Ich hatte es noch in der Hand. Es roch nach Schuld und die Blutflecken auf seinem blanken Metall starrten mich an. So also fühlte es sich an, einen Menschen zu ermorden. Dieser vergreiste Edward war keine Herausforderung für mich. Er schlief. Er schlief, als ich die Tür aufbrach. Er schlief, als ich mich seinem Bett näherte. Er schlief sogar noch, als ich ihn auf den Stuhl hechtete. Bis er zu Sinnen kam, war er gefesselt. Ich arbeitete erstaunlich präzise. Auch Edward war erstaunt, als ihn der Schlaf der letzten Stunde seines Lebens freigab. Zuerst schien er beruhigt, als er mich sah. Bis er meine Hand sah. Das Beil darin sehnte sich danach, den Tod zu verbreiten.
Edward hustete und röchelte. Er zappelte. Er sah mich flehend an. Es flehten seine Augen, es flehte sein Mund, ja sogar seine verrunzelte Haut schien zu flehen. Es flehte sein Herz, es flehte sein Hirn, es flehte sein ganzer Körper. Er flehte um sein erbärmliches Leben. Ich wollte ihn nicht länger quälen. Was ich erreichen wollte, erreichte ich auch so. Binnen Sekunden hatte ich seine Beine abgehackt. Ich nahm mir einen Stuhl und sah ihm beim Verbluten zu.
Er weinte. Tja, mein lieber Edward, ich habe nie behauptet, dass es schön werden würde. Doch glaube mir, ich genieße eine jede Sekunde. Als Edward nach einigen Minuten schließlich zusammensackte, hatte er mich zum Herr über seinen Tod gekrönt. Ich habe es geschafft. Gott ist überlistet! Ich grinste. Gierig nach meinem Ruhm leckte ich Edwards Blut von meinem Zepter. Es war eine sichere Sache, dachte ich mir im Stillen, und niemand, niemand wird den Dorfpfarrer verdächtigen!
Doch da war dieser Kommissar. Kommissar Brenzer. Schon am Tag nach dem Mord besuchte er mich im Pfarrhof. Er fragte mich über das Klima im Dorf aus. Doch ich allein wusste, warum er wirklich da war. Er sah mir in die Augen und grinste dabei. Er forderte mich heraus! Er wusste es. Das war mir klar. Ich habe keine Spuren hinterlassen. Aber er wusste es. Sein widerlich süßliches Grinsen, seine lächerlich gut getarnten Anspielungen, sein abnormal gewöhnliches Verhalten. Er zog an seiner Zigarette und schien dabei die Luft aus dem Raum zu saugen. Ach was, die Luft! Meine Seele wollte er aussaugen, dieser Kommissar. Doch ich würde ihn nicht gewinnen lassen. Du bist der Herr über den Tod, sagte ich mir, ein einfacher Mensch kann dich nicht besiegen!
Ich packte meinen Hut und ließ den Pfarrhof und den Kommissar schnell hinter mir. Ich müsse ja schließlich die Beerdigung vorbereiten, behauptete ich. Meine Schritte wurden hastiger. Ich lief, ohne es zu merken. Es konnte doch nicht sein! Wie sollte er ...? Aber schon als ich die Kapelle sah, wich jeder Zweifel. Ich habe die Waffe vor Gottes Füßen vergraben. Und er kann sie nicht entblößen. Weder er noch dieser dümmliche Landpolizist könnten mich jemals aufhalten. Ich musste nur ruhig bleiben. Sie können dir nichts anhaben, dachte ich mir. Du bist in diesem Spiel der Meister. Unter deinen Händen steht und fällt das Leben!
Schon nach kurzer Zeit war ich wieder nüchtern. Räusche des Zweifels wie dieser dürfen nicht mehr vorkommen. Sie werden nicht mehr vorkommen, das schwor ich mir! Ich betrat die Kapelle und lachte. Ich lachte lauthals. Ich lachte über den geopferten Edward, ich lachte über all’ die dummen Menschen im Ort, ich lachte über Gott. Doch in meinem Lachen erwachte eine stille Gier. Die Gier nach mehr ...
FORTSETZUNG FOLGT
Anmerkung: Die Idee überkam mich ganz plötzlich und ich musste den ersten Teil noch heute zu Papier bringen. Der Schreibstil sollte möglichst trocken und lakonisch klingen, ohne zu wenig Gefühl zu zeigen. Das Ganze wollte ich im Stile einer Kurzgeschichte à la E. A. Poe schreiben. Naja, persönlich glaube ich, schon wesentlich besseres geschrieben zu haben. Aber die Öffentlichkeit braucht ja hin und wieder auch etwas zum zerfleischen
Edward hustete und röchelte. Er zappelte. Er sah mich flehend an. Es flehten seine Augen, es flehte sein Mund, ja sogar seine verrunzelte Haut schien zu flehen. Es flehte sein Herz, es flehte sein Hirn, es flehte sein ganzer Körper. Er flehte um sein erbärmliches Leben. Ich wollte ihn nicht länger quälen. Was ich erreichen wollte, erreichte ich auch so. Binnen Sekunden hatte ich seine Beine abgehackt. Ich nahm mir einen Stuhl und sah ihm beim Verbluten zu.
Er weinte. Tja, mein lieber Edward, ich habe nie behauptet, dass es schön werden würde. Doch glaube mir, ich genieße eine jede Sekunde. Als Edward nach einigen Minuten schließlich zusammensackte, hatte er mich zum Herr über seinen Tod gekrönt. Ich habe es geschafft. Gott ist überlistet! Ich grinste. Gierig nach meinem Ruhm leckte ich Edwards Blut von meinem Zepter. Es war eine sichere Sache, dachte ich mir im Stillen, und niemand, niemand wird den Dorfpfarrer verdächtigen!
Doch da war dieser Kommissar. Kommissar Brenzer. Schon am Tag nach dem Mord besuchte er mich im Pfarrhof. Er fragte mich über das Klima im Dorf aus. Doch ich allein wusste, warum er wirklich da war. Er sah mir in die Augen und grinste dabei. Er forderte mich heraus! Er wusste es. Das war mir klar. Ich habe keine Spuren hinterlassen. Aber er wusste es. Sein widerlich süßliches Grinsen, seine lächerlich gut getarnten Anspielungen, sein abnormal gewöhnliches Verhalten. Er zog an seiner Zigarette und schien dabei die Luft aus dem Raum zu saugen. Ach was, die Luft! Meine Seele wollte er aussaugen, dieser Kommissar. Doch ich würde ihn nicht gewinnen lassen. Du bist der Herr über den Tod, sagte ich mir, ein einfacher Mensch kann dich nicht besiegen!
Ich packte meinen Hut und ließ den Pfarrhof und den Kommissar schnell hinter mir. Ich müsse ja schließlich die Beerdigung vorbereiten, behauptete ich. Meine Schritte wurden hastiger. Ich lief, ohne es zu merken. Es konnte doch nicht sein! Wie sollte er ...? Aber schon als ich die Kapelle sah, wich jeder Zweifel. Ich habe die Waffe vor Gottes Füßen vergraben. Und er kann sie nicht entblößen. Weder er noch dieser dümmliche Landpolizist könnten mich jemals aufhalten. Ich musste nur ruhig bleiben. Sie können dir nichts anhaben, dachte ich mir. Du bist in diesem Spiel der Meister. Unter deinen Händen steht und fällt das Leben!
Schon nach kurzer Zeit war ich wieder nüchtern. Räusche des Zweifels wie dieser dürfen nicht mehr vorkommen. Sie werden nicht mehr vorkommen, das schwor ich mir! Ich betrat die Kapelle und lachte. Ich lachte lauthals. Ich lachte über den geopferten Edward, ich lachte über all’ die dummen Menschen im Ort, ich lachte über Gott. Doch in meinem Lachen erwachte eine stille Gier. Die Gier nach mehr ...
FORTSETZUNG FOLGT
Anmerkung: Die Idee überkam mich ganz plötzlich und ich musste den ersten Teil noch heute zu Papier bringen. Der Schreibstil sollte möglichst trocken und lakonisch klingen, ohne zu wenig Gefühl zu zeigen. Das Ganze wollte ich im Stile einer Kurzgeschichte à la E. A. Poe schreiben. Naja, persönlich glaube ich, schon wesentlich besseres geschrieben zu haben. Aber die Öffentlichkeit braucht ja hin und wieder auch etwas zum zerfleischen

Aufsteigt der Strahl, und fallend gießt
Er voll der Marmorschale Rund,
Die, sich verschleiernd, überfließt
In einer zweiten Schale Grund;
Die zweite gibt, sie wird zu reich,
Der dritten wallend ihre Flut,
Und jede nimmt und gibt zugleich
Und strömt und ruht.
"Der Römische Brunnen", Conrad Ferdinand Meyer (1882)
Er voll der Marmorschale Rund,
Die, sich verschleiernd, überfließt
In einer zweiten Schale Grund;
Die zweite gibt, sie wird zu reich,
Der dritten wallend ihre Flut,
Und jede nimmt und gibt zugleich
Und strömt und ruht.
"Der Römische Brunnen", Conrad Ferdinand Meyer (1882)
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von Mystic ()