Der Berserker

    • Way, Fortsetzung!
      Wieder einmal schön geschrieben, hab keine Fehler gefunden.
      Die Geschichte wird wirklich immer besser. Wobei ich schätze, dass es sich bei 'Gott' nur um einen Decknamen handelt. Aber um einen interessanten.
      Und der Herr Adam ist mir auch recht sympathisch.
      Nur diese Evening ist mir eindeutig zu unsympathisch. Ich hoffe doch sie stirb in der Geschichte - oder?

      MfG,

      ~Gastredner
    • Hui, Verschwörungstheorien. |D

      ich mag diese netten Codenamen, die sicher irgendwie alle in Zusammenhang stehen... Adam und Eve, Cain und Abel,... lässt Raum für Spekulationen. :3 (Und das mit "Gott" - fehlt noch jemand, der Nietzsche heißt. xD;; )

      Mal sehen, was Miss President so plant, man bleibt gespannt. ^^


      (Ja, man kann draufklicken)
    • Original von Ulyaoth
      (Und das mit "Gott" - fehlt noch jemand, der Nietzsche heißt. xD;; )

      JAAA!
      Wofür gibts denn auch deutsche Rebellen? Einer von denen könnte sich ja 'Nietzsche' nennen...*auffordernd Richtung FoWo blick*
      Und seine Überlebensanleitung für Rebellen heißt 'Der Antichrist'... :ugly:

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    • Original von Gastredner
      Original von Ulyaoth
      (Und das mit "Gott" - fehlt noch jemand, der Nietzsche heißt. xD;; )

      JAAA!
      Wofür gibts denn auch deutsche Rebellen? Einer von denen könnte sich ja 'Nietzsche' nennen...*auffordernd Richtung FoWo blick*

      "Gott ist tot" (oder "Gott muss sterben"? xD) würde in der Tat ganz gut passen. Okay, es wäre völlig aus dem Kontext gerissen, aber das stört ja heute niemanden mehr.
      Aber... ich glaube, es geht fast eher die Welt unter, bevor gerade Fo diesen Namen aus freiem Willen verwenden würde.... |D
      (Nicht, dass ich etwas dagegen hätte. *hust*)

      Zur Geschichte generell sei mal gesagt, dass ich in Sachen Antagonisten äußerst gespannt bin. Ich meine... okay, es ist eindeutig erkennbar, dass gewisse biblisch klingende und dezent kryptisch kommunizierende Gestalten meist nichts Gutes im Sinn haben ("Für die Technologie des Friedens!", wir erinnern uns...), aber die Details würden mich durchaus brennend interessieren.
      Was die Protagonisten betrifft, so finde ich Kim derzeit noch wesentlich interessanter als Cain... aber wer weiß, vielleicht ändert sich das ja noch. Der Gute dürfte ja allein schon aufgrund seines Namens eine tragende Rolle spielen.

      Erwähnte ich btw schon, dass ich Eve/Eva/Charlotte sehr mag? Da bin ich bisher zwar scheinbar der einzige, aber okay... immerhin, ein Fanclub ganz für mich allein. :3

      (Fo, deine Andeutung neulich hat mich heiß gemacht. Schneller.)

      dead girls dry each others eyes
      and pretend for a while
      that we're still alive.


      ________

      Twitter | DIE BASIS
    • Ist nicht viel. Egal. Wehe, ihr meckert. xD;


      [...]
      5. September, 2067
      Cain saß auf seinem Schreibtischstuhl, hatte die Lehne zurückgestellt und die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Es gab wie immer nicht viel zu tun, und er hatte die Hälfte seiner zu schreibenden Berichte fertig und gönnte sich eine kleine Pause, die er mit Nichtstun und Kaffeetrinken verbrachte.
      Allerdings würde dieser Tag nicht wie gewöhnlich enden, wie er dachte. Und sein Leben begann, sich zu verändern, als sein Telefon klingelte.
      Er seufzte, ließ den Stuhl in seine ihm zugedachte Haltung zurückkippen und schob sich das kleine Riemchen um die Ohrmuschel und hob ab, nachdem er gesehen hatte, dass das Gespräch intern geschaltet war. „Ja, Cain hier, was gibt’s?“
      „Cain“, sagte die Stimme einer der Sekretärinnen des Chefs, „da ist ein Anruf für Sie. Es klang ziemlich wichtig.“
      „Wer ist es denn?“, fragte Cain verblüfft. Eigentlich bekam er über das Dezernat keine Anrufe von außen, alle Leute, die privat seine Dienste brauchten, riefen ihn auf sein Mobiltelefon an.
      „Klang wie ein Mister Legal“, sagte die Sekretärin. „Ich bin mir nicht sicher. Die Verbindung ist mies.“
      „Okay, stellen Sie’s durch“, sagte Cain, wartet das Piepen ab und hob dann erneut ab. „Cain McColl, womit kann ich dienen?“
      „Guten Tag, Mister McColl, lange nichts voneinander gehört“, erklang, unterstrichen von leichten Störgeräuschen, eine junge, gelangweilt klingende Männerstimme aus dem Hörer. Ihr Sprecher klang, als würde er das Telefonat nebenher führen. „Hier ist Edward LeGall. Sie erinnern sich vielleicht noch an mich.“
      „Kommt mir vage bekannt vor“, sagte Cain und setzte sich aufrecht hin. „Helfen Sie mir eben auf die Sprünge.“
      „Genanalytiker aus Upper New London“, sagte Edward. „Sie haben mir damals geholfen, als ich unten war. Fünf, sechs Jahre dürfte das jetzt her sein. Erinnern sie sich?“
      Cain klappte den Mund auf, als die Erinnerung kam. Er erinnerte sich in der Tat an den dürren, großgewachsenen Jungen mit den auffällig aufmerksamen, stechenden Augen und einem Vokabular, das Cains Meinung nach einem Fünfzehnjährigen nicht angemessen gewesen war. Durch ihn wusste Cain, dass es einen Himmel gab und nicht die ganze Welt, wie man in Lower New London erzählte, überdacht worden war. Von ihm wusste er, dass die hier unten wie Tiere festgehalten wurden. Und von ihm wusste er auch, dass man, wenn man einmal hier war, niemals wieder herauskam. „Ja, ich...“, fing er an. „Ich erinnere mich, ja. Wie komme ich zu der Ehre, dass Sie sich wieder an mich wenden?“
      „Ich brauche die Hilfe eines tatkräftigen Mannes in Lower New London“, sagte Edward glatt. „Und ich halte Sie für fähig.“ Dass er ihm gerade ein Kompliment gemacht hatte, entging Cain, der Edward zu einer Zeit kennengelernt hatte, als er noch vor anderen Menschen Respekt gehabt hatte. Nach einer kurzen Pause fuhr Edward fort: „In den letzten Jahren ist viel passiert und Sie werden die Story, sofern Sie wollen, sicherlich zu hören bekommen, aber nicht von mir. Ich habe zu arbeiten. Um es kurz zu machen, eine Kollegin will in Lower New London recherchieren und ein paar Behandlungen durchführen, was weiß ich, was sie vorhat, irgendein medizinischer Krimskrams eben.“
      „Und wozu braucht sie da meine Hilfe?“, fragte Cain vorsichtig. „Ich bin Ärzten gegenüber skeptisch, wissen Sie.“
      „Oh, keine Sorge, vor der müssen Sie wirklich keine Angst haben, sie ist ganz harmlos“, sagte Edward belustigt. „Nun, Kim Barnes ist ein kleines Dummchen, wie man so schön sagt und hat wenig Durchsetzungsvermögen, sie braucht eine helfende Hand. Leider wird ihr hier oben niemand beistehen, und ich hab wirklich Wichtigeres zu tun, als sie am Rockzipfel hängen zu haben. Allerdings, und das erzähle ich Ihnen im Vertrauen, halte ich sie nichtsdestotrotz für fähig, auch wenn ihr Selbstvertrauen ab und zu unter dem Nullpunkt liegt. Wie dem auch sei, ich möchte sie betreut wissen, wenn sie da unten rumrennt. Daher wende ich mich an Sie, zumal sie meine einzigste Kontaktperson in LNL sind. Und Sie waren damals, als ich unten war, ziemlich tatkräftig dabei.“
      „Hm“, machte Cain skeptisch und drehte den Touchpen seines Computers mit zwei Fingern hin und her.
      „Natürlich werden Sie bezahlt werden“, fügte Edward hinzu und verdrehte die Augen. Menschen waren doch alle gleich.
      „Okay“, sagte Cain, ohne noch länger überlegen zu müssen. Upper New London bezahlte gut, das wusste er aus eigener Erfahrung. „Sagen Sie ihrer Ärztin, dass sie auf meine Hilfe bauen kann.“
      „Vielen Dank, Mister McColl. Ich werde mich gegebenenfalls noch einmal bei Ihnen melden und Ihnen sagen, wann und wo sie Miss Barnes abholen dürfen.“ Damit legte Edward auf, ohne Verabschiedung wie immer, und ließ Cain etwas verwirrt zurück.
      Kaum, dass Edward aufgelegt hatte, wählte er Kims Nummer und arbeitete nebenbei an der Auswertung einiger Experimente weiter, die er hobbymäßig diese Nacht irgendwann vor Sonnenaufgang angefangen hatte. Es gab nicht viel für ihn zu tun, denn er hatte sich von fast allen Aufgaben losgelöst. Er würde als Kims Backup arbeiten, hatte er beschlossen, ehe sie wirklich die Regierung um Unterstützung bat wie ein kleines Kind seine Eltern.
      Edward wollte, obwohl die Genome Labs von der Regierung und Spenden unterhalten wurden, so wenig wie möglich mit ihnen zu tun haben.
      Er hatte die britische Präsidentin einmal getroffen, hatte ihr in die Augen gesehen, hatte ihren Puls am Hals klopfen sehen, ihren Atem gerochen und ihre Berührung gespürt, und seitdem misstraute er der Regierung noch mehr als seine ihm von Natur aus gegebene Skepsis eh gebot. Er wusste nicht, was es war – aber etwas war mit der Frau nicht in Ordnung.
      Edward wusste, wann man zu schweigen hatte. Aber wenn ihn jemand nach seiner Meinung gefragt hätte, hätte er wahrscheinlich alles gesagt, was er glaubte – nachdem er die Tür abgeschlossen hatte. Aber da er es nur glaubte und nicht wusste, hielt er sich bisher geschlossen – und hoffte durch jede Chemikalie, durch jede sterbende Ratte, durch jede Zellstruktur, die er untersuchte, irgendwann schlauer zu werden.
      Was seinen IQ vielleicht irgendwann wirklich über die Zweihundertergrenze heben würde, wie er humorlos lächelnd dachte.
      „Herrgottverdammtnochmal, Edward LeGall“, schnaubte Kim ins Telefon. „Können Sie nicht bis zur Mittagspause warten! Ich bin mitten in einer verdammten Operation!“
      „Kann nicht so schlimm sein, wenn sie nebenbei telefonieren können“, sagte Edward trocken. „Soll ich etwa zurückrufen?“, fügte er pikiert hinzu.
      „Nein, legen Sie schon los, verdammt.“ Kim seufzte, deutete Ryan an, alleine weiterzumachen – zugegeben war das Entfernen von Glassplittern aus einer Wunde keine Arbeit, die zwangläufig zwei Chirurgen benötigte, aber Kim arbeitete gern mit Ryan zusammen, um ihm beim Arbeiten zuzusehen – und zog die dünnen Gummihandschuhe aus, pfefferte sie in einen Mülleimer als sie den Operationssaal verließ.
      „Ich hatte Ihnen erzählt, dass ich in LNL eine Kontaktperson habe und habe Sie weitergeleitet“, sagte Edward ohne Umschweife. „Sagen Sie mir nur noch, wann und wo sie da unten aufkreuzen und meine Aufgabe wäre erledigt. Ich möchte...“
      „Moment, Moment“, unterbrach Kim. Eigentlich unterbrach man Edward LeGall nicht, wenn er redete, und die Tatsache, dass sie es doch tat, verwirrte ihn einen Moment lang so sehr, dass er Kim unfreiwillig Zeit gab, weiterzureden, ohne sie zu tadeln. „Könnten Sie mir vielleicht netterweise verraten, mit wem ich’s überhaupt zu tun habe? Ich meine, ich möchte nicht an irgendeinen verseuchten Penner geraten oder so.“
      „Ich dachte, Sie wollen sich für die Rechte der Infizierten einsetzen“, stichelte Edward.
      „Sie wissen, was ich meine“, seufzte Kim und wanderte den in kleinen Raum, indem sie und Ryan ihre Mittagspausen verbrachten. Die neue Praxishilfe hatte Kaffee verschüttet und war fleißig am Putzen. Kim verdrehte die Augen – das Mädchen war schon zwölf oder dreizehn Jahre alt, benahm sich aber noch wie ein Kleinkind, furchtbar. „Also, schießen Sie los, erzählen Sie mir was.“
      „Sein Name ist Cain McColl, er dürfte in etwa in Ihrem Alter sein...“, begann Edward. Er musste zugeben, dass er nicht viel über Cain wusste.
      „So alt wie ich?“, echote Kim überrascht. „Das geht?“
      „Offenbar ja schon“, sagte Edward etwas genervt. „Können Sie mich mal ausreden lassen?“
      „Sorry, fahren Sie fort.“ Kim scheuchte die Praxishilfe aus dem Raum und machte selber sauber, das ging schneller.
      „Als ich ihn kennenlernte, war er Security im Einwohnermeldeamt, jetzt ist er aber, wie ich herausgefunden habe, Detective bei der Polizei.“
      „Er ist Polizist?“, fragte Kim entgeistert. „Ich bin Polizisten gegenüber skeptisch, wissen Sie.“
      Edward stutzte. Das kam ihm bekannt vor. Aber er sagte, was er Cain schon gesagt hatte, nämlich: „Keine Sorge, er ist ziemlich harmlos. Er fängt Taschendiebe und hat dieses Jahr den dritten Platz im Schießwettbewerb gewonnen, normales Einkommen, wahrscheinlich nicht verheiratet. War er zumindest nicht, als ich ihn kennenlernte, aber das ist auch sechs Jahre her.“
      „Hm.“ Kim wischte mit dem Zeigefinger über ein Regalbrett neben ihr. „Und menschlich?“
      Edward rollte die Augen. Musste das jetzt sein? „Gucken Sie ihn sich selbst an, Miss Barnes“, sagte er etwas unwirsch. „Ich hab getan, was ich konnte. Sie sagen mir jetzt, wann und wo sie nach unten wollen und ich leite das weiter. Ab da sind Sie auf sich gestellt.“
      „Uhm, okay, danke“, meinte Kim. Sie klang eingeschüchtert. Edward hätte ihr diese dumme Unsicherheit gerne aus dem Leib geprügelt. Kim hatte einfach kein Durchsetzungsvermögen.
      Er seufzte, notierte sich mental das Datum, das Kim ihm nannte, und legte dann auf.
      Die ganze Angelegenheit versprach ja, ziemlich spannend zu werden.

      Wird fortgesetzt.
      Næhmachinery
      Premonitions in the rising wind; tonight the stars will fall.
      The world in a cyclone, pouring out.
      No escape, but hey, who cares? Just go with the flow.
    • Original von FoWo
      Ist nicht viel. Egal. Wehe, ihr meckert. xD;

      Kann ich dir leider nicht ersparen.
      Aber wenn es dich freut: Es ist nciht die Länge, die zu bemängeln ist.


      Es gab wie immer nicht viel zu tun, und er hatte die Hälfte seiner zu schreibenden Berichte fertig und gönnte sich eine kleine Pause, die er mit Nichtstun und Kaffeetrinken verbrachte.

      Sollte klar sein: Das Komma ist zu viel.

      ...Mist.
      Da waren noch zwei Sachen - aber ich hab es vergessen und nicht mehr gefunden...irgendwo fehlte noch ein 'und', stand etwas mit zwei 'haben' in einem Satz...

      Ansonsten: Schön, dass es endlich mal weiter geht.
      Und dass Cain und Kim sich treffen und bereits zu vor eine gewisse, gegenseitige Abneigung in der Luft liegt...
      Cain: "Ich vertraue Ärzten nicht."
      Kim: "Gut, denn ich habe kein Vertrauen zu Polizisten."
      Cain: Ich seh schon: Eine wunderbare Ausgangsbasis für eine lange, lange Freundschaft..."
      :ugly:

      EDIT: Heureka! Ich weiß es wieder!
      Einer der Fehler ist mir wieder eingefallen: Du hast as Wort 'einzigste' benutzt! Aber es heißt 'einzige'!
      Schande über dich, Freude für mich! :ugly:
      [SIZE=7]Ich glaube, ich habe noch nie so viele Ausrufezeichen in einem solch kurzen Abschnitt benutzt...[/SIZE]

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    • es geht endlich weiter! =D
      ich hätte gestern abend ja schon was geschrieben, aber leider musste ich weg...

      jedenfalls: klingt spannend, endlich kommen kim und cain in verbindung.

      einige stellen haben mir ziemlich gut gefallen, aber ich hoffe du verzeihst mir wenn ich sie jetzt nicht alle aufzähle :B
      na dann, mach schnell weiter
      [Blockierte Grafik: http://img829.imageshack.us/img829/698/mgscomic14.jpg]
      ...in that case, can we just skip the talking and fight already? - NO!
    • I'm not dead... yet.
      Ich hatte 'ne totale Flaute und auch viel zu tun die letzten Wochen. Aber ich schreibe wieder. Langsam und gemächlich. |D~


      [...]
      19. September, 2067
      Das Virus als intelligente Lebensform zu beschreiben, wäre übertrieben gewesen. Dennoch wusste es, dass es Wirte brauchte, um zu überleben, und von diesen Wirten ernährte es sich. Wenn der Tod des Wirtes eintrat, lebte das Virus noch einige Tage von Notreserven, ehe es auch abstarb oder sich einen anderen Wirt gesucht hatte.
      Doch es gab Anomalien, einige wenige Fälle, in denen das Virus nicht den Tod bedeutete, sondern eine Weiterentwicklung. Die Wissenschaft wusste nicht viel von diesen Anomalien, denn sie verstanden es hervorragend, keine Zeugen und Spuren zu hinterlassen. Denn da ihr eigener Körper keine Energievorräte mehr zum Verzehren übrig hatte, mussten die Wirte ihren Parasiten anderwärtig Energie beschaffen, wenn sie den eigenen Tod verhindern wollten.
      Adam Lukasievic hatte seine ganz eigene Art, sich bei Kräften zu halten. Doch jetzt, da er Gott gefunden hatte, würde das wohl bald überflüssig werden.
      Der Mann mit dem weißen Bart, den ausgeblichenen Augen und den hellen Pigmentstörungen auf der Haut saß ihm gegenüber, vorsorglich in Hand- und Fußschellen gelegt, aber er schien nicht viel von dem mitzubekommen, was um ihn herum passierte. Adam zweifelte an seinem kreativen Genie, aber Evas Plan war klar und eindeutig gewesen: Wir müssen Gott finden. Mit ihm an unserer Seite stehen unseren Plänen für diese Welt nichts mehr im Wege.
      Sie wollte die Weltherrschaft und Abel wollte so viel zerstören wie möglich. Adam hingegen, der als einziger der dreien keinen gefälschten Ausweis und keinen Decknamen trug, wollte schlichtweg überleben. Wenn das den Tod einiger anderer Menschen voraussetze, musste das halt der Preis sein.
      Adam warf einen Blick aus dem Fenster. Er sah nur blauen Himmel und lockige Wolken unter sich. Der Flieger war Privatbesitz von Charlotte Evening und der Pilot mit genug Geld bestochen, um bis zum Rest seines Lebens gut leben zu können. Der Flieger war allen Kontrollen enthoben worden, da es sich angeblich um eine Privatlieferung für die Präsidentin handelte. Dass im Lagerraum des Flugzeuges nur Adam und Gott saßen, wusste niemand, und es würde auch niemand erfahren, dass das Flugzeug in Deutschland landen würde. Sie hatte ihre Netze schon so weit gesponnen, dass sie niemand mehr aufhalten konnte.
      Adams Blick schweifte von draußen zurück zu Gott. Der Mann sah aus wie Mitte fünfzig, also um einiges älter als die meisten Menschen, die Adam bisher gesehen hatte, und er war angeblich noch älter. Er war einmal sehr mächtig und angesehen gewesen, doch dann war er sehr tief gefallen, auf Todesstrafe gesucht und untergetaucht. Adam hatte fast zwanzig Jahre lang herumgeschnüffelt und die ganze Welt bereist, bis er ihn in den Slums von Los Angeles gefunden hatte, und das auch eher durch Zufall.
      „Ich weiß, dass Sie verstehen, was um Sie herum passiert“, sagte Adam irgendwann leise. „Sie tun nur so, als seien Sie unzurechnungsfähig. Verständlich in Ihrer Situation. Ich werde wiederholen, bis Sie es endlich verstanden haben, dass Sie in unserer Obhut absolut keinen Verrat zu befürchten haben. Niemandem läge Ihr Wohl mehr am Herzen als uns.“
      Wie er erwartet hatte, erntete er keine Reaktion. Adam lehnte sich wieder zurück und sah aus dem Fenster. Es war still bis auf das gleichmäßige Geräusch der Turbinen. Schließlich wandte er sich wieder zu Gott, der sich nicht bewegt hatte. Er saß noch immer eingesunken in seinem Platz gegenüber Adam und starrte auf einen Punkt auf dem Boden neben seinen ausgetreten Herrenschuhen, die vor sehr langer Zeit einmal sehr teuer gewesen sein mussten. Nur ein kleiner Hinweis darauf, wer er einst gewesen war.
      Die Tür zum Cockpit wurde geöffnet und der Pilot sah in den Lagerraum. „Mister Lukasiviec, wir werden in circa dreißig Minuten landen.“
      „Gut, danke. Sie tragen ab der Landung keine Verantwortung mehr.“ Der Pilot nickte nur und verschwand wieder. Adam stand auf und zog sich langsam die schwarzen Seidenhandschuhe aus, als er auf Gott zutrat. Der Mann reagierte nach wie vor nicht, aber Adam meinte, ein leichtes Zurückzucken gesehen zu haben.
      „Da ich noch nicht weiß, ob Sie kooperativ sind“, erklärte Adam und legte seine rechte Hand in den Nacken des Mannes, „bleibt mir nichts anderes übrig. Sie hätten sich das ersparen können, Doktor.“ Er wartete einen Augenblick, aber eine Reaktion blieb wie zu erwarten aus. Adam seufzte innerlich und setzte Gott mit einer Handbewegung, die für ein menschliches Auge kaum erkennbar gewesen wäre, außer Gefecht.
      Er fing den erschlaffenden Leib mit der anderen Hand auf und lehnte ihn gegen die Wand. Gott würde Adams kleinen Schlaf schlafen, bis Abel ihn abgelöst haben würde.
      Adam hatte ab jetzt eine andere Aufgabe.

      Wäre Ryan und seine bedachte, freundliche Logik nicht gewesen, hätte Kim ihre Sachen gepackt und wäre in die weite Welt gezogen und nie wieder zurückgekommen. Aber zum Glück hatte sie Ryan, der sie freundlich darauf hingewiesen hatte, dass sie sich Lower New London erst einmal angucken sollte, ehe sie wirklich mit ihren Gerätschaften aufbrach. Er hatte zu Kims übertriebenem Enthusiasmus nicht mehr gesagt, und Kim war ihm dankbar gewesen, dass er sie sanft in die richtige Richtung gedreht hatte, ohne sie zu tadeln – und bevor sie Edward davon hatte erzählen können. Er hätte sie ausgelacht, oder, und das war noch schlimmer, mit diesem Blick angesehen, der ganz genau verlauten ließ: Sie sind dumm, merken Sie das eigentlich gar nicht?
      Kim stand vor dem Spiegel ihres Badezimmers und trug vorsichtig einen dezenten Lippenstift auf, spitzte die Lippen und verteilte die Farbe mit chirurgischer Genauigkeit. Sie schminkte sich weder oft noch auffällig, aber mit einer Präzision, um die sie jedes Model beneidet hätte. Manchmal war ihre ruhige Hand auch im Privatleben von Vorteil.
      Es war kurz nach Mittag, sie hatte eben mit Ryan zusammen gegessen und jetzt den Nachmittag frei, um sich das erste Mal mit Cain McColl zu treffen. Sie hatte eben eine Viertelstunde vor dem Kleiderschrank gestanden und überlegt, wie sie erscheinen sollte. Sie hatte sich für ein professionelles Outfit entschieden. Mit anderen Worten, etwas, was sie immer trug: Rock und Bluse; Schuhe ohne Absätze, den Rock schlicht und gerade bis über die Knie, dunkelbrauner Stoff. Eine schwarze Bluse mit einem leichtem Rotschimmer darin. Farblose Strumpfhose. Die Haare steckte sie wie immer ein einer Klammer im Nacken hoch.
      Als sie einen Schritt vom Spiegel nach hinten machte, sah Kim sich selbst, wie sie immer war. Nicht hässlich, aber unauffällig. Praktisch gekleidet. Nichts, nach dem sich die Männer umdrehen würden.
      Sie seufzte und verließ ihr kleines Badezimmer.
      Im Wohnzimmer lief der Fernseher und spielte ihr die internationalen Nachrichten vor. Sie hörte nicht hin, während ihre Handtasche packte, aber als sie sich dazu verführen ließ, etwas Honig zu essen – wie immer mit dem Löffel aus dem Glas; sie wusste, dass man das der Bakterien wegen nicht tun sollte, aber sie bekam ein Glas Honig innerhalb von zwei Tagen eh problemlos leer – und dabei dem Fernseher desinteressiert zuzugucken, stutzte sie doch und suchte nach der Fernbedienung, um die Lautstärke höher zu stellen.
      „... halten die deutschen Rebellen die Nahrungsausgaben seit über achtundvierzig Stunden blockiert“, sagte die blonde Nachrichtensprecherin gerade gelangweilt, als glaubte sie, dass eh niemand die Mittagsnachrichten guckte. „Die Armee bemüht sich, die Lage unter Kontrolle zu bekommen, dennoch sind die Rebellen stark bewaffnet und treten wie immer schwer radikal auf. Nahrungsmittelspenden werden in umliegenden Städten gesammelt, um die circa achttausend Einwohner versorgen zu können, denn man geht nicht davon aus, die Situation vor Ende der Woche lösen zu können. Kanzler Lehrer sagt, dass die Belagerung der Vorratskammern der schlimmste Schlag der Rebellen der letzten fünf Jahre ist. Ersten Meldungen nach ist auch diesmal der auf Todesstrafe gesuchte Christopher Distler, Jahrgang vierundvierzig, der Kopf hinter der Aktion. Distler versucht seit nun beinahe fünf Jahren, die internationalen Regierungen zum Rücktritt zu zwingen...“
      Kim hätte liebend gern noch weiter zugehört, aber ihr Mobiltelefon klingelte. Sie steckte den Löffel in das Honigglas, drehte die Lautstärke des Fernseher herunter und stutzte, als ihr Telefon ihr sagte, es kenne die Nummer ihres Anrufers nicht.
      „Ja, hallo?“, fragte sie skeptisch.
      „Guten Tag, Miss Barnes“, sagte eine ruhige, gedämpft klingende Männerstimme, die ihr bekannt vorkam. Es war sein Akzent, der sie daran erinnerte, mit wem sie sprach.
      „Mister Lukasiviec, nicht wahr?“, sagte Kim. „Woher haben Sie meine Nummer?“
      „Ich bin Journalist. Herumschnüffeln und an Informationen kommen ist meine Aufgabe, Miss“, sagte Adam mit diesem kühlen Ton, an den Kim sich schon fast gewöhnt hatte. „Wie geht es Ihnen?“
      „Na ja, den Umständen entsprechend. Ich werde heute das erste mal in meinem Leben Lower New London betreten und meine dortige Kontaktperson treffen. Ich bin etwas nervös, aber das ist mein übliches Lampenfieber. Ohne wäre ich nicht mehr ich.“ Kim fing an zu reden, ohne es zu wollen. Sie wurde nicht oft gefragt, wie es ihr ging. Ihre Freundin Rachel hatte seit ihrer neuen Beziehung kaum mehr Zeit, mit Edward plauderte sie nicht und Ryan wollte sie nicht belästigen. Und damit war sie die Liste ihrer Kontaktpersonen auch schon zur Hälfte durch. Adam wurde Zeuge und Opfer ihres Mitteilungsbedürfnisses. „Ich bin immer nervös vor irgendwelchen Auftritten, und ich muss zugeben, dass ich keine Ahnung habe, was mich da unten erwartet. Ich hab ein bisschen recherchiert, natürlich, aber das ist noch immer etwas ganz anderes. Außerdem habe ich...“
      „Miss Barnes, ich mach’s kurz“, unterbrach Adam sie, der das Gefühl hatte, dass ihm noch eine ganze Menge Informationen zugetragen werden würden, wenn er nicht eingriff. „Ich werde nächste Woche in New London sein, und es wäre mir eine Ehre, wenn ich bei einigen Ihrer Forschungen oder was Sie da anstellen dabei sein könnte. Ich schreibe ab und zu für den New Globe und ich habe so das Gefühl, dass Sie auf dem Cover landen könnten mit ihrem Vorhaben.“
      „Der... New... Globe.“ Kim musste sich setzen. Das war die international meistverkaufteste Wissenschaftszeitung, die dreisprachig erschien. Edward hatte schon ein oder zwei mal darin gestanden, allerdings noch nicht auf dem Titelblatt. „Der New Globe. Auf dem Cover.“
      „Exakt.“ Zumindest würde Adam das in die Wege leiten können. Zur Not auch mit Charlotte Evenings Hilfe. „Was halten Sie von der Idee? Klingt doch gut, oder?“
      „Ja“, flüsterte Kim. „Klingt sehr gut. Ich... es würde mich freuen, Ihnen für Fragen zur Verfügung zu stehen, Mister Lukasiviec.“
      „Adam wird’s für Sie tun, Miss Barnes. Sie sprechen den Namen eh schon falsch aus“, sagte Adam, und Kim errötete heftig.
      „Gut, nun, da wir wahrscheinlich ab nächster Woche eh zusammenarbeiten werden...“, versuchte sie, abzulenken. „Ich... ich muss jetzt leider auch Schluss machen, da ich noch weg muss, aber Sie wissen ja, wie Sie mich erreichen, nicht wahr?“
      „Natürlich. Ich melde mich, wenn ich in den britischen Staaten bin. Viel Glück... Kim.“ Adam legte auf und hinterließ Kim, die wie paralysiert das Telefon weiterhin am Ohr hielt und dem Tuten lauschte. Dann schauderte sie, heftig und lange.
      Sie hatte die Chance, auf dem Titelblatt des New Globe zu stehen. Indem sie dem Journalisten ein paar Fragen beantwortete und ihm zeigte, wie sie arbeitete und was sie sich erhoffte.
      Ryan hatte ihr Respekt gezollt und sie unterstützt.
      Edward hatte gesagt, er sei überrascht gewesen.
      Kim konnte nicht fassen, was mit ihr geschah.

      Wird fortgesetzt. :D
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      Premonitions in the rising wind; tonight the stars will fall.
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    • Jaa, es lebt noch!

      Schön, mal wieder etwas von dir zu lesen.
      Also: Ich fass mich kurz: Habe beim ersten Lesen keine Fehler gefunden, erwarte es auch nicht beim zweiten. Der Verlauf der Geschichte ist weiterhin interessant.
      Nur, eine Frage stellt sich mir: Wie wird Lukasiviec denn nun ausgesprochen? Lukaßiwietsch?
    • Lukasiwitsch, mit weichem S. ^^
      Fragt mich nicht, wie Kim es ausspricht, aber sie macht es falsch. xD

      Der Name ist eine Homage an eine meiner engsten Freundinnen, die mit Nachnamen Lukasiewicz heißt. Meine erste Idee für Adams Nachnahmen war Malkovic, aber der Name fürfte einigen leuten hier aus einer gewissen Story meines lieben Uly doch etwas zu sehr vertraut sein. Und dann fiel mir ein, dass ich eine polnische Freundin habe. xD [/trivia]
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    • Mh, ich werde wohl wieder etwas kritiesieren müssen, vor allem beim ersten Absatz. Erstmal, sind Viren nicht nur keine intelligente Lebensform, sondern überhaupt keine. :P
      Zweitens sprichst du von den Viren so, als wären sie ein einheitliches, ganzes, denkendes Wesen, was aber definitiv nicht der Fall ist, denn im Grunde sind es einfach agierende Dinger: sie kommen in den Körper, dringend in eine Zelle ein, benutzen diese sozusagen als "Fabrik" und produzieren mehr Viren, und wenn alle Nährstoffe aus der Zelle abgebaut sind, stirbt diese ab. Die daraus entstandenen Viren dringen in die nächste Zelle ein, usw. Bis einfach keine Zellen mehr vorhanden sind, deren Nährstoffe sie nutzen könten. Übrigens "sterben" die in die Zellen eindringenden Viren selber, da sie ja ihre DNA reinpumpen, und dadurch ebenfalls kaputt werden. :P

      So, und dann wieder was, was mich schon einmal gestört hat:

      [...]sie wusste, dass man das der Bakterien wegen nicht tun sollte, aber sie bekam ein Glas Honig innerhalb von zwei Tagen eh problemlos leer[...]
      [...]als glaubte sie, dass eh niemand die Mittagsnachrichten guckte.[...]
      [...]„Adam wird’s für Sie tun, Miss Barnes. Sie sprechen den Namen eh schon falsch aus“, [...]
      [...]„Gut, nun, da wir wahrscheinlich ab nächster Woche eh zusammenarbeiten werden...“,.[...]


      Schon wieder so viele hässliche "eh"s, und dann auch noch so nah beieinander...


      Top 4™ Bruno
      Think original.

    • Hmm. *kann ja bekanntermaßen kein Bio* Okay, aber wir reden hier immerhin von einem so gut wie unerforschten Killervirus (xD), darf ich mir da nicht die Freiheit nehmen, die Norm ein bisschen zu verändern?
      Ich habe eh imemr so eine Art sehr, sehr kleines Metroid vor Augen, wenn ich über das Virus schreibe. xD;

      Ich mag ehs halt. .___.
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    • Original von FoWo
      Hmm. *kann ja bekanntermaßen kein Bio* Okay, aber wir reden hier immerhin von einem so gut wie unerforschten Killervirus (xD), darf ich mir da nicht die Freiheit nehmen, die Norm ein bisschen zu verändern?

      Klar kannst du, wird dich niemand dran hinder. Aber falsch bleibts tortzdem :P
      Ist dann halt keine Virus, sondern so wie du es beschrieben hast eher...eine Anhäufung von Bakterien mit kollektiver Intelligenz? Oo

      ]Original von Gastredner
      Ich denke die "eh"s sind durchaus in Ordnung. Eigentlich sogar besser als reinstes Hochdeutsch - schließlich handelt es sich dabei um normale Gespräche. Alltagssprache. Da kommt ein "eh" - oder auch mehrere - schon mal vor.

      Naja, wenn sie richtig platziert sind, können sie durchaus gut wirken, aber in dem Text fand ich sie doch eher störend, vor allem, da sie doch eher dicht zusammen waren. Bei "gesprochenen" Wörtern muss man eben doch immer ein bisschen aufpassen, ob sie denn auch wirklich passen.


      Top 4™ Bruno
      Think original.

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    • Sechs... sechs... sechs Monate. *nervöses Lidzucken*
      Ehrlich, ihr glaubt nicht, wie sehr mir das leid tut. Aber meine Kreativität ist zu 95% gestorben. Ich hab seit Monaten nicht wirklich geschrieben.
      Letzte Woche hatte ich kein Internet und hab mich noch mal hingesetzt. Ich hoffe ehrlich, dass es jetzt wieder etwas bergauf geht.
      Wenn dieser (sehr kurze) Absatz schlechter ist als sonst, wisst ihr, warum.
      Heul.


      ~~*



      Ein paar Stunden später konnte sie nicht fassen, was sie tat. Sie hatte ihre Sachen gepackt und war zum West End aufgebrochen. Vier der zehn Säulen, auf denen Upper New London gestützt war, waren die einzigen Ausgänge aus der Glaskuppel. Ohne Lizenz durfte man die Stadt nicht verlassen. Und Kim trug diese Lizenz, in Form eines kleinen Chips auf einer Karte, in der Handtasche mit sich, als sie sich der großen Sicherheitstüre näherte. Ein einziger Sicherheitsmann stand davor, eher rhetorisch, denn die wirkliche Sicherheit übernahmen natürlich die Maschinen.
      Der junge Mann stand auf und tippte sich zum Gruß an den Mützenschirm seiner Uniform. „Tag, Miss“, sagte er höflich. „Sie sehen ja ziemlich zielstrebig aus.“
      „Ich habe eine Lizenz“, würgte Kim nervös hervor. Sie hatte Angst, dass man sie nicht durchlassen würde oder ein anderes Desaster passieren würde.
      „Zeigen Sie mal her.“ Der Wachmann streckte die Hand aus und Kim kramte schnell die Karte aus ihrer Tasche und reichte sie ihm. Er betrachtete sie von allen Seiten und nickte dann. „Einfach da reinschieben und machen, was das Textfeld Ihnen sagt, dann sollte alles glatt gehen. Die Maschine wird auch Ihre Personalität überprüfen, also machen Sie sich auf eine ganze Menge Überprüfungen gefasst.“ Er drehte sich zu einem kleinen Kartenschlitz neben sich, schob eine Karte ein und die durchsichtige Schiebetür vor Kim öffnete sich. „Viel Spaß unten, sofern das möglich ist“, sagte er noch, dann schlossen sich die Türen hinter Kim.
      In dem kleinen, sterilen Raum war es still, nicht einmal mehr die Geräusche von draußen drangen zu ihr hinein. Kim schob den kleinen Chip ihrer Lizenskarte in einen Leser, tippte manuell ihre Identifikationsnummer zur Überprüfung ein, bestätigte das mit ihrem Passwort, drückte fest auf das kleine Zahlenfeld, um zusätzlich ihren Fingerabdruck zu hinterlassen, sagte so deutlich wie möglich ihren Namen in das kleine Mikrophon und blickte kurz hinauf in die Überwachungskamera über der Türschwelle, ehe sich die einzige Tür endlich zischend für sie öffnete. Kim wurde klar, warum man sie nicht auf Schmuggelware überprüft hatte – hier kam niemand rein oder raus, der nicht durfte, und Fälschen war fast unmöglich.
      Sie trat mit furchtbarem Herzklopfen in den großen Fahrstuhl und beobachtete besorgt, wie die Türen sich hinter ihr schlossen.
      Es war vollkommen still, als sie ihren Weg nach unten antrat. Nichts passierte. Sie stand einfach da, glaubte das feine Surren der Stahlseile zu hören und wurde beinahe verrückt, weil sie ihr Blut in den Ohren und ihren Puls in der Brust zu deutlich spürte. Sie fing nervös an, ein unmelodisches Lied zu summen, was sie immerhin etwas beruhigte.
      Und dann, ganz plötzlich und ohne Vorwarnung, blieb der Aufzug stehen und sie Türen öffneten sich.
      Sie trat erleichtert in den kleinen Auffangsraum und wiederholte das komplette Sicherheitsprozedere, bis sich eine diesmal milchglasige Schiebetür öffnete und sie die intensive, pure, nicht gefilterte Luft Lower New Londons atmete.

      Zur gleichen Zeit erwachte der Mann, den Adam und Charlotte Gott nannten, gefesselt und geknebelt im Kofferraum eines Jeeps, der mit höchstem Tempo und mehr als rasanter Fahrweise über die zerstörte Autobahn Deutschlands bretterte.
      Fahrer war niemand anderes als Abel Maccanzie, von den deutschen Rebellen gerne „der Amerikaner“ genannt, was sowohl Ermahnung als auch Lob beinhaltete. Die Amerikaner waren schuld an der Lage der Erde, und dass Abel sich auf die Seite der Rebellen gestellt hatte, war sowohl mutig als auch ehrenswert. Denn wie im zwanzigsten Jahrhundert hatten sich die Deutschen unter Führung des am Virus erkrankten Christoph Distler vorgenommen, die Welt zu verändern, wenn auch diesmal in völlig anderem Ausmaß. Obwohl die Grundideen von Krieg und Rebellion immer die selben waren, seit die Menschheit existierte, nannten die Nachrichten Christoph Distler gern einen zweiten, netteren Hitler. Verständlich, dass alle Welt ihn tot sehen wollte – was nur eine Frage der Zeit sein konnte, denn er hatte sich schon vor einigen Jahren mit dem Virus infiziert und war jetzt schon kaum mehr als eine Leiche. Und die Rebellen betteten ihn auf Rosenblättern und beteten ihn an wie einen Heiligen.
      Abels Pass war natürlich gefälscht. An seiner Existenz unter den Rebellen war lediglich die Tatsache, dass er wirklich Bürger der Vereinigten Staaten war, unverfälscht. Wie auch Charlotte Evening stimmte bei ihm vorne und hinten nichts, er handelte nur so lange im Sinne der Rebellen, bis er das Spiel nach seinen Regeln spielen durfte, und ebenso wie Adam waren seine Regeln die, die die britische Präsidentin ihm auftrug. Zusammen waren sie ein gutes Team: Eva war die mit der Macht und dem dazugehörigen Größenwahn. Adam war der mit dem Plan und der daraus resultierenden Schnüffelei. Abel war der mit den Waffen und der Lust, sie auch großzügig einzusetzen.
      „Keine Ahnung, wie er sich das vorstellt“, knurrte Abel, der mit Bleifuß über die Überholspur raste und alles wütend anhupte, was weniger als zweihundertzwanzig Kilometer pro Stunde fuhr. Er musste Gott innerhalb kürzerster Zeit von der britischen Militärbasis nahe des Rheindeltas – die Niederlande existierten nur noch in Geschichtsbüchern –, wo Adam ihn abgeliefert hatte, bis nach Frankfurt am Main bringen, wo die Rebellen eines ihrer Lager hatten. Was er mit Gott tun sollte, war ihm selbst ein Rätsel. Adam war nicht nett genug gewesen, Abel ein paar Vorschläge zu machen, als wen er Gott verkaufen konnte. Und dass seine wahre Identität nicht bekannt werden dürfte, war selbstredend.
      Als er einen Blick in den Rückspiegel warf, sah er, dass Gott sich aufgerichtete hatte und sich etwas unbequem umsah. „Ah, der werte Herr ist aus dem Koma erwacht!“, sagte er, schnitt einen PKW, der hupend und mit quietschenden Reifen bremsen musste, und nahm die nächste Abfahrt zu einer Raststätte, wo er irgendwo über zwei Parkplätzen verteilt stehen blieb und die Klappe zum Kofferraum öffnete. Gott saß mit etwas benommenen Blick und angezogenen Beinen da und sah ihm regungslos entgegen.
      „Wenn du wach bist, siehst du ja noch älter aus als sowieso schon!“, sagte Abel geringschätzig und beugte sich in den Kofferraum hinein. „Hör zu, ich mach dich los. Wenn du auf dumme Gedanken kommst, brech ich dir alle Gliedmaßen mit dem kleinen Finger, verstanden?“ Er bekam keine Antwort, was ihn ärgerte. Er mochte es, wenn die Leute auf seine Drohungen ängstlich reagierten. „Arschloch“, setzte er deswegen beleidigt hinzu und löste Gottes Fesseln. Nicht etwa durch auseinanderknoten, sondern ganz primitiv, indem er sie zerriss. „Hör zu, Opa, du gehst mir gewaltig auf die Eier“, fuhr Abel ihn an, als Gott auch dann noch nicht reagierte. „Hast du ein Glück, dass ich vor Adam und Eva kuschen muss, wenn es nach mir ginge, würden wir dich auf den Müll werfen und gut is’. Kannst du nicht wenigstens mal nicken?!“ Noch immer geschah nichts, und Abel schlug genervt die Klappe vom Kofferraum wieder zu. „Ich geh pissen, du wartest schön hier, damit das klar ist. Ach, du bist eh scheintot.“ Damit wandte er sich um, sah nur noch einmal nach, ob seine Automatik im Halfter noch genug Schuss für eine eventuelle Auseinandersetzung hatte, und machte sich auf den Weg zu dem kleinen, für Autobahnraststätten typisch heruntergekommenen Restaurant. Tatsache war, dass er hoffte, dass Gott fliehen würde. Unabhängig davon, ob Abel ihn wiederfinden würde oder nicht, er konnte ein bisschen Energie verbrauchen, und wenn er unauffindbar blieb, war Abel ihn wenigstens los. Als er vor dem Pissoir stand und gegen die dreckigen, weißen Fliesen starrte, kam ihm allerdings der Gedanke, dass Eva ihm Adam auf den Hals hetzen würde, um seinen Fehler auszubügeln, und der Gedanke wiederum gefiel ihm gar nicht. Adam konnte ihn nicht gut leiden, und ehrlich gesagt hatte Abel vor Adam noch mehr Angst und Respekt als vor Eva. Eva war einfach nur machtgeil und herrisch. Adam war... gefährlich. Eva brachte keine Menschen um, das erledigte Adam für sie. Still, leise, ohne Zeugen, ohne Spuren, ohne Blut. Abel wusste, dass ihm noch keines seiner Opfer entkommen war. An wessen Fersen er sich auch immer gerade gehängt haben mochte, Abel bemitleidete ihn jetzt schon.


      wird fortgesetzt, hoffe ich. ;w;"""
      Næhmachinery
      Premonitions in the rising wind; tonight the stars will fall.
      The world in a cyclone, pouring out.
      No escape, but hey, who cares? Just go with the flow.
    • Original von FoWo
      wird fortgesetzt, hoffe ich. ;w;"""

      Ich auch, ich auch. ;)
      Jedenfalls bin ich fast vom Stuhl gefallen, als ich sah, dass es endlich einen neuen Teil gab.
      Und ich kann dich beruhigen: Ich bin nicht der Meinung, dass sich dein Schreibstil wesentlich - falls überhaupt! - verschlechtert hat.

      Original von FoWoAls er vor dem Pissoir stand und gegen die dreckigen, weißen Fliesen starrte, kam ihm allerdings der Gedanke, dass Eva ihm Adam auf den Hals hetzen würde, um seinen Fehler auszubügeln, und der Gedanke wiederum gefiel ihm gar nicht.

      Eigentlich mein einziger kleiner Kritikpunkt an diesem Abschnitt. Das mit den "dreckigen, weißen Fliesen" hört sich paradox an - sie sind dreckig, aber weiß? Klingt zu sauber. Vielleicht einfach ein "ehemals" vor das "weiß" setzen, wäre vielleicht besser.

      Tja, asonsten habe ich jetzt keine Fehler gefunden.

      Was mir besonders gut gefällt ist diese Zweideutigkeiten bei den Rebellen. Einerseits würde man erst einmal denken, dass - angesichts der bisherigen Andeutungen - diese eher die "Guten" sind, während der Rest der Welt um Eva & Co. die "Bösen" darstellen.
      Deine jetzigen Äußerungen unterstützen diese These einerseits - andererseits untergraben sie sie.
      Das mag ich. :ugly:

      Mach weiter so,

      ~Gastredner

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