Prioritäten

    • Als Einstieg ins Thema nehme ich euch mit auf eine retrospektive Reise in die 90er und wir werfen einen Blick auf meinen damaligen Hauskater (siehe Foto im Anhang wenn es denn klappt). In kreativer Unbefangenheit taufte ich ihn auf den Namen Indy Jones. Er war eine Ausgeburt an Gutmütigkeit, jedoch ein wenig, na, ich will nicht sagen einfältig, sein Oberstübchen war nur schlecht möbliert. Sein gewaltiger Kauapparat erreichte die Ausmasse einer durchschnittlichen Baggerschaufel, und zwar bei geschlossener Kinnlade. Obwohl die Retina bei Katzen in der Regel sechsmal empfindlicher ist als beim Menschen und man meinen könnte, damit käme man prima durch den Tag, musste ich Jones nicht nur einmal in vollem Lauf vor einer geschlossenen nicht weichen wollenden Tür retten. Er war trotz all seiner Fehler etwas besonderes. Denn dieser Kater hatte einen Traum.
      Wie auf dem Foto zu erkennen ist, spiegelt die Sonnenbrille die er trägt, seinen rebellischen Charakter wider. Deshalb wollte er auch unbedingt Gitarrist und Sänger werden um mit seinen Kompositionen Missstände und Grausamkeiten in der Welt anzuprangern. Der Traum rückte in weite Ferne als wir herausfanden, dass keine für Katzen angepassten Gitarren produziert werden. Dabei besass er auch die ideale Physiognomie, das passende Aussehen also, sowie die nötige Virilität eines Rockmusikers, die für eine anständige Groupiebildung unabdingbar sind. Seine Züge hatten was animalisches, tierisches, sein Outfit (Schwarz-weisses Fell) repräsentierte Gut und Böse. Er wollte damit zeigen, dass er beides in sich vereinigt und Schizophrenie durchaus einen charakterlicher Vorzug darstellen kann. Seit seiner Geburt hatte er sich die Haare nicht mehr geschnitten, was Freiheit und wenig Sonnenbrände symbolisierte.
      Und er hatte vor, stets unbekleidet auf seinen Konzerten aufzutreten...um ein Zeichen zu setzen. Welches wusste er nicht, aber er konnte sich auch nicht um alles kümmern. Er war fest entschlossen, seinen Traum niemals aufzugeben, für sein Recht zu kämpfen bis er sagen konnte: "Ich bin der Welt erster Katzenrocker." Doch dann rief meine Mutter ihn zum Essen und die Rockstarkarriere war einem Napf mit Katzenfutter gewichen. (Vermutlich mit Kaninchengeschmack)

      Offenbar war der Traum eines vollen Magens der grössere. Man muss eben Prioritäten setzen im Leben... ;)

      Da ich einen reinen Aufzähl-Fred, aufgrund der dabei auftretenden Diskussionsarmut vermeiden will, möchte ich neben der Frage welche Prioritäten ihr im Leben setzt noch desweiteren erörtern, wie diese Prioritäten überhaupt zustande kommen. Im Laufe des Lebens verändert bzw. entwickelt sich jeder Mensch und dem sind auch seine Prioritäten unterworfen. Der oberste Stellenwert für einen Säuglings bspw. dürfte wohl die Nähe zu einer Brustwarze sein. Und so manchen sexuell erblühten Jugendlichen geht es ähnlich, wenngleich aus ganz anderen Gründen ;) Aber gibt es allgemeingültige, intersubjektive Prioritäten die unabhängig von der Erfahrung sind, was würde ihr Fehlen bedeuten? Und gründen sie eher auf Ratio oder Emotionalität?

      Abschliessend möchte ich noch den Appell anfügen, unterstützt eure Haustiere, auch sie haben Träume...