Kunst du noch?

    • *grinst* Ich muss sagen, wir sind wirklich im Schnelldurchlauf durch die Museen gedüst. Ich weiß noch, wir waren noch keine 5 Minuten im Museum Friedricianum, und standen vor so'n paar obstrusen Gebilden und Videos...und ich nur so:
      "Hm...~ stimmt ja, das Thema ist "Migration der Formen""...
      *anstrengend anguckt* "Jennifer, von der Zugfahrt hab ich Kopfschmerzen, können wir mit was leicht verdaulichem anfangen?"
      Wir haben drei Museen in drei Stunden abgeklappert, durch vieles sind wir wirklich nur im Schnelldurchlauf gegangen.

      Es gab viel Kuhmist. Aber einiges war auch wirklich genial.
      Mein absoluter Liebling war das Video "Kinder hörem nie zu."
      Kinder hören nie zu
      Darin ging es darum, den Kindern wurde gesagt, dass sie nicht lachen sollen. Und natürlich müssen die sich total das Gesicht zusammenkneifen, um NICHT zu lachen...ich fand das Video einfach bloß so genial, aber auch irgendwie süß.

      Auch interressant war die Installation mit dem Knopf ("Goethe hieß die, oder?).
      War eine weiße Wand, mit einem Knopf, "bitte Knopf drücken" stand drunter.
      Wenn man drauf gedrückt hat, ist aber nix passiert.
      Später fanden wir im selben Pavillion eine identische Wand, allerdings diesmal mit einem Loch (dieses typische Lautsprecher-Loch beim Telefon) - ich habe mein Ohr rangehalten, aber man hörte nichts. Wir wollten gerade weitergehen, als plötzlich, unerwarteterweise, ein Signalton aus dem Loch kam. Wir vermuten einfach mal, dass da gerade jmd. am anderen Ende den Knopf gedrückt hat. *lacht*

      Eigentlich gibt es sehr vieles, was mir gefallen hat. Das Mohnfeld am Friedrichsplatz, die knallroten Holzbänke, die großen, neoromantischen/ surrealistischen Bilder von Monica Baer, die Plüschpuppen von Cosima von Bonin, die notdürftig ausgestopfte Giraffe (hat mir gefallen, weil ich die Geschichte dahinter kenne), dieser rosarot beleuchtete Raum, wo man alles Blau gesehen hat, wenn man wieder rauskam...*lacht*

      Auf jeden Fall gab es viel Sehenswertes. :)

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    • Ich teile Nickys und die Auffassung derer, die moderner Kusnt eher kritisch gegenüber stehen. Hier finden gerade die Skulptur Projekte 07 statt, eine Art Documenta in der Stadt, also mit Skulpturen, die pber die ganze Stadt verteilt sind anstatt in einem Museum oder einer Messehalle. Geradegestern kamen wir an einer Skultpur vorbei, die für mich alles beinhaltet, was diese Art moderner Kunst ausmacht: Ein 50er Jahre Wohnwagen steht an einem Straßenrand, davor eine junge Frau, die der erwartenden Zuschauergruppe erklärt, was es damit auf sich hat. Wir sind nur an dem Obejkt vorbei gegangen, aber an den steinernen Gesichtern konnte man genau ablesen, was in den Menschen vorging: "Aha. Toll. Wo, bitte, geht's zur nächsten Skulptur?"

      Allenthalben sieht man hier Menschengruppen um die in freier Luft ausgestellten Skultpuren stehen, und meistens erkennt man eine Mischung aus Erwartungen, Enttäuschungen und angestrengtem Nachdenken, was der Künstler nun wieder sagen will.

      Moderne Kunst ist für mich keine Kunst mehr im klassischen sinne. Höre ich ein schönes Musikstück oder betrachte ein Bild, nimmt es mich mit auf eine Reise. Eigene Erinnerungen und Assoziationen vermischen sich mit dem, was der Künstler einem bietet. Manche träumen einfach nur vor sich hin, andere fachsimpeln über eingesetzte Techniken. Dies gelingt auch abstrakter Kusnt a la Picasso oder Dali ganz gut, aber das, was man auf solchen ausstellungen wie Documenta und Co. zu sehen bekommt, ist für mich nur eine einzige Quiz-Show: Die Zuschauer versuchen, die abgedrehten Gedankengänge des Künstlers nachzuvollziehen. Sehr wenigen gelingt es, aus einer Säule mit einem Paar Kirschen oben drauf einen "Kirchsturm" (der Gag ist, dass wir Münsterländer das ch anständig aussprechen und nicht wie ein sch, so dass man noch schwerer auf die Assoziation kommt) zu erkennen. Wem es nicht gelingt, derleist es in seinem Skulpturprospekt nach, scjhaut es sich noch einmal an, nickt und geht weiter. Was an solcherlei Ratespielchen Kusnt sein soll, ist mir schleierhaft, außer der Kusnt zu verwirren.

      Nicky sprach ein Beispiel an, wo Müllmänner ein Kunstwerk auf der jetzigen Documenta schlicht weggeworfen hatten; ein anderes Beispiel einer früheren Documenta war ein Fettfleck in einer Ecke, den eine Putzfrau einfach aufgewischt hatte. Das macht für mich moderne Kusnt aus: Wenn man sie nicht als solche kennzeichnet, erkennt man sie meist gar nicht, und wenn doch, versteht man sie in der Regel nicht, und wenn doch, bleibt keine Botschaft übrig. Letzteres war auch schon früher oft so, aber damals war dies auch gar nicht der Wille des Kpnstlers, während sich die heutigen Artisten ja oftmals als Missionare ihrer Weltanschauung verstehen. Moderne Lyrik passt auch oftmals in dieses Schema. Wollte ich manchem Künstler Böses, würde ich behaupten, er wolle gar nicht, dass man ihn versteht.

      Alle oben getroffenen Aussagen treffen natürlich nicht auf jedes einzelne Kunstwerk zu, das ist mir klar, aber doch auf das Gros.

      Wer's mag...
    • Ich bin auch nicht wirklich ein Fan von moderner Kunst, aber es gibt schon Werke, bei denen ich sagen kann "gefällt mir". Das vor allem wenn Licht im Spiel ist oder bei Photographien und Performances. Das hält sich so die Waage. Cindy Sherman- weil sie hier genannt wurde- mag ich als Künstlerin zum Beispiel nur bedingt. War auch nicht auf der Dokumenta, da hatt ich nicht die Muße dazu.

      Im allgemeinen mach ich lieber meine eigene Kunst und lass sie in meiner Schule ausstellen. :D
      Die Menschen die viel über die Albae lesen, nennen sie Todesschatten. Die Menschen die ihnen begegnet sind haben dazu keine Gelegenheit mehr.

      Ich grüße Herr des Triforce, Kimahri, Ishtar,Rooro, ShadowLink85, N@vi und xRESxSongoku.
      Die Albae stehen hinter euch.
    • Ich möchte nur eines ganz kurz anmerken, da ich allen zum Thema moderne Kunst nur eines empfehle:
      nämlich das Buch 'Das kann ich auch' zu lesen..setzt sich nämlich auf exellente Art und Weise mit diesem Theam auseinander
      "There are no happy endings, because nothing ends."


      Quote: 'Schmendrick' gesprochen von 'Alan Arkin', aus dem Film 'The last Unicorn', von Peter S. Beagle
    • @Weirdo: Exzellentes Schlagwort. Das kann ich auch
      Hatte mich da auch mit MangaEngel drüber unterhalten, als wir nach der Documenta auf dem Bahnhof saßen.
      Es ist doch häufig so, dass die Leute bei moderner Kunst die Arme verschränken und sagen "Das hätte ich auch noch hinbekommen".
      Die Frage ist aber nicht, ob man sowas - technisch gesehen - auch hinbekommen würde, sondern die, warum man, wenn doch alles in der modernen Kunst so stupide und einfach ist, die Idee nicht eher hatte.

      Original von The Madman 13hNicky sprach ein Beispiel an, wo Müllmänner ein Kunstwerk auf der jetzigen Documenta schlicht weggeworfen hatten; ein anderes Beispiel einer früheren Documenta war ein Fettfleck in einer Ecke, den eine Putzfrau einfach aufgewischt hatte.

      Jaja, die Mutter aller Pannen, Werke werden vom Personal entsorgt, der berühmte Fettfleck von Joseph Beuys, der vom Putzpersonal entsorgt wurde. Oder, was MangaEngel mir erzählt hatte, von der vollgeschmierten Wanne, die von der Putzfrau wieder saubergemacht wurde.
      Oder halt auf dieser Documente, die Straßenstreifen, die entfernt wurden, weil sie angeblich den Verkehr fehlleiten.

      Es gibt dieses berühmt-berüchtigte Zitat, Kunst liegt im Auge des Betrachters, hier wird es traurige Realität. Kunst liegt manchmal im Alltäglichen, und es mag wirklich sein, dass man, wenn man nicht mit der Nase drauf gehalten wird, sich mit dem tieferen Sinn auseinanderzusetzen, das Kunstwerk als solches wirklich nicht sieht.

      Es gibt aber auch Sachen, die, wenn man den Sinn erstmal kennt, plötzlich einen ganz anderen Stellenwert einnehmen. Mein liebstes Beispiel dazu und bzw. weil sogar auf der Documenta vertreten ist Cosima von Bonin. Ich kannte sie schon vorher, habe ihr aber bisher keine nennenswerte Beachtung geschenkt, denn sie näht Pilze...hunderte davon, was mir im ersten Moment recht unspektakulär erschien.
      Bis ich den Sinn dahinter in einem Documenta-Führer gelesen habe.
      Wir alle kennen Hobbes. Hobbes deklarierte die uneingeschränkte Autonomie des Menschen. Dafür wählte er das Symbol eines Pilzes.
      Wie Pilze, so meinte Hobbes, sprießen die Menschen absolut willkürlich und unabhängig voneinander aus dem Boden.
      Und jetzt kommt von Bonin ins Spiel. Sie sagt: Hobbes hat sich geirrt. Die Pilze, die nach außenhin als unabhängige Individuen erscheinen, sind in Wirklichkeit Teil eines riesigen unterirdischen Geflechts, in dem alles mit allem verbunden ist. Der Pilz, der scheinbar unabhängig von den anderen Pilzen existiert, entstammt in Wirklichkeit demselben Ursprung wie alle anderen Pilze, ist lediglich die Frucht eines riesigen Prozesses.
      Und ähnlich verhält es sich mit den Menschen. Nach außenhin autonom, sind wir Teil eines riesigen Geflechts, in dem alles verbunden ist.
      Wir haben Eltern, wir haben Geschwister, wir haben Freunde, Lehrer, Kollegen, Fremde, und auch diese alle haben wiederum hunderte von Menschen, die Einfluss auf sie ausüben. Deswegen näht von Bonin Pilze. Weil wir nichts anderes als diese Pilze sind.

      Entschuldigt diesen kurzen Ausschweifer in den Bereich Kunst-Interpretation, aber dieses Beispiel soll nur demonstrieren, dass es manchmal durchaus wert ist, den Sinn eines Werkes zu hinterfragen.
      Und dieser Prozess des Interpretierens macht für mich das eigentlich Spannende an der Kunst aus.

      Manchmal muss man aber leider auch sagen, Kunst liegt nur im Auge des Künstlers. Oder im Auge des Kunstkritikers. Und Kunstkritiker werden kann ja inzwischen jeder. Wenn sich dann ein paar Lackaffen im piekfeinen Anzug vor ein paar schwarze Schnörkel stellen und meinen, irgendeinen ultrametaphorischen und scharfsinnig durchdachten tiefenpsychologischen Sinn zu sehen, kann ich nur ratlos daneben stehen und den Kopf schütteln.
      Geistige Masturbation nennt sich sowas. Die gebärden sich dann immer so ultra-intellektuell, das ist der Grund, warum ich mir eine Ausstellung prinzipiell ohne Führung ansehe, in 75% der Fälle muss man sich dann so ein Gewäsch anhören. (Weiterer Horror für mich: jede Vernissage)

      Kunst will verstanden werden, aber nicht von irgendwelchen Hirnwichsern totgequatscht werden, oder sogar mit mehr Sinn hinterlegt werden, als es tatsächlich der Fall ist. (Manchmal wünschte ich, ich könnte sehen, wie sich manche Künstler ins Fäustchen lachen müssen, wenn sie wüssten, welche ultratiefsinnige Bedeutung ihren Werken angedichtet wird)
      Da finde ich es furchtbar, dass ein beachtlicher Teil meines Kunst-Leistungskurses auch schon damit anfängt, sich selbst für unglaublich wichtig zu nehmen.

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