Himmel und jeder von ihnen war nur Schaum auf der Welle der Welterneuerung, die von hier aus alle Völker in die Knie zwingen sollte. Heute Spitzbergen - morgen die Welt!
Mein Blut siedete wie die Feuer Muspelheims in meinen Adern beim Gedanken an meine Mission, die mir Tyr, der Einhändige, auf die Stirne brannte - wie es einst der verlogene Judengott bei Kain, dem Rechtschaffenen, getan haben soll. Der Feind war wach, er schlief nicht, die viehischen Rassen schliefen nicht, emsig krabbelnd wie die Kakerlaken suchten sie stets zu unterwandern, zu täuschen und zu verunreinigen, was rein war - Reinheit war es jedoch, die wir der Welt schenken wollten.
Ich schaute wieder hinab auf die Leiber der Toten, der Kegler und Doppelköpfigen, der Kicker und Darter, des gemeinen Volkes, fernab jeder Zivilisation, ausgeschieden durch den After der Midgardschlange, die alles fraß, was nicht frei von Sünde war - des Alkohols, in rauhen Mengen genossen, überdrüssig, sogen sie nun den Schnee, den Heilsbringer, durch geschundene Nüstern ein, entmenschlichten sich und wussten nicht mehr ein noch aus.
Die roten Laternen tauchten den Ausschank der "Roten Laterne", des frevelhaften Etablissements, Hausnummer 11 der Franz-Joseph-Strauß-Gasse, die Ideale der hehren Völker: ausgeweidet durch die Succubi, die Teufelsbuhlen! In kleinen Zimmern missbrauchten sie die Triebe der Reinen, der Wehrlosen - mittels runder Gesäße und freiliegenden Brustpartien. Dolche der Lust, vom Zwergen veredelt, türmten sich in ihnen auf, stachen sie, marterten sie, bohrten sich in sie hinein, aufdass Blut fließen möge, Blut, Blut, Blut, hinaus aus dem Sündenpfuhl!
Jedoch: er war leer. Ausgeblutet vor Dekaden, ausgeblutet durch die Langschwerter der Ahnen, die unsere Dolche in ihrem Glanz zur Nichtigkeit verdammten. So oft man auch kämpfte, abstechen wollte, was abzustechen war: sie verzogen keine Miene, stöhnten nicht, rührten sich nicht, und wenn, dann nur gegen Aufpreis (10€ drauf für lautes Stöhnen, 15€ für lautes Stöhnen inklusive leichter Zuckungen & lobender Kommentare).
Und nur der Dolch fand seine Verwendung, wurde die Hand erhoben, stand Günni, der Herr der "Roten Laterne", schon in der Türe, ließ seine Fäuste herniederprasseln auf die Körper der Reinen, und schlug sie zu Brei und sie weinten bitterlich. Günni, der Höllenfürst, der Baal des Sündenbabels, des Molochs aller hehren Ziele. Dann trollte man sich entsetzt, der Blutmond zeichnete die Antlitze der Entwürdigten, und nichts als die Sehnsucht nach Rettung und die Furcht vor den Fäusten Günnis blieb mehr vom Streben nach Katharsis. Nicht Phobos, nicht Eleos reinigten die Seelen, nein: Günni, der Anfang und das Inferno Phobos' und Eleos' ließ nichts mehr über als Scham und Gram und Peinlichkeit, in der Türe stehend, die Scheine in der Hand sorgsam ordnend, sich am Hintern kratzend und zurückkehrend ins seelenlose Höllenreich der "Roten Laterne".
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