Bedingungsloses Grundeinkommen und soziale Gerechtigkeit

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

    • Bedingungsloses Grundeinkommen und soziale Gerechtigkeit

      Colt schrieb:

      Ich bin z.B. gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen, weil ich an das Leistungsprinzip glaube.
      Dem stimme ich zu. Aber für mich besteht die große Frage darin, wie es in der Theorie laut Verfechtern denn nicht einfach dazu kommt, dass das generelle Preisniveau angehoben wird und man dann vielleicht höchstens das Sozialsystem vereinfacht hat. Was ja im Prinzip irgendwo auch wieder die Debatte um den Mindestlohn ist.
    • Cooler Thread, hat mich schon die ganze Zeit gefreut, dass da mal wieder was in die Richtung kommt.

      @Colt + Bedingungsloses Grundeinkommen: So habe ich früher auch gedacht: aka, wenn jeder seine 1000€/Monat bekommt, dann wird er sich vmtl auf die faule Haut legen und nichts mehr arbeiten. Das schadet nur.
      Aber ein Leistungsprinzip setzt halt auch voraus, dass man durch Leistung wirklich was erreichen kann und das ist nicht mehr so. Wenn Leute 12h/Tag arbeiten für einen Hungerlohn, der es ihnen nicht mal erlaubt, Rücklagen für das Alter anzulegen und die Altersarmut garantiert ist, wenn Leute die einen 1,0er Abschluss nach dem Studium haben, Brötchen beim Bäcker schmieren, dann finde ich, auch ohne Grundeinkommen, das Leistungsprinzip ad absurdum geführt. Warum sollte man sich noch anstrengen, wenn man eh nur unbezahlte Praktika/ Niedriglohnjobs bekommt? Da kann man gleich besser Sozialhilfe beantragen und hat vermutlich noch mehr Geld, als wenn man den ganzen Tag arbeitet und seine Gesundheit ruiniert.
      Ich kann zudem sagen, dass die meisten Leute irgendetwas tun wollen. Ja, am Anfang ist es irgendwie noch ganz nett, rumzuliegen, aber ich habe es gemerkt, wo ich nach dem Studium ein halbes Jahr arbeitslos war: Ich habe mich richtiggehend gefreut, wieder was tun zu dürfen, einen geregelten Tag zu haben. So geht es vielen Langzeitarbeitslosen. Wenn sie schon nicht beschäftigt werden können, könnten sie bspw. ehrenamtlich was tun, weil ja erstmal keine Angst vor finanziellen Repressalien ist, man könnte sich weiterbilden usw. (Es ist auch ein Unding, dass man mit Hartz IV nicht studieren darf - da versuchen ja Leute ihre Lage zu verbessern...)
      Ob ich jetzt unbedingt für ein bedingungsloses Grundeinkommen bin, weiß ich nicht - aber die momentane Schieflage gebiert solche Ideen und das kommt nicht von ungefähr. Einen Versuch wäre es sicher wert gewesen, daher finde ich es schade, dass die Schweiz ablehnte. Wenn es schiefgegangen wäre, hätte es dieses Land am ehesten verkraftet. %D
      Fakt ist nur: alles was momentan läuft, ist nicht sozial und da mischt die "S"PD halt auch ganz schön mit.
    • @Grundeinkommen

      Ich würde sogar behaupten, eine Art Grundeinkommen würde die Wirtschaft ankurbeln. Wenn die lebensnotwendigen Käufe abgedeckt sind (Gas/Elektro/Wasser, Miete, Nahrung, Medizin, etc.) und man hat noch mehr Geld (vom Arbeiten, z.B.) sind mehr Menschen dazu bereit, Geld auszugeben. Zum Beispiel für Luxusartikel, die oftmals höher besteuert werden als z.B. Brot.

      Oder mehr Menschen würden sich Kinder "leisten". Klingt seltsam, wenn andauernd Leute schreien es gäbe Familien die bekämen nur so viele Kinder wegen des Kindergeldes, aber im Bekanntenkreis höre ich immer wieder "Kinder kann sich heutzutage doch keiner mehr leisten!". Ist eben gerade für meine Altersklasse (Mittzwanziger) und ältere Freunde in den Dreißigern interessant. Argument ist, dass unsere Eltern in unserem Alter bereits Familie, Haus und Auto hatten, wir mit viel Glück in zehn Jahren jedoch nur Familie, Drei-Zimmer-Wohnung und ein bisschen Geld für den Bus unser Eigen nennen können.

      An sich bedeutet Grundeinkommen ja nicht, dass auf einmal keiner mehr arbeiten geht. Im Gegenteil, ich würde sogar behaupten, dass mehr Leute halbtags arbeiten würden, da sie nicht mehr das volle Gehalt brauchen. Insbesondere bei Alleinerziehenden wäre das klasse, die könnten zu Kindergarten-/Schulzeiten arbeiten gehen und brauchen keinen, der zuhause auf die Kleinen aufpasst. Genug einkommen, weniger Ausgaben. Zudem weniger Kosten für den Arbeitgeber, da nur halber Lohn, mehr Lücken im Arbeitsplan, mehr Arbeitsplätze.

      Natürlich ist das alles vollkommen utopisch, und in Deutschland wird das sicher nicht in den nächsten 50, vielleicht 100 Jahren ausprobiert werden (besonders aufgrund der Einwohnerzahl - Grundeinkommen für +/- 70 Millionen Menschen ist sicher sauteuer - weshalb die Schweiz für das Modell interessant gewesen wäre). Vielleicht entscheidet sich demnächst ja mal ein skandinavisches Land für einen Probelauf.
      >:3c
    • Evilitschi schrieb:

      Dem stimme ich zu. Aber für mich besteht die große Frage darin, wie es in der Theorie laut Verfechtern denn nicht einfach dazu kommt, dass das generelle Preisniveau angehoben wird und man dann vielleicht höchstens das Sozialsystem vereinfacht hat. Was ja im Prinzip irgendwo auch wieder die Debatte um den Mindestlohn ist.
      Dem stimme ich zu: Das bedingungslose Grundeinkommen kann natürlich auch nur dann funktionieren, wenn so ziemlich jeder wirtschaftliche Aspekt angefangen bei der Preisbildung staatlich durchreguliert wird. Als Verfechter von Angebot vs. Nachfrage kann ich das nicht gutheißen. Beispiel "Mitpreisbremse". Jeder der was auf sich hält, zieht ja heute nach Berlin (oder eine vergleichbare andere Hipster-Stadt). Ich halte aber im Zuge der Gentrifizierung nichts davon, den Wohnungsmarkt von staatlicher Seite regulieren zu wollen. Erst einmal gibt es für mich den persönlichen Grund dahingehend, dass niemand das Recht hat, in bester zentraler Lage zu leben, wenn er es sich nicht leisten kann. Ökonomisch bedeutet dies aber auch, dass nicht wenige Investoren (ob Große, oder kleine Privatanleger, die ihre Rente später einmal aufstocken wollen) davon absehen werden, großartig in Wohnraum zu investieren. Es geht ja nicht nur um Wohnraum: Wenn in zentraler Lage nur Sozialwohnungen stehen sollen und es eine Mietpreisbremse gibt, dann gibt es keine Gewerbeflächen, in die es sich zu investieren lohnt. D.h. keine Bauprojekte die Tausende in Lohn und Brot bringen würden. D.h. keine modernen, zentralen Büroflächen, d.h. keine großen Firmen, die eine Niederlassung anmieten. D.h. keine Umsatz- und Gewerbesteuer und keine attraktiven Jobs für junge Absolventen, also auch keine Einkommenssteuer und kein angekurbelter Konsum. Kann man gerade in Berlin, der Start up-Hauptstadt sehen. Deswegen lachen auch alle über das Flughafen-Debakel, aber echte Konsequenzen hat dies nicht. In einer Stadt wie Frankfurt oder London würden hunderte Vorstandsvorsitzende wutentbrannt an der Rathaustür hämmern und zur Not den Flughafen selbst fertig bauen.
      HUD-Projekte oder zu deutsch: staatlich geförderte Sozialwohnungen müssen nicht unbedingt in bester, zentraler Lage liegen.

      CAMIR schrieb:

      @Colt + Bedingungsloses Grundeinkommen: So habe ich früher auch gedacht: aka, wenn jeder seine 1000€/Monat bekommt, dann wird er sich vmtl auf die faule Haut legen und nichts mehr arbeiten. Das schadet nur.
      Aber ein Leistungsprinzip setzt halt auch voraus, dass man durch Leistung wirklich was erreichen kann und das ist nicht mehr so. Wenn Leute 12h/Tag arbeiten für einen Hungerlohn, der es ihnen nicht mal erlaubt, Rücklagen für das Alter anzulegen und die Altersarmut garantiert ist, wenn Leute die einen 1,0er Abschluss nach dem Studium haben, Brötchen beim Bäcker schmieren, dann finde ich, auch ohne Grundeinkommen, das Leistungsprinzip ad absurdum geführt. Warum sollte man sich noch anstrengen, wenn man eh nur unbezahlte Praktika/ Niedriglohnjobs bekommt? Da kann man gleich besser Sozialhilfe beantragen und hat vermutlich noch mehr Geld, als wenn man den ganzen Tag arbeitet und seine Gesundheit ruiniert.
      Ich kann zudem sagen, dass die meisten Leute irgendetwas tun wollen. Ja, am Anfang ist es irgendwie noch ganz nett, rumzuliegen, aber ich habe es gemerkt, wo ich nach dem Studium ein halbes Jahr arbeitslos war: Ich habe mich richtiggehend gefreut, wieder was tun zu dürfen, einen geregelten Tag zu haben. So geht es vielen Langzeitarbeitslosen. Wenn sie schon nicht beschäftigt werden können, könnten sie bspw. ehrenamtlich was tun, weil ja erstmal keine Angst vor finanziellen Repressalien ist, man könnte sich weiterbilden usw. (Es ist auch ein Unding, dass man mit Hartz IV nicht studieren darf - da versuchen ja Leute ihre Lage zu verbessern...)
      Ob ich jetzt unbedingt für ein bedingungsloses Grundeinkommen bin, weiß ich nicht - aber die momentane Schieflage gebiert solche Ideen und das kommt nicht von ungefähr. Einen Versuch wäre es sicher wert gewesen, daher finde ich es schade, dass die Schweiz ablehnte. Wenn es schiefgegangen wäre, hätte es dieses Land am ehesten verkraftet. %D
      Fakt ist nur: alles was momentan läuft, ist nicht sozial und da mischt die "S"PD halt auch ganz schön mit.

      Hallo Camir, das mag ja alles richtig sein, was Du da schreibst. Ich kenne auch (Tier)Ärzte, die verdienen deutlich weniger als ich, leisten aber soviel mehr. Ich finde aber dieses Thema viel zu komplex und glaube nicht, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen die Lösung darstellt. Jeder einzelne von uns hat seine eigenen Beweggründe, warum er studiert was er studiert. Jeder hat irgendwo einen beruflichen Traum oder spezielle Neigungen und Interessen, die ausgelebt werden wollen. Und das ist auch alles prima. Allerdings - und das habe ich auch erst in den letzten Jahren gelernt - wird ein Job nicht ausschließlich danach bewertet (monetär), ob ich sehr engagiert, sehr erfolgreich mit sehr gutem Abschluss studiert habe oder nicht. Der Arbeitsmarkt ist ein Markt wie jeder andere auch: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Die Zeit kurz vor und nach dem Abitur ist eigentlich der entscheidende Punkt im Leben. Dort fallen die Würfel, die das gesamte restliche Leben - meiner Meinung nach - am stärksten beeinflussen, mehr noch als meine Herkunft aus sozioöknomischer Sicht usw. Es geht dabei nicht nur um die Frage, wie gut ich am Ende meiner Schulzeit abschneide, sondern vielmehr darum, für welchen beruflichen Weg ich mich entscheide. Dabei ist es vollkommen legitim, genau das zu machen, wonach einem ist. Es schadet aber definitiv nicht, konkret zu hinterfragen, wie mit meiner Berufswahl der Erfolg am Ende meines beruflichen Lebens aussieht. Ich kann mich z.B. dazu entschließen, Tierarzt zu werden. Moralisch ein toller Job. Doch man sollte nicht außer Acht lassen, dass dieser aus wirtschaftlicher Sicht nicht gerade der gefragteste, daher auch nicht besonders hoch dotiert ist. Für Ärzte allgemein muss das nicht gelten, doch wenn ich lieber in einem öffentlichen Krankenhaus arbeite, wo die Bezahlung bekanntermaßen nicht dem entspricht, was jeder Arzt an Leistung "reinsteckt", dann steige ich natürlich deutlich tiefer ein, als jemand der sich als Kieferchirurg selbstständig macht. Die "Kunst" ist es also nicht, sich irgendeinen Job zu suchen und dort maximal zu performen, denn innerhalb des gewählten Berufszweiges gibt es nur ein bestimmtes Gehaltsrange, dessen Maximum ich mich mit viel Mühe und Engagement annähern kann und dann trotzdem selbst mit Studium weniger verdiene, als jemand der vielleicht nicht 5 Jahre Uni auf sich genommen hat. Die Kunst ist es eigentlich, bereits mit der "richtigen" Berufswahl/Studiumswahl bereits als Berufseinsteiger möglichst hoch einzusteigen, um dem Ziel der finanziellen Unabhängigkeit ein wenig schneller näher zu kommen. Ich ich finde das ist vollkommen in Ordnung, denn als mündiger Mensch brauche ich keine staatlichen Stellen, die mir den besten Weg zeigen.

      Juandalyn schrieb:

      @Grundeinkommen

      Ich würde sogar behaupten, eine Art Grundeinkommen würde die Wirtschaft ankurbeln. Wenn die lebensnotwendigen Käufe abgedeckt sind (Gas/Elektro/Wasser, Miete, Nahrung, Medizin, etc.) und man hat noch mehr Geld (vom Arbeiten, z.B.) sind mehr Menschen dazu bereit, Geld auszugeben. Zum Beispiel für Luxusartikel, die oftmals höher besteuert werden als z.B. Brot.

      [...]

      An sich bedeutet Grundeinkommen ja nicht, dass auf einmal keiner mehr arbeiten geht. Im Gegenteil, ich würde sogar behaupten, dass mehr Leute halbtags arbeiten würden, da sie nicht mehr das volle Gehalt brauchen. Insbesondere bei Alleinerziehenden wäre das klasse, die könnten zu Kindergarten-/Schulzeiten arbeiten gehen und brauchen keinen, der zuhause auf die Kleinen aufpasst. Genug einkommen, weniger Ausgaben. Zudem weniger Kosten für den Arbeitgeber, da nur halber Lohn, mehr Lücken im Arbeitsplan, mehr Arbeitsplätze.
      Da steckt ja bereits ein Widerspruch drin. Ich behaupte mal ganz vorsichtig, dass die wirtschaftlichen Einbußen aufgrund geringerer Arbeitszeit (=Arbeitsleistung) der Arbeitnehmer nicht durch andererseits erhöhten Konsum aufgefangen werden könnten. Außerdem ist die Kaufkraft in Deutschland schon vergleichsweise (unter Industrienationen) hoch, dass also ein BGE bei zeitgleicher Reduzierung der work force die Wirtschaft ankurbelt, stelle ich mal in Frage.

      Zum Thema Kinder: Ich behaupte mal, dass das Jammern aauf hohem Niveau ist. Ohne selbst Kinder zu haben beziehe ich mich mal auf die unmittelbare Bekanntschaft: Kinder kosten Geld, sind aber nicht unbezahlbar. Es sei denn, man schafft es nicht, an anderer Stelle den Gürtel enger zu schnallen. Und dabei spreche ich von tatsächlichen Luxusgütern und -dienstleistungen: Fettes Auto, am besten zwei, 3x im Jahr Urlaub, im das neuste Home Entertainment, fancy Klamotten, teurer anderer "Müll". Ja, finde ich auch alles nett, aber ich habe auch keine Familie durchzubringen.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Colt ()

    • Colt: Mir geht es nicht darum, dass man bei, sagen wir idealistischeren Jobs, weniger verdient, als bei rein wirtschaftlich orientierten (obwohl ich mich frage, was eine Gesellschaft mehr braucht: Lehrer für ihrer Kinder, die gute Bildung gewährleisten, Krankenschwestern, Kindergärtner oder irgendwelche Finanzjongleure und Rechtsanwälte..), sondern es geht mir darum, dass man von seinem verdienten Geld überhaupt nicht mehr leben kann. Diese Leute können sich Kinder nicht leisten. Die können sich nichtmal die von dir angesprochnen Luxusartikel leisten, geschweige denn daran denken. Wo soll da bitte Geld für Kinder herkommen, wenn man in einem Einzimmerappartment haust, weil man sich nix anderes leisten kann? (Wohlgemerkt bei sozialversicherungspflichtiger Vollzeitstelle!)

      Und es ist mir zu einfach, einfach die Schultern zu zucken und zu sagen: "Sind ja selbst schuld, könnten ja als was arbeiten, wo sie mehr verdienen." (Was, wenn ich es richtig lese, irgendwie die Quintessenz deines Beitrags ist.) Viele können oder wollen so einen Beruf nicht ergreifen, aus welchen Gründen auch immer (Gesundheit, soziale Herkunft, Idealismus).

      Du schreibst, du willst nicht, dass der Staat so Leuten hinterherräumt, weil ja jeder mündig genug ist, selbst zu entscheiden, was er später macht. Das setzt aber auch Wahlfreiheit voraus. In einer Gesellschaft, die nur aus Leuten der (momentan) "richtigen" Berufswahl besteht (also Juristen, Banker, BWLer, freiberufliche Ärzte), möchte ich persönlich nicht leben. Nicht nur, weil diese sehr schnell handlungsunfähig wäre, weil wichtige Infrastruktur nicht gewährleistet wäre (Lehrer, Gesundheitswesen neben Ärzten, Müllentsorgung), sondern auch, weil das irgendwie sehr einseitig und langweilig ist. Wenn man aber abseits dieser Berufszweige nur sehr schwer so Geld verdienen kann, dass man davon leben Kann, ist die Wahlfreiheit der "mündigen Bürger" aber nur eine vermeintliche.
    • Ja, aber Du zeigst ja die Probleme eigentlich mehr oder weniger selbst auf: Lehrer, Krankenschwestern, Ärzte in öffentlichen Einrichtungen, Müllentsorgung. Das sind in Deutschland mehr oder weniger alles staatliche Angestellte. Was bringt ein staatlich finanziertes, bedingungsloses Grundeinkommen, wenn der Dienstherr es nicht hinbekommt, seine eigenen Angestellten vernünftig zu bezahlen? Wenn kein Geld für B da ist, woher soll denn erst das Geld für A kommen? Und der Clou ist, dass so ziemlich alle staatlichen Stellen betroffen sind. So mangelt es ja auch zunehmend an Polizeikräften bzw. Stellen werden einfach nicht nachbesetzt, weil kein Geld da ist. Auch staatliche Richter haben es schwer.

      Außerdem habe ich Berufe wie Lehrer oder Krankenschwestern nicht schlechtreden wollen, sondern ich habe ermahnt, dass es durchaus angebracht ist, dass jeder für sich selbst und möglichst frühzeitig einmal reflektiert, wo man dem Punkt der finanziellen Unabhängigkeit deutlich näher ist als anderswo.
    • Colt schrieb:

      Ja, aber Du zeigst ja die Probleme eigentlich mehr oder weniger selbst auf: Lehrer, Krankenschwestern, Ärzte in öffentlichen Einrichtungen, Müllentsorgung. Das sind in Deutschland mehr oder weniger alles staatliche Angestellte. Was bringt ein staatlich finanziertes, bedingungsloses Grundeinkommen, wenn der Dienstherr es nicht hinbekommt, seine eigenen Angestellten vernünftig zu bezahlen? Wenn kein Geld für B da ist, woher soll denn erst das Geld für A kommen? Und der Clou ist, dass so ziemlich alle staatlichen Stellen betroffen sind. So mangelt es ja auch zunehmend an Polizeikräften bzw. Stellen werden einfach nicht nachbesetzt, weil kein Geld da ist. Auch staatliche Richter haben es schwer.
      Wenn du genau liest, wirst du feststellen, dass ich in meinem 1. Post gesagt habe, dass ich nicht weiß, ob ich für ein Grundeinkommen bin, aber momentan halt vieles gewaltig schiefläuft, sodass die Überlegungen nicht von Ungefähr kommen. Der Staat ist tatsächlich der mieseste, schäbigste Arbeitgeber der rumläuft. Insofern gehen wir da d'accord.

      Fakt ist, Deutschland hat ein massives Armutsproblem und das wird nicht besser und da finde ich, ist es schon staatliche Aufgabe dafür zu sorgen, dass dem nicht so ist. Das müssen nicht unbedingt mehr Sozialleistungen sein (obwohl das GU erstmal nur "andere" Sozialleistungen wären, ob es teurer würde oder nicht, bliebe abzuwarten), sondern eben sowas wie Mindestlohn (der dann aber natürlich wieder an allen Ecken und Enden umgangen wird, aber anderes Thema) oder auf die Arbeitgeber einwirken, indem so Ausbeutungs-Leiharbeitspraktiken verboten werden. Die meisten wollen ja garkeine Reichtümer scheffeln und sind vielleicht auch happy, "nur" Telefondame zu sein. Den Anspruch von einem Vollzeitjob einigermaßen gut leben zu können, halte ich nicht für überzogen. Ob das durch Grundeinkommen oder etwas anderes gewährleistet ist, ist mir dabei relativ egal. Daher hätte ich es spannend gefunden, in der Schweiz mal dabei zuzusehen, bevor ein so großes Land wie D sowas probiert.


      Colt schrieb:

      Außerdem habe ich Berufe wie Lehrer oder Krankenschwestern nicht schlechtreden wollen, sondern ich habe ermahnt, dass es durchaus angebracht ist, dass jeder für sich selbst und möglichst frühzeitig einmal reflektiert, wo man dem Punkt der finanziellen Unabhängigkeit deutlich näher ist als anderswo.
      Wenn man in Berufen, die für die gesellschaftliche Infrastruktur unabdingbar sind, armutsgefährdet ist, läuft gewaltig was aus dem Ruder. Es kann eben nicht die Lösung sein, dass dann alle nur noch vermeintlich "geldbringende" Berufe ergreifen, mündige Bürger hin oder her und sich sozial lohnende Berufe dermaßen finanziell nicht mehr lohnen, dass sie niemand mehr machen will. Und ich glaube halt nicht, dass "weniger" Staat da auf Dauer hilft, im Gegensatz zu dir, ich glaube das ist der Hauptpunkt, wo wir uns widersprechen.
    • CAMIR schrieb:

      Wenn man in Berufen, die für die gesellschaftliche Infrastruktur unabdingbar sind, armutsgefährdet ist, läuft gewaltig was aus dem Ruder. Es kann eben nicht die Lösung sein, dass dann alle nur noch vermeintlich "geldbringende" Berufe ergreifen, mündige Bürger hin oder her und sich sozial lohnende Berufe dermaßen finanziell nicht mehr lohnen, dass sie niemand mehr machen will. Und ich glaube halt nicht, dass "weniger" Staat da auf Dauer hilft, im Gegensatz zu dir, ich glaube das ist der Hauptpunkt, wo wir uns widersprechen.
      Na ja, ist ja alles richtig, aber ich würde meinen Kindern nicht mitgeben, unbedingt Lehrer zu werden, damit sich überhaupt irgendwer für soziale Berufe engagiert. Und wenn wir anfangen wie in der DDR, Studienplätze nach Quoten zu vergeben und individuelle Wünsche zu ignorieren, damit die unterschiedlichen Bedarfe gedeckt sind, DANN läuft gewaltig etwas schief. Das wäre dann für mich auch das Signal, dass man nicht unbedingt einer Universität zu Heidelberg oder sonstwo an einer staatlichen Uni in Deutschland studieren muss. Da ist's Zeit, um die Segel zu streichen.
      Ich wäre sehr gespannt darauf zu beobachten, was passiert wenn beispielsweise niemand mehr Lehrer werden will, weil die Bezahlung an staatlichen Schulen miserabel ist.. Welchen Weg geht man dann? Lockt man Kandidaten mit einer attraktiveren Bezahlung? Werden Bildungsaufträge wie im angloamerikanischen/angelsächsischen Raum seit Jahrhunderten üblich outgesourced, d.h. privatisiert, um die Bezahlung zu verbessern? Dann reden wir über Schulgeld und Studiengebühren deutlich höher als 500 Euro je Semester. Oder gibt es dann eine ZVS für alle Studiengänge mit SOLL-Quoten? Ob ich dann also als Physiker in der freien Wirtschaft oder in der Forschung arbeite, oder doch Physik auf Lehramt studieren muss, damit der Bedarf an Physiklehrern gedeckt ist, wird dann durch den Staat fremdgesteuert? Nein, danke!
    • Ich dachte eigentlich weniger daran, Leute zwangszurekrutieren, als einfach attraktivere Bedingungen zu schaffen, bzw. überhaupt lebenswürdige Bedingungen zu schaffen und wenn nötig per Gesetz. Das kann ja wohl nicht so schwer sein. Viele wollen ja sogar Lehrer werden (insert andere notwendige Berufe) und was ist? Viele stehen auf der Straße. Von unseren Referendaren an der Schule, wovon viele mit sehr guten Noten abgeschlossen haben, wird niemand (!) übernommen. Höchstens popelige, dumme Vertretungsverträge für ein halbes Jahr und dann wieder auf der Straße stehen. (Und die Verträge sind immer dergestalt, dass man sich nichtmal Anspruch auf Alg I erwirbt. Dabei gibt es Bedarf (und dank der Flüchtlinge auch nicht zu knapp!).

      Das deutsche Bildungssystem bringt mich jedenfalls auch zum Weinen und das nicht erst schon an Hochschulen, aber das hat dann mit einem BGU nicht mehr so viel zu tun und gehört woanders hin. Wenn wir zum Angloamerikanischen System wechseln können sich nur noch Reiche gute Bildung leisten. Top! Dann ist noch mehr Armut vorprogrammiert. Daher lieber jetzt die Notbremse ziehen.
    • Juandalyn schrieb:

      An sich bedeutet Grundeinkommen ja nicht, dass auf einmal keiner mehr arbeiten geht. Im Gegenteil, ich würde sogar behaupten, dass mehr Leute halbtags arbeiten würden, da sie nicht mehr das volle Gehalt brauchen. [...] Zudem weniger Kosten für den Arbeitgeber, da nur halber Lohn, mehr Lücken im Arbeitsplan, mehr Arbeitsplätze.
      Das klingt für mich widersprüchlich. Wenn Leute weniger arbeiten, wird auch weniger produziert, und dann ist auch weniger zum Konsumieren da. Und wir haben in entsprechend sinnvollen Feldern eh nicht genug Leute, da es jetzt anscheinend "normal" ist, studieren zu gehen (anstatt eine Ausbildung zu machen), und das auch oft nicht in einem Fach geschieht das sich später wirtschaftlich gut verwerten lässt.
      Und wenn weniger Steuern gezahlt werden weil die Leute nur noch Teilzeit arbeiten, wo kommt dann das Geld her um das zu finanzieren? Dabei muss man ja bedenken, dass aufgrund des fehlenden Nachwuchses immer mehr Leute ausscheiden und eine Rente haben wollen, als Leute nachkommen. Wir haben ja jetzt schon ein Problem die Renten zu zahlen, wie funktioniert das dann später? Deutschland hat ja keine natürlichen Ressourcen die es verkauft, man muss das Geld durch Arbeit erwirtschaften, und irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass Konsum alleine das wieder aufwiegt, für größere Investitionen reicht das ja immer noch nicht und andere Dinge versickern oft im Ausland, auch Steuern.

      Eine Überlegung von mir ist, dass man ja für Berufe, die keinerlei Ausbildung benötigen, aber dennoch nötig sind, dann die Bezahlung erhöhen müsste, so wie z.B. Regale im Supermarkt einräumen. Um Leute, die eh genug haben, dann aus dem Haus zu locken, muss man eine entsprechende Bezahlung anbieten - und das habe ich übrigens auch als Argument für das Grundeinkommen gehört, dass jegliche Arbeit dann auch wieder attraktiv entlohnt wird. Sagen wir, das ist dann 15€/Stunde wert. Aber wird dann jemand, der eine mehrjährige Ausbildung absolviert hat, sich nicht seine Kompetenzen entsprechend bezahlen lassen wollen? Was ist mit jemandem, der das Abi gemacht hat und dann noch 5+ Jahre studierte? Aber selbst angenommen das ist nicht der Fall, man muss doch an irgendeiner Stelle in der Produktionskette die Leute besser bezahlen, was die Produkte teurer macht, und somit das Grundeinkommen vielleicht gar nicht mehr reicht und man doch wieder zur Arbeit gezwungen ist. Das meinte ich als ich sagte, dass sich das generelle Preisniveau bestimmt erhöht.


      CAMIR schrieb:

      Cooler Thread, hat mich schon die ganze Zeit gefreut, dass da mal wieder was in die Richtung kommt.
      Hatte deinen Beitrag irgendwie übersehen; freut mich, dass er Anklang findet.

      CAMIR schrieb:

      Wohlgemerkt bei sozialversicherungspflichtiger Vollzeitstelle!
      Na vielleicht ist dann die Steuerlast aufgrund der Sozialversicherung das Problem... Wie hält man es da eigentlich in der Schweiz? Die zahlen ja um einiges weniger an Steuern, aber irgendwie funktioniert doch alles.
    • Evilitschi schrieb:

      Juandalyn schrieb:

      An sich bedeutet Grundeinkommen ja nicht, dass auf einmal keiner mehr arbeiten geht. Im Gegenteil, ich würde sogar behaupten, dass mehr Leute halbtags arbeiten würden, da sie nicht mehr das volle Gehalt brauchen. [...] Zudem weniger Kosten für den Arbeitgeber, da nur halber Lohn, mehr Lücken im Arbeitsplan, mehr Arbeitsplätze.
      Das klingt für mich widersprüchlich. Wenn Leute weniger arbeiten, wird auch weniger produziert, und dann ist auch weniger zum Konsumieren da.
      Ich glaube nicht dass die Produktion darunter leidet, wenn man bedenkt wie viel importiert wird (besonders Kleidung, aber auch Smartphones etc.).

      Evilitschi schrieb:

      Und wir haben in entsprechend sinnvollen Feldern eh nicht genug Leute, da es jetzt anscheinend "normal" ist, studieren zu gehen (anstatt eine Ausbildung zu machen), und das auch oft nicht in einem Fach geschieht das sich später wirtschaftlich gut verwerten lässt.
      Naja, das liegt daran, dass Ausbildungsberufe (eben in den Richtungen wo wir Facharbeiter brauchen) oft schlecht bezahlt werden, besonders in der Ausbildung. Beziehungsweise, viele junge Leute bekommen von älteren zu hören dass heutzutage alles schlecht sei und sie doch lieber direkt studieren sollen. Seien wir ehrlich, in der Schule bereiten sie die jungen Leute doch nicht aufs Arbeitsleben vor. Die meisten Lehrer kennen selbst nichts anderes als das Studium. Erinnert mich an meine Mathekurse. Ich hätte viel besser und viel lieber weiter Prozent- und Zinsrechnung sowie Dreisatz gelernt, weil das immerhin täglich gebraucht wird. Aber nein, wir mussten Matritzen, Kurvendiskussion und Vektoren lernen. Hab ich seit meinem Abi, immerhin 6 Jahre her, nicht mehr gebraucht.
      Zumal die "wirtschaftlich sinnvollen" Fächer (MINT, insbesondere) eine extrem hohe Abbruchrate und Durchfallquote haben. ¯\_(ツ)_/¯ Klingt doof, aber "Bachelor of Arts" hat doch einen besseren Klang als "abgebrochenes Studium".


      Evilitschi schrieb:

      Und wenn weniger Steuern gezahlt werden weil die Leute nur noch Teilzeit arbeiten, wo kommt dann das Geld her um das zu finanzieren? Dabei muss man ja bedenken, dass aufgrund des fehlenden Nachwuchses immer mehr Leute ausscheiden und eine Rente haben wollen, als Leute nachkommen. Wir haben ja jetzt schon ein Problem die Renten zu zahlen, wie funktioniert das dann später? Deutschland hat ja keine natürlichen Ressourcen die es verkauft, man muss das Geld durch Arbeit erwirtschaften, und irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass Konsum alleine das wieder aufwiegt, für größere Investitionen reicht das ja immer noch nicht und andere Dinge versickern oft im Ausland, auch Steuern.
      Was die Rente angeht, die muss man sowieso umverteilen. Weg mit dem Generationenvertrag. Wir werden schon kaum noch Rente bekommen, die nächste Generation bekommt noch weniger. Mehr der Steuerhinterziehung nachgehen, nicht nur von Privatpersonen sondern auch von (Groß-)Firmen. Höhere Einkommensschichten ordentlich besteuern.
      Was die sonstigen Steuern angeht, die nicht direkt vom Gehalt abgehen: Mehrwertsteuer, etc.


      Colt schrieb:

      Juandalyn schrieb:

      @Grundeinkommen

      Ich würde sogar behaupten, eine Art Grundeinkommen würde die Wirtschaft ankurbeln. Wenn die lebensnotwendigen Käufe abgedeckt sind (Gas/Elektro/Wasser, Miete, Nahrung, Medizin, etc.) und man hat noch mehr Geld (vom Arbeiten, z.B.) sind mehr Menschen dazu bereit, Geld auszugeben. Zum Beispiel für Luxusartikel, die oftmals höher besteuert werden als z.B. Brot.

      [...]

      An sich bedeutet Grundeinkommen ja nicht, dass auf einmal keiner mehr arbeiten geht. Im Gegenteil, ich würde sogar behaupten, dass mehr Leute halbtags arbeiten würden, da sie nicht mehr das volle Gehalt brauchen. Insbesondere bei Alleinerziehenden wäre das klasse, die könnten zu Kindergarten-/Schulzeiten arbeiten gehen und brauchen keinen, der zuhause auf die Kleinen aufpasst. Genug einkommen, weniger Ausgaben. Zudem weniger Kosten für den Arbeitgeber, da nur halber Lohn, mehr Lücken im Arbeitsplan, mehr Arbeitsplätze.
      Da steckt ja bereits ein Widerspruch drin. Ich behaupte mal ganz vorsichtig, dass die wirtschaftlichen Einbußen aufgrund geringerer Arbeitszeit (=Arbeitsleistung) der Arbeitnehmer nicht durch andererseits erhöhten Konsum aufgefangen werden könnten. Außerdem ist die Kaufkraft in Deutschland schon vergleichsweise (unter Industrienationen) hoch, dass also ein BGE bei zeitgleicher Reduzierung der work force die Wirtschaft ankurbelt, stelle ich mal in Frage.
      Ich dachte immer, dass die Kaufkraft in Deutschland recht schlecht ist, verglichen mit Arbeitslosenrate und generellem Wohlstand (verglichen mit anderen EU-Ländern). Es muss ja auch nicht jeder auf einmal halbtags arbeiten gehen. An meinem Beispiel wollte ich eben klar machen dass es gut für Menschen ist, die eben nicht den ganzen Tag arbeiten können, sei es wegen ihrer Familie (Kinderbetreuung, Pflege von Verwandten) oder eigenen gesundheitlichen Problemen. Dann greift es vielleicht sowieso nur den Dienstleistungssektor und nicht den produzierenden Sektor.

      Colt schrieb:

      Zum Thema Kinder: Ich behaupte mal, dass das Jammern aauf hohem Niveau ist. Ohne selbst Kinder zu haben beziehe ich mich mal auf die unmittelbare Bekanntschaft: Kinder kosten Geld, sind aber nicht unbezahlbar. Es sei denn, man schafft es nicht, an anderer Stelle den Gürtel enger zu schnallen. Und dabei spreche ich von tatsächlichen Luxusgütern und -dienstleistungen: Fettes Auto, am besten zwei, 3x im Jahr Urlaub, im das neuste Home Entertainment, fancy Klamotten, teurer anderer "Müll". Ja, finde ich auch alles nett, aber ich habe auch keine Familie durchzubringen.
      Natürlich ist das Gejammer. Das zieht sich durch alle Alters- und Einkommensschichten. Aber ich glaube wir sprechen da aneinander vorbei. Nicht jeder leistet sich ein fettes Auto, mehrmals im Jahr Urlaub, Markenklamotten und anderen "teuren Müll". Es gibt tatsächlich Leute, die sich das alles nicht leisten können.
      >:3c
    • Juandalyn schrieb:

      Ich glaube nicht dass die Produktion darunter leidet, wenn man bedenkt wie viel importiert wird (besonders Kleidung, aber auch Smartphones etc.).
      Das Wort "Produkt" war ganz abstrakt als Ergebnis jeglicher Arbeit gemeint. Und ich meinte Konsum auch abstrakt als das Verwenden dieser Produkte, denn der Markt besteht zum kleinsten Teil aus Luxusgütern. Hinzu kommt, wie ich an einer anderen Stelle sagte und du hier ebenfalls bemerkst, dass diese nicht hier produziert werden und große Firmen wie Versandhäuser eh ihre Steuern nicht in Deutschland zahlen.


      Juandalyn schrieb:

      Was die Rente angeht, die muss man sowieso umverteilen. Weg mit dem Generationenvertrag. Wir werden schon kaum noch Rente bekommen, die nächste Generation bekommt noch weniger.
      Aber beim Grundeinkommen besteht das Problem doch fort, weil die Rentner dann auch einen Anspruch darauf haben.

      Juandalyn schrieb:

      Höhere Einkommensschichten ordentlich besteuern.
      Ich finde es nicht gut, Leistung zusätzlich zu besteuern. Warum sollten die noch mehr stemmen? Die Zahlen auch so schon das meiste in die Kassen ein. FAZ: Die obere Hälfte der Steuerpflichtigen zahlt inzwischen 95 Prozent des Steueraufkommens.



      Juandalyn schrieb:

      Naja, das liegt daran, dass Ausbildungsberufe (eben in den Richtungen wo wir Facharbeiter brauchen) oft schlecht bezahlt werden, besonders in der Ausbildung.
      Eine Ausbildung wird besser bezahlt als ein Studium, bei dem man nämlich nichts bekommt. Vor allem wenn man jung ist und wahrscheinlich noch bei den Eltern wohnt erhöht sich die Lebensqualität doch deutlich. Naja gut, ich vermute, die meisten Studenten werden eh von den Eltern unterstützt.
      Und es mag stimmen, dass ein Angestellter mit einer Ausbildung weniger bekommt als ein Angestellter, der studiert hat. Das lässt sich aber durch etwas unternehmerischen Geist deutlich ändern. Ich habe nur Anekdoten aber falls nötig kann ich dazu auch Zahlen suchen: Mit mir gedient hat einer, der die Autowerkstatt seines Vaters geerbt hat. Die hat ihm als er selbst nicht gearbeitet hat da er seinen Militärdienst abgeleistet hat mehrere Tausend Euro pro Monat beschert. Er hat immer allen alles ausgegeben, auch dem Taxifahrer die Nutte. Ein weiterer ehemaliger Kamerad hat jetzt ein eigenes Friseurstudio das der Einrichtung nach zu urteilen nicht so schlecht laufen kann, und ich war damals schon auch ein wenig neidisch auf sein Auto.


      Juandalyn schrieb:

      Seien wir ehrlich, in der Schule bereiten sie die jungen Leute doch nicht aufs Arbeitsleben vor.[...] Ich hätte viel besser und viel lieber weiter Prozent- und Zinsrechnung sowie Dreisatz gelernt, weil das immerhin täglich gebraucht wird.
      In der Schule sollen sie einen auch nicht aufs Arbeitsleben vorbereiten, sondern Bildung vermitteln. Das Abitur ist die Hochschulreife (oder sollte es sein). Das sollte dich zu jedem Studium befähigen, dafür macht man das Abitur. Wer danach eine Ausbildung macht (und nie vor hatte, zu studieren) hat den Zweck eines Abiturs nicht richtig verstanden. Und das von dir Erwähnte ist in einer typischen Mathevorlesung vielleicht einen Nebensatz wert.

      Juandalyn schrieb:

      Zumal die "wirtschaftlich sinnvollen" Fächer (MINT, insbesondere) eine extrem hohe Abbruchrate und Durchfallquote haben. ¯\_(ツ)_/¯ Klingt doof, aber "Bachelor of Arts" hat doch einen besseren Klang als "abgebrochenes Studium".
      Ich finde nicht, dass ein nach einem Jahr abgebrochenes Studium und dann eine Ausbildung über drei Jahre schlechter klingt, als ein Bachelor (den ja quasi niemand in der Regelstudienzeit hinbekommt, sagen wir also der Zeitraum ist vergleichbar). Ich würde der Person mit der Ausbildung jederzeit mehr zutrauen als einem Bachelor (in Informatik gibt es ja sowohl Ausbildungsberufe als auch das Studium, weshalb man das hier schon ein wenig vergleichen kann). Dazu kommt, dass eine Person mit Ausbildung im gleichen Alter viel mehr Praxis hat, was wirklich viel wert ist.
      Und falls ich dich richtig verstehe ist genau das auch das Problem, das ich versuchte anzusprechen. Es ist egal wie es "klingt", ein Studium ist (genau so wenig wie ein Abitur) kein Statussymbol. Es erfüllt einen bestimmten Zweck, und man muss sich wirklich genau überlegen ob man wirklich ein Studium aufnehmen möchte. Dass die Durchfallquoten hoch sind ist gut, man packt ja sowas wie Mathe extra an den Anfang, um zu verhindern, dass einerseits Ressourcen auf Leute verschwendet werden, die es eh nicht schaffen würden, und andererseits hilft man den Leuten auch zu erkennen, dass sie da vielleicht falsch sind, und somit ihre Zeit verschwenden.
      Im Endeffekt soll einen das Studium zur wissenschaftlichen Arbeit vorbereiten (was beim Bachelor irgendwie nicht gegeben ist), und das muss nicht notwendig in der Forschung sein sondern man wendet diese strukturierten Methoden auch im Beruf an, um neue Dinge zu erschaffen, anstatt nach Schema F etwas anzuwenden. Das ist dann auch der Meister im Ausbildungsfach, aber das sind üblicherweise eben ganz andere Themengebiete. Ich kenne lustigerweise viele, die Teils nach 10 Jahren ihr Studium abgebrochen haben um Schreiner zu werden (na gut, es sind 3, aber es häuft sich!) und sind damit sehr glücklich (noch so einige kommen hinzu wenn man andere Ausbildungsberufe nimmt, die sind dann aber sehr verschieden). Natürlich ist man irgendwo selbst für sich verantwortlich, aber ich denke es spielt auch eine große Rolle dass heute halt "jeder" ein Abi hat und irgendwas studiert. Um den Bogen zu schlagen: Dieses Studieren hilft aber nicht beim "Fachkräftemangel" weiter, da es eben das falsche Fach ist. Ich wette, meine Herren Doktoren Geschichte- und Deutschlehrer, die uns geraten haben, nicht ihr Fach zu studieren, haben sich das auch irgendwie anders vorgestellt.


      Juandalyn schrieb:

      Es gibt tatsächlich Leute, die sich das alles nicht leisten können.
      Also aufgrund von persönlicher Verfehlungen meiner Mutter bin ich in einem Hartz-IV-Haushalt aufgewachsen und es war okay, die zahlreichen anderen Familien die darauf angewiesen sind werden wohl auch als Beweis gelten können, dass man da nicht verhungert. Und weniger Geld kriegt man einfach nicht, da das Sozialamt auf diesen Betrag aufstockt. Ich denke schon, dass hinter dem Geheule meist nichts steckt.
      Nachtrag: Es ist übrigens so, dass reiche Leute weniger Kinder bekommen als arme. Um es etwas weniger anekdotisch anzugehen, hier ein Link dazu auf Wiki.
    • Hm, ich glaube wir kommen da nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Vielleicht haben wir einfach zu unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Deswegen sind meine kommenden Antworten nicht dazu dich umzustimmen, sondern nur um noch mal meinen Blickwinkel darzustellen.

      Evilitschi schrieb:

      Aber beim Grundeinkommen besteht das Problem doch fort, weil die Rentner dann auch einen Anspruch darauf haben.
      Was jedoch eine Umverteilung ist. Das Hauptproblem ist ja aktuell, dass keiner von uns in unsere eigene Rente einzahlt. Wir bezahlen alle die Rente von einem aktuellen Rentner. Ein Grundeinkommen, dass allen zugute kommt, bringt mir immerhin auch selbst was.

      Evilitschi schrieb:

      Ich finde es nicht gut, Leistung zusätzlich zu besteuern. Warum sollten die noch mehr stemmen? Die Zahlen auch so schon das meiste in die Kassen ein. FAZ: Die obere Hälfte der Steuerpflichtigen zahlt inzwischen 95 Prozent des Steueraufkommens.
      Nun ja, das ist jetzt eine existenzielle Frage kombiniert mit Weltansichten und eigenen Philosophien. Ich sage es ganz klar, und ich kann verstehen wenn du genau das Gegenteil davon denkst, aber ich behaupte mal dass 1) Arbeit einen Minimal-, jedoch vor allen Dingen auch einen Maximalwert haben kann und 2) der Mensch im Monat nicht 10.000 Euro verdienen muss.
      Zu 1): Ich verstehe nicht, wie Leute in Managerberufen oder an der Börse so viel mehr verdienen als Ärzte, Erzieher, Pfleger, etc. Die zweite Gruppe ist um einiges wichtiger als die erste. Man muss sich theoretisch nur den Finger beim Bohren in der Nase brechen um das zu bemerken. Aber ich glaube da stimmen mir einige Leute zu.
      Zu 2)., das ist natürlich doch sehr idiologisch geprägt. Aber was macht man denn mit 10.000 Euro im Monat? Und da sage ich, ja, diese Leute sollen mehr Steuern (auch prozentual) zahlen als die, die eben nur 1.000 Euro verdienen. Warum? Weil man mit 1.000 Euro brutto eben überhaupt nicht zurecht kommt, mit 10.000 Euro jedoch mehr als genug. "Leistung" ist relativ, da sich viele Leute für die 1.000 wahrscheinlich mehr kaputt schuften als andere für ihre 10.000. Zumal manche eben doch "ihr Geld arbeiten lassen" (Zinsen, Immobilien, etc.).
      Warum zahlen diese Leute 95% des Steueraufkommens? Ich schätze wenn man den Gesamtlohn (das Einkommen jedes einzelnen Erwerbsfähigen) zusammenrechnet, erhalten diese Zahler wahrscheinlich eine ähnlich hohe Prozentzahl.
      Wie jedoch gesagt, das ist ein Streitthema.

      Evilitschi schrieb:

      Eine Ausbildung wird besser bezahlt als ein Studium, bei dem man nämlich nichts bekommt. Vor allem wenn man jung ist und wahrscheinlich noch bei den Eltern wohnt erhöht sich die Lebensqualität doch deutlich. Naja gut, ich vermute, die meisten Studenten werden eh von den Eltern unterstützt.Und es mag stimmen, dass ein Angestellter mit einer Ausbildung weniger bekommt als ein Angestellter, der studiert hat. Das lässt sich aber durch etwas unternehmerischen Geist deutlich ändern. Ich habe nur Anekdoten aber falls nötig kann ich dazu auch Zahlen suchen: Mit mir gedient hat einer, der die Autowerkstatt seines Vaters geerbt hat. Die hat ihm als er selbst nicht gearbeitet hat da er seinen Militärdienst abgeleistet hat mehrere Tausend Euro pro Monat beschert. Er hat immer allen alles ausgegeben, auch dem Taxifahrer die Nutte. Ein weiterer ehemaliger Kamerad hat jetzt ein eigenes Friseurstudio das der Einrichtung nach zu urteilen nicht so schlecht laufen kann, und ich war damals schon auch in wenig neidisch auf sein Auto.
      No offense, aber deine Beispiele sind beides Geschäftsinhaber und damit nicht "nur" Facharbeiter.
      Natürlich werden die meisten Studenten von Eltern unterstützt, die haben ja, wie gesagt, kein großartiges Einkommen (eben meistens unterm ersten Steuersatz). Ich kenn auch viele, die in ihrer Ausbildung von ihren Eltern unterstützt wurden, indem sie zuhause wohnen durften zum Beispiel. Anfangszeit ist immer schwer, aber sobald man mit der Ausbildung/mit dem Studium fertig ist verdient der Studierte oft mehr als der Ausgebildete. Kommt natürlich aufs Fach an, da will ich gar nicht sowas wie Fachelektriker mit Philosophen vergleichen, aber gerade wenn man in MINT sein Studium abgeschlossen hat kann man richtig viel verdienen.
      Ob man mit dem Ausbildungsberuf nicht vielleicht doch glücklicher geworden wäre, denn wie oben schon angeklungen, Geld ist nicht alles, bleibt individuell abzuwarten.

      Evilitschi schrieb:


      In der Schule sollen sie einen auch nicht aufs Arbeitsleben vorbereiten, sondern Bildung vermitteln. Das Abitur ist die Hochschulreife (oder sollte es sein). Das sollte dich zu jedem Studium befähigen, dafür macht man das Abitur. Wer danach eine Ausbildung macht (und nie vor hatte, zu studieren) hat den Zweck eines Abiturs nicht richtig verstanden. Und das von dir Erwähnte ist in einer typischen Mathevorlesung vielleicht einen Nebensatz wert.
      Sprich, mein Mathekurs in der Oberstufe ist eigentlich komplett nutzlos. Was ich in der Universitätsmathematik bräuchte wären Vorkurse oder selbst angeeignetes Wissen.
      Aber soll Schule wirklich gar nicht auf das Arbeitsleben vorbereiten? Glaube ich nicht, besonders seitdem man Haupt- und Realschule versenken will. Sicher, Realschule und dann Fachabitur sind für das Arbeitsleben um Längen besser als durchgehend Gymnasiallehre, aber man braucht eben doch mittlerweile für viele Ausbildungsberufe Abitur. So viele Ausbilder beschweren sich darüber, dass "die Jugend von heute" gar nichts mehr kann. Wahrscheinlich wäre es die Aufgabe der Haupt- und Realschulen, Leute eher auf die Arbeit auszubilden als die des Gymnasiums, aber dann müsste man mal überarbeiten was man für eine Ausbildung alles erwartet.
      Zumal viele sich dann darüber beschweren, dass die Auszubildenden schlecht in Mathe oder Rechtschreibung sind. Weil gerade die Hauptschule mittlerweile so heruntergekommen ist.

      Evilitischi schrieb:

      Ich finde nicht, dass ein nach einem Jahr abgebrochenes Studium und dann eine Ausbildung über drei Jahre schlechter klingt, als ein Bachelor (den ja quasi niemand in der egelstudienzeit hinbekommt, sagen wir also der Zeitraum ist vergleichbar). Ich würde der Person mit der Ausbildung jederzeit mehr zutrauen als einem Bachelor (in Informatik gibt es ja sowohl Ausbildungsberufe als auch das Studium, weshalb man das hier schon ein wenig vergleichen kann). Dazu kommt, dass eine Person mit Ausbildung im gleichen Alter viel mehr Praxis hat, was wirklich viel wert ist.
      Du sagst es aber selbst: Abgebrochenes Studium und dann eine Ausbildung. Nicht einberechnet ist die Zeit, in der man eine Ausbildung sucht - sowohl eigene Umstellung/Auswahl der Ausbildung als auch Bewerbungen schreiben und Antworten darauf bekommen. Auch, weil das Ausbildungsjahr meistens im Sommer anfängt. Wenn man jedoch Mitte des ersten (oder dritten... oder fünften...) Semesters (die meisten Studiengänge fangen zum Wintersemester an) merkt "oh, das ist nichts für mich" hat man locker mal eine Lücke von einem halben Jahr im Lebenslauf - die man später erklären muss. Natürlich kann man die Zeit mit Praktika oder Nebenjobs füllen, aber es ist dennoch verlorene und vergebene Zeit.
      Sicher ist eine Person mit Ausbildung besser in den Arbeitsalltag integriert: Sie kennt das ganze ja schon seit ca. 3 Jahren. Man muss jedoch erstmal da hin kommen. Und ja, viele Studierte sind "Fachidioten". "Student sein" ist nicht gleichzusetzen mit "einen Plan haben" oder gar "intelligent sein". Das sind meistens genauso Deppen wie überall sonst.
      (Und auch wenn es hier nicht viel zu beiträgt: Ich habe meinen Bachelor in der Regelstudienzeit geschafft. Sowie mehrere meiner Freunde. Wenn man sich alles richtig einteilt und tatsächlich zu den Prüfungen geht - das ist nämlich das, was viele tun: Prüfungen um ein Semester oder ein Jahr verschieben, weil man sich nicht sicher genug fühlt - schafft mans.)


      Evilitschi schrieb:

      Und falls ich dich richtig verstehe ist genau das auch das Problem, das ich versuchte anzusprechen. Es ist egal wie es "klingt", ein Studium ist (genau so wenig wie ein Abitur) kein Statussymbol. Es erfüllt einen bestimmten Zweck, und man muss sich wirklich genau überlegen ob man wirklich ein Studium aufnehmen möchte. Dass die Durchfallquoten hoch sind ist gut, man packt ja sowas wie Mathe extra an den Anfang, um zu verhindern, dass einerseits Ressourcen auf Leute verschwendet werden, die es eh nicht schaffen würden, und andererseits hilft man den Leuten auch zu erkennen, dass sie da vielleicht falsch sind, und somit ihre Zeit verschwenden.
      Auch wenn ich dir teilweise zustimme, "verbrennt" man damit auch einige junge Leute. Der Stress des Studiums und dann der Stress des (sowie das Loch nach dem) Durchfallen(s) ist für viele Leute zu viel. Ich weiß, das klingt für Leute, die schon im Beruf sind, immer nach Gejammere, aber selbst bei Studierenden ist Burnout mittlerweile nicht mehr so selten. Ich verstehe dass eben nicht jeder das eine Fach studieren kann, aber andererseits wird von ihnen (von der Familie, von der Umgebung, aber teilweise auch vom Arbeitsmarkt) erwartet, dass sies tun. Und Abschließen, natürlich.



      Evilitschi schrieb:

      Im Endeffekt soll einen das Studium zur wissenschaftlichen Arbeit vorbereiten (was beim Bachelor irgendwie nicht gegeben ist), und das muss nicht notwendig in der Forschung sein sondern man wendet diese strukturierten Methoden auch im Beruf an, um neue Dinge zu erschaffen, anstatt nach Schema F etwas anzuwenden.
      Dann nehme ich an dass wir uns immerhin in diesem Punkt einig sind: Irgendwas läuft mit dem Bachelor falsch. Der war nämlich extra dafür gedacht, dass Studierte marktfähig werden. Nun haben sie nichts Ganzes und nichts Halbes.



      Evilitschi schrieb:

      Das ist dann auch der Meister im Ausbildungsfach, aber das sind üblicherweise eben ganz andere Themengebiete. Ich kenne lustigerweise viele, die Teils nach 10 Jahren ihr Studium abgebrochen haben um Schreiner zu werden (na gut, es sind 3, aber es häuft sich!) und sind damit sehr glücklich (noch so einige kommen hinzu wenn man andere Ausbildungsberufe nimmt, die sind dann aber sehr verschieden). Natürlich ist man irgendwo selbst für sich verantwortlich, aber ich denke es spielt auch eine große Rolle dass heute halt "jeder" ein Abi hat und irgendwas studiert. Um den Bogen zu schlagen: Dieses Studieren hilft aber nicht beim "Fachkräftemangel" weiter, da es eben das falsche Fach ist. Ich wette, meine Herren Doktoren Geschichte- und Deutschlehrer, die uns geraten haben, nicht ihr Fach zu studieren, haben sich das auch irgendwie anders vorgestellt.
      Und auch hier stimme ich dir eigentlich voll und ganz zu. Nach 10 Jahren (Himmel, das sind ja 20 Semester!) ist es mehr als unwahrscheinlich, dass man das Studium mit mehr als eigener Genugtuung beendet. Oder man hat eine extrem gute Ausrede beim Bewerbungsgespräch. Mein Punkt war eben, dass ein Studium besser aussieht auf dem Lebenslauf. Zumindest für Leute von Außerhalb. Ein bisschen zum Angeben. Und den Weg möchten viele Leute heutzutage einschlagen, zumal man ihnen in der Schule noch sagt dass sie damit besser verdienen als mit einer Ausbildung. Davon abgesehen: Die meisten die in unserem Abiturjahrgang nicht studiert haben sind später zur Bank oder zur Versicherung gegangen. Die hätten den Fachkräftemangel ja auch ausgleichen können. Haben sie aber nicht. Warum? Ich schätze wir hängen immer noch in dem Denken, dass das Abitur zu "schick" ist für einen handwerklichen Beruf. Wobei man das mittlerweile für viele solche Berufe braucht. Warum, wieder? Wegen Vorurteilen bei Auszubildenden, oder wegen tatsächlich schlechter Bildung in Sachen Mathematik oder Deutsch. Und Englisch, heutzutage.



      Evilitschi schrieb:

      Also aufgrund von persönlicher Verfehlungen meiner Mutter bin ich in einem Hartz-IV-Haushalt aufgewachsen und es war okay, die zahlreichen anderen Familien die darauf angewiesen sind werden wohl auch als Beweis gelten können, dass man da nicht verhungert. Und weniger Geld kriegt man einfach nicht, da das Sozialamt auf diesen Betrag aufstockt. Ich denke schon, dass hinter dem Geheule meist nichts steckt.
      Damit kommen wir (endlich... ich habe etwas weit ausgeholt) wieder zum Thema Grundeinkommen. Ich meinte nicht unbedingt Familien mit Hartz IV als ich von "sich nicht leisten können" sprach, sondern Leute die vielleicht gerade so über die Runden kommen, mit einem Einkommen dass über dem Aufstockungsniveau liegt. Sicher kommt man damit durchs Leben, sonst würde der Staat ja auch von der EU verklagt werden (gabs da nicht schon Klagen von wegen der Satz sei zu gering..?).

      Meine Rechnung wäre nur gewesen:
      - Wegfall von Ausgaben für Grundbedürfnisse (Miete samt Gas-/Wasser-/Heizkosten, Nahrung, weitere Güter wie z.B. Tampons/Binden, Zahnbürste/Zahnpasta, einige Kleidungsstücke, etc. ...) durch Grundeinkommen
      -> eigenes Einkommen dazugerechnet
      -> mehr Vermögen um nicht-Grundbedürfnisse zu decken (Auto, Schmuck, Smartphone, etc.) -> welche eventuell stärker besteuert werden könnten
      - durch das Grundeinkommen sind gefährdete Gruppen (Alleinerziehende, Menschen mit nicht körperlich arbeitseinschrenkenden Behinderungen (Depression; auch denkbar zur Wiedereinführung von Burn-Out Patienten) , etc.) nicht auf Hartz IV angwiesen, da sie zumindest halbtags oder nur einige Tage in der Woche arbeiten müssen

      Mein Punkt hier wäre, dass das Grundeinkommen nicht das Hartz IV ersetzt, sondern auch neben eigenen Einnahmen durch Lohn weiterläuft (was bei Hartz IV ja nicht so ist). Es muss nicht sein, dass Ganztagsarbeiter deswegen weniger arbeiten, sondern insbesondere dass die von mir genannten gefährdeten Gruppen (welche übrigens um einiges größer ist als die von mir genannten Personen) nicht in die Lücke der Arbeitslosigkeit (da nicht Vollzeit-arbeitsfähig) fallen.
      >:3c
    • Nur als Einwurf für diejenigen, die an der Notwendigkeit des Grundeinkommens in heutiger Zeit zweifeln: Ich, Studierende, gesundheitlich nicht fähig zu Vollzeitarbeit (wenn überhaupt zu dauerhafter Arbeit), habe weder Anspruch auf BAföG, noch einen Studienkredit, noch einen Plan, wie zum Teufel ich bitte zwei Monate obligatorisches Praktikum von zwei Monaten Vollzeit schaffen soll, wenn mir schon ein 8-Stunden-Tag in der Woche reicht, um die restliche Woche Energie tanken zu müssen, ohne daneben sinnvoll was für die Uni machen zu können, da sowohl meine Energie als auch meine Konzentration sich dann komplett verabschiedet. Behördengänge und Arztbesuche stellen für mich eine so große Überwindung dar, dass ich für eine lange Zeit meines Zustandes keine Nachweise und somit keinerlei Handhabe für Sozialhilfe innerhalb des Studiums habe.

      Was müsste ich tun, um über die Runden zu kommen? Zwei Jobs neben der Uni verfolgen. Womit darf ich rechnen, wenn ich jemals meinen Abschluss bekomme? Damit, dass Arbeitgeber meine Bewerbung durch die Lücken im Lebenslauf direkt in den Müll werfen, ohne dass ich eine Rückmeldung bekomme. Ist all das mein eigenes Verschulden? Mitnichten, doch das so hoch gelobte Leistungsprinzip will uns glauben machen, wir wären nur etwas wert als Menschen (für die Gesellschaft, in der wir leben), wenn wir arbeiten und Geld ins System pumpen. Was aber, wenn man das nicht kann, trotzdem sich aber so viel Würde und Selbstständigkeit erhalten will, dass man nicht regelmäßig aus einem Gefühl der Nutzlosigkeit heraus in das nächste tiefe Loch schlittert? Meine Antwort: Bedingungsloses Grundeinkommen.

      Denn ich bin ganz sicher kein Einzelfall.

      "Heirs of Miraika"
      Fantasy, Steampunk, LGBT+

      "Dreaming of Dawn"
      Fantasy, Psychological, Depression
    • Bereth schrieb:

      Nur als Einwurf für diejenigen, die an der Notwendigkeit des Grundeinkommens in heutiger Zeit zweifeln: Ich, Studierende, gesundheitlich nicht fähig zu Vollzeitarbeit (wenn überhaupt zu dauerhafter Arbeit), habe weder Anspruch auf BAföG, noch einen Studienkredit, noch einen Plan, wie zum Teufel ich bitte zwei Monate obligatorisches Praktikum von zwei Monaten Vollzeit schaffen soll, wenn mir schon ein 8-Stunden-Tag in der Woche reicht, um die restliche Woche Energie tanken zu müssen, ohne daneben sinnvoll was für die Uni machen zu können, da sowohl meine Energie als auch meine Konzentration sich dann komplett verabschiedet. Behördengänge und Arztbesuche stellen für mich eine so große Überwindung dar, dass ich für eine lange Zeit meines Zustandes keine Nachweise und somit keinerlei Handhabe für Sozialhilfe innerhalb des Studiums habe.
      Aber mit Verlaub, wenn du gesundheitlich nicht zur Vollzeitarbeit in der Lage bist, dann kämpfst du mit Vollzstudium + Finanzierung dessen doch im Moment gegen Windmühlen. Kannst du das Praktikum nicht auch bei doppelte Länger in Teilzeit absolvieren oder das Studium auf Teilzeit umstellen? Das "System" geht ja davon aus, dass jeder Mensch 40h pro Woche beschäftigt sein kann. Mit gesundheitlichen Einschränkungen fällst du dort natürlich unter den Tisch und solltest vielleicht nach Sonderregeln suchen, als weiter den normalen Weg zu gehen. Und was ist mit dem Bildungskredit?
    • Bereth schrieb:

      habe weder Anspruch auf BAföG, noch einen Studienkredit
      Alles schon versucht. ;) Betonung auf alles.

      Es interessiert einfach kein Schwein, das ist der Punkt. Ich kann mit Nachweisen ankommen und darf nicht mal Prüfungen wiederholen. Ich kann hin und her jonglieren, ob ich Teilzeit mache, das Problem der Arbeit neben Studium bleibt trotzdem, beides schaff ich nicht, selbst wenn ich beides nur zu Teilen mache. 20 Stunden in der Woche unter Menschen sind für mich eine Zumutung. Kreditinstitute und Uni interessiert das nicht.

      Aber ich hab den Einwurf nicht geschrieben, um ins Detail zu gehen, wo mir überall Steine in den Weg gelegt werden und was ich schon alles versucht habe, sondern um einen anderen Blickwinkel auf die Problematik zu eröffnen. Es passiert oft genug, dass Leute komplett durchs Raster unseres Sozialsystems fallen. Eine Freundin etwa hat partout keine Familienversicherung bekommen, da man ihr vorwarf, sie kümmere sich nicht um ihre Ausbildung, trotz Krankheit und Nachweisen, dass sie sich darum in diesem Zeitraum gar nicht kümmern KONNTE - es ist der Bürokratie an vielen Stellen schlichtweg egal, welche individuellen Lebensumstände ein Mensch zu bestehen hat, es ist alles zu vereinheitlicht, um darauf Rücksicht nehmen zu können. "Gleich" ist nicht immer "gerecht". Und solange nicht innerhalb der Gesellschaft, innerhalb unseres überbürokratisierten Systems, anerkannt wird, dass man nicht alle Menschen nach denselben Maßstäben beurteilen kann, wird diese ungerechte Behandlung auch weiter bestehen.

      Nicht alle sind zu denselben Leistungen fähig, aber wenn dir selbst Nachweise darüber nichts bringen und du, wie du so schön sagst, gegen Windmühlen kämpfst, was bleibt da noch? Innerhalb unseres momentanen Sozialsystems nicht viel. Hinzu kommt, dass man als Empfänger von Sozialhilfe nicht mal SPAREN kann. Sobald du mehr als einen bestimmten Betrag an "Vermögen" besitzt (ich habe den genauen Betrag gerade nicht mehr auf dem Schirm, sorry), wird deine Sozialhilfe gekürzt oder gar eingestellt. Es ist und bleibt menschenunwürdig und benachteiligt chronisch Kranke (seien es Leute mit psychischen Problemen oder mit körperlichen Einschränkungen, die ihnen Arbeit verbieten).

      Wie man da gegen eine sozialere Lösung und weiterhin für das Leistungsprinzip argumentieren kann, ist mir schleierhaft.

      "Heirs of Miraika"
      Fantasy, Steampunk, LGBT+

      "Dreaming of Dawn"
      Fantasy, Psychological, Depression
    • Bereth schrieb:


      Wie man da gegen eine sozialere Lösung und weiterhin für das Leistungsprinzip argumentieren kann, ist mir schleierhaft.
      Es gibt Menschen, denen sind psychische Krankheiten und dass man nicht vernünftig für sich selber sorgen (bzgl Lohn)kann, fremd.

      Ich kenne ja selber, dass ich blöd angeguckt werde, weil ich keine Ausbildung hab und nicht 40 Stunden arbeiten kann. Mir sieht man halt keine Behinderung an. Da nützt mir auch keine Intelligenz was. Ich kann einfach nicht jeden Tag für eine gewisse Stundenzahl unter Menschen irgendwas arbeiten. Vom Staat bekommen wir auch nur sehr wenig dazugezahlt, aber nötig ist es, sonst müssten wir am essen sparen.

      Seit kurzem bemühe ich mich um einen Job. Das findet meine Schwiegermutter besonders toll, weil ich dann ihrem gesellschaftlichem ideal entspreche. Wenn es klappt, habe ich ein wenig Geld mehr und möchte mich vom Amt distanzieren. Von einem guten Einkommen kann man dann immer noch nicht sprechen. Für mich würde dann ein Monatsticket absoluter Luxus sein.

      Grundeinkommen wäre nett, holt mich aber nicht aus der Isolation heraus.
      forever alone
    • Bereth schrieb:

      Bereth schrieb:

      habe weder Anspruch auf BAföG, noch einen Studienkredit
      Alles schon versucht. ;) Betonung auf alles.
      Studienkredit ist nicht gleich Bildungskredit, deshalb die Frage.




      Bereth schrieb:

      Nicht alle sind zu denselben Leistungen fähig, aber wenn dir selbst Nachweise darüber nichts bringen und du, wie du so schön sagst, gegen Windmühlen kämpfst, was bleibt da noch? Innerhalb unseres momentanen Sozialsystems nicht viel. Hinzu kommt, dass man als Empfänger von Sozialhilfe nicht mal SPAREN kann. Sobald du mehr als einen bestimmten Betrag an "Vermögen" besitzt (ich habe den genauen Betrag gerade nicht mehr auf dem Schirm, sorry), wird deine Sozialhilfe gekürzt oder gar eingestellt. Es ist und bleibt menschenunwürdig und benachteiligt chronisch Kranke (seien es Leute mit psychischen Problemen oder mit körperlichen Einschränkungen, die ihnen Arbeit verbieten).

      Wie man da gegen eine sozialere Lösung und weiterhin für das Leistungsprinzip argumentieren kann, ist mir schleierhaft.
      In jungen Jahren sind das immerhin ein paar tausende Euro, die man auf dem Konto haben darf. Das bevorzugt natürlich jene, die in Voraussicht vorher schön damit einkaufen gegangen anstatt zu sparen, aber prinzipiell ist das ja schon eine Menge Geld. Also eigentlich möchte ich mal für das bestehende Wohlfahrtssystem eine Lanze brechen: Es gibt so viele verschiedene finanzielle Hilfen für Studenten wie Bafög, die zahlreichen Kredite, Abschlussdarlehen, Wohngeld, Wohnkostenzuschuss und auch die ganzen HiWi-Stellen an der Uni, durch die Studenten aller möglichen Fachbereiche an Jobs kommen können. Auch für Krankheiten, Behinderungen, Schwangerschaft etc. gibt es zig Ausnahmeklauseln. Ich kann nicht genau nachvollziehen, wo du deine Freundin da trotz ärztlicher Bescheinigungen durchs Raster fallen, aber gemessen an den meisten Ländern auf der Welt geht Deutschland schon sehr gut mit seinen Schwächeren um.


      Bei einem bedingungslosen Grundeinkommen dagegen könnte man wieder sehr schnell auf das Nutznießerproblem stoßen: Der Anreiz zur Arbeit fehlt einfach. Der ökonomisch denkende Mensch geht tendenziell eher nicht arbeiten, wenn er auch ohne gut über die Runden kommt. Also eigentlich sind wir hier wieder bei ein Grundsatzdiskussion über den Wohlfahrtsstaat angelangt.
    • Ach, den Wisch meintest du, Lüffel. Hatte ich auch angesprochen und durfte mir anhören, dass das aus diversen Gründen genauso nicht drin ist. Kann mich da aber nochmal genauer kundig machen, danke für den Hinweis.

      Dass (bis zu) 300 Euro mir auch bloß nicht wirklich was bringen momentan, wenn ich sie mit Zinsen zurückzahlen darf, die ich auch erst mal erarbeiten muss, ist eine andere Sache. Mir geht es da wie Abbel im Moment, nur dass ich seit Jahren stark gegen die Einsicht ankämpfe, das offenbar nicht stemmen zu können - allerdings wirft die Realität mich dann eben doch immer wieder darauf zurück. Das nächste, was ich versuche, ist ein Deutschlandstipendium, da hab ich durchaus Chancen (und: 300 Euro OHNE Rückzahlung).

      Dass man schlecht nachvollziehen kann, wo Leute durchs Raster fallen, kann ich mir vorstellen. Aber sei dir versichert, es geht.


      Dass "der Mensch" ökonomisch denkt, ist ihm zudem nur angelernt, aber nicht inhärent. Es gilt nicht etwa, eine Grundsatzdiskussion über einen Wohlfahrtsstaat zu führen, sondern unsere Definition von "Arbeit" zu überdenken. So denke ich jedenfalls. Arbeit sollte den Menschen dienen und nicht irgendeiner Wirtschaft, von der geschätzt 80% der Bevölkerung nichts haben. Aber an dem Konzept will irgendwie keiner rütteln. ¯\_(ツ)_/¯

      "Heirs of Miraika"
      Fantasy, Steampunk, LGBT+

      "Dreaming of Dawn"
      Fantasy, Psychological, Depression