Nachteule

    • So, nun mein längst überfälliger Post zu den neuen Kapiteln, hehe...
      (In letzter Zeit war meine Aufmerksamkeitsspanne wieder mal am abnehmen, deshalb wollt ich keinen Kommentar posten da er sowieso nur 08-15 abgegeben hätte, noch mehr als sonst, und den wollte ich dir ersparen aber nu hab ich die Nipptide glaub ich endlich wieder überschritten xD )

      Zu erwähnen dass auch die neuen Kapitel wieder interessant geschrieben sind halte ich zwar nicht für nötig, ich machs aber trotzdem, auch der etwas düstere Anstrich der neuen Kapitel sagt mir zu, beim Lesen hatte ich zwar einen Moment lang das Gefühl den Plot vielleicht schraffieren zu können aber das gelang mir dann doch nicht, zu meiner Genugtuung xD

      Wenn ich etwas kritisieren sollte dann eigentlich nur den Teil der Artemis` Trauerphase betrifft, das wirkte auf mich ein klein bisschen verwaschen und allgemein (Trost im Glauben suchen, alles in Frage stellen, usw.) aber das ist vielleicht auch nur Ansichtssache xD

      Jedenfalls bin ich gespannt zu erfahren worauf Eric wohl gestossen ist und warum er deshalb sterben musste... .... ....
      :)

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    • sehr gut! aber viel zu abrupt abgebrochen... schreib bitte schnell weiter!

      irgendwie wirkt die heldin doch etwas zu aalglatt. sie liest sich schon sehr perfekt und hat halt nur ab und zu ne kleine schramme, ist aber ansonsten sehr mary sue verdächtig.

      aber vielleicht ist das alles gewollt und wird nacher durch einen künstlerischen handgriff zerstörrt, abwarten.
      anscheinend vogelfrei
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    • Normalerweise ist es nicht meine Art, ohne Fortsetzung zu posten - aber da ich dieses Wochenende umziehen muss und nebenbei noch 100 Seiten über das morphematische Prinzip lesen muss, für ein Referat dessen Konzept am Dienstag stehen muss, komme ich nicht zum Schreiben, würde mich aber gerne zu den Kommentaren/ Kritik äußern, da sie durchaus berechtigt ist und ich immer für Input offen bin... (frau will sich ja schließlich verbessern... ;)) und zudem begründen, warum ich eben nicht posten kann... ^^

      @Irrlicht: Meinst du mit "Plot schraffieren", dass du geglaubt hast, es wäre vorhersehbar? xD Hoffentlich bleibt das so - ich finde es megavorhersehbar, aber ich weiß ja auch wie es weitergeht... Das düstere war von Anfang an geplant, es geht ja eigentlich um Mord und Totschlag... ^^
      Artemis' Trauerphase ist mir tatsächlich etwas kurz geraten, was auch teilweise an der Uhrzeit und tausend anderen Dingen die man so nebenher macht, liegt. Ich denke die werde ich nochmal kurz überarbeiten, auch wenn ich sie bewusst kurz halten wollte, weil es darum ja nicht geht - aber eine kleine Korrektur ist sicher fällig.. xD Thanks für den Hinweis...

      @Shiekahlady: Auch dir vielen Dank für das Statement. Ich fürchte auch du hast recht - wenn ich auch die Mary Sue von mir weisen muss, da Mary Sues meist die/den Autorin/Autoren selbst darstellen sollen.
      Ich bin aber nicht Artemis (Gott sei Dank), obwohl diese tatsächlich partiell ein reales Vorbild hat, das aber wie gesagt nicht ich bin. Ich habe mir große Mühe gegeben, ihr den ein oder anderen Fehler zu verpassen, sollte aber vllt tatsächlich noch die ein oder andere Zwangsneurose einfügen. xD
      Was den "künstlerischen Handgriff" angeht, habe ich aber tatsächlich etwas in petto, womit man bei diesem Charakter (hoffentlich) nicht rechnen wird, sie soll nämlich wirklich nicht nur "gut" sein... Ich hoffe es gelingt mir...
      Trotzdem danke fürs Lesen und die Kommis und ich schreibe so schnell es geht weiter... Heute darf ich aber erstmal Möbel schleppen... :dance:
    • Södele... jetzt geht es mal weiter. Ist nicht so besonders viel, aber ich bin stolz auf mich, wenigstens noch dazu gekommen zu sein...
      *Internet in Mainz haben will*
      @ Shiekahlady nochmal wegen der Mary-Sue Geschichte: Kann es sein, dass du darauf kamst, weil "alle Artemis mögen", was ja bei der klassischen Mary-Sue auch immer so ist? Wenn ja, dann kann ich dich schwer beruhigen: es gibt noch einige, die sie definitiv nicht mögen werden... *manic laughter*

      Die Buchstaben begannen vor meinen Augen zu verschwimmen, so intensiv starrte ich darauf. Doch weder das Anstarren, noch wiederholtes Blinzeln ließen den Satz verschwinden. Die Worte blieben die selben, unabänderlich, fast als wären sie in Stein gehauen.
      Sollte der Alptraum denn gar kein Ende nehmen?
      Ich krallte mich an dem Stück Papier fest und ließ mich auf die Couch sinken.
      Du weißt genau, dass ich Alkohol nicht mehr so gut vertrage und daher vorsichtiger geworden bin.
      Das hatte Eric an jenem Abend gesagt, ich hörte es noch immer in meinem Kopf widerhallen und trotzdem sollte er betrunken gewesen sein? Ich hatte ihn niemals so erlebt und ich konnte mir noch weniger vorstellen, dass er ein solches Verhalten bei einer dienstlichen Veranstaltung an den Tag gelegt hatte, aber der Obduktionsbericht behauptete genau das und dass dieser log, konnte ich mir auch nicht vorstellen.
      Meine Gedanken rasten und mehrere Möglichkeiten formierten sich in meinem Kopf, von denen ich mir aber keine richtig vorstellen konnte. Ich verspürte unwillkürlich den Impuls, jemanden anzurufen und über diese Entdeckung zu sprechen, aber ich unterdrückte ihn zunächst.
      Es gab eine Ungereimtheit, das war ein Fakt, aber war sie wirklich so bedeutend? War überhaupt irgend etwas von Bedeutung? Ich legte den Bericht auf den Tisch vor mir, schloss die Augen und atmete mehrere Male tief durch. Ich brauchte einen klaren Kopf...
      Spontan beschloss ich, einen Spaziergang zu machen, um den Kopf freizubekommen, bevor ich mich daran machen wollte, das Rätsel zu lösen.
      Unsere Wohnung war in einem Neubaugebiet gelegen, das direkt an einen kleinen Wald grenzte, der von Wanderwegen nur so durchzogen war. Da es schon früher Abend war, konnte ich damit rechnen, nicht mehr allzu vielen Menschen zu begegnen, was für meine Zwecke ideal war.
      Ich schlüpfte in meine Laufschuhe und warf mir meine Jacke über, bevor ich die Wohnung fast schon überstürzt verließ.
      Meine Mutter kam mir in den Sinn und das Telefonat, das ich gestern mit ihr geführt hatte. Seit sie von Erics Unfall erfahren hatte, rief sie viel häufiger an, als sonst. Herzukommen, dafür waren meine Eltern körperlich nicht mehr in der Lage gewesen, aber sie hatte mir das Versprechen abgenommen, sie und meinen Vater sobald wie möglich zu besuchen. Eines der nächsten Wochenenden kam dafür in Frage und nachdem ich langsam wieder aus meiner Lethargie erwachte, konnte ich ernsthaft darüber nachdenken, das Angebot auch anzunehmen. Vielleicht konnte ich in meiner alten Heimat auch ein wenig auf andere Gedanken kommen, zumal meine Mutter das unglaubliche Talent besaß, das Richtige in der richtigen Situation zu sagen. Die Telefonate mit ihr, waren sehr tröstend gewesen und ich wusste, dass Erics Tod auch ihr nahe ging. Sie hatte ihn recht gern gehabt und bis vor kurzem hatte auch immer noch die unausgesprochene Frage nach Enkeln in der Luft gehangen, über die sich bestimmt sehr gefreut hätte, immerhin war ich ihre einzige Tochter.
      Ich hatte es ihr noch nicht sagen wollen, aber in den nächsten Tagen plante ich meinen Gynäkologen aufzusuchen. Erics Unfall hatte sich vor einem knappen Monat ereignete und ich glaubte einige körperliche Veränderungen an mir festzustellen, von denen ich mir aber nicht sicher war, ob sie nicht nur stressbedingt waren. Eric und ich hatten vor einiger Zeit beschlossen, ein Kind zu bekommen und so fragte ich mich, ob sein Wunsch nicht vielleicht doch noch in Erfüllung gehen sollte.
      Wie ich also die Treppe heruntereilte, musste ich an etwas denken, was sie gestern zu mir gesagt hatte.
      „Ich weiß, dass du noch sehr um ihn trauerst, aber bitte tu nichts Unüberlegtes, Artemis. Ich weiß, dass du dazu neigst, überstürzt zu handeln, wenn du dir etwas in den Kopf gesetzt hast und es wäre nicht das erste Mal, dass du dann den Konsequenzen nicht mehr gewachsen warst oder bereut hast, was du tatest.“
      „Was sollte ich denn Unüberlegtes tun?“
      „Deine Trauer nimmt immer noch einen sehr großen Platz in deinem Leben ein und das ist normal. Aber ich mache mir trotzdem Sorgen. Wenigstens sprichst du wieder mehr und hast auch wieder angefangen, etwas für die Uni zu machen, aber du haderst noch immer mit dem Schicksal. Das ist normal, aber bei dir fürchte ich, dass es dazu ausartet, dass du eine Dummheit begehst.“
      „Was für eine Dummheit denn? Mutter, wann war das letzte Mal, dass ich so etwas gemacht habe?“
      „Ich erinnere mich daran, wie du dich vor zwei Jahren bis aufs Blut mit dem Dekan bekriegt hast, wegen irgendeiner Nichtigkeit.“
      „Das war keine Nichtigkeit! Es ging ums Prinzip und irgendjemand musste ihm die Meinung sagen...“
      „Darum geht es mir ja letztendlich überhaupt nicht. Ich möchte nur bitten, dass du auf dich aufpasst...“
      „Ich verspreche es!“

      Heute wäre ich tatsächlich nahe dran gewesen, eine Dummheit zu begehen, wenn ich die Polizei oder jemand anderen mit einem unausgegorenen und wenig begründbaren Verdacht konfrontiert hätte, aber Mutter wäre stolz auf mich gewesen – ich wollte erst einmal darüber nachdenken.
    • @ Irrlicht: Das hört man wirklich gerne. :D Obwohl du mit Kritik wirklich nicht hinterm Berg halten musst.
      Aber das klingt doch wirklich positiv... Ich glaub ich sollte mir das auch mal reinziehn..
      Naja hier also die Fortsetzung (nach einer verdammt stressigen Woche).
      Artemis endeckt ihre morbiden Seiten... ^^

      Als ich aus der Tür trat, wehte mir angenehm kühle Herbstluft entgegen und ich war recht dankbar, an meine Jacke gedacht zu haben. Dann fing ich an zu laufen, erst langsam, tastend, bis ich einen Rhythmus gefunden hatte und dann immer schneller, zumindest so schnell, dass ich eine Weile durchhalten konnte. Die Umgebung flog an mir vorbei und auf die Häuserblocks folgte schnell der Wald. Ich war froh, statt Beton nun weichen Boden unter mir zu spüren und gab mich ganz der Bewegung hin. Es war schon eine Weile seit ich das letzte Mal dort gewesen war und so kamen mir die Wege und die Bäume um mich herum unbekannt und mystisch vor. Das Dämmerlicht schimmerte durch die Zweige und hinterließ auf dem Boden magische Muster. Meine Füße gaben knirschende Geräusche von sich, wie sie auf dem morastigen Unterholz aufkamen, nur um sich genauso schnell wieder davon abzuheben. Mit jedem Schritt fiel mir das Laufen leichter und nach relativ kurzer Zeit trieb sich mein Körper, wie eine Maschine, ganz von selbst an.
      Früher, bevor ich mit Eric zusammen war, war ich oft zum Laufen gegangen. Egal wie viel Arbeit ich auch hatte, für eine Stunde Waldlauf nahm ich mir immer Zeit. Ich hatte das Gefühl, die Bewegung wäre heilsam für mein Gesamtbefinden.
      Durch die Beziehung litt diese Angewohnheit etwas. Wir hatten sowieso schon viel zuwenig Zeit füreinander, sodass ich diese Stunde lieber einer gemeinsamen Aktivität widmete. Es hatte zwar am Anfang ein wenig Streit darüber gebeben, aber nachdem Eric unmöglich dazu zu bewegen gewesen war, mit mir gemeinsam zu laufen, hatte ich es irgendwann fast komplett aufgeben, ihm zuliebe.
      Ich hatte also beinahe vergessen, wie es sich anfühlte sich komplett seinem Körper und dem Rhythmus zu überlassen, den Kopf frei zu bekommen und sich einfach treiben zu lassen.
      Das war genau, was ich jetzt brauchte.
      Ich war voreingenommen, da war ich mir sicher und ich wollte überall Gespenster und Verschwörungen sehen, immerhin hatte ich einen sehr, sehr wichtigen Menschen verloren. Es war also nur natürlich, dass ich annahm, es war bei seinem Tod nicht mit rechten Dingen zugegangen, denn das würde mir das Gefühl geben, aktiv noch etwas für ihn tun zu können, indem ich Nachforschungen anstellte.
      Sosehr ich aber darüber nachdachte, es wollte mir einfach keine plausible Erklärung einfallen.
      Entweder der Obduktionsbericht log oder Eric hatte gelogen. Wenn ich davon ausging, dass beide die Wahrheit sagten, blieb nur noch Manipulation von dritter Seite übrig, etwas anderes fiel mir nicht ein.
      Nun hatte ich Eric lange genug gekannt, um zu wissen, dass er vermutlich nicht gelogen hatte. Außerdem war er viel zu verantwortungsvoll gewesen, um sich auf dienstlichen Veranstaltungen zu betrinken. Das hatte er noch nie gemacht und es sprach nichts dafür, dass er es an diesem Abend hätte tun sollen.
      Ich hatte aber auch keinen Grund, davon auszugehen, dass die Pathologen ihre Arbeit schlampig erledigt hatten. Sie waren Wissenschaftler wie ich und normalerweise neigten wir nicht dazu, ungenau zu arbeiten. Ich sollte aber auf jeden Fall noch einmal nachfragen, falls sie den Fall noch nicht zu den Akten gelegt hatten.
      Wenn aber auch sie sauber gearbeitet hatten, blieb immer noch eine Diskrepanz, die es zu erklären galt. Und hier fiel mir als Erklärung nur das Eingreifen Dritter ein. Auch wenn ich keine Vorstellung hatte, warum irgendjemand so etwas tun sollte und wollte.
      Ich erwachte aus meinen Grüblereien, nur um festzustellen, dass die Sonne inzwischen untergegangen war und es immer dunkler wurde. Inzwischen begann ich auch meinen Körper wieder zu spüren, der sich durch erste Ermüdungserscheinungen bemerkbar machte. Schweiß stand mir auf der Stirn und mein Herz pochte fühlbar.
      Ich begann langsamer zu werden und nach einem Ausweg aus dem Wald zu suchen. Die Dunkelheit erschwerte mir das Unterfangen sichtlich, doch nach einigen Metern entdeckte ich an Bäume genagelte Schilder, die kenntlich machten, dass bald wieder bewohntes Gebiet folgen würde.
      Dem war tatsächlich so und als ich aus dem Gehölz trat, stellte ich voller Verwunderung fest, genau am Friedhof gelandet zu sein.
      Sollte das wirklich ein Zufall sein? Ungläubig schüttelte ich den Kopf – vermutlich hatte mein Unterbewusstsein von Anfang an vorgehabt, hier zu landen. Nur war ich keine Tiefenpsychologin und auch daher nicht wirklich bewandert in solchen Dingen.
      Inzwischen war es ganz dunkel geworden, die Straße nur durch städtische Laternen erhellt.
      Wie in Trance trat ich auf das eiserne Friedhofstor zu und versuchte es zu öffnen.
      Quietschend gab es meinen Forderungen nach und ich war überrascht, dass dem so war. Anscheinend arbeitete die Verwaltung nicht ganz so, wie man es von ihr hätte erwarten können.
      Ich schloss es vorsichtig hinter mir und suchte mir dann den Weg zwischen all den Gräbern.
      Meine Laufschuhe fanden keinen besonders guten Halt auf dem Schotterpfad und so rutschten sie immer wieder zur Seite. Wer auch immer auf die Idee gekommen war, Friedhofswege mit Schotter auszukleiden, war sicher kein praktisch denkender Mensch gewesen.
      Ich fand Erics Grab überraschend leicht, trotz der Dunkelheit und sank davor auf die Knie.
      Ein bisschen morbide kam ich mir schon vor, das Grab nach Tagesende zu besuchen, aber irgendwie glaubte ich, das Eric schuldig zu sein.
      Tränen sammelten sich in meinen Augen und liefen meine Wangen hinunter. Ich machte mir nicht die Mühe, sie wegzuwischen.
      „Ich wünschte, du wärest noch hier...“ flüsterte ich. „Dann könntest mir wenigstens sagen, was passiert ist. Oh, lass es einen Unfall gewesen sein.“ Meine Stimme versagte und ich brauchte einen Moment, um wieder meine Fassung zu gewinnen.
      „Es wäre unerträglich zu wissen, dass jemand an deinem Tod schuld wäre... er hat eine solche Lücke in meinem Leben verursacht, wie als hätte man mir bei lebendigem Leib das Fleisch aus der Seite geschnitten. Ich werde theatralisch, nicht wahr? Bitte vergib mir, ich bin nur aufgewühlt. Ich muss dir ja nicht sagen warum...
      Aber da ist noch etwas anderes....“ Ich schluckte.
      „Ich bekomme vielleicht ein Kind... Das Kind, das du dir immer gewünscht hast. Oh Eric, ich vermisse dich sosehr...“
      Ich sank vor dem Grab zusammen und ließ meiner Trauer freien Lauf. Friedehöfe waren ja zum Trauern da, so sagte man. Aber war ich Eric hier wirklich näher? Ich musste es nicht...
      Ich weiß auch nicht, wie lange ich so dalag, bis mich eine grelle Lampe blendete und ich eine Hand auf meiner Schulter spürte. Ich schrie auf.
      „Was machen Sie denn noch so spät hier?“
      Es dauerte einen kurzen Augenblick, bis ich den Friedhofswärter erkannte.
      „Ich weiß es nicht,“ stammelte ich. „Ich weiß es wirklich nicht.“
      Er sah mich mitleidig an und ich hatte das Gefühl er verstand mich.
      „Ist schon in Ordnung. Sie können morgen auch gerne wiederkommen, aber für heute will ich hier wirklich dichtmachen... Das ist mein letzter Kontrollgang.“
      Ich nickte und stand auf und schweigend gingen wir gemeinsam zum Tor.
      Er geleitete mich hinaus und schloss dann ab.
      Dann verabschiedete er sich und ging die Straße hinunter.
      Ich sah ihm nach, bis er verschwunden war und machte mich dann langsam auf den Heimweg.
      Mein kleiner Ausflug hatte mich noch mehr beunruhigt, als ich eigentlich beabsichtigt hatte.
    • Es spät in der Nacht, ich bin erkältet und sollte eigentlich im Bett sein. Aber das wollte ich noch posten. Ich habe grade Spaß daran, kryptisch zu sein... und klein Artemis übel mitzuspielen... Auch wenns vllt noch nicht so offensichtlich ist... ... Egal... Jetzt geh ich aber schlafen...

      Gedankenverloren schlurfte ich nun nach Hause. Da es inzwischen Nacht geworden war, wollte ich nicht erneut durch den Wald gehen. Ich befürchtete, ich könnte mich verlaufen. Stattdessen nahm ich meinen Weg durch die besser beleuchteten Straßen. Auch wenn ab und an ein Auto an mir vorbeifuhr, begegnete ich doch im Großen und Ganzen keinem Menschen.
      Als ich wieder Zuhause ankam, zeigte mir die Uhr, dass es kurz nach zehn war. Ich legte meine Jacke und die Schuhe in der Garderobe ab, ging dann ins Bad und duschte mich erst einmal ausgiebig. Wieder wanderten meine Gedanken, es war zum Verzweifeln.
      Egal, was ich sagte oder tat, immer wurde ich in irgendeiner Weise an Eric erinnert, er war immer irgendwie da. Als das warme Wasser über meinen Körper lief und ich mir den ganzen Schmutz des Tages abwusch, kam mir in den Sinn, wie er mich einmal überraschte, als ich gerade unter der Dusche stand.
      Wir waren eigentlich eingeladen, weswegen ich mich noch zurechtmachte, aber anscheinend hatte es ihm zu lange gedauert.
      Die ganze Episode endete schließlich mit zwei eng umschlungenen Körpern, die versuchten, die von der Dusche vorgegebene Enge zu ignorieren, jeder Menge vergeudetem Wasser und uns beiden, die wir heillos zu spät kamen. Hoffnungsvoll starrte ich auf die Tür, aber wozu? Er würde nicht kommen...
      Ich beeilte mich, fertig zu werden und als ich das Bad endlich verließ, fiel mein Blick auf das Telefon. Der Anrufbeantworter blinkte unbeirrt und ich wunderte mich, dass es mir nicht bereits vorhin aufgefallen war.
      Ich betätigte die Taste und lauschte den Nachrichten. Etwas spannendes war nicht dabei, aber das konnte ich kaum erwarten.
      Es waren noch einmal meine Mutter, die sich um mich sorgte und Simon, der sich nach mir erkundigen wollte.
      Ich wusste ihre Anteilnahme wirklich zu schätzen, entschloss mich aber, nicht mehr zurückzurufen.
      Stattdessen wollte ich mich lieber schlafen legen. Morgen hatte ich einen harten Tag.
      Auf dem Weg ins Bett fiel mein Blick auf die Tür von Erics Arbeitszimmer. Ich hatte sie seit seinem Tod nicht mehr angerührt, aus Angst, etwas, was er zurückgelassen hat, zu zerstören.
      Ein unbestimmtes Gefühl packte mich jedoch in diesem Moment und aus einem Impuls heraus öffnete ich sie. Das Zimmer war so, wie er es zurückgelassen hatte, auch wenn ich mich wunderte, wie überraschend aufgeräumt alles aussah. Einzig auf seinem Schreibtisch war noch ein wenig Chaos. Über alles hatte sich bereits eine dünne Staubschicht gelegt, was mich dazu brachte betrübt zu seufzen.
      Irgendwie tat es auf der einen Seite gut, all diese Dinge wieder zu sehen, auf der anderen Seite aber schmerzte es ungemein. Ich wusste nicht, was ich mir von all dem versprach, hatte aber irgendwie im Hinterkopf, hier vielleicht einen Hinweis zu finden, der die Ungereimtheit im Obduktionsbericht vielleicht erklären konnte. Eric selbst konnte ich ja nicht mehr fragen.
      Auf den ersten Blick sah alles normal aus und ich fragte mich, was ich mir nur dabei gedacht hatte.
      Was konnte ich hier nur finden?
      Ich wollte das Zimmer gerade wieder verlassen, als mir einfiel, wie wenig Eric kurz vor seinem Tod von seiner Arbeit erzählt hatte. Normalerweise hatte er alles, was seine Forschungen und Tätigkeiten am Klinikum betraf, feinsäuberlich in eine Reihe von Ordnern abgeheftet, das wusste ich von früher.
      Da ich seine Privatsphäre jedoch respektiert hatte, hatte ich mich seither nicht mehr darum gekümmert.
      Jetzt erschien es mir jedoch wieder wichtig und ich ging an sein Regal, um die Ordner der letzten beiden Jahre herauszusuchen. Vielleicht konnten sie ja etwas Licht auf die Sache werfen oder zumindest mein ungutes Gefühl entkräften.
      Man kann sich sicher meine Überraschung vorstellen, als ich feststellte, dass sie fehlten...
    • Also, den investigativen Part find ich prima, nur solltest du vielleicht etwas achtgeben, das du die Kapitel nicht überlädst, denn in den beiden neuen Kapiteln fällt es mir etwas schwer nicht den Überblick zu verlieren.
      Denn Artemis ist vermutlich schwanger, kämpft mit der Trauer, kümmert sich um ihren Job, ihre Eltern, und stellt auch noch Nachforschungen zu Eric´s Tod an.
      Ich fänds leichter etwas den Überblick zu behalten wenn du die einzelnen Bereiche etwas zusammenhängender beschreiben könntest ^^

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    • @ Irrlicht: Der investigative Part wird wohl jetzt den größten Teil ausmachen, auch wenn ich nach wie vor mit der Logik kämpfen muss - das kommt davon, wenn man sich alles nur halbgar überlegt. Aber gut...
      Ich gebe zu, es war in den letzten Kapiteln alles etwas viel, aber ich hatte immer das Gefühl, ich müsste auf die einzelnen Dinge eingehen, weil sie möglicherweise vermisst werden könnten.
      Wie meinst du das mit zusammenhängender beschreiben? Ich werde mir auf alle Fälle alle Mühe geben und hoffe das neue Kapitel ist etwas übersichtlicher geraten...
      Btw: das mit der Schwangerschaft ist nicht so wie es aussieht.. XD

      Meine Gedanken rasten fieberhaft und instinktiv ließ ich mich Erics Schreibtischstuhl sinken. Irgendwie hatte ich noch immer das Gefühl, einem Gespenst hinterherzujagen. Mir Hirngespinste und Verschwörungstheorien auszudenken, für die es bestimmt ganz logische Erklärungen gab. Wurde ich langsam verrückt?
      Ich war eigentlich kein dummer Mensch und hatte nie Probleme gehabt, irgendwelche Zusammenhänge zu erkennen, aber zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich alleine gelassen.
      Inzwischen war es zu spät, um noch irgend jemanden mit meinen Gedanken zu belästigen und daher beschloss ich, eine Beruhigungstablette zu nehmen und dann erst einmal ins Bett zu gehen.
      Morgen fand sich sicher eine Erklärung für alles, ich musste nur einmal darüber geschlafen haben...

      Am nächsten Tag musste ich zum Glück nicht so früh an der Universität sein und konnte mir so für alles Zeit lassen. Ich hatte nur eine einzige Lehrveranstaltung zu halten und konnte danach wieder nach Hause, was ich auch zu tun gedachte, zumal ich an diesem Nachmittag meinen Arzttermin hatte. Die Zeiten, in denen ich abends bis in die Puppen forschte, waren wohl bis auf weiteres vorbei.
      Der Vormittag verlief also weitgehend ereignislos und in einem günstigen Moment schnappte ich mir Christian, der gerade mit einem Papierstapel im Arm an meinem Büro vorbeikam.
      „Hast du einen Moment Zeit?“
      Er sah mich an und seine Augen weiteten sich.
      „Um Gottes Willen, Artemis! Ist alles in Ordnung mit dir? Du siehst ja furchtbar aus...“
      Ich lächelte matt.
      „Darüber bin ich mir noch nicht im Klaren. Jedenfalls habe ich nicht besonders gut geschlafen...“
      Ich wies mit meiner Hand in mein Büro und er verstand.
      Innen legte er seinen Stapel erst einmal ab und setzte sich dann hin.
      „Kann ich etwas für dich tun?“
      „Ja, ich denke schon. Um genauso zu sein, sogar mehr als etwas...“
      Sein Blick bedeutete mir, weiterzureden. Und genau das tat ich dann auch. Ich legte ihm meine ganzen gestrigen Überlegungen und Ergebnisse offen dar und gab ihm auch eine Kopie des Obduktionsberichts, um zu erfahren was er darüber dachte.
      War ich wahnsinnig? Spann ich mir etwas zusammen? Oder gab es wirklich Ungereimtheiten?
      Er schwieg eine Weile und starrte auf das Blatt Papier. Ich ließ ihn gewähren, aus Angst, drängend zu wirken. Stattdessen sortierte ich ein paar meiner Dinge, die wieder unordentlich auf meinem Schreibtisch herumlagen.
      Irgendwann blickte er wieder hoch und sah mich ernst an.
      „Was du sagst, klingt nicht wie eine Spinnerei, Artemis. Es gibt tatsächlich einige Fragen, die offen bleiben. Also paranoid bist du deswegen noch lange nicht. Ich kann mir wirklich gut vorstellen, dass dich das beschäftigt.“
      „Du denkst also nicht, ich phantasiere? Ich habe doch nichts in der Hand...“
      „Gerade die Sache mit dem Alkohol ist mehr als dubios. Vielleicht solltest du wirklich noch einmal dort anrufen und nachfragen?“
      „Ja, daran habe ich auch gedacht. Das wollte ich heute noch machen.“
      „Was die Ordner betrifft – vielleicht sind sie ja noch nicht ganz verloren. Möglicherweise findest du sie ja im Klinikum in Erics Büro. Er hat sie vielleicht noch einmal gebraucht. Aber da kann ich dir natürlich nicht weiterhelfen... Zumal man das Büro wahrscheinlich schon geräumt haben wird.“
      „Ja, das haben sie. Aber soweit ich weiß, haben sie seine Sachen eingelagert.“
      „Es wäre immerhin einen Versuch wert. Wenn sie dort nicht sind, kannst du davon ausgehen, dass jemand darauf aus war, sie verschwinden zu lassen. Zumal Eric immer sehr ordentlich war.“
      „Vermutlich hast du recht. Aber sei unbesorgt, ich denke ich kenne jemanden, der mir da helfen kann...“
      „Simon, nicht wahr?“
      „Ja, genau. Wenn mir jemand helfen kann, dann er. Er arbeitet ja genau dort und er kannte Eric in manchen Dingen besser als ich...“
      „Dann ist er vermutlich wirklich dafür geeignet.“
      Er blickte auf den Boden und sah mich erst nach einer kleinen Weile an.
      „Hat Eric eigentlich etwas hinterlassen, das dir Hinweise geben könnte?“
      „Wie meinst du das?“
      „Irgendwelche Andeutungen? Tagebucheinträge? Notizen? Mails? Keine Ahnung, irgendetwas...“
      „Nicht dass ich wüsste... Er hat irgendwann nicht mehr über seine Arbeit gesprochen... Und um das andere habe ich mich noch nicht gekümmert. Ich wollte ihm ja nicht nachspionieren.“
      „Verständlich. Aber die Lage hat sich ja etwas geändert...“
      Ich seufzte. „Ja, leider...“
      Es gelang mir, dieses Mal die Tränen zurückzuhalten, aber offensichtlich kannte Christian mich gut genug, um die Veränderung, die in mir vorging, zu bemerken. Er legte mir den Arm um die Schulter und strich mir sanft über die Arme.
      „Es ist schon in Ordnung, Artemis. Du hast momentan einfach eine ganze Menge zu verarbeiten. Und dann im Ungewissen zu sein, was wirklich passiert ist, ist vermutlich das Schlimmste von allem.“
      Ich nickte und war in gewisser Weise froh, jemanden zu haben, der mich verstand.
      Es bedeutete, dass ich noch zurechnungsfähig war.
      Auf jeden Fall hatten meine Bemühungen nun neuen Auftrieb erhalten, denn Christian hatte in der Tat ein paar brauchbare Vorschläge abgeliefert, mir zumindest Gewissheit zu verschaffen.
      Trotzdem... vermutlich würde ich es dabei belassen. Sollte mehr dahinterstecken so wollte ich ihn da auf keinen Fall mit hineinziehen. Er kam mir immer noch wie ein unschuldiges Kind vor und ich wollte seine Unschuld auf keinen Fall zerstören.
      „Gibt es sonst noch etwas, was ich für dich tun kann?“
      Ich nickte.
      „Hast du heute Nachmittag etwas vor?“
      „Nein, warum?“
      Ich senkte den Blick.
      „Weil ich da einen Arzttermin habe, vor dem es mir wirklich graut.“
      Ich schlang die Arme um meinen Körper, auch wenn es bedeutete, Christians Hände damit zu berühren.
      „Wenn es dir hilft, begleite ich dich gerne.“
      „Das würde mir in der Tat viel geben...“
      Er strich mir über den Rücken, bevor er zögerlich anfing zu sprechen.
      „Darf man fragen, worum es sich handelt?“
      „Ich suche meinen Frauenarzt auf um Gewissheit darüber zu haben, ob ich von Eric schwanger bin oder nicht... Und egal was am Ende die Antwort ist, vor beiden Möglichkeiten habe ich Angst. Wenn ich ein Kind erwarte, wie soll ich es dann aufziehen, ganz ohne ihn? Und wenn ich keines erwarte, stirbt ein weiteres Stück von ihm.“
      Er nahm mich stumm in den Arm und drückte mich an sich. Irgendwie war ich ihm dankbar, dass er nichts sagte, aber mir gleichzeitig signalisierte, dass er verstand, was in mir vorging. Ich ließ es geschehen und war dankbar, dass er sich so rührend um mich kümmerte.
      Irgendwann, als ich das Gefühl hatte, es wäre nun genug, löste ich die Umarmung und starrte zu Boden.
      Christian nahm das Signal auf.
      „Ich mache mir wirklich Sorgen um dich, Artemis. Bist du sicher, dass du nicht ein paar Tage daheim bleiben solltest, bis es dir wieder besser geht?“
      Ich schüttelte den Kopf.
      „Meine Arbeit lenkt mich wenigstens vom Grübeln ab und diese Auszeit brauche ich im Moment wirklich dringend. Ich grübele sowieso schon viel zu viel...“
      „Aber immerhin hast du einen berechtigten Anlass...“
      „Ja, vermutlich... Aber es zehrt schon an meinen Kräften.“
      Er nickte erneut und ich bemerkte den Schmerz in seinen Augen. Was mit mir passierte, ging ihm wohl wirklich nahe. Nein, ich würde ihn nicht mit hineinziehen, egal was noch geschehen würde.
    • Hm... Christian kümmert sich in der Tat rührend um Artemis... SEHR VERDÄCHTIG! Muahahahar...

      Entschuldige meinen parandoiden Ausbruch, manchmal verlier ich die Kontrolle xD *Ständig den Pieper der Klinik mit den vergitterten Fensterchen bei sich tragen muss*

      Aber mal sehn wie sich das Ganze weiterentwickelt... und was ich noch sagen möchte, ich bin ich ein Idiot, ich schrieb `zusammenhängender´ und meinte ´gestaffelter´ was kein unerheblicher Unterschied ist xD

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      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Irrlicht ()

    • @ Irrlicht: Ja, das ist in der Tat verdächtig... ;) Wer weiß was der im Schilde führt? *har*
      Bei der Geschichte darf man ruhig paranoid sein, ich glaube das ist dem Lesevergnügen zuträglich?
      Pieper? Bist du verletzt? *sorg*

      Gestaffelter? Meinst du damit, ich soll aufhören, all diese Sachen so durcheinander zu bringen? Ich geb mir redlich Mühe.. *versprech*
      So... ich gebe zu, der Absatz ist wieder psycho und beginnt mit Linguistengeschwafel, aber ich wusste nicht wie ich ihn anders anfangen soll... Und ähm... ich hoffe er überrascht zumindest ein bisschen...

      V

      Linguistisch betrachtet sind Wörter Zeichen. Zeichen, die ein bestimmtes Konzept vermitteln sollen, oder um genauer zu sein, verschiedene Konzepte. Es gibt konkrete und es gibt abstrakte und im Zusammenspiel ergeben sie das, was man Sprache nennt. Unser Mittel zum Informationsaustausch, sozusagen und das, was wir im Alltag in der Regel gedankenlos verwenden, ohne uns über die komplexen Mechanismen, die dahinter stehen, zu kümmern. Das bleibt einem Haufen hemmungsloser Idealisten vorbehalten, die Spaß daran finden, dieses System zu erforschen und zu katalogisieren. Doch trotz unseres Wissen, gibt es auch für uns Sprachwissenschaftler Prinzipien, die wir nur dann begreifen können, wenn wir sie am eigenen Leibe erfahren. An jenem Nachmittag lernte ich, was es mit der Bedeutung des Wortes ‚niederschmetternd’ auf sich hatte, denn nichts anderes war mein Arztbesuch.
      Die Worte es Arztes hallten mir noch in den Ohren nach, als Christian mich nach Hause fuhr. Apathisch und ausdruckslos starrte ich durch die Windschutzscheibe und verlor mich in den Rücklichtern der vor uns fahrenden Autos.
      Nicht nur, dass ich kein Kind erwartete, sondern stressbedingten Symptomen aufgesessen war, nein, mein Arzt sagte mir ebenfalls unmissverständlich, dass es für jemanden meines Alters nicht ratsam sei, es jetzt noch mit einer Schwangerschaft zu versuchen. Es war ja nicht so, dass dies jetzt noch eine Rolle spielte, aber welche Frau hörte das schon gerne? Ich war immerhin erst einundvierzig, obwohl ich zugegebenermaßen nicht das Gefühl hatte, mein Leben könnte mir noch etwas bieten.
      Manche meiner Freunde hatten sogar schon die Sorge geäußert, ich könne depressiv werden.
      Eric Tod hatte mir in der Tat den Boden unter den Füßen weggezogen und ließ mich oft abends traurig oder weinend zurück. Sollte es aber tatsächlich nicht mit rechten Dingen zugegangen sein, so hatte ich immerhin einen neuen Lebensinhalt gefunden: das Herausfinden der Wahrheit.
      Wie dem auch war, in diesem Moment hatte ich selbst für das keinen Sinn... Ich fühlte mich Erics ein zweites Mal beraubt, jetzt blieb mir gar nichts mehr von ihm. Und dabei hatten wir es uns sosehr gewünscht...
      Meine Gedanken schweiften zu einem lauen Frühsommerabend vor einem guten Jahr zurück. Es war wohl ein Samstag oder Sonntag gewesen, auf jeden Fall Wochenende, denn unter der Woche hatten wir niemals Zeit für solche Dinge. Er saß auf der Couch und ich hatte mich an ihn geschmiegt, den Kopf auf seinen Schoß gelegt und blickte ihn an.
      Er war aber stiller als sonst.
      Als er gedankenverloren damit begann, mit meinen Haaren zu spielen und mit der anderen Hand meinen Bauch zu streicheln, sprach ich ihn an.
      „Eric?“
      „Hmmmmm?“
      „Ist irgendetwas nicht in Ordnung, du wirkst abwesend...“
      „Doch, doch, mir geht es gut... Ich habe nur nachgedacht...“
      „Nachgedacht? Worüber denn?“
      Ich wollte mich aufsetzen, aber hielt mich sanft davon ab und bedeutete mir, so liegenzubleiben. Ich gehorchte.
      „Über dich... über uns...“
      „Über mich?“ Ich spielte die Überraschte. „Du willst dich hoffentlich nicht von mir trennen, oder?“
      Er wirkte erschrocken.
      „Nein, nein... Um Himmels willen. Es ist nur... ich weiß nicht, wie ich es in Worte kleiden soll...“
      „Versuche es einfach...“ Ich lächelte und er wurde rot, was ich als Anlass nahm, meinen Arm zu heben und seine Wange zu streicheln.
      „Du bist so eine starke und unabhängige Frau, Artemis, und ich möchte dich nicht zu etwas drängen, das du nicht möchtest, zumal es für dich mit Schmerzen verbunden sein wird... aber...“
      „Aber?“ Er tat mir fast leid in seiner Schüchternheit, doch bisher konnte ich nicht erraten, worauf er hinauswollte.
      „... ich habe mich gefragt... Wir sind ja jetzt schon länger zusammen... wie es denn mit Kindern aussieht?“
      „Kinder?!“ Jetzt setzte ich mich auf. Damit hatte ich nicht gerechnet, ich hatte immer das Gefühl gehabt, ihm wäre es nicht so wichtig damit. „Ist das dein Ernst?“
      Er wich sofort zurück. „Ich will dich nicht bedrängen.“
      „Nein, nein, das tust du nicht. Ich frage dich nur, ob es dir Ernst ist?“
      „Ja... ich habe schon länger daran gedacht, aber immer ein bisschen Angst gehabt, es mit dir zu besprechen. Du bist ja diejenige, die all die Strapazen durchstehen muss und es war mir immer etwas unwohl dabei.“
      Ich lächelte aufmunternd und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
      „Mach dir um mich keine Gedanken. Ich bin, ehrlich gesagt froh, dass du dieses Thema ansprichst. Auch ich habe schon oft daran gedacht, aber immer geglaubt, dir wäre es nicht wichtig... Und wir haben ja auch beide mit unserer Arbeit genug zu tun, dachte ich.“
      „Das sollte aber nicht unser Lebensinhalt sein...“
      „Vermutlich nicht. Und jünger werden wir auch nicht.“
      „Heißt das... du wünschst dir auch ein Kind?“
      Ich schubste ihn leicht.
      „Natürlich, heißt es das! Und ich hatte genauso Angst es anzusprechen, wie du!“
      Er sah mich überrascht und gleichzeitig glücklich an, bevor er mich innig und intensiv küsste...
      „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie froh mich das macht.“
      „Vermutlich kann ich das doch...“ Ich umarmte ihn zärtlich.
      Wir hatten beide eine ganze Weile gebraucht um uns einzugestehen, dass wir uns Kinder wünschten, aber sosehr wir es versucht hatten, es war bis zum Schluss nicht geglückt und nun war auch die letzte Hoffnung tot. Vermutlich war ich von Anfang zu alt gewesen. Aber wenigstens konnte ich auf eine ansehnliche akademische Karriere zurückblicken...
      Christian riss mich aus meinen trübsinnigen Gedanken, als er die Einfahrt zu meiner Wohnung hochfuhr. Er wirkte ebenfalls niedergeschlagen und deshalb verabschiedeten wir uns auch nur ganz knapp voneinander. Ich bedankte mich noch einmal bei ihm und ging dann ins Haus.
      In der Wohnung angekommen warf ich all meine Sachen erst einmal in eine Ecke und ging dann in die Küche, um mir einen Kaffee zu kochen.
      Es fällt schwer, meine Traurigkeit in Worte zu fassen, aber dieser Nachmittag hatte dafür gesorgt, dass all der Schrecken, den ich schon halbwegs verarbeitet glaubte, wieder hochkam. Nein, ich musste die Wahrheit herausfinden, das war ich Eric schuldig.
      Wie ich also langsam und genüsslich an der Tasse schlürfte, kamen mir Christians Worte wieder ins Gedächtnis.
      Irgendwelche Andeutungen? Tagebucheinträge? Notizen? Mails? Keine Ahnung, irgendetwas...
      Nein, seine Mails hatte ich tatsächlich noch nicht angesehen...
      Ich griff mir meine Tasse und eilte in sein Arbeitszimmer und schaltete seinen Computer ein, der zu meinem Glück nicht passwortgeschützt war.
      Ungeduldig wartete ich, bis das Betriebssystem hochgefahren war und ich ins Internet eingewählt war. Sein Postfach stellte ebenfalls kein großes Hindernis dar, kannte ich doch seine Benutzerdaten.
      Es dauerte eine Weile, bis die Seite geladen hatte, aber auf den ersten Blick gab es nichts Besonderes zu verzeichnen. Ich entfernte die Werbemails und suchte dann nach dem Datum kurz vor seinem Tod.
      Das meiste war irgendwie dienstlicher, aber harmloser Natur, aber eine Mail erregte dann doch meine Aufmerksamkeit. Sie war von Simon und trug den Titel: Re: Bitte gib auf Artemis acht! und datierte sich ungefähr eine Woche vor Erics Tod.
      Ich klickte auf den Link und wartete darauf, dass sich das Fenster öffnete.
      Als sich die Buchstaben auf dem Monitor formiert hatten, begann ich zu lesen.
      Simons Antwort selbst war schon spannend, sie las sich:
      Lieber Eric. Du machst mir ja Angst!
      Bitte sag mir alsbald, was du entdeckt hast, bevor du ernsthaft in Gefahr gerätst. Ich möchte nicht, dass dir etwas passiert. Natürlich würde ich auf Artemis aufpassen, wenn dir etwas zustößt, aber ich will nicht dass es so weit kommt. Hast du heute Nachmittag Zeit?
      Gruß Simon

      Aber das wahrhaft Interessante war Erics Mail:
      Betreff: Bitte gib auf Artemis acht!
      Lieber Simon!
      Ich bin schockiert! Heute habe ich entdeckt, dass hier im Klinikum wohl etwas Ungeheuerliches im Gange ist. Ich kann dir noch nicht sagen, worum es sich handelt, weil ich selbst noch kaum etwas weiß, aber ich will der Sache auf den Grund gehen. Auf jeden Fall handelt es sich wohl um kriminelle Aktivitäten. Ich habe schon länger so etwas geahnt, aber es bisher immer als Hirngespinst abgetan.
      Sollte mir etwas passieren, bitte ich dich dringend, dass du auf Artemis aufpasst. Bitte halte sie davon ab, Nachforschungen anzustellen, ich will nicht, dass sie in irgendeiner Weise in Gefahr gerät. Sie bedeutet mir zuviel, als dass ich verantworten könnte, wenn ihr etwas zustoßen sollte.
      Bitte melde dich bald.
      Eric

      Geistesabwesend gab ich dem Drucker den Befehl, die Mail auszudrucken. Ich brauchte, das was ich hier sah, einfach schwarz auf weiß, damit ich es glauben konnte.
      Eric hatte es geahnt, er hatte geahnt, dass er sterben musste. Ich konnte es kaum glauben! Was mochte er nur entdeckt haben?
      Ich griff zum Telefonhörer und wählte Simons Nummer.

    • Gestaffelter? Meinst du damit, ich soll aufhören, all diese Sachen so durcheinander zu bringen? Ich geb mir redlich Mühe.. *versprech*


      Ja, ich meinte nur, dass ich es besser fände so grundsätzlich verschiedene Thematiken innerhalb der Kapitel etwas weniger durchzumischen, aber das Phänomen tritt auch nicht in jedem Kapitel auf, im letzten hab ich zum Beispiel nichts davon bemerkt xD

      Übrigens, du brauchst dir bestimmt keine Sorgen zu machen, ich bin nicht verletzt, ich bin nur irgendwie etwas kaputt gegangen, aber mehr so innen drin, wie ne hingefallene Thermosflasche oder so xD

      Aber davon ganz abgesehen, du hast völlig recht, etwas Paranoia ist durchaus würzig für die Story und ausserdem, es geht in der Geschichte um Mord, und wenn mich all die Columbo-Episoden etwas gelehrt haben, dann das in solchen Fällen JEDER verdächtig ist...

      und das der Ausdruck für Artemis noch zu nem Bumerang werden könnte...
      Muahaha...

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    • Schon wieder ein nächtlicher Post meinerseits... Langsam glaube ich, nicht Artemis ist die Nachteule, sondern ich... Weird.. :ugly:

      @ Irrlicht: Das hört sich ja noch weniger gut an... X( Um ehrlich zu sein ziemlich schmerzhaft. Ich hoffe du wirst bald wieder gesund.
      Wie gesagt das Durchmischen der Thematiken kam deshalb zustande, weil mir nach einem bereits geschriebenen Teil einfiel, dass ich wohl etwas vergessen hatte... Hoffe aber jetzt an alles zu denken :)

      Wie gesagt, behalte die Paranoia bei... XD Dann wirst du noch viel Spaß haben, hoffe ich...
      Ausdruck? Meinst du damit die ausgedruckten Mails? Ja, wer weiß... :tongue:

      So, hier kommt mein wöchentliches Schärflein, das hoffentlich bald ein tägliches wird, wenn sich die Telekom mal bequemen wird... Hab extra viel geschrieben, damit es sich lohnt. Und alle die es bisher nicht glauben wollten: Artemis wird psycho... (Hoffe ich... ich hoffe trotzdem, dass sie nach wie vor überzeugend rüberkommt...)

      EDIT: Ich mache jetzt bei einem universitären Projekt Medienpädagogik mit, wo ich kleine Comics mit Profs zeichnen soll. Natürlich ist Artemis mit von der Partie. Aus Zeitgründen hat meine Freundin, die auch das andere Bild anfertigte, jedoch meine Bleistiftzeichnung getuscht und koloriert: Artemis.
      Ich finde ihre Trauer kommt ganz gut rüber... XD

      Nach mehrmaligem Klingeln hob er tatsächlich ab und ich atmete erleichtert auf. Wäre er nicht Zuhause gewesen, hätte mich meine Neugierde wohl aufgefressen.
      „Henrich!“
      „Hallo Simon, ich bin es, Artemis.“
      „Guten Abend, Artemis. Irgendwie dachte ich mir fast, dass du es wärst.“
      „Tatsächlich?“
      „Ja. Auch wenn ich dir nicht genau sagen kann, wieso...“
      „Ich verstehe... Sag mal, hast du heute Abend noch kurz Zeit für mich?“
      Er schwieg einen kurzen Moment und ich befürchtete fast, er würde ablehnen. Bevor ich jedoch noch etwas sagen konnte, antwortete er:
      „Ich habe heute Abend nichts Bestimmtes mehr vor und wenn ich dir irgendwie helfen kann, komme ich gerne vorbei.“
      „Das wäre echt nett, wenn du das einrichten könntest.“
      „Gut, ich bin dann in einer halben Stunde bei dir...“
      „In Ordnung. Ich werde warten...“
      Wir verabschiedeten uns und gedankenverloren legte ich den Hörer auf. Ich war sehr froh, dass Simon mir den Gefallen tat und noch vorbeikam. Gleichzeitig fragte ich mich aber auch, ob er mir überhaupt helfen konnte. Ja, er hatte Erics Mail empfangen, aber wusste er wirklich etwas? Und wenn ja, würde er es mir sagen oder nicht lieber schweigen, um mich zu schützen, ganz so wie Eric ihn gebeten hatte.
      Ich hoffte inständig, dass er mir zumindest ein paar Dinge sagen konnte und auch bereit dazu war, denn ich würde ganz sicher nicht lockerlassen, koste es, was es wolle...
      Das schwor ich mir und das würde ich auch durchziehen.
      Ich verließ Erics Arbeitszimmer und ging in die Küche, um noch eine Kleinigkeit zum Essen zu richten, damit ich nicht ganz mit leeren Händen dastand, wenn ich schon Simons Abendplanung durcheinander warf. Das gebot die Höflichkeit, auch wenn es sich nur um die obligatorische Schüssel mit Knabbersachen handelte.
      Den Rest der Zeit verbrachte ich damit, nervös auf und ab zu laufen und als es endlich klingelte, eilte ich sofort in den Flur und öffnete die Tür.
      „Guten Abend, Artemis. Ich habe mich wirklich sehr beeilt, aber du kennst ja die Ampeln...“
      „Ist schon in Ordnung, komm rein!“
      Ich nahm ihm den Mantel ab und bedeutete ihm, in Wohnzimmer zu gehen. Wenn mich nicht alles täuschte, sah er sehr mitgenommen aus. Ich fragte mich, was die Ursache dafür sein mochte und ob ich möglicherweise etwas damit zu tun hatte.
      Als ich mich zu ihm gesellte, saß er bereits auf der Couch und blickte zu mir hoch.
      Sein Blick war müde, aber gleichzeitig glaubte ich noch etwas anderes darin zu entdecken, dass sich vor allem dadurch äußerte, dass seine Augen an mir zu kleben schienen.
      Ja, ich kannte diesen Blick... nur zu gut...
      Als er bemerkte, dass ich ihn beobachtete, wandte er sich ab und sah zu Boden.
      „Ich habe mich gefragt, warum du mich wohl hergebeten hast...“, brachte er schließlich hervor, nachdem ich mich neben ihn gesetzt hatte.
      „... und bin nur zu einem Schluss gekommen: Du hast die Mail gelesen.“
      „Das habe ich in der Tat. Es war recht offensichtlich, oder?“
      „Mir war bewusst, dass dies früher oder später passieren würde und ich habe mich die gesamte Zeit gefragt, wie ich denn reagieren soll, wenn du mich darauf ansprichst. Als heute dein Anruf kam, war ich mir ziemlich sicher, dass du es entdeckt hattest. Du bist nicht dumm... und die Ungereimtheiten waren wirklich nicht zu übersehen...“
      Ich nickte.
      „Sag mir einfach, was du weißt...“
      Er zögerte und ich merkte, wie er unmerklich von mir wegrückte.
      „Wenn ich das nur könnte...“
      „Wie habe ich das zu verstehen?“
      „Ich habe Eric das Versprechen gegeben, dich da rauszuhalten. Er machte mir sehr deutlich, dass er nicht wünschte, dass du irgendetwas damit zu tun haben solltest. Und die Wahrheit ist, ich weiß selbst noch immer nicht, was er entdeckt hatte. Er meinte, er würde mir so schnell wie möglich entsprechende Unterlagen vorbeibringen, aber dann geschah der ‚Unfall’...“
      Ich berührte ihn am Arm und sah ihn flehend an.
      „Ich kann nachvollziehen, dass du dich Eric gegenüber in der Schuld siehst, Simon, aber bin ich nicht alt genug, um auf mich selbst aufzupassen? Es liegt mir wirklich sehr, sehr viel daran, mehr darüber zu erfahren. Kannst du es denn nicht verstehen? Irgendjemand da draußen hat mir den Menschen genommen, der mir mit am meisten bedeutet hat. Ich will diesen Jemanden hängen sehen!“
      Er legte seine Hand auf meine und lächelte gequält.
      „Artemis... Ich weiß nicht, wie ich es am Besten formuliere. Aber dieser Jemand hatte keine Skrupel Eric in den Tod zu schicken, er wird auch nicht davor zurückschrecken, dir etwas anzutun. Vielleicht sogar etwas sehr Grausames. Und wenn das geschehen würde, würde ich mir das nie verzeihen. Kannst du das verstehen? Du sagst, du kannst auf dich selbst aufpassen? Verzeih, wenn ich das bezweifele. Die Welt, die du bisher kennengelernt hast, war die deiner Universität. Vielleicht weitläufig, aber ganz sicher harmlos. Eric wusste genau, worauf er sich einließ, er kannte die Risiken, er war sich der Gefahr bewusst und dennoch konnte er nicht entkommen. Wie soll es dir dann gelingen?“
      „Zunächst einmal kennen mich die wenigsten von Erics Kollegen. Das bedeutet, man würde mich nicht sofort mit ihm Verbindung bringen und wenn ich es geschickt genug anstellen würde, bliebe das vielleicht auch so. Außerdem hänge ich nicht mehr besonders an meinem Leben. Was ich hier versuche herauszufinden, tue ich in gewisser Weise für Eric – natürlich auch für mich, das ist klar. Aber der Tod hat für mich seinen Schrecken verloren...“
      „Bitte sag so etwas nicht! Du bist noch so jung...“
      Jetzt lag das schiefe Lächeln an mir.
      „Vorhin hat mein Frauenarzt mir etwas anderes gesagt...“
      „Wie bitte?“
      „Ist nicht so wichtig.“
      Ich sah Sorge in seinen Augen aufblitzen und versuchte beschwichtigend zu schmunzeln. Es misslang mir vermutlich kläglich.
      „Wie du meinst... Dennoch. Ich kann es nicht verantworten, dich in dein Verderben rennen zu lassen. Schon alleine Erics wegen nicht. Tut mir leid.“
      „Ich verstehe... Um ehrlich zu sein, habe ich damit schon gerechnet. Aber versprichst du mir wenigstens, noch einmal darüber nachzudenken?“
      „Das kann ich dir versprechen...“
      „Dann will ich dir zumindest dafür danken.“
      So ungefähr verlief unser Gespräch an jenem Abend. Was danach kam, ist für den Verlauf meiner Geschichte nicht weiter von Bedeutung.
      Was von Bedeutung ist, ist die Tatsache, dass meine Gedanken rasten. Ich musste Simon doch irgendwie dazu bringen können, mir zu helfen. Seine Sorge um mich in allen Ehren, aber ich wollte mir von niemandem sagen lassen, was ich zu tun hatte und was nicht, auch nicht, wenn es meinem Schutze dienen sollte. Das konnte ich für mich selbst entscheiden.
      Es mochte möglich sein, dass man mir nach Erics Tod eine gewisse psychische Labilität und damit einhergehende Unzurechnungsfähigkeit unterstellen mochte. Ich hingegen hatte nicht das Gefühl, dass das zutraf.
      Auch als er gegangen war, waren meine Gedanken an diesem Problem wie festgefressen. Ich konnte einfach nicht untätig herumsitzen, selbst wenn er alleine nachforschen sollte und mir von den Ergebnissen berichten. Damit wollte ich mich nicht zufrieden geben. Es musste doch einen Weg geben...
      Irgendeinen... irgendwie...
      Verschiedene Szenarien spielten sich in meinem Kopf ab und schienen sich einfach abzuwechseln, doch keines schien die Lösung zu sein...
      Zumindest bis auf eines, aber....?
      Kurz entschlossen griff ich erneut zum Telefonhörer, wenn dieses Mal auch Judith mein Opfer war.
      Ein wenig verschlafen hob sie ab und war wohl ziemlich überrascht, mich am anderen Ende der Leitung zu hören.
      „Meine Güte, Artemis. Alles in Ordnung bei dir?“
      Ich erzählte ihr in Kürze die Vorfälle der letzten Tage und auch, was mich jetzt so beschäftigte und sie hörte mir geduldig zu und fand tröstende und aufbauende Worte, wo es angebracht war.
      „Judith. Ich muss dir eine Frage stellen. Es ist sehr wichtig, dass du mir ehrlich und unvoreingenommen antwortest. Meine Zukunft könnte davon abhängen, aber auch mein Seelenfrieden...“
      „Artemis, ich bitte dich inständig nichts Unüberlegtes zu tun. Es klingt gerade wieder verdächtig danach, als ob das vorhättest. Ich kann verstehen, dass du in einer Sackgasse bist, aber bitte tu nichts Illegales oder so um da rauszukommen.“
      „Keine Sorge, das hatte ich nicht vor. Aber bitte antworte mir jetzt auf meine Frage: Kann man jemanden verraten, wenn man sich um dessentwillen verkauft?“
      „Wie bitte?! Artemis!“
      „Antworte mir einfach!“
      „Das kann ich nicht!“
      „Ja oder nein?“
      „Artemis, bitte hör mir zu. Tu nichts, was du hinterher bereuen würdest!“
      „Das kann ich dir nicht versprechen. Kannst du es nicht verstehen: Ich muss es einfach wissen!“
      „Wenn du mir das nicht versprechen kannst, kann ich dir auch keine Antwort geben. Du kennst sie sowieso!“
      „Ich verstehe...“
      „Aber heiligt der Zweck wirklich die Mittel? Du wirst dir und anderen vielleicht sehr wehtun.“
      „Möglicherweise, aber dieses Risiko muss ich eingehen!“
      „Bitte tu es nicht! Überlege dir genau, was du jetzt tun willst und mach keine Dummheit.
      „Ich werde es mir überlegen...“
      In Wirklichkeit hatte ich meine Entscheidung längst gefällt.

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    • Oje...da hat sich Simon wohl überrumpeln lassen, er hätte besser aus der Stadt verschwinden sollen... *Nachdenklich sei* ...sind die Teile des Puzzles auch noch nicht aufm Tisch, so reicht das Wissen um die Existenz eines Puzzles doch schon aus um die Räder in Gang zu setzen... hm...

      Ich bin jedenfalls wiedermal gespannt auf die nächsten Kapitel, zu diesem bleibt mir auch nicht viel zu sagen, denn auf störende Aspekte stiess ich nich, nur bei der Zeichnung wär es vielleicht besser Hals und Rumpf von Artemis etwas schmaler zu gestalten, so wirk ihre Figur doch recht stämming und männlich aber davon abgesehen gefällt sie mir, auch die Kolorierung ist nicht zu intensiv, find ich prima!

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    • @ Irrlicht: Ja, da hätte er vermutlich besser dran getan, aber wer weiß? Vielleicht will er es ja so... :)
      Zu der Zeichnung: der leicht maskuline Touch ist Absicht. Sie sollte nicht ganz so feminin und grazil wirken und auch keine perfekte Schönheit sein... aber es freut mich wenn sie dir gefallen hat.

      Und weiter gehts:
      Damit sind die Karten aufm Tisch. (Glaub ich!) Damit ist Artemis (hoffentlich) ent-Mary-sued, auch wenn ich hoffe, dass es nicht allzu out of character ist.
      Der Absatz ist relativ kurz, aber bis morgen poste ich noch einen langen, versprochen...

      ==> Dieser Absatz ist hiermit gestrichen... Ich lasse ihn nur noch stehen, damit man nachvollziehen kann wie sich das entwickelt hat..

      Kann man jemanden verraten, wenn man sich um dessentwillen verkauft?
      Judith hatte sich geweigert, darauf einzugehen, aber dennoch glaubte ich selbst zu wissen, wie die Antwort lautete. Sie sollte auch der einzige Mensch bleiben, dem ich diese Gedanken jemals anvertraute.
      Sowohl ihre als auch Simons Sorge waren ja schön und gut, aber ich fühlte mich langsam wie ein kleines Kind, das von irgendwelchen wohlmeinenden Erziehern bevormundet wurde, zumal ich ja auch selbst in der Lehre tätig war. Niemand konnte wirklich nachvollziehen, wie ich mich fühlte, aber es war schlicht und einfach in einem Satz zusammenzufassen: Ich konnte nichts mehr verlieren!
      Vielleicht klingt das ein wenig fatalistisch, aber dennoch ändert es nichts an der Tatsache. Egal was jetzt noch geschehen mochte, ich hatte den Eindruck, nur noch dabei gewinnen zu können...
      Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: ich hatte von meinem Leben nichts mehr zu erwarten, von daher war es mir auch egal, ob die Suche nach der Wahrheit gefährlich werden könnte oder ich mir dabei wehtat. Natürlich fehlte mir dazu nach wie vor die Ausgangsposition, aber ich gedachte sie mir zu verschaffen - wenn auch mit Bedacht.
      Ich wollte nichts zerstören, was bereits bestand, aber gleichzeitig das Vorhandene zu meinem Vorteil nutzen, selbst wenn dies bedeutete, meine Seele zu verkaufen.
      Sie hielten mich für ein wehrloses, schutzbedürftiges Kind? Schön, warum sollte ich das nicht ausnutzen?
      Wenn sie mich so sehen wollten, konnte ich ihnen diese Rolle gerne vorspielen...
      Und gerade Simon davon zu überzeugen, mir beizustehen, sollte nicht allzu schwer werden.
      Ich hatte seinen Blick gesehen und ich war nicht so naiv zu glauben, dass dies ein einmaliger Ausrutscher war.
      Es war eine Selbstverständlichkeit, dass er versuchte dies vor mir zu verbergen, immerhin würde das kein besonders rühmliches Licht auf seine Absichten werfen. Aber was sprach dagegen, ihm ein wenig entgegenzukommen, ihm die Arbeit sozusagen abzunehmen und ihn dann für meine Zwecke zu benutzen? Er würde immerhin dafür belohnt...
      Außerdem würde dies bedeuten, dass ich ein einziges Mal in meinem Leben von meinem Geschlecht Gebrauch machen konnte – bisher hatte es mir immer nur Nachteile beschert eine Frau zu sein, gerade aus beruflicher Sicht, aber das war eine andere Geschichte.
      Ich muss zugeben, lange darüber nachgedacht zu haben, auch nachdem ich meine Entscheidung getroffen hatte? War es wirklich der einzige Weg? Oder moralisch verwerflich? Hatte Judith am Ende recht? Sie war immerhin meine beste Freundin...
      Ich beschloss auf alle Fälle, die Sache erst einmal langsam anzugehen, mir Zeit zu lassen und zu sehen, wie sich die Dinge entwickelten.
      Aber letzten Endes hielt ich daran fest.

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    • Hmm... eine Sache stört mich ein wenig... Artemis erklärt und rechtfertigt sich für meinen Geschmack etwas zu oft, das bremst die Story fast ein wenig aus, manches könnte man fast weglassen, finde ich, wie zum Beispiel diesen Teil hier...

      Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: ich hatte von meinem Leben nichts mehr zu erwarten, von daher war es mir auch egal, ob die Suche nach der Wahrheit gefährlich werden könnte oder ich mir dabei wehtat. Natürlich fehlte mir dazu nach wie vor die Ausgangsposition, aber ich gedachte sie mir zu verschaffen - wenn auch mit Bedacht.

      Diese Gedanken schwirren einem als Leser bereits längst im Kopf herum, deshalb könnte man eigentlich fast drauf verzichten, find ich.

      Und ausserdem, wenn man erstmal am Wahnsinn entlang schlittert macht man sich auch nicht mehr so viele Gedanken, ich kenn das von mir, wenn ich meine irren Schübe kriege erscheint mir jede Schnapsidee als logischste Sache der Welt XDD

      Aber wie auch immer, soweit zu diesem Kapitel, mal sehen wie sich die Story ab hier weiterentwickelt... xD

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    • @ Irrlicht: Du hast ja so recht.... :argh:
      Ich meine es ernst, der Kritikpunkt ist wirklich durchaus berechtigt und auch derjenige, den meine Freundin ganz oft anfügt. Sie rechtfertigt sich wirklich zu oft... Aber wenn ich eine Passage schreibe habe ich manchmal nicht mehr genau im Kopf was ich vorher geschrieben hab, nur grob, da passiert das manchmal...
      Und was den gesamten Absatz angeht... Unnötig.... Vergiss den Absatz oben, den streich ich noch, wenn mein Browser das mitmacht...
      Egal, hier geht es weiter, da der vorherige Absatz hiermit für nichtig erklärt wurde, finden sich einige Sätze davon in der Anfangspassage wieder...
      So...
      Jetzt ist es passiert, flamed mich, steinigt mich.... Und wer anatomische Fehler findet der darf sie behalten.

      Die Veränderung ging nur schleichend vonstatten und genauso hatte ich es auch geplant. Ich erschien zumindest nach außen hin wieder vitaler und interessierte mich auch wieder für das, was meine Arbeit mir bot, zumindest an der Oberfläche. Ich gab mir große Mühe, wieder mehr Aufwand in meine Lehrveranstaltungen zu investieren, denn ich wollte meine Studenten nicht längerfristig für meine Verfassung bestrafen.
      Was die Forschung selbst anging hielt ich mich etwas bedeckt, das war nicht mehr mein Hauptarbeitsgebiet. Wenn Christian mir freudestrahlend die neusten Aufsätze vorbeibrachte, lächelte ich ihn dankbar an und legte sie irgendwo ab, um sie vielleicht, aber nur vielleicht zu lesen. Die meisten ignorierte ich oder überflog sie nur ganz unkonzentriert. Ich versuchte, grob über alles im Bilde zu bleiben, aber legte doch einen gewissen, bisher fast nicht gekannten Grad an Schlamperei an den Tag.
      Dies war ohne Zweifel ein Spiel auf Zeit und ich würde lügen, wenn ich sagte, dass es mir nicht irgendwie Leid tat. Doch damit musste ich leben, meine Prioritäten hatten sich nun einmal verschoben, zumindest so lange, bis ich gefunden hatte, wonach ich suchte. Was dann geschehen sollte, stand in den Sternen.
      Gleichzeitig versuchte ich ebenfalls, zunächst auf eigene Faust und ohne irgendjemandes Hilfe tätig zu werden.
      Ich durchforstete erneut sehr gründlich Erics Unterlagen und PC in der Hoffnung, noch etwas zu finden und als mir das nicht gelang, fuhr ich tatsächlich auch ans Klinikum und fragte dort nach seinen Sachen. Man machte mir recht unmissverständlich klar, dass man diese eingelagert hatte und es etwas länger dauern könne, bis ich dort herankommen konnte.
      Ich tat verständig und kehrte unverrichteter Dinge nach Hause zurück.
      Es schien, als war ich wirklich auf Simons Kooperation angewiesen und eine Wahl hatte ich nun auch nicht mehr. Welche Rolle konnte da die Moral noch spielen?
      Kann man jemanden verraten, wenn man sich um dessentwillen verkauft?
      Judith hatte sich geweigert, darauf einzugehen, aber dennoch glaubte ich selbst zu wissen, wie die Antwort lautete. Sie sollte auch der einzige Mensch bleiben, dem ich diese Gedanken jemals anvertraute.
      Sowohl ihre als auch Simons Sorge waren ja schön und gut, aber ich fühlte mich langsam wie ein kleines Kind, das von irgendwelchen wohlmeinenden Erziehern bevormundet wurde, zumal ich ja auch selbst in der Lehre tätig war. Niemand konnte wirklich nachvollziehen, wie ich mich fühlte, aber es war schlicht und einfach in einem Satz zusammenzufassen: Ich konnte nichts mehr verlieren!
      Sie hielten mich für ein wehrloses, schutzbedürftiges Kind? Schön, warum sollte ich das nicht ausnutzen?
      Wenn sie mich so sehen wollten, konnte ich ihnen diese Rolle gerne vorspielen...
      Und gerade Simon davon zu überzeugen, mir beizustehen, sollte nicht allzu schwer werden.
      Ich hatte seinen Blick gesehen und ich war nicht so naiv zu glauben, dass dies ein einmaliger Ausrutscher war.
      Es war eine Selbstverständlichkeit, dass er versuchte dies vor mir zu verbergen, immerhin würde das kein besonders rühmliches Licht auf seine Absichten werfen. Aber was sprach dagegen, ihm ein wenig entgegenzukommen, ihm die Arbeit sozusagen abzunehmen und ihn dann für meine Zwecke zu benutzen? Er würde immerhin dafür belohnt...
      Ich wollte nichts zerstören, was bereits bestand, aber gleichzeitig das Vorhandene zu meinem Vorteil nutzen, selbst wenn dies bedeutete, meine Seele zu verkaufen.
      Wir hatten uns seit jenem Abend noch häufiger gesehen, doch das Thema Eric wurde irgendwie von beiden Seiten peinlichst vermieden. Stattdessen hatte ich das Gefühl, dass Simon etwas bei mir wiedergutmachen wollte, was eigentlich eine perfekte Ausgangslage war.
      Meinen Plan setzte ich erst Wochen später in die Tat um. Auch wenn mir die Ungeduld den Schlaf geraubt hatte, hatte ich keine nennenswerte Alternative gehabt.
      Simon hatte mich zum Abendessen eingeladen und ich muss zugeben, dass mich dies etwas überrascht hatte. Es war das erste Mal, dass er so etwas tat und ich fragte mich, was er wohl damit bezweckte. Was immer es war, ich konnte es zu meinem Vorteil nutzen, dessen war ich mir so gut wie sicher.
      Entgegen meiner sonstigen Natur verbrachte ich dieses Mal einige Stunden vor dem Spiegel und versuchte, mein Aussehen durch dezenten Einsatz von Schminke ein wenig femininer zu gestalten und mich auch gründlicher als sonst zu frisieren. Meine Haare sollten mir ausnahmsweise nicht in die Quere kommen, wie sie es sonst immer gerne taten.
      Zudem legte ich zum ersten Mal nach langer Zeit wieder meine Ohrringe an. Es handelte sich dabei um ein paar schlichte Kreolen, ich hatte nie viel von extravagantem Gehänge gehalten, aber ich fand, sie waren für die Gelegenheit passend.
      Zu meiner Kleidung kann ich nur sagen, dass ich mir auch hier ausnahmsweise mehr Mühe gab. Normalerweise taten es für mich ein Paar Jeans und ein Hemd, aber dieses Mal entschied ich mich für ein etwas weiter ausgeschnittenes, figurbetontes Oberteil aus weißer Baumwolle. An meinen Schlagjeans hielt ich fest – der Mensch hat seine Gewohnheiten.
      Dann machte ich mich auf den Weg um zumindest pünktlich zu erscheinen. Unpünktlichkeit gehörte zu meinen großen Schwächen und ich arbeitete ständig daran, etwas dagegen zu tun. Manchmal mehr, manchmal weniger erfolgreich, aber selbst wenn es mir einmal nicht gelang, trug es zumindest etwas zum Image des zerstreuten Professors bei.
      Ich war noch nie zuvor bei Simon gewesen, hatte aber aufgrund seiner Beschreibung eine ungefähre Vorstellung, wo er wohnte und fand die Straße auch relativ auf Anhieb.
      Genau wie mein Zuhause befand es sich in einem reinen Wohngebiet, das durchaus nach wohlhabenderen Einwohnern aussah, zumindest soweit ich das erkennen konnte. Es war bereits dunkel geworden und alles nur durch die klassischen Straßenlaternen erhellt.
      Ich fand recht leicht einen Parkplatz und kurze Zeit später stand ich bei ihm unter der Tür und klingelte. Als er mir endlich öffnete, kamen mir wohlriechende Essensdüfte entgegen und seine dunkle Silhouette wurde nur durch aus anderen Zimmern stammendem Licht erhellt, der Flur war dunkel.
      Er stutze einen Moment, doch als er mich sah lächelte er.
      „Hallo Artemis. Du bist ja sehr pünktlich!“
      „Ich habe mich extra beeilt...“
      Mit diesen Worten schlüpfte ich an ihm vorbei in die Wohnung und zog erst einmal die Schuhe aus. Er sah mir nach und das Lächeln wich nicht aus seinem Gesicht. Ich lächelte nicht, da mich irgendwie mich eine gewisse Verzweiflung überkam. Das Zwielicht überdeckte dies zum Glück, genau wie meine Aufmachung und so atmete ich tief durch, bis es vorüber ging. Dann wandte ich mich ebenfalls lächelnd wieder meinem Gastgeber zu und das Licht fiel direkt in mein Gesicht.
      „Du siehst gut aus...“ brachte er heraus, aber ich spielte es natürlich herunter.
      „Nur ein bisschen Schminke...“
      „So kenne ich dich gar nicht...“
      „Vielleicht hast du einfach nicht so genau drauf geachtet...“ entgegnete ich frech und sah ihn aus dem Augenwinkel nicken. Dann fasste er mich behutsam an der Schulter und bedeutete mir ins Wohnzimmer zu gehen. Ich leistete der Bitte Folge und ließ mich auf seine weiche Couch sinken, während ich ihn in der Küche mit dem Geschirr klappern hörte.
      Auf dem gläsernen Tisch vor der Couch sah ich eine Schale mit Nüssen, ein zerfleddertes Taschenbuch und einen der berühmten Magischen Würfel liegen, deren Ziel es war, jede der sechs Farben einfarbig zu bekommen. Er wirkte noch etwas unsortiert und so griff ich ihn mir abwesend, um damit herumzuspielen, und wartete gleichzeitig auf meinen Gastgeber.
      Ich war mathematisch nie besonders begabt gewesen und Verschiebepuzzles versetzten mich regelmäßig in Angst und Schrecken, daher machte ich mir keine allzu großen Hoffnungen auf Erfolg, sondern fürchtete eher, Simons bisher erreichten Ergebnisse zu ruinieren. Ich hoffte, er würde mir nicht allzu böse sein. Dennoch vertiefte ich mich so in das Spielzeug, dass Simon mich zweimal rufen musste, dass das Essen nun fertig sei.
      Verschämt legte ich den Würfel zur Seite und kam zu Tisch.
      An die Mahlzeit selbst, erinnere ich mich nur verschwommen, nur, dass ich überrascht, wie gut Simon kochen konnte. Überhaupt hatte ich das Gefühl, dass mein Kopf wie in Watte gepackt war, seit ich seine Wohnung betreten hatte. Alles erschien mir unwirklich und fern, auch wenn ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Ich konnte nicht sagen, wie gut mir das gelang, aber zumindest sprach Simon mich nicht darauf an. Er wirkte ebenfalls ein wenig anders als sonst, irgendwie zurückhaltender, aber dennoch konnte ich seine Blicke auf mir spüren.
      Irgendwann saßen wir wieder gemeinsam auf der Couch und unterhielten uns. Wie gewohnt, wurde Eric nicht angeschnitten und noch sah ich keine Notwendigkeit, dies zu ändern. Ich fasste stattdessen zusammen, was ich gerade in meinen Seminaren behandelte und war überrascht, dass ihn dies tatsächlich interessieren sollte.
      Er verfolgte aufmerksam jedes Wort das ich sagte und stellte sogar Fragen und im Verlauf des Gesprächs berührte meine Hand behutsam die seine. Er wich nicht zurück sondern strich abwesend darüber. Und ich verstand.
      Meine Erzählung geriet ins Stocken, als ich ihm die Augen sah. Keiner von uns senkte den Blick, auch dann nicht, als ich aufgehörte zu sprechen.
      Unsere Münder näherten sich und trafen sich schließlich in einem verschämten Kuss.
      Wir trennten uns sofort wieder, aber damit hatte ich gerechnet.
      Er senkte den Blick.
      „Entschuldige bitte, Artemis, das habe ich nicht gewollt...“
      Ich strich ihm über die Wange, bis er mich erneut ansah.
      „Bitte entschuldige dich nicht...“
      Dann küsste ich ihn erneut auf den Mund. Mehr sagte ich erst einmal nicht.
      Ja, ich hatte meine Gründe und ich hatte meine Ziele, aber die würde ich zu gegebener Zeit offen legen.
      Er zögerte zunächst, erwiderte den Kuss aber schließlich leidenschaftlicher, als ich geglaubt hatte. Ich hatte mich also nicht getäuscht.
      Als wir uns erneut voneinander lösten, sah er mich fragend an und als ich nicht vor ihm zurückwich, legte die Arme um meine Taille und zog mich auf seinen Schoß. Dann küsste er mich erneut und glitt von meinem Mund weiter an meinen Hals. Ich legte die Arme um seinen Nacken und ließ es bereitwillig geschehen. Mit seinen Händen strich er über meinen Oberkörper, meine Taille, meine Rippen. Es dauerte eine Ewigkeit, die wir in dieser Haltung verbrachten. Küssend und doch auf den anderen eingehend.
      Ich legte meine Arme um ihn und strich ihm über das Haar.
      Ab hier ist es nicht sehr jugendfrei....
      Ich wusste, dass es für mich kein Zurück mehr gab und so glitt ich schließlich von Simons Schoß vor ihm auf den Boden. Behutsam öffnete ich seine Hose und schob sie und seine Unterhose so weit herunter, wie ich für richtig hielt. Dann nahm ich ihn vorsichtig in den Mund – etwas was ich nie zuvor getan hatte. Er fühlte sich warm und trocken an.
      „Artemis!“
      Er keuchte auf, tat aber nichts, um mich davon abzubringen.
      Ich lächelte leicht und begann dort weiterzumachen wo ich aufgehört hatte, peinlich genau auf sein Gesicht achtend, auf dem sich bereits erste Schweißperlen gesammelt hatten. Er atmete schneller.
      Nach einige Zeit stieg eine Röte in seine Wangen und er hielt mich fest.
      „Bitte, bitte hör auf... Ich... kann nicht mehr.“ Er keuchte jetzt hörbarer als vorher.
      „Hör auf oder ich kann für nichts mehr garantieren...“
      Einen Augenblick war ich unschlüssig, ob ich seiner Bitte Folge leisten sollte. Denn sein Körper sprach eine ganz andere Sprache, als seine Worte.
      Dann entschied ich mich dagegen.
      „Artemis... Oh Gott!!“
      Er ergriff meine Schultern und schob mich so weit zurück, dass ich ihn wohl oder übel loslassen musste. Bevor ich protestieren konnte, hatte er mich zu Boden gedrückt und sich daran gemacht, meine Kleidung zu entfernen. Ich half ihm dabei, so gut ich konnte. Den Hunger in seinen Augen hatte ich selbst geweckt und ich war auch bereit ihn zu stillen.
      Als ich ihn schließlich ihn mir aufnahm, lag es an mir, nicht zu keuchen. Aus irgendeinem Grund tat er mir weh, vielleicht war ich einfach nicht genügend darauf vorbereitet gewesen.
      Dennoch schlang ich meine Beine um ihn und versuchte ihm so weit wie möglich entgegenzukommen. Den Schmerz verbannte ich das hinterste Eck meines Bewusstseins. Ansonsten fühlte ich nichts dabei.
      Alles lief genau, wie ich es geplant hatte und doch spürte ich Tränen in meinen Augen aufsteigen, die ich schnellstens unterdrückt. Simon bedeckte mein Gesicht mit heißen Küssen und ich tat es ihm gleich.
      Und nach kurzer Zeit erreichte er seinen Höhepunkt und blieb dann erschöpft auf mir liegen.

      Er richtete sich auf und küsste meine Wange.
      „Artemis... es... es tut mir so leid... Ich... ich begehre dich schon so lange. Ich konnte mich einfach nicht mehr beherrschen.“
      „Ich weiß, Simon... Du musst dich dafür nicht entschuldigen. Es ist alles in Ordnung.“
      „Aber irgendwie ist es nicht richtig... ich habe das Gefühl, dich ausgenutzt zu haben. Deine Anlehnungsbedürftigkeit, deine Einsamkeit.“
      „Das darfst du nicht denken... Du hast dich wirklich aufopferungsvoll um mich gekümmert und ich weiß das zu schätzen. Danke für alles...“
      Er nickte langsam, schien aber nicht davon überzeugt. Stattdessen zog er sich von mir zurück und brachte mir eine Wolldecke, die er mir um den Körper wickelte.
      Ich glaubte ihn nun da zu haben, wo ich ihn haben wollte – sein Begehren gepaart mit seinem schlechten Gewissen konnten durchaus brauchbare Werkzeuge sein, wenn ich sie richtig einsetzte.

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    • Okay... ich gebe es zu, die Geschichte wird abgefahren...
      Kritik á la: Artemis' Verhalten ist nicht nachvollziehbar, wird gerne entgegengenommen, auch wenn ich hoffe dem ist nicht so...
      Muss an der Uhrzeit liegen... Egal, grade muss Artemis meine persönlichen Probs aushalten... awfully sorry... XD
      Ansonsten gibt es hier jetzt nochmal eine ab 18 Szene... wenn die blöd kommt liegts auch an der Uhrzeit. Mein Hirn schwimmt...

      Ich zog die Wolldecke um mich herum fester und streifte mir meine Kleider wieder über – hauptsächlich deshalb weil es mir anders unbequem war. Simon blieb erst einmal verschwunden und ich ging davon aus, dass er das Geschirr wegräumte. Langsam stand ich auf und folgte ihm die Küche.
      „Kann ich dir helfen?“
      Er schien zu erschrecken und drehte sich um.
      „Nein, nein... Alles in bester Ordnung. Bitte setz dich doch wieder, ich komme sofort.“
      Ich nickte und warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Es war kurz vor zwölf. Dennoch konnte ich jetzt nicht einfach nach Hause gehen. Daher kehrte ich ins Wohnzimmer zurück und ließ mich auf die Couch sinken. Ich hatte das Gefühl, zerzaust zu sein und fühlte mich auch irgendwie schmutzig.
      War ich zufrieden? Ich wusste es nicht...
      Irgendwann tauchte Simon wieder auf und setzte sich fast lautlos neben mich.
      „Können wir reden?“
      „Aber natürlich...“
      „Ich fühle mich immer noch schlecht, wegen eben. Ich habe das Gefühl, dir wehgetan zu haben und dich zu etwas gezwungen, was du nicht wirklich wolltest. Aber die Wahrheit ist, in letzter Zeit konnte ich dich nicht ansehen, ohne mir vorzustellen, wie es wäre, mit dir zu schlafen. Deine Haut unter meinen Händen... dein Körper unter meinem. Ich schämte mich dafür, irgendwie empfand ich es als Verrat an Eric und dennoch... Ich kann dir nicht einmal sagen, was es an dir ist, das dich so attraktiv macht... Und dennoch...“
      „Normalerweise gehören immer zwei dazu, Simon. Sieh mich an.“
      Er hob den Kopf.
      „Du hast mir nicht wehgetan,“ log ich. „Es ist einfach passiert und es hat so sein sollen...“
      Vorsichtig strich er mir über die Haare.
      „Artemis. Du hast in den letzten Wochen so viel durchmachen müssen und irgendwie habe ich nach wie vor das Gefühl, du hast das alles noch gar nicht verarbeitet. Ich habe deine psychische Labilität ausgenutzt, hast du doch nur jemanden gesucht, an den du dich anlehnen kannst…“
      „Glaubst du das wirklich?“
      „Unter normalen Umständen wäre das nicht passiert. Dafür bist du viel zu stolz und selbstbewusst…“
      „Möglicherweise… aber es ist nun einmal passiert.“
      Er seufzte.
      „Ich weiß, es klingt paradox, aber ich habe solche Angst, dass das alles, was zwischen uns war, zerstört.“
      Ich legte ihm meine Hand auf die Schulter.
      „Warum sollte es das?“
      „Es wäre nicht das erste Mal, dass so etwas eine Freundschaft zerstört hätte. Ich habe Eric versprochen, auf dich aufzupassen und nicht dich zu benutzen.“
      „Ich bin sicher, Eric wäre einverstanden… Kannst du es nicht verstehen? Du bist der Mensch, der mich noch mit ihm verbindet und ich bin gerne mit dir zusammen. Du hast viel für mich getan, ich weiß das zu schätzen. Ich brauche dich, Simon…“
      Er versuchte zu lächeln und schob mit einer zärtlichen Geste eine Haarsträhne hinter mein Ohr. Dann gab er mir einen Kuss auf die Wange.
      „Wie machst du das?“
      „Wie mache ich was?“
      „Du siehst mich an und gibst mir das Gefühl es wäre alles in Ordnung. Aber wie kann alles in Ordnung sein, wenn ein Blick genügt, um mich in den Wahnsinn zu treiben? Wie halten das deine Studenten aus?“
      „Bisher hat sich niemand darüber beschwert… Aber ernsthaft: Ich bitte dich, Simon, hör auf dir Vorwürfe zu machen… Ich bin mindestens genauso schuld daran, was passiert ist.“
      Er nickte, aber überzeugt schien er nicht zu sein, stattdessen stierte er abwesend zu Boden.
      Ich legte meine Arme um ihn und kuschelte mich an seine Schulter. Ich brauchte jetzt tatsächlich Nähe und Geborgenheit, ganz unabhängig davon, was ich ursprünglich geplant hatte.
      Langsam drehte er den Kopf und sah mir lange, lange in die Augen. Ich hatte das Gefühl, er würde mein gesamtes Gesicht in sich aufnehmen.
      „Artemis… ich möchte mir dir schlafen. Nicht so wie eben, sondern wirklich…“
      Ich streifte die Wolldecke ab und nickte.
      Er stand und auf hob mich hoch, bevor er mich ins Schlafzimmer trug und behutsam auf dem Bett ablegte.
      Eine kurze Erinnerung an Eric überkam mich, aber ich versuchte sie abzuschütteln.
      Beging ich nicht doch Verrat an ihm? Aber ich tat es doch für ihn, oder etwa nicht?
      Simon schien meinen kurzen Ausrutscher bemerkt zu haben und sah mich sorgenvoll an, nachdem er sich neben mich gesetzt hatte.
      „Bist du dir sicher? Ich meine…“
      „Nein, ich bin mir sicher.“ Zumindest so sicher, wie ich mir sein konnte.
      Wieder ab 18
      Er beugte sich vor und küsste mich hingebungsvoll auf den Mund. Ich schloss die Augen und erwiderte den Kuss, so gut ich es vermochte. Seine Wärme war nicht unangenehm, aber einfach ungewohnt.
      Während wir uns küssten, spürte ich Simons Hand auf meinem Bauch, die sich den Weg unter mein Hemd und unter meine Hose bahnte, bis sie gefunden hatte, was sie gesucht hatte. Er begann mich zu streicheln und es kostete mich große Mühe nicht zusammenzuzucken, als seine kalten Finger auf meine Haut trafen. Doch als mich daran gewöhnt hatte, empfand sich seine Berührung direkt als angenehm. Ich seufzte leise, was Simon dazu veranlasste, einen Schritt weiterzugehen.
      Wie sollte er auch ahnen, dass ich nicht deswegen geseufzt hatte? Wie konnte er ahnen, was sich in meinem Kopf abspielte, wenn ich es nicht einmal selbst wusste.
      Geistesabwesend krallte ich meine Hände in das Kopfkissen und versuchte mich auf dem Augenblick hinzugeben und Simons Berührungen. Mit seiner freien Hand strich er über mein Gesicht und versuchte meine widerspenstigen Haarsträhnen daraus zu entfernen, was ihm vermutlich heillos misslang, so zerzaust, wie sie inzwischen waren.
      Ich war mir immer noch nicht im Klaren was ich fühlte oder auch was ich fühlen sollte und das machte es nicht einfacher für mich.
      Also schloss ich die Augen und versuchte mich auf meinen Körper zu konzentrieren, ihm sozusagen die Kontrolle zu übergeben und all meine verqueren Gedanken zu verbannen.
      Simons geduldige Zärtlichkeit zeigte langsam Wirkung – ich begann schneller zu atmen und spürte wie meine Wangen heiß wurden. Kurz bevor ich glaubte nicht mehr weiter zu können, zog er seine Hand zurück und küsste mich erneut.
      „Geht es dir gut?“ flüsterte er nun und ich nickte und hoffte er würde meine Hände nicht bemerken, die ich mit solcher Intensität in die Daunen getrieben hatte, dass meine Knöchel herausragten.
      Ganz langsam machte er sich nun daran, mich zu entkleiden und erneut half ich ihm dabei, so gut ich konnte.
      Kurze Zeit später lag ich nackt vor ihm.
      Eine Gänsehaut bildete sich unwillkürlich auf meiner Haut, die sich durch seine zärtlichen Küsse nur verstärkte. Instinktiv schlang ich die Arme um ihn und zog ihn näher zu mir.
      Ich brachte es nicht über mich, einen dieser fehlgeleiteten Sätze zu sagen und so blieb ich still und ließ ihn gewähren, meinerseits die Berührungen erwidernd, damit er mich nicht für passiv hielt.
      Als wir uns schlussendlich vereinigten drehte ich mein Gesicht allerdings von ihm fort. Er tat mir zwar dieses Mal nicht mehr weh, aber erneut fühlte ich kaum etwas Nennenswertes.
      Ich spürte seine Körperwärme, roch seinen Schweiß und konnte das Begehren nachempfinden, immerhin lag er auf mir, aber in mir selbst war alles leer. Ich musste unentwegt an Eric denken…

      Irgendwann war es vorbei und was zurückblieb war ein schaler Geschmack.
      Ja, ich hatte meine Seele endgültig verkauft und zwar an jemanden, den ich nur zu leicht verletzen konnte. Ich hoffte, es war es wert…
      Irgendwann schlief ich ein, noch immer in Simons Armen gefangen…
    • Oooookay... *Luft hol* Es geht weiter mit den Weird Psycho Szenen...
      Vermutlich hasst ihr mich jetzt alle, weil ich den Charakter Artemis kaputtgemacht habe - aber ich schwöre bei Gott: Es war von Anfang an geplant, dass sie mit Simon schläft. Darauf baut die Geschichte weiter auf... Ehrlich... ^^
      So, genug gelabert... Hier erstmal die Fortsetzung...
      Viel Spaß beim Lesen.
      Wie immer wird Kritik (auch und vor allem negative) gerne gesehen.

      Als ich aufwachte, war mein Arm eingeschlafen – Simon lag darauf. Es dämmerte gerade draußen und ich ahnte, dass es viel zu früh war. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es kurz vor sechs Uhr morgens war.
      Vorsichtig zog ich meinen Arm hervor und setzte mich auf.
      Meine Augen brannten vor Müdigkeit und auch sonst fühlte ich mich nicht besonders gut. Ich hatte Schmerzen in Unterleib und fror, außerdem war mir übel.
      Stur schüttelte ich den Kopf – es gab keinen Grund sich darüber zu beschweren, ich hatte es so gewollt und es diente hoffentlich einem höheren Zweck. Solange Simon nichts merkte, sollte es mir recht sein…
      Er war durch meine Bewegungen nicht aufgewacht und atmete so gleichmäßig, wie Schlafende es normalerweise tun.
      Sofort musste ich wieder an Eric denken und Tränen stiegen in meine Augen.
      „Ich habe es nur für dich getan,“ flüsterte ich, selbst nicht ganz davon überzeugt und schlang die Arme um meinen nackten Oberkörper.
      Noch immer fühlte ich mich schmutzig und fragte mich, wann dieses Gefühl, gemeinsam mit der inneren Leere aufhören sollte. So hatte ich mir das nicht vorgestellt.
      Langsam hob ich die Beine aus dem Bett und stand auf. Ich wollte ans Fenster gehen, drehte mich aber vorher noch einmal zu Simon um.
      Was empfand ich eigentlich für ihn? Freundschaft? Zuneigung? Etwas dazwischen? Oder war er nur das Mittel zum Zweck?
      Vermutlich war die Uhrzeit gemeinsam mit meiner Verfassung solcherlei Gedanken eher abträglich und so beschloss ich, darüber nachzudenken, wenn ich ein wenig „nüchterner“ war.
      Langsam ging ich ans Fenster und stützte mich auf die Fensterbank. Die Stadt war noch in grauen Morgennebel getaucht und ein Kirchturm ragte daraus empor wie ein ehernes Monument. Um meinen Glauben war es nicht allzu gut bestellt, um es freundlich auszudrücken und meine Aktionen der letzten Wochen machten die Sache nicht viel besser. Aber vermutlich war es sowieso zu spät, nicht dass es mich kümmern würde…
      Die meisten Menschen, die mich kannten, würden sowieso nicht davon erfahren, oder es zumindest nicht glauben.
      Ich war die „Frau Professor“, diejenige die es geschafft hatte, die ein Vorbild sein musste.
      Paranoia und das Benutzen anderer Menschen für meine Zwecke passte nicht in das Bild der seriösen Akademikerin, das viele von mir zu haben glaubten.
      Die Wahrheit war: ich war nur ein Mensch und die paar Titel machten mich nicht besser oder schlechter, auch wenn sie für Viele natürlich die Gelegenheit boten sich dahinter zu verstecken. Diesen Versuch hatte ich niemals gemacht. Ich war immer der Meinung gewesen, es wäre ausreichend zu mir selbst zu stehen.
      Hinter mir raschelte die Bettwäsche und instinktiv drehte ich mich um. Simon saß aufrecht im Bett und sah mich an. Ich konnte ihn nur schemenhaft erkennen und seufzte. Ich hätte es vorgezogen zu gehen, ohne dass er mich noch einmal gesehen hätte. Ich fühlte mich gerade nicht wohl in meiner Haut.
      Er sagte kein Wort, sondern sah mich einfach nur an.
      Langsam ging ich zum Bett zurück und setzte mich vorsichtig auf die Kante.
      „Artemis?“
      „Ja?“
      „Bist du es wirklich?“
      „Ja…“
      Er fuhr mit seiner Hand durch seine Haare und zerzauste sie dadurch noch mehr.
      „Für einen kurzen Moment glaubte ich, das alles nur geträumt zu haben.“
      „Es war kein Traum, ich bin tatsächlich hier.“
      „Du bist geblieben…“
      „Hätte ich nicht sollen?“
      „Ich war mir nicht sicher, ob du es tun wirst.“
      „Hmmmm…“ Wie hätte ich ihm jetzt noch sagen können, dass ich es nicht getan hätte, wäre nicht aufgewacht.
      Er hob den Arm an, legte ihn um meine Schulter und zog mich an sich.
      Es tat gut seinen warmen Körper auf meiner Haut zu spüren, war mir doch kalt.
      „Artemis, was haben wir nur getan?“
      „Bereust du es?“
      „Ich weiß es nicht… Ich würde gerne, aber ich kann es nicht.“ Sein Blick war seltsam traurig.
      „Geht es dir wenigstens gut?“ Er sah mich besorgt an.
      „Ja, danke.“
      Vorsichtig schob er eine Haarsträhne hinter mein Ohr und lächelte mich dann schief an.
      „Ich kann meine Hände einfach nicht von dir lassen. Es tut mir sehr leid.“
      „Ist schon in Ordnung. Ich würde dir sagen, wenn ich es nicht wünschen würde…“
      „Ich verstehe. Danke…“
      Ich nickte und wollte langsam aufstehen. In dem Moment ergriff Simon meinen Arm und zog mich zu sich hin.
      „Artemis? Ist es in Ordnung für dich, wenn du noch ein wenig bleibst? Ich könnte es nicht ertragen, wenn du jetzt gehst.“
      Ich nickte und rückte wieder näher an ihn.
      Behutsam legte er den Arm um mich und zog mich näher zu sich. Sanft küsste er meinen Hals und strich über meinen Rücken. Seine Fingerspitzen fühlten sich irgendwie seltsam auf meiner Haut an, ungewohnt aber nicht schlecht.
      Trotz dem was passiert war, war es mir noch nicht gelungen, aus ihm schlau zu werden.
      Was dachte er eigentlich über mich? Begehrte er mich nur oder war hinter seinem Verhalten noch mehr? Er benahm sich seltsam, irgendwie anders als sonst und ich wusste nicht, wie viel ich der Situation selbst zuschreiben konnte.
      Zudem war ich mir noch im Unklaren, wie ich seine Berührungen empfand. Er war anders als Eric, stürmischer, besitzergreifender,
      Konnte ich lernen, daran Gefallen zu finden oder würde ich jedes Mal die Zähne zusammenbeißen müssen? Konnte ich Eric so weit aus meinem Bewusstsein verdrängen, dass es mir gelang, mit Simon zusammensein zu können, ohne mich zu verstellen? Mein Gefühl sagte mir, dass wir nicht zum letzten Mal miteinander schlafen würden... offensichtlich wollte Simon das von mir freigegebene Territorium nicht mehr räumen.
      Das konnte mir nur recht sein, aber welche Konsequenzen es für mich haben würde konnte ich nicht vorhersehen. Es blieb mir also nur das Beste zu hoffen und dann den geeigneten Moment abzuwarten, um ihn um Hilfe zu bitten. Dies war ja noch immer mein vorrangiges Ziel und ich gedachte es auch zu erreichen...