the buttfucking stories

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    • the buttfucking stories

      the buttfucking stories 20
      1.  
        Crowbar (5) 25%
      2.  
        bereth (2) 10%
      3.  
        Sirius (8) 40%
      4.  
        Hylia (3) 15%
      5.  
        CAMIR (1) 5%
      6.  
        Maybe (7) 35%
      7.  
        pondo (4) 20%
      8.  
        Kandis (2) 10%
      9.  
        Clemo (2) 10%
      10.  
        Vas-y (3) 15%
      11.  
        Xellas (1) 5%
      12.  
        Senfsamen (2) 10%
      13.  
        HeyDay (5) 25%
      14.  
        Kefka (2) 10%
      15.  
        FoWo (2) 10%
      Liebe Freunde,


      ich freue mich sehr (!), hier nun die heiß ersehnten BUTTFUCKING STORYS dem ZFB präsentieren zu können! Alle Teilnehmer habens durchgestanden und abgegeben, es gibt also schon mal ausschließlich supercoole Supertypen und keine Verlierer, die diskreditiert werden müssten! :D Darüber hinaus haben es alle Teilnehmer sogar innerhalb der Abgabefrist geschafft - was bei fünfzehn Teilnehmern ein beachtliches Ergebnis ist und schon allein einen Applaus verdient hat!

      Wenn ihr im Folgenden nun auf die Spoilertags klickt, werden die Storys von den jeweiligen Usern erscheinen. Lest die Storys und erfreut euch daran. :)

      Hinterher könnt ihr dann die eures Erachtens ehrwürdigsten drei Storys in der oben noch zeitig erscheinenden Umfrage auswählen (-> jeder hat drei Stimmen) und auf diese Weise noch mal extra Anerkennung zollen, wenn sie es eurer Meinung nach verdient haben - kein Zwang, aber wünschenswert wäre es natürlich nicht nur schnöde abzustimmen, sondern auch entsprechende Kommentare abzugeben! Das gilt nun freilich auch für die gesamte Userschaft - sagt, was euch gefiel, was euch nicht so gefiel, wie ihr die Asso-Verwendungen fandet und so weiter und so fort.


      Umfrage:
      - läuft zwei Wochen
      - jeder hat drei Stimmen


      Und in diesem Zuge möchte ich noch mal erwähnen, dass die Umfrage keineswegs auf "besser"/"schlechter"-Relationen zu reduzieren ist; sie dient dazu, diejenigen zu ehren, die mit ihrer Story den Nerv der Zeit getroffen haben und es schafften, am meisten zu begeistern. Darüber hinaus soll die Umfrage dem Ganzen noch einen runden Abschluss zu bieten. Das ist also hier kein Wettkampf gegeneinander, sondern ein freundschaftliches Miteinander um das gegenseitige Erheitern und Amüsement, für Ellenbogenwettstreitfotzen ist hier kein Platz(, dahingegen aber natürlich für gegenseitige Kritik, Tipps, Ratschläge, Kommentare etc). Es soll sich also auch niemand grämen, wenn seine Story vermeintlich schlechter abschneidet als die des zukünftigen King/Queen aller Bananenhändler und Kokainschlampen. Dieser Titel darf dann übrigens so lange behalten werden, bis sie oder er in einer etwaigen weiteren Runde eventuell abgelöst wird!
      Also stimmt in der Umfrage für die Geschichten, die euch am besten gefallen haben. :)

      Ich habe die Formatierung und alles weitere selbstverständlich so gelassen, wie es eingesandt wurde. Falls doch eine Kursivierung oder ähnliches fehlt, bitte schreien. o/
      Des Weiteren sind die Assoziationen im Text nicht hervorgehoben, um den Lesefluss nicht zu stören. Für diejenigen, die es aber gerne mit Hervorhebungen lesen möchten -- ich füge gleich nachträglich noch druckbare Dokumente zum Download ein, falls sich jemand den ganzen Kladderadatsch ausdrucken und offline lesen will.

      download-edit:
      Also gibt es also die Storys nun auch gebunden zum Ausdrucken, in diesen Dokumenten sind darüber hinaus die verwendeten Assoziationen im Text kenntlich gemacht.
      55 Seiten buttfucking in: .pdf, .doc und .odt (rechtsklick -> ziel speichern unter).


      Aber genug gelabert - los geht's und viel Spaß!

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      edit der Transparenz halber:
      Ich denke, es sind alle damit einverstanden, dass ich Hylia ihre Geschichte (gestern schon) wegen eines blöden Missverständnisses bzgl der Regeln noch einmal editieren ließ (sie dachte, ihr Oberbegriff zählte auch zu den verwendbaren Assos, und hatte dadurch offiziell eine zu wenig verwendet). Habe ich auch gestern Nacht schon gemacht, falls ihr also erst heute Morgen (-> Fr. 11.2.) oder später Düsterkuss gelesen habt, habt ihr bereits die aktuelle Version gelesen.
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      FoWos "More like pain in the ass."

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      der Oberbegriff war: Frühstück

      Kefka sagt dazu: Kälte
      HeyDay sagt dazu: Hühner
      Senfsamen sagt dazu: Audrey Hepburn
      Xellas sagt dazu: Eier
      Clemo sagt dazu: Cellulite
      Vas-y sagt dazu: Erbrochenes
      pondo sagt dazu: Veganismus
      Kandis sagt dazu: Brunch
      CAMIR sagt dazu: Spiegelei
      Maybe sagt dazu: Totalausfall
      Sirius sagt dazu: Erinnerung
      Hylia sagt dazu: Dünnschiss
      Crowbar sagt dazu: Müsli
      bereth sagt dazu: Sex


      More like pain in the ass.

      Da man ein Weckerklingeln in unserer Zeit als ein solches kaum mehr nennen kann, begann der Tag für Helene, genannt Lenny (wie Kravitz, nur eben ohne) und Monika mit „Rette mich“ von Tokio Hotel. Abgesehen von der unbändigen Aggression, die Lenny daraufhin verspürte, machte sich ihr Unwille, aufzustehen, nur noch großer.
      „Verdammter Drecksdünnschiss am gottverfluchten frühen Morgen, verdammte Scheiße noch eine, ich könnt’ sowas von ausflippen!“, grunzte sie in ihr Kissen und hämmerte mit der rechten Faust auf ihrem Radiowecker herum, bis Bills Gejaule aufhörte. Die Stille danach war rosa, watteweich und umarmend. Lenny sank zurück in den Schlaf.
      Monika konnte nach diesem Totalausfall ihrer Freundin unmöglich weiterschlafen. Wach lag sie in den weichen Kissen und starrte an die Decke. Drehte sich um und schmuste sich an Lennys warmen Körper, genoss, dass ein Arm um sie gelegt wurde, lauschte Lennys regelmäßigem Herzschlag unter ihren weichen Brüsten. Irgendwann wurde es ihr trotzdem zu langweilig, und sie schlängelte sich vorsichtig über ihre Freundin hinweg aus dem großen Bett. „Ich mach Frühstück“, sagte sie liebevoll, küsste Lenny auf die auf Millimeterlänge gestutzten Haare auf ihrem schönen Kopf. Lenny grunzte nur.
      Lenny und Monika war gesucht und gefunden, Arsch auf Eimer und Faust aufs Auge. Lenny war klein, drahtig und kräftig, hatte momentan einen blonden Undercut, färbte sich ein Leopardenmuster in die Haarstoppel, trug gerne Militärhosen, Tanktops und Hosenträger, oder Anzug und Krawatte mit Hut. Sie war tätowiert und gepierct und hörte Krawallmusik mit Stromgitarren.
      Monika war weiß und schön und wies eine verblüffende Ähnlichkeit mit Audrey Hepburn auf, beginnend beim langen, schwarzem Haar, den charakteristischen Augenbrauen und den quasi nicht vorhandenen Brüsten. Sie mochte lange Röcke und Pastellfarben, sah umwerfend in Abendgarderobe aus und hatte den verführerischsten Augenaufschlag der Welt.
      In der Küche angekommen schaltete Monika Musik an, wohlweislich nicht das Radio, während sie Kaffee aufsetzte und sich Müsli in ihre Lieblingsschale schüttete. Für Lenny warf sie ein paar Scheiben Bacon in eine Pfanne und haute ein Ei dazu – wie Lenny so etwas am frühen Morgen herunterbrachte, war Monika ein Rätsel. Sie wäre lieber dem Veganismus beigetreten als morgens so deftig zu essen. Da musste einfach irgendwas hängen geblieben sein von Lennys Jahren in England...
      Während sie noch so am Herd stand, ihr Müsli löffelte und im Rauch nach Antworten suchte, tapste Lenny in die Küche. „Alter, wenn ich den erwische, der mir dieses Mörderteil von blauem Fleck zugefügt hat, ey, Alter, was wird ich dem in die Eier treten, ich schwör“, begrüßte sie Monika und rieb sich den linken Oberarm, der tatsächlich ein bemerkenswert großes und buntes Exemplar eines Blutergusses aufwies.
      „Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, hast du ihn angerempelt und nicht umgekehrt“, sagte Monika trocken und hielt Lenny einen Teller mit Bacon und Spiegelei hin. Das versöhnte sie sofort, und die nächsten paar Minuten waren mit stiller Nahrungsaufnahme gefüllt, bis Lenny mit vollem Mund fragte: „Musstest du nicht wohin?“
      Monika leerte genüsslich ihre Müslischale und stellte sie in die Spüle. „Brunch mit Stephanie“, antwortete sie dann. „Bis dahin hab ich noch genug Zeit.“ Sie streckte sich und gähnte, wuschelte sich durch das lange, schwarze Haar. Lenny beobachtete sie aus dem Augenwinkel und puhlte sich an einem Ohrring herum. Sie waren jetzt schon lange zusammen, fast zehn Jahre, kannten sich seit der Schule, hatten das Studium zusammen durchgemacht, viel Scheiße zusammen überstanden, darunter das typische Beziehungsdrama, als Lenny tatsächlich mal im Vollsuff mit einem Kerl Sex gehabt hatte, woraufhin ein nahezu RTL-würdiger Bitchfight zwischen ihnen ausgebrochen war. Monika hatte Lenny aus der gemeinsamen Wohnung hinaus in die Kälte geschmissen, Lenny hatte derweil bei ihrem Macker geschlafen. Sie hatten sich benommen wie blöde Hühner, nicht miteinander geredet, übereinander gelästert und waren generell unmöglich gewesen. Nach vier Wochen Funkstille kam Lenny dann reumütig wie ein geprügelter Hund zurück, redete viel mit Monika durch die geschlossene Wohnungstüre, und erst, als sie bis in die frühen Morgenstunde nicht von der Tür gewichen war, hatte Monika sie wieder hinein und in ihr Herz gelassen. Seitdem hatten weder Monikas Gemeckere über ihre (natürlich nicht wirklich vorhandene) Cellulite, noch Lennys Gossensprache sie auseinander gebracht. Irgendwie passte es einfach, Butch und Femme hin oder her, mit allen Klischees und allem Kitsch, jedem gemeinsamen Frauenfilm und Küssen üben in rosa Unterwäsche.
      Offenbar konnte nicht mal der Geruch von Erbrochenem im Badezimmer, wenn Lenny frühmorgens nach einer langen Party nach Hause kam und neben dem Klo ohnmächtig wurde, Monika davon abhalten, in ihrer Freundin einen schlechten Menschen zu sehen, obwohl ihre eigene Mutter sie dafür enterben würde.
      Und das, fand Lenny, war eigentlich der größte Liebesbeweis. Was konnte dieses Gefühl schon mehr ausdrücken als jemanden für seine größten Fehler nicht zu verurteilen?
      „Ich geh duschen“, sagte Monika in dem Moment und unterbrach damit Lennys Gedankenschwall. „Willst du mit?“
      Lenny brauchte keine Sekunde zu überlegen. „Aber klar!“, sagte sie, sprang auf und auf dem Weg ins Badezimmer puhlte sie Monika schon liebevoll aus ihrem Nachthemd, wobei sie auf nicht mehr als provisorischen Widerstand stieß.
      Und das Leben geht weiter.

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      Kefkas "Virus"

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      der Oberbegriff war: Virus

      FoWo sagt dazu: Abney Park
      HeyDay sagt dazu: Ex
      Senfsamen sagt dazu: Datencrash
      Xellas sagt dazu: Hatschi
      Clemo sagt dazu: Frühjahrsaussaat
      Vas-y sagt dazu: kopflos
      pondo sagt dazu: Schweinegrippe
      Kandis sagt dazu: Digimon
      CAMIR sagt dazu: Atemschutzmaske
      Maybe sagt dazu: tumblr
      Sirius sagt dazu: Heilmittel
      Hylia sagt dazu: Zombieapokalypse
      Crowbar sagt dazu: DNA
      bereth sagt dazu: Schwefel


      Virus

      Am Anfang war die DNA, und die DNA war gut.
      Sie legte den entscheidenden Grundpfeiler für das vielfältige Leben, welches uns gewährt ist zu leben. Fast unbeachtet wuchs dieser kleine Baustein Millionen von Jahren heran, ohne wie gesagt überhaupt entdeckt zu werden. Doch man entwickelte sich selbst und die eigenen Methoden weiter und konnte schließlich der Lösung des Rätsels einen großen Schritt näher kommen. Dass diese DNA im gesamten Körper in jeder einzelnen Pore zigmal vorhanden ist, das ist heutzutage kein Geheimnis mehr.
      So lebte man also fröhlich dahin und vollbrachte sein Lebenswerk, tagein, tagaus.
      Doch plötzlich fiel eine Seuche über das Land herein, welche den Namen Schweinegrippe tragen sollte. Die Menschen waren in Panik, der Weltuntergang schien nah. Ohne sich überhaupt zu informieren, was dieses besagte Virus anrichten könne, schaltete die Bevölkerung den Alarm auf tiefstes rot und hatte Angst. Zu Unrecht?
      Dies ist die Geschichte des kleinen Jungen Tumblr, der mit seiner Familie für die Vernichtung des Virus kämpfte.
      „Mami?“, meinte der Bube, „Ist es wahr, dass die Schweinegrippe Hatschi machen wird?“.
      Seine Mutter, eine junge Frau von 25 Jahren wusste keine genaue Antwort auf die Frage ihres 4-jährigen Sohnes. In Wahrheit hatte sie nicht die leiseste Ahnung, was die Schweinegrippe mit sich bringen wird. Sie kannte weder das Heilmittel noch überhaupt eine Person, die mit dem Virus zu kämpfen hatte. Doch sie fühlte sich dadurch nur in ihrer Ansicht bestätigt, dass die Krankheit gnadenlos jedes Leben auslöscht, und keine Gnade gewährt.
      „Hoffen wir, dass wir es nie erfahren werden, mein Kleiner.“
      Sie hatte im Internet zuvor gelesen, dass das Virus auf Basis eines Schwefelatoms eines Sulfatrests basiert, aber wie sooft, war dies lediglich eine der tausenden Erklärungen, dieses augenscheinlich außerirdische Phänomen zu erklären. In Wahrheit wusste die Mutter auch nicht, was Schwefel überhaupt sein sollte. Sie kannte ebenso ihren derzeitigen Aufenthaltsort nicht.
      Aber egal wo sie zu dem Zeitpunkt waren, dort konnten sie nicht bleiben, denn wer wusste, wie schnell sich das Virus verbreitet?
      Tumblrs Mutter überlegte, welcher Ort wohl noch nicht infiziert sein könnte und kam nach einer Minute des ratlosen Grübelns schließlich auf den einzig sicheren Ort der Welt: Der Abney Park!
      Dass sie nicht schon früher darauf gekommen war. Der Abney Park war ein historisch wichtiger Platz. Dort wurde einst die Zombieapokalypse des großen Ebers niedergeschlagen. Und somit hatte dieser Ort auf eine magische Art und Weise eine besondere Aura. Aber so wenig, wie die Menschen die Schweinegrippe interessierte, so wenig interessierte sie auch eine logische Erklärung des Abney Parks.
      Als sie zu zweit, man sollte erwähnen, dass Tumblrs Familie lediglich seine Mutter, und ihr Ehemann lediglich ein Ex war, durch die U-Bahnschächte hetzten fielen ihnen die kopflosen Leichen um ihnen herum gar nicht auf. Wie auf Droge schaltete Tumblrs Mutter auf Autopilot und vertraute scheinbar nur auf ihre Füße, die sie hoffentlich in die bergenden Arme des Abney Park führen sollten. Vergebens. Stattdessen fanden sich die beiden in einer Version ihrer Stadt wieder, die schier nicht von dieser Welt zu sein schien. Dass die beiden die scheinbar einzige lebende Bevölkerung weit und breit waren, ist wohl selbsterklärend. So stapften sie also durch Berge von zermarterten Körpern und vergilbten Transparenten, auf denen lediglich so etwas wie „Keine Macht den Digimon, wir plädieren für DATENCRASH!!“ zu lesen war.
      Tumblr hatte ebenso wie seine Mutter keine Ahnung, was das alles zu bedeuten hatte, und so rannten sie weiter um ihr Leben. Wären die toten Körper und die allgegenwärtige bedrohliche Atmosphäre nicht vorhanden gewesen, so hätte man wohl auch sagen können, sie schlendern durch die Stadt. Denn angesichts eines gebrochenen Beins konnte die Frau sich nur mit Mühe auf den Füßen halten und der Zweimanntrupp kam demzufolge nur gemächlich vorwärts.
      „Wenn die Frühjahrsaussaat ansteht, wird all dies Geschichte sein, mein Sohn.“, versuchte die Mutter ihr traumatisiertes Kind zu beruhigen. „Dann werden wir zusammen mit Daddy zuhause essen können, und deine Lieblingsfernsehsendung sehen können. Na, was hältst du davon?“.
      Sie erwartete keine Antwort. Natürlich nicht. Sie wusste ebenso, dass dies nicht die Wahrheit war. Die Wahrheit war, dass sich alles unausweichlich dem Ende neigte. Ihr Leben, die gesamte Erde, vielleicht sogar die Schweinegrippe selbst?
      Doch die DNA musste überleben.
      Sie nahm die Atemschutzmaske, die am Boden vor ihr lag und mit rot-braunem Schleim bedeckt war. Seitlich war die Aufschrift „SEK“ eingraviert.
      Sie setzte die Maske auf und stieß sich erneut in Richtung Westen vom Boden fort.

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      HeyDays "Die farbige Enzyklopädie der Nerze – Band 3"

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      der Oberbegriff war: Einhorn

      Kefka sagt dazu: John Marston
      FoWo sagt dazu: Erasure
      Senfsamen sagt dazu: Regenbogen
      Xellas sagt dazu: letzte
      Clemo sagt dazu: Unschuld
      Vas-y sagt dazu: Charlie
      pondo sagt dazu: Geisternebel
      Kandis sagt dazu: mein kleines Pony
      CAMIR sagt dazu: Jungfrau
      Maybe sagt dazu: Puzzle
      Sirius sagt dazu: schlechter Liebhaber
      Hylia sagt dazu: Roboter
      Crowbar sagt dazu: Reinheit
      bereth sagt dazu: pink


      Die farbige Enzyklopädie der Nerze – Band 3

      Liebe Leser, ich, Dr. Professor H. Wirsing begrüße Sie herzlich zum dritten Band der „Farbigen Enzyklopädie der Nerze“. In den vorherigen Bänden haben wir viel über die Lebensweise und die Geschichte der Nerze lesen können. In dieser Ausgabe möchte ich ihnen nun eine äußerst seltene Rasse vorstellen. Es handelt sich hierbei um Wichtnerze. Diese possierlichen Tierchen leben weit entfernt jeglicher Zivilisation und waren sehr schwer zu entdecken. Ich werde Ihnen im Folgenden also schildern, wie es zu der bahnbrechenden Entdeckung der Wichtnerze kam. Hier ein kurzer Selbstbericht von der Entdeckung des Jahrhunderts:

      „Wirsing alter Freund! Ich hab was Besonderes für dich! Komm mich in zwei Stunden in meinem Labor abholen. Pack alles ein, was du für eine Expedition im Norden brauchst. Ich hab Flugtickets für uns!“ verkündete mein alter Kollege John Marston am Telefon. Ich wusste was das zu bedeuten hatte: John hatte endlich die Hieroglyphen entziffert die wir bei einer Nerzausgrabung in Ägypten gefunden hatten. Dass es uns aber in nördliche Gegenden verschlagen würde, hatte ich nicht gedacht. Exakt zwei Stunden später stand ich also mit meinem alten Wagen vor Johns Fabrikhalle, die wirklich nur widerwillig als Labor zu bezeichnen war. Ungeduldig hupte ich ein weiteres Mal. Der alte Johnny musste sich aber auch immer verspäten. Endlich ging die Türe quietschend auf und ein Indiana Jones Verschnitt vom feinsten kam zum Wagen stolziert. Indi öffnete die Kofferraumklappe und warf sein Gepäck ins Wageninnere. „Beeil dich gefälligst! Ich kann’s kaum erwarten!“ rief ich ihm ungeduldig entgegen. „Ja ja…“ war die gelassene Antwort. Im nächsten Moment war die Klappe zu und die Beifahrertüre ging auf. Es folgte ein schwungvoller aber uneleganter Einstieg. „Au! Kopf gestoßen! Nix passiert! Wo ist mein Hut?“ John fischte seinen Cowboyhut vom Bordstein auf. Auch wenn er es nicht lassen konnte, den Macker zu spielen, so war er darin grottenschlecht. Leider fielen die Frauen immer wieder auf ihn herein. Oft endeten seine Liebeleien in regelrechten Dramen weil er einfach ein viel zu schlechter Liebhaber war. „Lass uns fahren! Um die Zeit lauert hier immer die alte Hexe auf und verteilt Strafzettel!“

      „Von Grönland zieht ein Tief nach Europa, welches seit kurzem von dem Hoch „Peter“ angenehme Tage bekommen hat. Es sieht also so aus, als wäre der Sommer vorbei liebe Hörer! Genießen sie die letzten schönen Tage! Ich gebe zurück zu Mathilde ins Studio!“ – „Danke Thomas! Und damit das gute Feeling auch weiterhin bleibt, hat DeeJay ein besonderes Lied für uns herausgesucht! Viel spaß bei Always von Erasure!“ John drehte das Radio ab. „Immer so ein neumodischer Kram im Radio.“ Ich brummte zustimmend. Ein Weilchen fuhren wir noch männlich-schweigend vor uns hin, dann aber hielt ich die Anspannung nicht mehr aus. „Jetzt sag schon John. Wohin geht die Reise? Und was hast du herausgefunden?“ Er zog triumphierend einen Zettel hervor, räusperte sich, brach dann aber noch einmal ab um die Spannung zu erhöhen. „Sag schon! Ich hab lang genug gewartet! Und jünger werde ich auch nicht mehr!“ Ich wurde ungeduldig und spielte mit dem Gas. „Ja, schon gut. Also es verschlägt uns nach Höfs…jü… äh und Lang… jü.. irgendwas. Also auf Deutsch gesagt: Zwischen zwei Berge, oder äh…. Naturschutzgebiete… Keine Ahnung. Aufjedenfall fliegen wir nach Island!“ „Island? Wir haben diese Hinweise doch in Afrika ausgegraben, wieso zum Teufel fliegen wir dann nach Island?“ „Wirsing du alte Jungfrau! Das erklär ich dir im Flugzeug! Viel wichtiger ist: Ich hab uns ne junge Dame besorgt die Ortskundig und Übersetzerin zu gleich ist! Wenn das mal nichts ist!“ (Anmerkung des Verfassers: Ich bin KEINE alte Jungfer!)


      „Guten Tag die Herren! Wie war der Flug? Mirca Werwolf ist mein Name! Es freut mich Sie bei ihren Arbeiten unterstützen zu dürfen“ stellte sich unsere Reisebegleiterin vor. „Und? Hab ich zuviel versprochen?“ Der Ellenbogen in meinen Rippen verriet mir, dass John wieder Großes vorhatte. „Sehr erfreut Frau Werwolf. Ich bin Dr. Professor…“ „Meine Liebe! John Marston ist mein Name. Nenn mich aber bitte John und das ist Wirsing! Ich hoffe das Beste für uns!“ Ja, bevor ich mich standesgemäß vorstellen konnte, schaffte John es mal wieder alle Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Ich wusste schon wie das enden würde. Mirca stellte sich als kompetente Nerzkennerin heraus. Sie hatte die mittlerweile ausgestorbenen Peniswichtnerze gesehen und erforscht. Sie passte einfach perfekt in unser Team. Am Abend wurde der Plan für unsere Expedition besprochen und am nächsten morgen ging es dann endlich los.

      „Ich hab uns unsere Fortbewegungsmittel besorgt!“ verkündete Mirca stolz. „Womit fahren wir?“ Ich war gespannt wie wir an unseren Zielort gelangen würden. „Fahren? Nein nein, Sie haben etwas falsch verstanden Wirsing. Wir fahren nicht, wir reiten!“ „Was zum…?“ Ich war geschockt. Meine alten Knochen würden das niemals aushalten, geschweige denn von meinem… „Wie damals im Wilden Westen! Weißt du noch Wirsing? Niemand ist so schnell geritten wie ich!“ John prahlte wieder und mir wurde bei dem Gedanken ans Reiten schlecht.
      Etliche Stunden später, mein Schmerz war schon nicht mehr spürbar, veränderte sich die Landschaft. Wo einst kahle Hügel lagen, erstreckte sich jetzt ein dichter Wald. Es dämmerte bereits als plötzlich mein kleines Pony losstürmte. Im nächsten Moment landete ich auf dem weichen, aber dennoch extrem feuchten Boden. Ehe ich mich versah fiel ich jedoch ein weiteres mal und befand mich in einer Art Höhlendurchgang.

      „Wirsing! Geht es ihnen gut? Sollen wir runterkommen?“ rief Mirca besorgt. Es folgte keine Reaktion. „Wirsing! Antworte wenn dich eine Dame was fragt!“ Ich ignorierte beide, denn ich hatte etwas gefunden. Es kam mir seltsam bekannt vor aber im Prinzip war es völlig anders als alles, was ich je gesehen hatte. „Es ist ein Puzzle…“ flüsterte ich vor mich hin. „Wirsing!“ Verschiedene Einbuchtungen waren in der Wand vor mit eingelassen in ihnen runenartige Schriftzeichen. Alles erinnerte an eine alte Kultur. Doch da war noch mehr. Es hatte irgendwas mit Nerzen zutun. Das wusste ich genau! Die Hand die meine Schulter packte und mich rau herumriss bemerkte ich kaum. Ich sah Johns wütendes Gesicht „Warum antwortest du nicht?“ Mein strahlender Blick verwirrte ihn. „Schaut nur! Seht her! Das ist es! Es wird uns weiterbringen!“ John starrte an die Wand hinter mir. „Was heißt es?“ fragte er gespannt. „Ich… Es bedeutet… Ich… ich weiß es nicht.“
      Wütend schüttelte John an meinem geschundenen Körper „Du alter Sack! Wieso nennst du dich Forscher wenn du so was nicht lesen kannst? Wofür sind wir eigentlich hier?“ „Aua! Du kannst das doch selbst nicht lesen! Las mich los!“ „Hey Jungs! Ich weiß, was das heißt!“ „Ich bezahle dir seit Jahren alle Forschungsprojekte und du kannst das nicht mal lösen?“ „Das machst du nur, weil du keine Freunde hast und dich alleine nicht wegtraust!“ „Hey! Schaut doch mal!“ „Du bist doch nur neidisch weil ich reich und schön bin!“ „Dumm bist du! Mehr nicht!“ „HEEEEEEEEY“

      Und dann sahen wir etwas: Mirca hielt sie in ihren Händen. Zwei schöne, wohlgeformt runde Bälle mit einer spitzen Nase vornweg. Der seidige Körper war der einer Göttin. „Oh mein Gott! Sie ist wunderschön!“ staunte John. Meine Augen hatten ebenfalls nie etwas dergleichen gesehen. Ich spürte wie mein Speichelfluss sich beschleunigte. „Ich habe noch nie ein schöneres Wichtnerzweibchen gesehen als dieses!“ brachte ich schließlich hervor. Mirca streichelte sie vorsichtig und flüsterte dann: „Sie kam aus einen der Löcher und war ganz zutraulich.“ „Ist euch aufgefallen, dass sie pink ist?“ John hatte sich wieder gefasst. „Ja! Es ist unglaublich.“ Raunte uns Mirca entgegen. „Wir nennen sie Charlie.“ war ihr Beschluss. „Charlie?!“ riefen wir und waren wieder ein Herz und eine Seele. „Das ist ein Weibchen!“ „Charlie ist doch ein männlicher Name!“ Charlie zuckte nervös mit den Ohren „Psst, ihr vertreibt sie noch! Ich hab sie entdeckt und sie heißt Charlie!“ Damit war die Sache gegessen.

      „Und was machen wir jetzt?“ Ja, das war eine sehr gute Frage. Ich grübelte immer noch über das seltsame Rätsel und Mirca beschäftigte sich mit Charlie und John versuchte sich mir Mirca zu beschäftigen. Und dann war mir klar wo ich diese sonderbaren Zeichen schon einmal gesehen hatte. „HA! Des Rätsels Lösung ist folge: Wir müssen diesen Höhlengang entlang gehen, dann kommen wir zu einer verborgenen Stadt die von einem alten Kult erbaut wurde, der Nerze anbetete!“ Unsere Forscherdame staunte: „Wirsing, haben sie das jetzt von den Zeichen ablesen können?“ Alle waren vollauf begeistert! „Nein, ich kann sie nach wie vor nicht entziffern. Das war nur geraten… aber was anderes fiele mir jetzt auch nicht ein.“ John presste seine Hand gegen die Stirn und unterdrückte böse Worte. Mirca schaute besorgt von einem zum anderen. Bevor ein weiterer Streit ausbrechen konnte warf sie ein: „Er hat ja irgendwie recht. Wir können nicht einfach hier sitzen bleiben. Vielleicht führt uns der Gang doch irgendwo hin?“ „Gut, dann brechen wir auf.“

      Wir folgten dem tunnelartigen Gang. Mit der Zeit wurde es immer Dunkler und wir holten unsere Lampen aus den Taschen und verwendeten sie als Taschenlampen. Charlie, der pinke Wichtnerz folgte uns vorerst bis John sich erbarmte und das kleine Wesen aufhob und weiter trug. Lange Zeit verging und plötzlich landeten wir in einer Sackgasse. „Toll, das war’s. Der ganze Weg umsonst. Super Idee!“ beschwerte sich John. Charlie wurde diese negative Einstellung wohl zu viel und sie hüpfte von seinem Arm. „Seht doch!“ Mirca deutete auf die Wand der Sackgasse. Dort waren schon wieder die seltsamen Einbuchtungen und Charlie verschwand in einer von ihnen. Ich eilte schnell herbei und leuchtete in das Loch indem Charlie das letzte Mal gesehen worden war. Ich spürte einen Luftzug. Dort musste es wohl weitergehen! Auch die anderen zwei hatten durch die Löcher geschaut und dachten das gleiche wie ich. „Was tun wir nun?“ war die Frage aller Fragen. Ich schmunzelte nur, denn ich hatte diesmal wirklich die Lösung. „Während John die Ägyptischen Schriftzeichen entziffert hat, habe ich mich damit beschäftigt einen Roboter zu bauen.“ Ich kramte in meinem Rucksack und präsentierte Stolz den Robonerz 5000. „Ich kann ihn fernsteuern und durch die Löcher krabbeln lassen, genau wie Charlie grade!“ „Prima Idee!“ endlich bekam ich auch ein wenig Bewunderung von der weiblichen Fraktion. Ich setzte den Robonerz in eines der Löcher und schaltete das Steuerungsgerät mir Bildschirm ein. Augenblicklich konnte ich ihn weiter in das Loch vordringen lassen. Leider war es so dunkel, dass wir auf dem Bildschirm nichts sehen konnten. „Wieso hat der Robonerz 5000 keine Beleuchtung?“ fragte John. „Weil er ein Nerz ist und keine Flutlichtanlage!“ verteidigte ich meine Erfindung.
      „Schon gut, wir können jetzt auch nichts machen. Wir sollten ein Lager aufschlagen und auf den nächsten Tag warten.“

      Der nächste Morgen kam und die Löcher in der Wand ließen Strahlen des neuen Tages auf uns hinab. Nachdem wir ein kurzes Frühstück eingenommen hatten setzte ich den Robonerz auf ein Neues ein. Diesmal konnte man alles wunderbar sehen. Auf der anderen Seite schien die Höhle zu enden. Ich ging das Risiko ein, meinen Robonerz zu verlieren und ließ in komplett auf die andere Seite gehen. Nach ein wenig herumsuchen entdeckten wir eine Art Schalter. Vielleicht konnte man damit einen Durchgang freilegen. Gesagt getan und es ging tatsächlich eine winzige türähnliche Einbuchtung auf, durch die wir durchklettern konnten.
      Auf der anderen Seite erwartete uns kein greller Sonnenschein, wie wir es uns vorgestellt hatten, sondern eine dichte Nebelwand. „Was zum Teufel?“ „Ich kann es kaum glauben…“ Mirca wurde verheißungsvoll. Ich habe davon gelesen. Wenn es wirklich so sein sollte, dann ist das der geheimnisvolle Geisternebel! Wenn wir es schaffen durch ihn hindurch zu kommen, werden wir die verschollene Stadt Nerztopia finden. Es ist nur eine Legende aber ich glaube nun, dass es Wahr sein könnte!“ „Haha, dann hat Wirsing mit seinem Scherz ja voll ins schwarze getroffen!“ machte John sich über mich lustig. „Lach du nur. Das war mein voller ernst!“ Zumindest konnte ich ja versuchen die Situation irgendwie für mich zu gewinnen. Mirca verdrehte die Augen. „Nun geht das schon wieder los.“ „Ja, ich verstehe auch nicht warum Wirsing immer auf streit aus ist“ schüttelte John den Kopf und schlug sich hinterrücks auf Mircas Seite. „Super John, jetzt bin ich wieder der Böse und du kriegst alles was du willst.“ Mir wurde das zuviel, John und seine Maschen um Weiber aufzureißen. Deshalb schritt ich mutig auf den Geisternebel zu. „Stopp! Du kannst doch nicht einfach da reingehen!“ wurde ich zurückgehalten. Aber ich schritt voran und den anderen beiden blieb nichts anderes übrig als mir zu folgen. Hinter mir im dichten Nebel sah ich John Mircas Hand nehmen. Dann war es wohl bald soweit. John bekam immer was er wollte. Nachdem mein Ärger über John verflogen war, kam ein neues Gefühl auf. Verwirrung! Ich wusste nicht wohin und ging Ziellos vor mich her. Die anderen folgten. Mir war zum verzweifeln zumute, doch ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Auf einmal sah ich etwas kleines pinkes vor mir. Es war Charlie! Sie war zurückgekommen um uns zu helfen! Ich war noch nie so froh wie in diesem Moment. Ich brauchte ihr nur folgen. Eine halbe Ewigkeit später lichtete sich der Nebel.

      Vor uns tauchte wahrhaftig eine antike Stadt auf. „Nerztopia“ staunten wir alle. Es war unglaublich. Diese Stadt mitten in Island, von einer alten Kultur errichtet um mit Nerzen zu leben und diese zu verehren. „Und hier wohnen nun die Wichtnerze“ murmelte ich. „Wo sind sie überhaupt?“ wunderte sich John. Mirca schlenderte ein wenig umher und sagte schließlich: „Wenn Charlie hier wäre, dann könnte sie uns sicherlich zeigen wo die anderen sind.“ „Moment, sie hat uns doch den Weg hierher durch den Nebel gewiesen. Vielleicht wird sie uns wieder helfen?“ Mirca rief nach Charlie. Nichts geschah. Doch auf einmal lies sich das pinke Tierchen blicken. „Charlie, führe uns doch bitte zu den anderen Nerzen!“ Und als ob Charlie uns verstanden hätte lief sie bis zu einer bestimmten Entfernung davon, blieb aber stehen als sie merkte, dass wir nicht folgten. „Schnell hinterher!“ Wir rannten also dem Wichtnerz hinterher und kamen schließlich hinter die Stadt. Dort herrschte wieder die pure Natur und wir wussten, dass wir uns nun ganz nah an den Wichtnerzen befinden mussten.
      Wir blieben leise und bewegten uns kein Stück. Nach und nach kamen immer mehr Wichtnerze aus ihren Bauten gekrochen. Sie strahlten in den Farben des Regenbogens. Jeder Nerz hatte eine andere bunte Farbe. Niemand von uns hatte so etwas je in seinem Leben gesehen.

      „Gut, dann können wir ja jetzt loslegen!“ sagte John siegessicher. „Womit denn?“ wundert ich mich. John zog ein Gewehr aus seiner Ausrüstung und machte es schussbereit. „Was soll das? Was hast du vor?“ „Ich habe nicht umsonst so viele Forschungsreisen unternommen und meine Studien über Nerze vertieft! Als ich herausfand, dass die Wichtnerze in diesen herrlichen Farben existieren war mein Entschluss gesetzt. Es gibt viele alte reiche Frauen die für diese Felle Millionen zahlen würden. Endlich hat es sich für mich ausgezahlt!“ Er setzte zum Schuss an. Mirca stürmte auf ihn zu „Stop! Das kannst du nicht tun!“ John nahm noch einmal das Gewehr hinunter. „Oh, Mirca, jetzt verstehe ich dich. Komm nur her, auch du musst irgendwann deine Unschuld verlieren und dich von der Realität einholen lassen. Der erste Schuss gehört dir.“ Er hielt ihr das Gewehr entgegen. „Niemals!“ schrie sie ihn an. „Nun denn…“ Er setzte das Gewehr erneut an und schoss. Er traf einen blauen Wichtnerz. Ich sprang auf ihn zu und riss ihn zu Boden. Mein alter Körper versuchte ihn zu entwaffnen, aber John schaffte es mir das Gewehr gegen die Nase zu rammen. Ein stechender Schmerz durchzog meinen Körper. Ich konnte mich nicht mehr bewegen, so sehr tat es weh. Der Wilderer sprang auf und versetzte mir noch einen Tritt in die Seite. Abermals schrie ich vor Schmerzen auf. „Gibs auf Opa. Jetzt ist meine Zeit gekommen. Du hattest deinen Spaß bereits!“ John ließ sich nun nicht mehr abhalten. Ein Wichtnerz nach dem anderen fiel tot zu Boden. Mirca kam zu mir gerannt. „Geh es ihnen gut Wirsing? Können sie stehen? Wir müssen ihn aufhalten!“ Ich blickte umher. Fast alle Nerze waren schon erschossen. Doch nirgends konnte ich einen pinken entdecken. „Es ist zu spät. Aber vielleicht können sie Charlie noch retten. Ich habe sie nirgends gesehen…“ „Sie ist in meinem Rucksack! Uns bleibt wohl nichts anderes übrig als zu fliehen.“ Ihr standen die Tränen in den Augen und ich konnte ihr dies nicht verübeln. Dass John plötzlich diese wunderbaren Tiere erschoss war das letzt was ich erwartet hatte. Uns blieb nichts anderes übrig als vor ihm zu fliehen. Kurz bevor wir den Stadteingang erreichten, blickten wir noch einmal zurück. Ein Nerz, groß wie ein Bär und mit allen Farben des Regenbogens in seinem Fell stampfte auf John zu. „Was ist das?“ stammelte Mirca. Der Riesen Wichtnerz begann John zu attackieren. Die Kugeln die er abfeuerte brachten ihm gar nichts. „Wie schrecklich!“ „Kommen sie, wir müssen schnell hier weg. Sonst sieht uns das Biest wohlmöglich noch und stellt mit uns das gleiche an.“

      Wir rannten durch den Nebel, irrten vielmehr verzweifelt umher. Wir wussten nicht wie wir wieder zum Höhlendurchgang gelangen sollten und zurück würden wir auch nicht finden. Verwirrt und Müde blieben wir stehen und schnappten nach Luft. Plötzlich raschelte es. „Oh nein! Ist dies das Nerzmonster?“ Nein, es war Charlie, die bis zu diesem Zeitpunkt im Rucksack versteckt war. Mein Herz wurde schwer. „Sie ist der letzte Wichtnerz. Es ist so traurig.“ Weinte Mirca. „Wir hätten uns nie auf die Suche begeben dürfen. Es ist alles meine Schuld“ tröstete ich. Wir folgten nun Charlie hinaus aus dem Nebel. Lange Zeit rannten und stolperten wir durch die Höhle. Irgendwann kamen wir an unserem Ausgangspunkt an. Die Seile hingen noch und die Pferde standen noch dort, wo sie angebunden worden waren. Charlie wendete sich zum gehen. „Können wir sie wirklich hier lassen?“ Mirca war sehr besorgt. „Ich glaube das ist das Beste für sie und die ganze Population der Wichtnerze. Vielleicht haben wir Glück und es befindet sich noch ein Männchen irgendwo dort Unten. Der Fortbestand dieser seltenen Art muss gewährleistet sein. Wir sollten dies alles schnell wieder vergessen, damit nicht noch mehr Leute auf die Idee kommen und den natürlichen Lebensraum der Wichtnerze gefährden.“ „Sie haben Recht Wirsing. Gehen wir…“

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      Senfsamens "Mein erster Arbeitstag."

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      der Oberbegriff war: Süßes

      Kefka sagt dazu: Pikachu
      HeyDay sagt dazu: einschmieren
      FoWo sagt dazu: Rosanes
      Xellas sagt dazu: Schokolade
      Clemo sagt dazu: Doppelanaldildo
      Vas-y sagt dazu: Schwarzwälder Kirschtorte
      pondo sagt dazu: 1000 Biere
      Kandis sagt dazu: Zuckerstangen
      CAMIR sagt dazu: Tortenschachtel
      Maybe sagt dazu: puricute
      Sirius sagt dazu: Jugend
      Hylia sagt dazu: Saures
      Crowbar sagt dazu: Bananen
      bereth sagt dazu: Milchreis


      Mein erster Arbeitstag. Heute sind wir mal süß und flauschig.

      Ich hasse mein Leben. Alles begann damit, dass ich, um mir mein Studium weiterfinanzieren zu können, mir irgendwann einen Nebenjob suchen musste. Da waren erstmal die ganzen Studentenklassiker, auf die keiner wirklich Bock hat: Telefonhorst in der Marktforschung, Flyerfritze im Sandwich-Kostüm, Schraubenzähler bei der Inventur oder Gastronomieaushilfe (wobei bei letzterem in den Anzeigen immer unterschlagen wird, dass man eigentlich ausschließlich Personal mit großen Titten, Solarienbräune, Toupetfrisur und dem Namen Chantall für den Verkauf von heißer Schokolade, Milchkaffee, Schwarzwälder Kirschtorte usw. sucht - da falle ich offensichtlicherweise irgendwie raus) - alles nicht so fetzig, alles nicht so meins. Naja, und Versuchskaninchen für neue Potenzpräparate, Verkoster für genoptimierte Bananen mit drei verschiedenen Geschmacksrichtungen (Apfel, Cola, Kirsch) oder Betreuer für ein christliches Ferienjugendcamp im Vogtland läsen sich zwar lustig im Lebenslauf, letztlich habe ich aber mit dem Statistenjob in einer „Unterhaltungssendung für Kinder und Jugendliche“ vorlieb genommen. Vielleicht lernt man da ja was.

      Was ich leider erst beim Vorsprechen erfuhr: Die suchten Leute, die sich in possierliche Tierkostümchen werfen. Zumindest glaube ich, dass die Tiere darstellen soll. Sicher bin ich mir da bis heute nicht.
      Glücklicherweise brauchten die für den Komparsenposten jemanden, der - das Kostüm gab es wohl nicht anders her - ziemlich großgewachsen ist. In dieses Kriterium fügten sich die anderen Bewerber - dicke, blasse Kellerkinder und hysterisch kichernde kleine Japanologiestudentinnen mit übermäßig bunt gefärbten Haaren - jedenfalls nicht so richtig ein. So bekam ich die Rolle also ohne weitere Probleme, alles weitere würde ich dann bei meinem ersten Arbeitstag sehen, intensivere Vorbereitungen seien nicht nötig.

      Naja. Das grausige Erwachen in der Umkleide könnt ihr euch denken. Also, ich komme da so rein, und so ein ekliger Hugo (scheinbar seit Tagen keinen Spiegel gesehen, dezentes Übergewicht, schwitzige Hände, der Hass!) weist mich an, welches Kostüm ich zu tragen hätte. Und ich seh schon so aus den fünfzehn Metern Luftlinie Entfernung: Irgendwas extrem großes, plüschiges, rundes Rosanes. Mit zwei großen blauen Glitzeraugen, eckigen Öhrchen und ner fetten Schmalzlocke. Extrem demütigend, und NATÜRLICH für mich. Alles klar. Dummerweise brauche ich das Geld, Rückzieher war also nicht. Als dann auch noch ein angepisst aussehender Typ (Mitte zwanzig, hübsches Gesicht mit FIESER Fresse, offensichtlich auch frischgebackener Statist wider Willen, aber dazu komme ich noch!) an uns vorberauschte und nach dem Aufsetzen seines Kostümoberteils als Pikachu (Gesundheit!) entpuppte, hatte ich so eine Leise Ahnung, wo ich gelandet bin. Kackdreck. Mit ein bisschen Internetrecherche nach dem Namen meines Arbeitgebers hätte ich mir den Schock sicher ersparen können, aber sei‘s drum, bin ich halt als, äh, rosa Ding in einer Pokémonsendung gelandet.

      Ich hab den Hype um diesen Pokémon-Rotz nie verstanden. Soviel Geschrei um eine grottige Trickserie und ein paar Sammelkarten. Ich meine, ernsthaft. Papierkarten. Wer braucht sowas? Ich weiß, Urinstinkt des Jäger und Sammlers, blabla, aber MEIN innerer Jagdinstinkt wird eher von so Internetseiten wie z.B. tausendbiere.de bedient (wo ich übrigens inzwischen auf eine stolze Sammeung von 387 verkosteten Biersorten komme (Mädchenmixbiere und Becks nicht mitgezählt!), 82 Importe, 16 streng limitierte Sorten, darunter das legendäre Sternburg mit Beef-Geschmack sowie das Charlie und die Schokoladenfabrik-Bier in Form einer Zuckerstange. Damit habe ich mir nach jahrelanger Userschaft mühsam den Rang „Silberner Kronkorken“ erwirtschaftet. Ich bin schon ein bisschen stolz auf mich, ja.) - in meiner Jugend hatten die Leute wenigstens noch richtige Hobbies!

      Die ganze Sendung ist unglaublich dumm. Also, im Prinzip sind das immer so fünfminutige Anmoderationen für qualititativ hochwertige Animationsergüsse aus dem Land der Zukunft, NIPPON (aus irgendeinem Grund schickt sich es hier nicht, „Japan“ zusagen), das sind dann so Sammelkartenspielkämpfer auf Motorrädern und Ninjas und Piraten und Piratenninjas und HAWT ANIMU BUTTSECKS PIRATENNINJAS. Und natürlich drölftausendhundert von diesen Pokéviechern. Die man alle kaufen soll, um sich Respekt und Reputation in der peer group zu verschaffen.

      Jedenfalls, moderiert wird das Ganze von irgendsoeinem blutjungen Blondchen mit der Intelligenz einer leeren Tortenschachtel, die zwar eigentlich Cindy heißt und aus der meckelnburgischen Provinz kommt, sich aber von allen in der Sendung „Hana-chaaan!“ nennen lässt (nennen lassen muss?) und voll die Möchtegernjapanerin raushängen lässt. Die sagt dann ständig so unverständliches Zeug wie „konnichiwa“, „kawaii desu“, „nani, „Puricute“ usw, das Ganze mit einem starken ostdeutschen Akzent. Sehr traurig.
      Auf das Stichwort der Moderatesse hin („...nicht wahr, Pummeluff?“) habe ich dann immer ein bisschen mit den Ärmchen (soweit vorhanden?) zu schlenkern und in einem piepsig-aufgekratzten Ton „Pummel-Pummel!“ zu rufen (Pummeluff ist dann wohl der Name meines Kostüms, das habe ich soweit verstanden), um mich herum stehen dabei noch ein halbes Dutzend andere Statisten (Mister Pikachu von vorhin, ein Pinguin, ein weiteres Pikachu (nur in blau und fett), ein Affe der....brennt? usw usw...), die ähnlich simplen Arbeitsanweisungen wie ich nachgehen. Was mich echt irritiert, ist die Tatsache, dass dieser Unsinn bei den Kids so gut ankommt (nahezu alles, was von der Moderatesse gesagt oder getan wird, so gehaltlos es auch sei, wird von den Quälgeistern - wie einstudiert - mit einem von lautem Trampeln begleiteten „YEEEEEAAAAH!!!“ kommentiert) , ich fühle mich so deplaziert an diesem grausigen Ort.

      Die Pausen sind nicht unbedingt besser. Zum einen muss man sich den Weg in die Umkleide wortwörtlich freikämpfen, weil die Kids nach Pauseneinblendung sofort aufspringen und sich einem in riesigen Trauben an die (ebenfalls nur rudimentär vorhandenen?) Beine klammern und „Pummeluff! PUMMÄLUUUFF!“ gackern. In einer Lautstärke, bäh. Ernsthaft, wenn sich noch eins dieser sabbernden Monster an mich ranhängt und „Ich liebe dich“ quäkt, gibt es Saures! Das ist nicht die Art von Liebe, die ICH möchte. Uah. Uäh! Ich will das nicht!

      Zum anderen ist das, was mich in der Pause erwartet, auch nicht unbedingt das Gelbe vom Ei. Das Essen in der Kantine kannst du knicken (kalter Milchreis mit Zimt und zum Nachtisch lecker Früchtekompott aus der Dose, omjomjom), von meinen Mitkomparsen will ich erst garnicht reden. Alles so verpeilte Nerdmädchen, wie ich sie bereits vom Vorsprechen kenne, die die ganze Zeit kreischend und schwärmend um Cindy (bzw. „Hahnna-schaaaahn“) schwirren wie der Mond um die Erde. Mein einziger Lichtblick ist Mister Pikachu, bei dem ich in den Drehpausen immer Kippenschnorren gehe. Scheint der Einzige in dem ganzen Laden zu sein, der nicht als Kind mit dem Kopf voraus vom Roller gefallen ist, und richtig gutaussehend und klug ist er auch! Voll gut und so. Er macht das Zeug hier gerade auch nur übergangsweise, und so kotzen wir uns jede Drehpause gegenseitig über die bekloppten Leute hier aus. Und vor allem über die Kids,

      Gott, ich hasse nämlich Kinder von Hause aus, aufgekratzte Biester. Die sind heutzutage alle ziemlich pain in the ass. Und ich rede nicht von kleiner-Finger-pain in the ass. Ich spreche von einem Doppelanaldildo aus ökologischem Eigenanbau, fair traide. Noch mit Stacheln und Blättern dran. Ernsthaft. Kinder nerven. Ich glaube, der einzige Grund, warum man überhaupt noch Kinder in die Welt setzt, ist der, dass man sie, wenn sie größer sind, zu Dumpinglöhnen in Cafés, als Putzfrau und im Aldi an der Kasse jobben lassen kann. Und als Statisten in Plüschkostümen im Nachmittagsunterschichtenfernsehen, wo sie als Belustigung für die nächste Generation Aldikassierer herhalten dürfen.

      Mein persönliches Highlight heute war: Mister Pikachu hat heute kurz nach Drehschluss eines der Kinder übelst zusammengestaucht, nachdem es sich an seinem Schweif festgekrallt hat und nicht mehr loslassen wollte. Nachdem selbst das Gutzureden der Mutter der kleinen Pamela-Jaqueline („Komma ennlich raus, die Muddi muss ma rauchen! Schakkeline, geh da wech! Wenn du net kommst gehstu dann gleich ohne Abendessen ins Bett wemma zu Hause sinn, so schnell kannste net kucken!“) nicht helfen wollte, hat er das Kind mit einer schnellen Drehbewegung abgeworfen und noch einige unflätige Begriffe, die ich nicht wiederzugeben in der Lage bin, nachgeschoben.

      Cindy/Hanaschaaan und die anderen Pokénerds haben sichtlich schockiert reagiert, aber MIR hat das ziemlich imponiert. Die Leute trauen sich ja heute garnix mehr, weil man Kinder nicht mehr anscreien dürfen soll. Was für ein Weichpiddiepädagogenmist.

      Mister Pikachu und ich, wir stehen auf derselben Seite. Ich werde ihn wohl morgen mal auf einen Kaffee einladen müssen oder so. Was für ein furchtbarer Ort, um Typen kennenzulernen, aber scheiß drauf.

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      Xellas "Ein zauberhaftes Abenteuer"

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      der Oberbegriff war: Trick

      Kefka sagt dazu: Geld
      HeyDay sagt dazu: Spielkarten
      Senfsamen sagt dazu: Tick & Tack
      FoWo sagt dazu: Treat
      Clemo sagt dazu: illusionieren
      Vas-y sagt dazu: Harry Potter
      pondo sagt dazu: Vaginalverjüngung
      Kandis sagt dazu: Kaninchen
      CAMIR sagt dazu: Zauber
      Maybe sagt dazu: Heiratsschwindler
      Sirius sagt dazu: Schloss
      Hylia sagt dazu: Betrug
      Crowbar sagt dazu: Narr
      bereth sagt dazu: Houdini



      Vorwort:

      Die verwendeten Charakter: Tick, Trick, Track, Link und Zelda sind Out of Charakter. (ooc)

      Tick, Trick und Track Duck sind Original von Disney (hier verwende ich die drei von Duck Tales)

      Link und Zelda, Original von Nintendo, verwende ich aus Ocarina of Time.



      Ein zauberhaftes Abenteuer


      Ein nicht ganz so warmer Sommertag in Entenhausen. Die drei Brüder Tick, Trick und Track stehen hinter einem Bretterzaun und überlegen was sie tun könnten.

      Trick mault: „Mir ist langweilig, Jungs lasst euch was einfallen“

      Doch bevor seine Brüder antworten konnten schwebten Zettel aus der Luft herab.
      Track hob einen davon auf und las vor: „Großes Erntedankfest im Schloss Hyrule, heute bis Sonntag. Alle sind herzlich eingeladen.“
      Er klopfte Trick auf die Schultern. „Ich glaube unser Problem ist gelöst“
      „Ich habe auch schon eine Idee wie wir dort hinkommen“ rief Tick und rannte in Richtung seines Großonkels Dagobert Duck.
      Die zwei zurückgebliebenen Brüder blieben verdutzt zurück, schauten sich kurz an und riefen dann „Warte, wir kommen mit!“

      20 Minuten später kamen die drei Jungs völlig außer Atem bei ihrem Onkel an. Hinter dem Geldspeicher war ein kleiner Schuppen, in ihm ein kleines Flugzeug. Tick lief direkt zu den Schuppen und blieb dann stehen.

      „Du willst doch nicht etwa mit dem Flugzeug nach Hyrule fliegen“ fragte Trick etwas verschreckt.
      „Außerdem wer soll uns denn dorthin fliegen?“ warf Track ein.
      „Na ich“ protzte Tick. „Kommt, helft mir, macht den Schuppen auf.“

      Die Brüder taten was Tick ihnen befahl. Dieser saß inzwischen im Flugzeug und versuchte es zustarten. Quack, der Bruchpilot hatte öfter mit dem Jungen geübt. Nach einigen Minuten schaffte Tick es sogar und rollte mit dem Flugzeug aus dem Schuppen.
      „Kommt steigt ein“ rief er. „Wahnsinn“ kam nur von Trick und Track. Sie stiegen dennoch ein und kurz darauf schwebten drei Jungs in einem Flugzeug Richtung Hyrule.

      In der Nähe des Schlosses Hyrule indessen streunte Link durch die Gegend. Er schaute auf denn er hörte ein Flugzeug über sich und ein Geschrei.

      „Wahh, kannst du nicht langsamer landen?“ schrie Trick. „Keine Ahnung, ich weiß nicht wie man landet, Quack hat es mir nicht gezeigt“ Tick versuchte alles Mögliche um eine sanfte Landung hinzubekommen. Doch es half alles nichts.

      „Ahhh“ hörte Link und dann einen Knall. Er rannte los und sah nur ein brennendes Wrack. Trotzdem suchte er nach Überlebenden. „Hallo, ist hier jemand?“

      „Ja hier oben“ Tick, Trick und Track konnten glücklicherweise noch rechtzeitig mit einem Fallschirm abspringen, unglücklicherweise hingen sie jetzt an einem Baum fest.

      Link musste unwillkürlich lachen, half dann aber den drei Brüdern sich zu befreien.
      „Dankeschön“ kam von den dreien gleichzeitig. Link musterte die drei Entlein. „Hey, ihr seht ja alle gleich aus“ Trick meinte nur „Na logisch, wir sind Drillinge“ Link grübelte „Und wie halte ich euch auseinander?“
      Tick nahm seine rote Kappe, Trick seine Blaue und Track seine grüne Kappe. „Na anhand der Kappen und T Shirts“ kam es dreistimmig als Antwort.

      Tick fragte Link nach dem Schloss Hyrule und dem Fest. Link deutete nach oben. „Wenn ihr wollt kann ich euch führen“

      Die Vier trabten los und waren nach einer halben Stunde mitten im Trubel. „Hat eigentlich einer von euch Geld dabei?“ fragte Trick. Alle verneinten die Frage. „So was Blödes, ich habe nämlich Hunger“ Track hatte eine Idee. „Wir könnten doch als Zauberkünstler auftreten.“
      „Quatsch, wir sind doch nicht Houdini oder Harry Potter“ erwiderte Tick. „Ich kann noch nicht mal ein Kaninchen aus dem Hut zaubern“ Link zuckte mit den Schultern. Track aber meinte. „Ich kenne einen Zauber mit Spielkarten“.

      Die Jungs suchten sich einen Platz vor dem Schloss aus und führten ihr Tricks vor bis Link eine ihm bekannte Stimme vernahm, er schaute sich um, sie schien aus dem Schloss zukommen. Er verabschiedete sich von Tick, Trick und Track und lief zu dem Zimmer, aus dem er die Stimme gehört hatte.

      In seinen Erinnerungen fing es an zu dämmern, der Mann zu dem die Stimme gehörte ist ein Heiratsschwindler. „Das ist doch Betrug“ rief er laut und ahnte gar nicht wie recht er hatte. Dieser Mann hatte Prinzessin Zelda in der Zukunft schon mal einen Heiratsantrag gemacht. Link konnte es nicht wissen, doch er ahnte instinktiv dass er in die Zukunft reißen musste, so begab er sich zur Zitadelle der Zeit.

      7 Jahre später..

      Link spielte die Ocarina und rief damit sein Pferd Epona. Zusammen ritten sie nach Kakariko. Dort angekommen machte Link sich auf die Suche. Seine Gedanken illusionieren. Doch wirklich vorstellen konnte er sich nicht was dieser Heiratschwindler vorhatte.

      Es war inzwischen Nacht geworden, nur ein Haus war noch beleuchtet, Link ging darauf zu. Er hörte jemanden rufen „Treat me, Treat me“ (Behandel mich). Er lief schneller und sah durch das beleuchtete Fenster Prinzessin Zelda. Ihm erstarrte das Blut in den Adern denn er hörte sie etwas von Vaginalverjüngung sagen. Er kletterte durch das geöffnete Fenster und rief ganz ausser Atem „Aber wozu brauchst du das denn? Du bist doch noch nicht mal zwanzig, mir reicht das völlig so, bitte lass dich nicht behandeln“ Zelda zog eine Augenbraue hoch „Wie bitte“ In diesem Moment sah Link sich im Zimmer um und sah eine ältere Frau und einen älteren Mann. Er wurde knallrot.

      Zelda schubste Link aus dem Zimmer nach draußen, sie war wütend. „Du Narr! Was fällt dir denn ein so mit mir in aller Öffentlichkeit zureden. Außerdem ist die Behandlung nicht für mich, sondern für dieses Ehepaar, ich war nur als Unterstützung dabei, weil die Frau sich nicht alleine traute mit ihrem Mann darüber zusprechen“ Sie schubste Link noch mal heftig, so dass dieser auf seinen Hintern fiel. „Aua“ Link stand mit schmerzverzerrtem Gesicht wieder auf.

      „Was machst du eigentlich in dieser Zeit?“ fragte Zelda ihn. Link erzählte ihr warum er da war. Zelda war wieder auf 180. „Und deswegen reist du durch die Zeit, das hättest du auch in der Vergangenheit regeln können. Sprach es und verschwand wieder ins Haus.

      Link stand ganz bedröppelt und zerknirscht da. Er holte Epona und ritt zurück zur Zitadelle, dort reiste er in die Vergangenheit und vergaß dadurch den Ärger mit Zelda.

      Zusammen mit Tick, Trick, Track spielte Link weiterhin Zaubertricks vor. Später kam auch die junge Zelda vorbei und war ganz begeistert von den Tricks der Jungs.

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      Clemos "Die Transzendenz des Alltags"

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      der Oberbegriff war: Vergebung

      Kefka sagt dazu: Gott
      HeyDay sagt dazu: Sünde
      Senfsamen sagt dazu: Sühne
      Xellas sagt dazu: knien
      FoWo sagt dazu: Altruismus
      Vas-y sagt dazu: Todesstrafe
      pondo sagt dazu: Transzendenz
      Kandis sagt dazu: Gewissen
      CAMIR sagt dazu: Jesus
      Maybe sagt dazu: Verdammnis
      Sirius sagt dazu: Liebe
      Hylia sagt dazu: Buße
      Crowbar sagt dazu: Schuld
      bereth sagt dazu: Gericht


      Die Transzendenz des Alltags

      Stress. Wir alle kennen ihn. Viele von uns brauchen ihn. Manche haben zuviel davon in ihrem Leben und andere gehen an ihm schlussendlich kaputt. Auch in Armanda K.s Leben spielt Stress eine große Rolle. Er bestimmt ihren Arbeitsalltag. Er dominiert ihr Berufsleben. Ja, man könnte fast sagen, er ist das unerbittliche Metronom in ihrer Arbeitswelt, welches unaufhörlich den rasanten Arbeitstakt angibt. Genau betrachtet hat Armanda K., oder Frau K. wie sie von ihren Kollegen respektvoll genannt wird, einen der stressreichsten Arbeitsplätze der Welt inne. Sie arbeitet im Internet.

      Das Internet ist ein unglaublich großer Ort in einer noch viel größeren Stadt. Armanda K. hat einen sehr verantwortungsvollen Beruf. Ihr unterstehen ganze Abteilungen und obwohl sie nicht zur Chefetage gehört, reicht doch ein Wort aus ihrem Mund und ein ganzer Bereich des Internets ist dem Untergang geweiht. Ihre Arbeit und Aufträge erledigt Armanda K. immer mit höchster Präzision und dem Streben nach Perfektion. Etwas, was ihren ohnehin schon hohen Stresspegel noch weiter in die Höhe treibt. Dass sie heute auch noch einer neuen Angestellten eine Einführung geben soll, diente ebenfalls nicht der Stressreduktion.

      An einen Stehtisch lehnend und in Gedanken versunken wartete sie auf ihre neue Kollegin. Sie stützte den Kopf in ihre linke Hand und begann mit den Fingern an ihrem Rosenquarzohrring herumzuspielen. Dabei bedauerte sie erneut, wie unendlich Schade es doch war, dass sie den rechten Ohrring verloren hatte. Sie wusste nicht einmal genau wann, vermutet aber, dass es in jener Liebesnacht gewesen sein musste, als sie zum ersten Mal mit Simon geschlafen hatte.
      “Sie müssen Armanda K. sein.“, riss sie die Stimme einer ziemlich aus der Puste klingenden jungen Frau aus ihren Erinnerungen. „Oh Gott, es tut mir so leid, dass ich zu spät bin und das ausgerechnet an meinem ersten Arbeitstag. Bitte schmeißen sie mich nicht raus, ich hatte wirklich ein unglaublich schlechte Verbindung und dann war da noch dieses 64k Modem und wir alle mussten...“.
      „Ist schon in Ordnung“, unterbrach sie Frau K. „Niemand wird sie rausschmeißen, nur weil sie einmal zu spät gekommen sind, aber sie sollten es wirklich nur bei diesem einem Mal belassen.“
      „Wirklich zu großzügig von ihnen“, seufzte die langsam wieder zu Atem kommende junge Frau. „Aber eines lassen Sie sich bitte noch gesagt sein, für Sie bin ich nicht Armanda K., sondern Frau K.“
      „Selbstverständlich Frau Armanda K.“ antwortete die Angesprochene und Frau K. rollte im Geiste die Augen kaum wagend daran zu denken, welche Ausgeburt der Intelligenz man ihr hier wohl zugeteilt haben möge. Um zu sehen, wie tauglich das junge Ding welches da vor ihr stand und nervös ihre Kleidung zurecht zupfte überfolg sie kurz den Bewerbungsbogen der Neuen und seufzte dann.
      „Wie ich sehe, habe ich es also mit einer Noob zu tun“, dabei blickte sie aus dem Bewerbungsbogen auf und sah die neue an.
      „Einer was?“, gab diese verwirrt zurück. „Neue ohne obligatorische Bildung, Noob.“, erklärte Frau K.
      „Neue ohne obligatorischer Bildung? Finden sie das nicht ein wenig diskriminierend mich so zu bezeichnen?“
      „Ach behalten sie ihre Entrüstung mal für sich. Jeder der hier anfängt ist ein Noob. Gewöhnen sie sich daran, ihre Mitarbeiter werden sie die nächsten Wochen auch so nennen. Das ist mehr oder weniger ein Aufnahmeritual und je weniger Sie sich darüber aufregen, desto eher wird man dazu übergehen ihren echten Namen zu verwenden. Apropros wie heißen Sie eigentlich?“
      „Sandra, Sandra Foggenhuber.“ „Gut Sandra, dann machen wir beide uns jetzt wohl besser auf den Weg, es gibt vieles was Sie sehen müssen.“

      Die beiden Damen begannen ihren Rundgang durch das gesamte Unternehmen. Teilweise erklärte Frau K. verschiedene Bereiche oder Abläufe und immer wenn Fräulein Sandra etwas nicht klar war, fragte sie brav nach der Bedeutung. So zum Beispiel auch, als sie einen Lageraum voller undefinierbarer Gegenstände durchquerten. Alle zwischen 30 und 60 Zentimeter lang in den unterschiedlichsten Farben und Formen. Rund, gebogen, verzogen. „Was das sind? Na sie haben wohl noch nie einen Doppelanaldildo gesehen, oder?“
      „Oh mein Gott, nein. Wozu brauchen wir denn solche Dinge hier in der Firma?“, fragte Fräulein Sandra sichtlich besorgt, wo sie denn hier nun gar reingeraten war.
      „Oh, Sie kennen doch sicher die willigen Omas und die geilen Faltenluder? Zur Zeit sind sie der totale Renner unserer Cybersexabteilung. Sie haben sogar die schluckfreudigen Schwangeren und die Lolis verdrängt. Vor allem unsere 97jährige Sex-Inge steht bei den Klienten hoch im Kurs. Um sie stöhnen zu hören während sie ihre Cellulite massiert, rufen die Menschen aus der ganzen Welt an. Man nennt sie daher auch schon Firmenintern 'Tante Penis', wenn sie verstehen was ich meine.“
      Frau K. Zwinkerte ihr verschwörerisch zu, doch Fräulein Sandra verstand nicht, war sich aber auch ziemlich sicher, dass es so besser sei, dennoch nickte sie mit vielwissender Miene zustimmend.
      Um die ihrem lebhaftem Kopfkino entsprungenen Bilder der Sex-Inge wieder zu verdrängen, probierte Fräulein Sandra das Thema auf etwas anderes zu bringen.
      „Ein schöner Ohrring, den Sie da tragen.“ „Danke. Die hat mir mein Mann Paul an unserer Hochzeit geschenkt. Ich trug sie den ganzen Tag und die ganze Nacht, obwohl er es hasst, wenn ich mit Schmuck ins Bett gehe, selbst wenn es eine Perlenkette ist, hat er damals ein Auge zugedrückt. Dieser Ohrring erinnert mich stets daran, was für einen wunderbaren Ehemann ich habe. Leider habe ich den zweiten in der wohl schönsten Liebesnacht meines Lebens verloren...“, der Geisternebel vergangener Erinnerungen stieg in Frau K. Hoch und für einen Augenblick wünschte sie sich nichts sehnlicher, als dass ihr Arbeitstag möglichst schnell vorübergehen würde.
      „Oh, das ist wirklich sehr schade, ich hoffe, sie finden ihn wieder!“
      „Wir sollten hier keine Wurzeln schlagen, wir haben erst ein Drittel der Einrichtung besichtigt.“, drängte Frau K. zum Weitergehen.

      So liefen nun die beiden Damen durch das labyrinthartige Gebäude, vorbei an Räumen voller Aktenschränke in denen laut Frau.K. die schrecklichsten Dinge lagerten, die sie hier zu bieten hätten. Fanfiction zum Thema Harry Potter, verfasst von dreizehjährigen, homophilen Mädchen mit Hang zu dramatische Szenen und der Fähigkeit in allen unpassenden Stellen die Charaktere Lieder aus Moulin Rouge zitieren zu lassen. Fräulein Sandra versuchte möglichst wenige Fragen zu stellen, denn je mehr sie fragte, desto schrecklicher, so schien es zumindest, wurden die Antworten. Nur als sie in einem Büro voller kopfloser Hühner auf dem Boden vorbeikamen, siegte doch ihre Neugierde.
      „Die liegen da zu Testzwecken. Wir befinden uns gerade im Büro zur Prävention von Zombieapokalypsen. Ich weiß nicht genau, was es mit den Hühnern auf sich hat, aber die gehören zu irgendeinem Projekt. Ich glaube, ihr Blut soll sich grün verfärben, falls sich Untote nähern, oder irgendwie so ähnlich!“
      Das war zu viel für das gute Fräulein Sandra. Um nichts in der Welt konnte es sich vorstellen, hier zu arbeiten.
      „Entschuldigen Sie, Frau Armanda K., aber ich glaube wir können unseren Rundgang abbrechen, ich denke nicht, dass ich auch nur für irgendeinen ihrer Bereiche fähig wäre. Ich war immer der Meinung, im Internet würde man anderen Menschen helfen, Ratschläge erteilen und für jemanden da sein. Sich irgendwie nützlich machen, aber nie im Leben hätte ich mit Cybersex oder Zombieapokalypsen gerechnet.“

      Frau K. Atmete kurz durch ehe sie ihre Brille zurechtrückte und antwortete: „Ich sehe schon, mit Ihrem Hang zum Altruismus wäre es vielleicht eine Überlegung wert, dass Sie beim Internetgericht anfangen würden.“
      „Internetgericht?“
      „Sagen sie nicht, sie dachten all die Trolle und Sockenpuppen würden ungestraft davon kommen?“
      Fräulein Sandras Blick verriet, dass sie sich noch nie Gedanken über Trolle und Sockenpuppen gemacht hatte.
      „Wissen sie, viele der Trolle werden sich erst Ihrer Schuld bewusst, wenn sie vor Gericht stehen. Natürlich versuchen sie dann den Richtern ins Gewissen zu reden.“, Frau K.s Stimme wurde kühl als sie weitersprach
      „Aber dann ist es längst zu spät die Sünde zu bekennen und Buße zu tun. Noch während sie vor dem Richter knien wissen sie bereits, dass ihnen keine Sühne zu Teil werden wird und auf sie nur die Verdammnis wartet. Und dann...“ ein selbstgefälliges Lächeln legte sich auf Frau K.s Gesicht, „und dann wird die Todesstrafe ausgesprochen. Ein herrlicher Anblick, ihre fassungslosen und entsetzten Gesichter!“
      „T-t-todesstrafe?“, stotterte Fräulein Sandra entsetzt. „Ach, eigentlich ist es ja nur ein Permabann, aber im Jargon nennen wir das hier Todesstrafe. Ist auch viel treffender. So etwas wie ein Bann weckt ja die falsche Vorstellung, dass man es wieder rückgängig machen könnte. Dabei kam eine Aufhebung eines Permabanns in unserer ganzen Firmengeschichte eigentlich noch nie vor und da für viele Trolle eine Welt nach dem Ausschluss zusammen bricht, kommt Todesstrafe sehr gut hin, finde ich.“
      „Sehr verwirrend wie ich finde, warum nennt man es dann nicht offiziell Todesstrafe, wenn Permabann zu unpräzise ist?“
      „Ach was,“ winkte Frau K. ab „Sie hätten hier sein sollen, als Lolspeak oder Lunarisch in war, sie hätten wahrlich kein Wort verstanden!“
      Frau K. öffnete eine Tür und führte Fräulein Sandra weiter. „Wie ich gerade bemerkt habe, ist es bereits 13:00 Uhr, Zeit Mittag zu Essen. Ich hoffe doch, sie bringen Hunger mit, denn unsere Köche übertreffen sich wirklich jeden Tag aufs Neue.“
      „Oh, ja. Essen kommt mir gerade recht.“, antwortete Fräulein Sandra sichtlich erleichtert, vorerst mit keinen weiteren Sonderbarkeiten rechnen zu müssen. Was könnte denn schon bei einem Mittagessen, abgesehen vom Geschmack, außergewöhnlich sein? Doch noch sollte sie eine weitere Begegnung von der Mittagspause trennen, denn gerade, als sich die beiden Frauen durch die Tür getreten waren, vernahmen sie erhobene Stimmen. Ein heftiger Streit schien in Gange zu sein. Es sollte nicht lange dauern, genauer genommen drei Ecken und zwei Gänge lang, bis sie die Quelle des Lärms erreicht hatten. Ein Mann mit schulterlangem Haar und Sandalen schrie eine Katze an, die irgendwie an der Decke zu hängen schien, welche ihrerseits bedrohlich fauchte und schmerzhaft hohe Miaulaute ausstieß.
      „Jesus, Ceiling Cat, nicht schon wieder!“, mit lauter Stimme versuchte Frau K. die Aufmerksamkeit der zankenden zu gewinnen.
      „Bitte sagt mir, dass ihr euch nicht schon wieder darum streitet, wer die Leute beim Onanieren beobachten darf?“, fragte sie resigniert.
      Die Katze sah sie kurz an, blickte dann zu dem Mann und dann wieder zurück zu Frau K. Anschließend miaute sie ein paar Male und sah dabei sehr verärgert aus. Frau K. wandte sich dem Mann, der geschätzt Mitte dreißig war, zu.
      „Stimmt es wirklich, dass du dich nicht an die Vereinbarung betreffend der Vergebung gehalten hast und obwohl heute weder Freitag noch Sonntag ist, Sünden erlassen hast?“
      „Es war ein Versehen, aus der Macht der Gewohnheit heraus!“, beteuerte der junge Mann und ergänzte dann in deutlich aggressiverem Ton
      „Außerdem braucht sich das Fellknäul gar nicht erst beschweren, es hat heute eindeutig unsere Vereinbarung betreffend der Ernährungswunder gebrochen und für seine Jünger einen Cheeseburgerregen heraufbeschworen!“
      Frau K. drehte ihren Kopf und wartete auf eine Antwort der Katze. Diese schien nun äußerst entrüstet zu sein und ließ einen ganzen Stapel an Maunzern auf den jungen Mann los. Auch wenn Fräulein Sandra nichts von dem verstand, was das Tier zu sagen schien, merkte sie bereits am Ton, dass es wohl sehr beleidigend sein musste. Dementsprechend aufgebracht fiel auf die Reaktion des Mannes aus.
      „Nur dass du's weißt, ich bin auch für undankbare Kreaturen wie dich am Kreuz gehangen und das einzige wo du jemals rumhängst ist ab und zu an deiner vergammelten Decke!“
      Das schien sich nun die Katze nicht mehr länger gefallen lassen zu wollen und mit einem schnellen Satz sprang sie in Richtung Gesicht des Mannes. Die Krallen ausgefahren und von einem kampfschreiähnlichen Fauchen begleitet.
      „Ganz wie du willst, ich bin zwar Pazifist, aber alles muss ich mir auch nicht gefallen lassen.“, sprach der Mann und stürmte seinerseits mit lauten Gebrüll auf das Fellknäul mit Krallen zu.
      „Nicht schon wieder!“, Fräulein Sandra wusste nicht wieso, aber Frau. K.s resignierte Aussage lies sie kurzfristig an einen Petunientopf denken.
      „Hier, nehmen sie diesen Kupon“, lenkte Frau K. die Gedanken von Fräulein Sandra wieder auf die Erde zurück. „Damit bekommen sie ein Dessert umsonst, heute stehen Eierkuchen und Schwarzwälder Kirschtorte zur Auswahl. Meine Mittagspause wird sich wohl noch etwas verzögern!“
      Frau K. drückte ihr einen Papierschnipsel in die Hand und krempelte dann ihre Ärmel hoch „Ich sollte einschreiten, bevor das hier noch ausartet und die gesamte Abteilung in Mitleidenschaft gezogen wird“ und alleine der Ton ihrer Stimme lies Fräulein Sandra erahnen, dass so etwas hier öfters vor zu kommen schien.

      Es war bereits spät, später als üblicherweise, als Frau Armanda K. die Wohnungstür aufschloß. Sie legte ihren Mantel ab, zog ihre Schuhe aus lehnte sich an die Wohnungstür an und schloss kurz die Augen. Dann atmete sie mehrmals durch.
      „Du bist endlich da?“, drang eine Stimme aus dem Wohnzimmer an ihr Ohr. „Ich hätte dich eigentlich früher erwartet“, der Stimme folgte ein Mann aus dem Zimmer der auf sie zuging und sie zur Begrüßung küsste. „Du bist schon zurück, sollte deine Geschäftsreise nicht eigentlich noch bis Freitag andauern?“, irritiert wich Armanda einen Schritt zurück. „Ja, ich freu' mich auch, endlich wieder bei dir sein zu können!“, kommentierte der Mann die ausbleibende Wiedersehensfreude „Du weißt doch, dass ich das nicht so meine. Heute war halt ein mordsstressiger Tag für mich. Ein völliger Totalausfall und nur unerträgliches Drama.“
      „Umso mehr wird es dich freuen, dass ich dir bereits ein Entspannungsbad eingelassen habe.“ „Ach Simon, wie zuvorkommend von dir, das ist genau das was ich jetzt brauche.“
      „Tja, ich kenne deine Bedürfnisse mittlerweile eben schon sehr gut.“, antwortete dieser selbstsicher.
      „Na das will ich doch mal testen, welches Badesalz hast du reingetan?“ „Morgenröte natürlich, deine Lieblingsmischung. Und nach dem Bad gibt es Lasagne, dein Lieblingsgericht.“ „Gut ich gebe mich geschlagen, ich scheine echt durchschaubar geworden zu sein.“ „Du bist eine Frau, du wirst stets undurchschaubar bleiben. Du solltest in die Wanne, bevor das Wasser kalt wird.“ „Dass du ein sexistischer Idiot bist, weißt du schon, oder?“, fragte Armanda scherzend und suchte das Badezimmer auf. „Du hast 'liebenswürdig' vergessen. Ich bin ein liebenswürdiger sexistischer Idiot, darum magst du mich ja auch so sehr“, rief er ihr noch hinter her, nicht sicher, ob sie es durch die bereits versperrte Türe hören würde.

      „Sind wir heute etwa alleine“, wendete sich Armanda an Simon, als sie sah, dass der Tisch nur für zwei Personen gedeckt war. „Du wirst langsam echt alt und vergesslich, der ist doch wie an jedem Dienstag noch in der Abendschule.“ „Stimmt, der Kleine muss ja jetzt fleißig lernen.“ „Hör auf, du weißt doch, dass er es nicht mag, wenn du ihn so nennst, gerade in diesem Alter.“ „Ach ihr Männer, ihr hört doch nie auf empfindlich zu sein..“ meinte Armanda provozierend. „Ich zeig dir gleich, wie empfindlich ich bin...“, konterte Simon mit lüsterner Stimme. „Nach dem Essen, du weißt doch, kein Sex auf leeren Magen.“ „Du mit deinen Regeln.“, Simon verdrehte den Kopf. „Aber nur dass du's weißt, ich hab in fünf Minuten aufgegessen und dann wirst du meine Nachspeise sein.“, sagte Simon lachend und nahm den ersten Bissen Lasagne.

      „Hmn... es kommt mir so vor, als wäre es Jahre her, seitdem wir das letzte Mal miteinander geschlafen haben“, sprach Armanda und drehte sich auf den Rücken. „Da ist man gerade mal drei Wochen auf Geschäftsreise und dir kommt es wie Jahre vor?“ Simon richtete sich ein wenig im Bett auf, um sie besser betrachten zu können. „Es sollte dich doch freuen, dass mein Leben ohne dich keine drei Wochen mehr komplett ist.“, meinte sie nachdenklich. „Wo du recht hast, hat du recht“, er stupste mit seinem Finger gegen ihre Nase und fuhr dann fort „dennoch sollte ich jetzt...“ Weiter kam er nicht. Denn mit einem lauten Knall wurde die Schlafzimmertür aufgestoßen und ein beinahe den kompletten Türrahmen ausfüllender Mann stürmte in das Zimmer. „Armanda wie konntest du nur!“, schrie er seine Frau an. „Ich habe dir vertraut, wie konntest du mich nur dermaßen hintergehen?“, seine Stimme zitterte. „Denkst du, nur weil ich Abendschule habe, brauchst du nicht auf mich zu warten? Immerhin musste ich auch drei Wochen lang ohne Simon auskommen.“, Pauls Gesichtszüge lockerten sich und man sah ihm direkt an, dass es ihm schwer fiel, den eifersüchtigen Ehemann zu mimen. „Beruhig dich, Tiger, du kommst gerade recht zur zweiten Halbzeit.“ meinte Armanda und warf Paul eine Kusshand zu. „Natürlich nur, wenn du noch Lust hast.“ „Und wie ich das habe, macht euch auf etwas gefasst ihr beide“, sprach’s entledigte sich seiner Kleider und sprang zu Armanda und Simon ins Bett.

      Ja, Frau K.s Arbeitstag ist stets aufs neue von Stress gekennzeichnet, aber Armanda hat für sich das beste Rezept dagegen gefunden. Liebe.
      Und da sie auf Nummer sicher gehen möchte, gönnt sie sich täglich eine doppelte Portion. Immerhin kann man ja nie genug Liebe in seinem Leben haben und zur Not gibt es ja Rosenquarzohrringe. Einer wartet immer noch darauf zwischen Matratze und Lattenrost gefunden zu werden.

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      Vas-ys "Genügsamkeit"

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      der Oberbegriff war: Genügsamkeit

      Kefka sagt dazu: Sonne
      HeyDay sagt dazu: Verzicht
      Senfsamen sagt dazu: Handbetrieb
      Xellas sagt dazu: Disziplin
      Clemo sagt dazu: Kamele
      FoWo sagt dazu: Einfältigkeit
      pondo sagt dazu: Pilsator
      Kandis sagt dazu: Zufriedenheit
      CAMIR sagt dazu: Haferschleim
      Maybe sagt dazu: Selbstfindung
      Sirius sagt dazu: Konsum
      Hylia sagt dazu: Emeritentum
      Crowbar sagt dazu: Pleite
      bereth sagt dazu: Völlerei


      Genügsamkeit

      So sehr die Sonne des Südens jedem noch so kleinen Sandkorn keinen Schatten gönnen wollte, war sie nachts gnädig, schlief tief und fest und träumte mit den Seelen, die jeden Tag für ein besseres Leben den Spaten hoben.
      In einem kleinen Dorf, irgendwo verloren am Meer gelegen, labten sich seine Bewohner an der anspruchsvollen Genügsamkeit, an der Dankbarkeit jeden Morgen aufzuwachen und der Sonne Zufriedenheit zuzuwinken. Das Dorf war autark und widersprach den Regeln und Gesetzen des herrschsüchtigen Königs. Keiner besaß viel, keiner besaß wenig und es wurde geteilt. Wenn das rechte Bein des alten Bauerns nahe der schroffen Küstenklippe nicht mehr der Last der Ernte standhalten konnte, legte das Dorf seine helfende Hand über ihn und schickte kräftige Kamele, deren Ausdauer und Stärke dem fragilen Bein Erholung ermöglichten.
      Ferro, ein aufgeweckter und spätjuveniler Junge war eine der helfenden Hände. Er unterstützte den gebrechlichen, alten Bauern dabei die Felder zu bewirtschaften und lohnte dafür Anerkennung und Dankbarkeit, die ihm dabei halfen den Tod seiner Eltern zu verdrängen. Vor 9 Jahren ereignete sich ein schwerer Brand, der das Korn und Wohl des ganzen Dorfes bedrohte und die Eltern mit ins Jenseits nahm. Sie starben an den Folgen der Verbrennungen, die ihrem Leib zu stark zusetzten. Der genügsame Bauer nahm ihn und seinen älteren Bruder Pano in Obhut, erzog und versorgte sie. Sie lernten bei ihm früh die Mühseligkeit, Freude und die notwendige Disziplin, um überleben zu können. Bereits im jungen Alter von 17 Jahren, zwei Jahre nach dem verheerenden Brandunglück, entschied sich Pano das Dorf zu verlassen und in die pulsierende Hauptstadt zu ziehen, um der Einfältigkeit der Genügsamkeit zu entfliehen. Er sah die Landflucht als Akt der Selbstfindung. Er wollte ein modernes Leben führen und nach neuen Perspektiven suchen. Ein gelegentlicher Briefwechsel hält die Kommunikation der beiden Brüder aufrecht. Pano lebte in der Hauptstadt wohlhabend, beharrte jedoch darauf zu schweigen, welchen Beruf er dort ausübte.
      Ferro fand Gefallen daran im Dorf zu bleiben und am Wohle aller teilzuhaben und mitzuarbeiten. Der alte Bauer vertraute ihm im Laufe der Zeit ein goldgelbes Kamel und einen unbenutzten Stall an, in dem Ferro seither wohnte. Er half dem Bauern bei landwirtschaftlichen Schwerstarbeiten – er grub den Acker um und trieb das Vieh ein.
      Eine erneute, bedrohliche Wasserknappheit sorgte aber dafür, dass nichts aufkeimen wollte und die Erde das Dorf nicht mehr mit vielfältigem Gemüse versorgen konnte. In Notzeiten wie dieser griff das Dorf auf das gesparte Gemeingut zurück, das das Sichtbarwerden von Haut und Knochen tunlichst unterbinden sollte. In ihm wurde nahrhafter Hafer gelagert, der das Dorf bereits mehrmals sicher über die Runden brachte. Abseits jeglichen Konsumgedankens begann Ferro ebenso seine tägliche Nahrung aus dem üppigen Dorfspeicher zu beziehen, weil der diesjährige Ertrag seines Bauers ebenfalls ausfiel. Wenn der Landesbriefbote in monatlichen Abständen aus der Hauptstadt in das geplagte Dorf ritt und Ferro einen Brief seines Bruders überreichte, überfiel dem stattlichen und überheblichen Boten bei jeder Anreise derselbe, für ihn fahle Anblick der Aussichtslosigkeit, die sich in den Klumpen des Haferschleimes in den Kochtöpfen widerspiegelte. „Ein Leben des Verzichts, wahrlich keine Perspektive des modernen Stadtmenschen". Arrogant schnippte er in hastiger Bewegung Ferros Brief zu Boden, mit der er den Dorfbewohnern eine gewisse Werthaltung ihnen gegenüber vermittelte. „In einem Monat bereite ich das Dorf wieder, wie gehabt. Auf bald!". So ritt er gen Westen und verschwand nach wenigen Augenblicken am Horizont.
      Im darauf folgenden Monat hat sich die überhebliche Manier des Boten auf ein schlimmeres zugespitzt, als die Dürre im Dorf noch immer ihren Atem anhielt. Ein weiterer Monat verging und der anhaltende Ertragsausfall zeigte sich bereits an den hängenden Gesichtern der Dorfbewohner. Die Vorräte waren noch dazu nicht endlos. Die Bewohner verstanden es sparsam damit umzugehen und den inneren Schrei nach Hunger zu unterdrücken.
      Es vergingen Monate und die Dankbarkeit und Zufriedenheit der Bewohner verwischte sich mit Aussichtslosigkeit, Angst und Furcht. Es gleichte Ironie, dass sich der wohl genährte Leib des Briefbotens ebenfalls mit jedem Besuch schmälerte. Er gab einen Hinweis darauf, dass das gesamte Land aufgrund Fruchtlosigkeit und Dürre mit Hungersnot geplagt war.
      Zwei weitere Monate vergingen seit dem letzten Besuch des Boten, als er plötzlich mit panischer Miene in die Mitte des Dorfes ritt, um mit einem Ruf durch ein großes, bedrohliches Horn die Bewohner zusammenzurufen. Ferro war sofort klar, dass dieses Mal kein Brief von Pano wartete. Das aggressive Erscheinen des Boten erweckte viel mehr den Eindruck, dass etwas Großes, Schlimmes zu verkünden sei.
      „So hört, ihr Bewohner, ich zitiere den König! 'Unser Land steht unter Beschuss, Krieg ist eingekehrt! Das Land ist pleite, kein Geld, kein Essen. Hiermit fordere ich euch auf den gesamten Vorrat an Nahrungsmittel an die Hauptstadt zu übermitteln, dass Soldaten gestärkt und guten Mutes in die Schlacht ziehen können.'"
      Die Bewohner verstummten und warfen sich inhaltslose Blicke zu. Kurz darauf durchbrach Ferro forsch die Stille, indem er dem Boten empörte Wörter zuwarf. „Nach all der Missgunst, der gelebten Völlerei und der denunzierenden Haltung, die Ihr uns entgegengeschleudert habt, erwartet Ihr allen Ernstes, dass wir ohne Widerstand unsere gesamten Vorräte dem König übergeben? Kein einziges Korn verlässt dieses Dorf und wandert in die Stadt der Selbstsucht!" Ferros Worte entfachten ein Feuer der blinden Wut und ließen die Stimmen der Bewohner lauter werden. „Niemand wird uns ausbeuten!" oder „Hinfort mit dir und komm nie wieder" ertönte es vereinzelt in der tobenden Menge.
      Es war beschlossen. Das Dorf spendete kein Korn an den König und an seine Elend bringenden Kriegsvorhaben. Warum sollte auch der König das Dorf mit in die Verantwortung ziehen, obwohl es autark lebte und kein Fünkchen Schuld am Krieg und der Hungersnot im Lande hatte? Eine Woge der Aggression zog sich durch ein jedes Gesicht und ließ die Gemüter in Zustände verfallen, die das Dorf noch nie erlebt hatte. Der Bote ergriff nach seiner Rede die Flucht, als die ersten Bewohner anfingen Werkzeug in die Hand zu nehmen und auf ihn einzuschlagen.
      Nach der Verkündung des Briefbotens war die Angst vor einem gewaltvollen Übergriff königlicher Abgesandte groß. Das Dorf begann stets mit einem offenen Auge zu schlafen. Sie schliffen Waffen, um den Gegner in die Flucht zu schlagen, wenn er versuchen sollte ein einziges Korn aus dem Speicher zu entwenden.
      Tage vergingen. Aus dem Haferspeicher bröselten die letzten Körner aus den Fugen des bitteren Ernstes. Und ehe die klagenden Bewohner die letzten Vorräte mobiliserten und beteten das Elend bald überstanden zu haben, hörten sie in der Ferne ein bedrohliches Trampeln großer Reittiere. Es waren königliche Soldaten, zehn Stück, die gepanzert und bewaffnet ins Dorf einfielen. Sie schlugen ohne mit der Wimper zu zucken einer Hand voll Dorfbewohnern die Köpfe ab und lösten damit nichts anderes aus als die unstillbare Rache der Gemeinschaft. Sie griff nach den Waffen, um ihre letzen Körner und ihre letzte Ehre zu verteidigen. Ein blutüberströmtes Gefecht zerstörte die ewige Idylle des Dorfes und viele Menschen mussten sterben.
      Das Dorf hatte große Verluste zu beklagen, aber es gelang ihm den Feind und die Gefahr der Ausbeutung abzuwehren. Aus den mittlerweile mageren Vorräten schöpften die begabtesten Köche reichlich Hafer, um den Überlebenden einen vollen Magen zu bescheren. Das Dorf war kraftlos und trauerte ihren Geliebten nach, die sie im Kampf verloren haben. Die tapfersten unter ihnen begannen die Leichen der königlichen Soldaten aufzulesen, um sie aus dem Dorf zu tragen.
      Ferro, der um seinen im Kampf gefallenen Bauern trauerte, stärkte sich mit einer Schüssel Haferschleim. Er stand auf und half den anderen Männern die Leichen der Soldaten zu bergen. Es war ein furchteinflößender Gedanke gleich zu erfahren, dass sich hinter den Rüstungen normale Männer verbargen, die tapfer für ihre eigene gerechte Welt kämpften. Ferro versuchte den Helm der ersten Soldatenleiche zu entfernen, als es nach etlichen Dürremonaten endlich wieder zu regnen begann. Sein ganzer Körper erstarrte, als er den Helm hob: Der gefallene Soldat war sein Bruder Pano mit tiefen Augenhöhlen und dürrem Gesicht, schreiend nach einer Scheibe Brot, nach Geborgenheit und Anerkennung und all das lag so ungreifbar weit entfernt.


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      [spoiler=pondos "schon lustig zu sehen, wie man weinend feiert"]
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      der Oberbegriff war: Grauen

      Kefka sagt dazu: Das Ding
      HeyDay sagt dazu: Clowns
      Senfsamen sagt dazu: ohne Ende
      Xellas sagt dazu: Morgen
      Clemo sagt dazu: irrational
      Vas-y sagt dazu: Oliven
      FoWo sagt dazu: Das Monster unter'm Bett
      Kandis sagt dazu: Kindheit
      CAMIR sagt dazu: Gänsehaut
      Maybe sagt dazu: Der Schrei
      Sirius sagt dazu: Kellertreppe
      Hylia sagt dazu: Morgenröte
      Crowbar sagt dazu: psychedelische Drogen
      bereth sagt dazu: Illuminati


      schon lustig zu sehen, wie man weinend feiert


      Felix fühlte sich wohl, wie er so in seiner Stammkneipe saß, sich zu entspannen suchte und seine Gedanken an das Morgen Bier um Bier verdrängte. Um halb zehn des heutigen Abends war er doch noch vorbeigekommen, obwohl er urspünglich dem munteren Treiben abgesagt hatte. Zu Hause hatte er es jedoch einfach nicht mehr ausgehalten und jetzt, wo er hier war und seine Freunde gerade dabei beobachtete, wie sie die Tanzfläche stürmten, war er ruhiger. Er krauste die Stirn und strich sich die Haare nervös lächelnd aus dem Gesicht.
      Felix war ein schlaksiger Typ, mittelmäßig groß, braunes Haar, prokrastinatorisch veranlagt, an sich optimistisch und übertrieb es ab und zu mit den Drogen - kurz: er war ein durchschnittlicher Student, intelligent, aber faul. Sein ganzes Studium hinweg hatte er es sich gemütlich gemacht; so waren zwar keine hervorragenden Noten entstanden, aber dafür eine annehmbare Lebensqualität, die er zu schätzen wusste. Bis jetzt. Als Felix heute Morgen aber aufgewacht war, hatte ihn das Grauen gepackt, das ihn fortan nicht mehr losließ; weder auf dem Klo beim Urinieren oder Zähneputzen, noch beim Kochen, Joggen, Musikhören, selbst kaum beim Bieretrinken - und er war gut im Bieretrinken! Heute hatte er sich das eine oder andere genehmigt, um sich locker zu machen, aber nur ein paar!, wie er sagte, nur um die Freundschaft gebührend zu würdigen!, wie er immer noch hinzufügte. In Wirklichkeit war er aber schon ganz schön betrunken.
      Bierselig besah er sich so seiner Uhr und erschrak, es war bereits viertel vor drei, dabei hatte er eigentlich spätestens um Mitternacht wieder zu Hause sein wollen!
      Scheiße.
      Es war dieses unbändige Verlangen, etwas erleben und seine Sehnsucht befrieden zu wollen, das ihn so oft antrieb und vergessen ließ, was für den Moment wichtig war. Missmutig starrte er auf die zwei Schnäpse, die noch vor ihm standen, verzog dann sein Gesicht und trank sie beide aus. Das letzte Glas knallte er beim Ausatmen auf den Tisch (das erste Ausatmen nach dem Trinken war stets am schlimmsten), dann rieb er sich die Augen und sah sich um, der von Kerzen erleuchtete und mit Holz ausgekleidete Schankraum drehte sich sachte.
      Im Kerzenschein sah er seine besoffenen Freunde auf der Tanzfläche Arm in Arm Lieder gröhlen - just "Nur geträumt" von Nena, einen Klassiker! -, Edu der Barkeeper hockte grinsend hinterm Tresen, seine Liebe (die davon selbstverständlich nichts wusste) unterhielt sich angeregt mit irgendeinem Typen (so 'nem Schwein) und alles andere war eigentlich auch so wie immer. Nur dass er noch etwas zu erledigen hatte.
      Felix seufzte, rieb sich noch einmal die Augen, stand auf und ging, ohne sich von den tanzenden Clowns zu verabschieden, weil er genau wusste, dass er sich eh nur dumme Kommentare würde anhören müssen. Also ging er an der Bar vorbei, winkte Edu noch einmal müde zu und verließ mit zermürbenden Gedanken die Kneipe; jetzt, wo er heimgehen musste, holte ihn sein Gewissen wieder ein. Draußen angelangt leuchteten ihm die Straßenlaternen an der großen Straße den Weg. Der Schnee knarzte unter seinen Füßen, doch sonst war nichts zu hören - der Schnee verschluckte sämtliche Geräusche, selbst den Lärm der spärlich vorbeifahrenden Autos. Zu sehen war auch nichts Ungewöhnliches, nur ein paar Druffies lungerten noch in der Nähe vom U-Bahnhof herum und schnorrten. Der Alkohol hatte natürlich auch bei ihm an diesem Abend seine Wirkung hinterlassen, doch nach ein paar Irrungen und Wirrungen fand Felix schließlich trotz des Schneetreibens nach Hause. Als er nach kurzer Fummelei mit dem Schlüssel (ihm war der Bund viermal aus der Hand gefallen) in seine Bude eintrat, verharrte er ruckartig eingangs der stillen Dunkelheit. Ihm stockte der Atem.

      Wie er sich umsah, die Jacke in die Ecke schmiss, sich in seinem Sessel niederließ und auf den Schreibtisch blickte, bekam er Panik. Ein Kreischen, ein Poltern! Hier in der Stille bei sich zu Haus, mutterseelenallein, konfrontierten ihn unmittelbar seine herangezüchteten Ungeheuer. Die Dämonen blitzten vom Spiegel her, das Monster unter'm Bett grüßte ihn mit diabolischem Grinsen, der ekelerregend süßliche Duft der Verwesung von seinen Leichen im Keller zog ihm schwach, doch markant in die Nase.
      Er hatte es so satt.
      Ihm war schwindelig, die Welt war eine Drehscheibe. Wie konnte er sich wider besseres Wissen nur immer wieder so gehen lassen? Er sah hoch zur Decke, auf seine posterverzierten Wände und richtete den Blick dann abermals auf seinen Schreibtisch. In seinem jetzigen Zustand würde er nicht schlafen können und dort lag noch ein fertig gedrehter Joint. Na, dachte er sich, er war eh bereits angesoffen und wollte eigentlich nur gut schlafen, was machte es also aus...? Mit Gedanken der Selbstvorwürfe und scheinheiliger Rechtfertigung, die er doch selbst nicht glaubte, steckte er ihn an und sog den Rauch erleichtert in die Lungenflügel. Langsam atmete er aus und beobachtete den Mond, dessen mystisches Antlitz schwache Streifen bleichen Lichts in sein ansonsten dunkles Zimmer warf. Fasziniert saß er ein paar Minuten da und rauchte, dann auf einmal: Quietschen, Fiepen. Donnern. Krachen. Die Schrankgeister kamen hinter'm Schleier hervor und gingen langsam auf Felix zu, sie umkreisten ihn und lächelten ihn an. Sie rückten näher und sahen ihm mit einer Schwermut in die Augen, die er nicht ertragen konnte. Felix wandte den Blick ab und versuchte das flaue Gefühl in seiner Magengegend zu ignorieren, Panik wallte in ihm auf, er brach in Schweiß aus und riss die Augen auf.
      Scheiße.
      Ihm gingen viele Gedanken im Kopf herum, er hatte das Gefühl, die Welt drehte sich und drehte sich immer weiter und immer schneller, indes er einfach nutzlos liegen blieb wie ein benutztes Einweg-Wischtuch, das seinen beschissenen Dienst verrichtet hatte und weggeschmissen worden war. Doch er hatte seinen Dienst noch nicht verrichtet!, er konnte nicht weggeworfen liegen bleiben wie eine Bananenschale, deren Inneres gegessen und verbraucht war! Er stand auf und umkreiste nun selbst seinen Sessel, reihte sich ein, irgendetwas packte ihn bei den Hoden der Tatsachen. Er musste auf der Stelle etwas unternehmen, alles schrie nach Veränderung! Hatte er sich nicht schon oft vorgenommen, seinen Ängsten ins Gesicht zu sehen, sich seinen Problemen stellen? Dieses Mal durfte das keine Phrasendrescherei sein, dieses Mal würde er es ernst meinen!, und das bedeutete: seine Leichen zu bergen. Von diesen Gedanken beseelt, öffnete er die Tür und stieg die Kellertreppe hinab.

      Es war feucht hier unten, überall stank es nach verschwitzter Verzweiflung. Dicke, klebrige Spinnennetze spannten sich von einer Wand zur anderen, sodass er sich langsam vortasten musste; sehen konnte er ohnehin nichts, da ihn bloß noch dichte Dunkelheit umgab, seit die Kellertür hinter ihm ins Schloss gefallen war. Das Licht funktionierte nicht und Felix hatte nur sein Feuerzeug. Er blinzelte ein paar Mal, dann begab er sich langsam auf die Suche, seine Schritte hallten vonden modrigen Wänden wider. Er leuchtete in den ersten Raum, der sich rechts von ihm bot und sah - nichts. Im nächsten Raum - nichts. In dem danach? Nichts. Er suchte Raum für Raum ab, doch fand er - nichts. Allerdings war er auch lange noch nicht fertig, zur Erkundung blieben ihm scheinbar Gänge und Verliese ohne Ende. Er ging beklommen weiter, sein flauer Magen bereitete ihm zwar Übelkeit, aber eine irrational wahnwitzige Leichtigkeit ergriff ihn auch. Er merkte, dass er seinen Weg nicht fortsetzte, weil er musste, sondern weil er wollte. Ein mächtiges, erhebendes Gefühl.
      Als er die nächste Tür ertastete und diese unter Knarren öffnete, starrte er in undurchdringbare Düsternis, die ihm noch dichter als bisher erschien, da selbst der kläglich flackernde Schein seines Feuerzeuges keine Übersicht mehr zu schaffen vermochte. Vorsichtig versuchte er, sich den Raum zu erschließen, als plötzlich eine leise, heisere Männerstimme erklang. Felix zuckte erschrocken zusammen.

      "Na mein Sohn, hast du dich verlaufen?", fragte die alte Stimme heiter.
      "Nein, ich.. suche etwas", antwortete Felix mechanisch mit belegter Stimme, "Ich suche.. etwas.", sagte er noch einmal händeringend.
      Mittlerweile war er der Stimme so nahe gekommen, dass er deren Besitzer eigentlich im Feuer sehen müsste, doch das tat er nicht.
      "Ich bin hier drüben", krächzte sie, "komm' her. Was suchst du. Oliven zum Marinieren deiner Tiefkühlpizza, um dich mal abwechslungsreich zu ernähren? Vielleicht den Sinn des Strebens oder bloß deine dehydrierten Alkoholkadaver? Oder etwa die Liebe wie ein jeder Narr es tut?", sie lachte. "Weißt du Junge, der Himmel weiß nicht, ob das gut geht, mit dir, doch das finden wir noch raus. Das Leben ist wie eine Rolle Mülltüten... Es läuft immer schneller ab und mit dem Großteil unserer Zeit machen wir nur Scheiße."
      Es ertönte erneut ein Lachen, ein leises Ploppen, dann ward es wieder ruhig.
      "Nein, ich will - hallo?", doch ihm antwortete niemand, die mysteriöse alte Stimme war schon wieder verschwunden.

      Was war das hier nur? Felix stand konsterniert da und wusste nicht, was soeben passiert war, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Er durchstreifte dieses alte Kellerverlies, ohne recht zu wissen, wohin es ging, während er nicht einmal geradeaus schauen konnte - er drehte sich schlichtweg im Kreis. Parlez-vous francais (natürlich nicht)? Seit seiner Kindheit war es für ihn selbstverständlich gewesen, wohin er gehen musste. Es ging zum Kindergarten, es ging zur Schule, es ging zur Universität. Nur wohin es dann ging, das hatte ihm noch keiner gesagt. Er hatte in dieser Richtung gedanklich auch noch nicht aus dem Vollen geschöpft; wieso auch, er hatte sich nie anstrengen müssen - alles war ihm irgendwie zugefallen, weil er geschickt und nicht auf den Kopf gefallen war und Kaffee trank (von diesem Teil seines Erfolgsrezepts war er einzig fest überzeugt) -, aber nun hatte er offenbar sein Ziel verloren. Was blieb, war eine Spur Zynismus und eine Prise Idealismus, völlig unzureichend und undefinierbar.
      Er rotierte, als er so in dem schaurigen Gemäuer stand und nicht mehr wusste, wo es herein- und wo es herausging. Irgendwo tropfte es, langsam, das Echo des Aufschlagens der Tropfen hallte zu ihm hin. Er schauderte. Angst und Zweifel krochen an ihm wie ein Insektenschwarm hoch, bis er das Gefühl hatte, sich verbrannt zu haben - zu oft hatte er mit dem Feuer gespielt auf seinen Reisen und Feiern und Badegängen in den Seen voller Alkohol, inmitten dessen er jahrelang erneut ertrank. Je länger er wie gelähmt dastand und je mehr er nachdachte, desto größer schien sein Kopf zu werden, desto größer wurde sein Kopf tatsächlich. Er wusste nicht, wie ihm geschah; wie auch sein Körper wuchs und wuchs er, bis Felix nichts anderes mehr sehen konnte als sein gebogenes Selbst mit seiner widerwärtigen Scheißvisage; er drehte sich erneut im Kreis, physisch wie psychisch, sein Magen flatterte, oben und unten ergab keinen Sinn mehr, der Gestank dieser Gruft raubte ihm den Atem, Kotze stieg ihm im Hals empor, er glaubte zu ersticken -- da löste sich seine Lähmung, da stolperte er drauflos und versuchte, von diesem verseuchten Flecken fortzukommen. Blindlings floh er aus dem engen Raum, doch konnte er nicht entscheiden, welcher Weg ihn zum Ausgang führte. Die Panik machte sich in ihm breit, hilflos sah er sich um. Im Hintergrund nahm er neben dem Tropfen ein leises Ticken und Tacken wahr, das, jetzt, wo er darauf achtete, zu einer immer lauteren, donnernden Lautstärke anschwoll, die die Kellerwände erbeben ließ.
      Scheißegal!, dachte Felix jetzt und rannte in die nächstbeste Richtung, als das Gemäuer zu rumoren begann. Mörtel und Gestein lösten sich und fielen unter Getöse bereits auf ihn herab, als er tatsächlich den Ausgang erblickte, erreichte, hektisch durchquerte, hinausrannte und dem fragilen Gebäude entfloh; draußen stürzte er dankbar in den eisigen Schnee. Fassungslos blickte er zurück auf das einstürzende Gebäude, das doch sein Zuhause war, die Zuflucht seines Seins, das Exil seiner Existenz.

      Doch obwohl er es nach draußen geschafft hatte, war ihm keine Erholung vergönnt. Das Ticken dröhnte noch lauter in seinen Ohren. Zitternd richtete er sich wieder auf, sah sich um und stellte fest, dass er plötzlich nicht mehr wusste, wo er war. Er war zwar betrunken und verwirrt, aber doch trotz allem hier heimisch?! Dennoch konnte er nur mutmaßen, was für eine Winterlandschaft ihn nun umgab. Schnell richtete er sich auf und ging auf die Suche nach einer bekannten Straßenecke, immer noch verfolgt von dem abgehackten Geräusch irrte er umher.

      Nach einer kurzen Weile Wahnsinns rieb er sich schlotternd seinen Körper, der anscheinend einzig aus Gänsehaut bestand - hätte er doch seine Jacke angezogen! Die Häuser und das laternene Leuchten der Straße waren längst hinter ihm zurückgeblieben. Rings um ihn herum traten riesige, wilde Bäume hervor, aus deren dickem Geäst ihn leuchtende Augen anstarrten. Tausende Füße trippelten und trappelten um ihn herum, es knispelte und raschelte, ohne, dass er jemanden - oder etwas - ausmachen konnte. Krampfhaft leise atmend horchte er in diesen Wald hinein, bis er wieder dieses mittlerweile markerschütternde Ticken hörte! Felix fuhr heftig zusammen und stolperte zurück, das dröhnende Donnern tönte von weit her und gleichzeitig von verdammt nah, es erfüllte die Luft und raubte ihm fast den Verstand. Gleichmäßig drosch dieser Lärm auf ihn ein, das Ticken und Tacken jagte ihm wie repititive Hammerschläge durchs Trommelfell ins Hirn hinein und wieder hinaus, es zerriss nahezu seine Trommelfelle und auf jeden Fall seine Nerven. Nur langsam und unter größter Anstrengung erlangte er die Kontrolle über seinen Körper zurück, nur allmählich gewöhnte er sich daran und konnte erkennen, dass es tatsächlich ein gleichmäßiges Uhrenticken zu sein schien, das von irgendwoher erklang, auch wenn er es nicht weiter zuordnen konnte.

      Felix drehte sich weiter im Kreis und sah sich immer hektischer um, um zu verorten, wo er zum Teufel noch mal war. Doch er konnte außer den langgezogenen Schatten der vom lachenden Mond beschienenen Bäume zum Verrecken nichts erkennen. War das der Volkspark um die Ecke? Nein, der sah anders aus. Im Garten des Nachbarn? Keineswegs, viel zu groß. Narnia? So ein Blödsinn.
      Felix hielt seinen Kopf mit beiden Händen fest; er hatte das Gefühl, sein Kopf explodiere (ticktack). Wimmernd stolperte er vorwärts. Wie - zur Fotze Odins verfluchter Oma - war er in diese Situation geraten? Das fragte er sich noch, als er nicht merkte, wie eine kleine Zecke sich neckisch auf seinem Nacken niederließ und ihn biss, er merkte nur, wie er ein wenig schläfrig wurde (ticktackticktack). Aber es war keine angenehme Schläfrigkeit, es war ein müdes Unwohlsein, ein unruhiges Rauschen, das von ihm Besitz ergriff, ihn fahrig werden und seine - wohlwollend ausgedrückt - unmittelbar problematische Situation verdrängen und fast vergessen ließ. Das kam ihm doch bekannt vor.
      Schöne Wolke...
      Etwas Hartes traf ihn ohne Vorwarnung wuchtig am Kopf (TICKtackTICKtack) - Felix schrie, stürzte zu Boden und stieß sich seinen Kopf krachend an einem tiefhängenden Ast an. Auf allen vieren sah er schleierhaft Blut auf den Schnee tropfen, er fluchte! und presste schmerzverzerrt die Zähen aufeinander. Aber Moment, er traute seinen Augen nicht! Etwas, das vor ihm im Schnee lag, hopste langsam, fast unscheinbar, von ihm fort. Er schüttelte seinen Kopf, sein Blick wurde einigermaßen klar - aber: Das Ding, das da vor ihm floh, war ein großes, plötzlich laut kicherndes Geldstück auf der Flucht! Sowie er der Münze nachsah, schossen weitere harte Metallstücke und zu Pfeilen zusammengerollte Scheine nach ihm, deren andauernde aufprallende Wucht ihn windelweich prügelte (TICKTACKTICKTACK). Mit gekrümmtem Leib, blutigem Gesicht und schlaffen Lidern sah er das jovial giggelnde Geld noch abziehen, doch weil er bräsig dalag und kaum noch bei Besinnung war, bemerkte er den riesigen, drachenähnlichen Kuckuck hingegen nicht mehr... der sich mit halsbrecherischer Geschwindigkeit und funkelnden Augen auf ihn stürzte, ein ohrenbetäubendes Triumphgeheul von sich gab und ---


      Felix schreckte auf. Er fand sich keuchend und sabbernd mit schmerzender Stirn und auf dem Bauch liegend auf dem Parkettfußboden seines Zimmers wieder. Im Appartement nebenan klopfte jemand wild an die Wand. Ihm wurde bewusst, dass er geträumt hatte und der Schrei des Vogels trotzdem die Nachbarn geweckt haben musste.. - oder hatte er so laut gekreischt? Er drehte sich zur Seite und murmelte "Jaja.." und blickte verschwommen aus dem Fenster, die Morgenröte über dem Menschenfeind, der in besten Zeiten größte Freiheit und in schlechtesten Zeiten größte Einsamkeit versprach, begann gerade zu verblassen. Es musste noch recht früh sein.
      Felix stemmte sich vom Boden hoch und rieb sich den pochenden Schädel. Scheiße, was für ein Traum. Dabei wusste er doch, was psychedelische Drogen in Verbindung mit Alkohol mit ihm anstellten. Er hatte Mühe, sich richtig an den Traum zu erinnern, nur dass er fast von einem Vogel verspeist worden war, das wusste er noch sicher. Und er wusste sicher, dass er sich ganz schön beschissen fühlte, was nicht unbedingt eine gute Voraussetzung für den Tag war. Heute galt es, den letzten Tag vor der Abgabe seiner Bachelorarbeit zu bestreiten. Genau genommen war es eine beschissene Voraussetzung. Wenn er heute nicht abgab, dann wäre es das wohl mit seinem Hochschulstudium.
      Aber das würde er nicht zulassen, dachte Felix grimmig, ging zu Kamilla, seiner Kaffeemaschine, und setzte zehn Tassen auf. Diese letzte Chance würde er nicht verstreichen lassen, dieses Mal nicht! Er würde nur flugs Brötchen holen, kurz das Nötigste einkaufen gehen und sich anschließend direkt an die Arbeit machen.

      Dann mal los.

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      I wasn't playing baseball, no!
      I wasn't playing football, no!
      I wasn't playing basketball, noo!
      I was playing Class War!

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    • Kandis "Weg nach unten"

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      der Oberbegriff war: Alkohol

      Kefka sagt dazu: Einstieg
      HeyDay sagt dazu: Absturz
      Senfsamen sagt dazu: Vergiftung
      Xellas sagt dazu: bunt
      Clemo sagt dazu: entzündlich
      Vas-y sagt dazu: dicke Taube
      pondo sagt dazu: bettnässen
      FoWo sagt dazu: Der Morgen danach
      CAMIR sagt dazu: Klarheit
      Maybe sagt dazu: Penner
      Sirius sagt dazu: unerträglich
      Hylia sagt dazu: Filmriss
      Crowbar sagt dazu: Bier
      bereth sagt dazu: Biereis


      Weg nach unten

      Der Morgen danach brachte stets eine unerträgliche Klarheit mit sich. Das dumpfe, schmerzhafte Pochen an jeder Stelle seines Kopfes schrie ihm entgegen, was er nicht hören wollte. Dass er verloren hatte, dass er aufgegeben hatte, dass er sich jeden Tag mehr gehen ließ.
      Als er es nach stundenlangem, reglosen Daliegen endlich geschafft hatte aufzustehen und sich ins Bad zu schleppen, vermied er den Blick in den Spiegel. Er wollte sein Gesicht nicht sehen, er wusste auch so, dass er mittlerweile wie ein Penner aussah: Unrasiert, dunkle Augenringe, eingefallene Wangen, rissige Lippen, ungepflegtes Haar. Vermutlich stank er auch schrecklich, er konnte es nicht genau sagen, hatte sich schon zu sehr an den gammligen Geruch, der ihn umgab, gewöhnt. Zwar schaffte er es, regelmäßig zu duschen, doch er hatte immer das Gefühl schmutzig zu sein, verwahrlost und armselig.
      Nachdem er sich das Gesicht kurz mit kaltem Wasser gewaschen hatte, schlurfte er zurück in sein Schlafzimmer und ließ sich in dem alten Sessel am Fenster nieder. Er zog den Vorhang ein Stück beiseite und schielte nach draußen auf die Straße. Warmes Sonnenlicht schlug ihm entgegen und blendete ihn für einen Moment, bevor er klar sehen konnte. Draußen war alles ruhig, nur wenige Personen waren unterwegs, ein Obdachloser saß in der kleinen Seitengasse auf der anderen Straßenseite und lehnte sich an einen Müllcontainer, wenige Meter weiter lag eine Katze zwischen zwei Blumentöpfen auf dem Bürgersteig und ließ sich die Sonne auf den Bauch scheinen.
      Seufzend schloss er den Vorhang wieder und blickte auf die Flasche, die unweit von ihm entfernt auf einem kleinen Tisch stand. Mühsam erhob er sich wieder aus dem Sessel, schlich gedankenverloren durch den Raum und griff sie sich, öffnete sie und roch die Flüssigkeit darin. Schlagartig wurde ihm wieder übel.
      Schnell stellte er die Flasche beiseite, sein Magen rebellierte schon beim bloßen Gedanken an den Rum, der sich in ihr befand. Außerdem verriet ihm der Funkwecker neben seinem Bett, dass es gerade mal kurz nach 10 Uhr morgens war und er weigerte sich strikt, den Tag mit hochprozentigem Alkohol zu beginnen. Als ob es seine Situation besser machte. Stattdessen entschied er sich, in den Kasten neben sich zu greifen und eine Flasche Bier heraus zu holen. Geschickt klemmte er sie unter dem Kronkorken am Tisch fest und hebelte – mit einem leisen Zischen öffnete sie sich. Er setzte an, trank einen großen Schluck und fühlte sich erbärmlich. Ausgelaugt. Schmutzig. Und immer noch furchtbar betrunken. Dennoch zwang er sich, das Bier bis auf den letzten Schluck zu leeren, um die Flasche danach achtlos auf den Boden fallen zu lassen, wieder in seine stinkenden Laken zurück zu kriechen und, das Gesicht im Kissen vergraben, den Tag damit zu verbringen, seinen Rausch auszuschlafen.

      Es war schwer zu sagen, wie lange er geschlafen hatte, nichts schien sich verändert zu haben. Im Zimmer war es immer noch dunkel, draußen war es immer noch ruhig, nur die Schmerzen in seinem Kopf waren plötzlich verschwunden und das Aufstehen fiel ihm wesentlich leichter. Er schwang die Beine aus dem Bett und begann sich anzuziehen. Wenigstens diese Routine hatte er nach seinem Absturz beibehalten. Frische Unterhosen, linke Socke, rechte Socke, ein viel zu weites Shirt, schließlich ein faltiges Hemd darüber und zum Schluss die Hosen. Er überlegte kurz, ob es sich lohnte, Schuhe anzuziehen, ein Blick in die Minibar verriet ihm jedoch, dass er das Haus heute nicht verlassen müsste. Er hatte von allem reichlich.
      Er griff sich eine Zigarette, suchte in seiner Hosentasche nach Streichhölzern und zündete sie an, ging in die Küche, holte ein Glas aus dem Schrank und ließ sich am Küchentisch nieder. Nach einigen Zügen legte er die Kippe im Aschenbecher ab und vergaß sie sofort. Nach kurzer Überlegung schlug der den Laptop auf und drückte den Power-Knopf. Mit einem leisen Brummen fuhr der Rechner hoch und meldete nach kurzer Zeit mit dem gewohnten Sound seine Betriebsbereitschaft. Heute würde er arbeiten, nahm er sich vor und füllte das Glas mit einer klaren, geruchlosen Flüssigkeit. Er musste arbeiten, auch wenn er in sich keinen Funken Motivation finden konnte. Mit einem Zug leerte er das Glas, spürte den Alkohol seine Speiseröhre hinunter rinnen und fühlte sich spontan von innen gereinigt. Der Gedanke ließ ihn kurz auflachen, er schämte sich ein wenig für diesen Unsinn, für die Abhängigkeit und das vermeintlich gute Gefühl, dass der Alkohol ihm verursachte. Ändern konnte er es jedoch nicht, wahrscheinlich wollte er das auch gar nicht.
      Er wagte es, Outlook zu öffnen und wartete angespannt, bis alle neuen Mails in sein Postfach geladen waren. Wann hatte er seine Emails das letzte Mal abgerufen? Schon das Lesen der Betreffe verursachte ihm Unbehagen und ein schlechtes Gewissen. Wartende, vermutlich wütende Kunden, Nachrichten von seinen Kollegen und seinem Chef, eine Mail von einem Freund. Er konnte sich nicht überwinden, sie jetzt alle zu lesen, also minimierte er das Mailprogramm vorerst wieder und beschloss, sich zunächst ein wenig im Internet umzusehen. Doch auch das gab er zwei Gläser später wieder auf. Nachrichtenmeldungen über Rauchvergiftungen und bettnässende Erwachsene gehörten nicht zu den Dingen, die er unbedingt lesen musste.. Unzufrieden mit sich selbst und der Welt schlug er den Laptop wieder zu und lehnte sich zurück.
      Heute würde er nicht arbeiten.
      Sein Magen rumorte, er hatte Hunger, doch er verweigerte seit Tagen jede Nahrung. Er wollte nicht essen, es würde die Wirkung nur abschwächen. Jeden Tag kämpfte er für seinen Rausch, betete für jeden Filmriss, den er ihm bescherte, denn das Vergessen des vorangegangenen Tages machte es ihm leichter. Er wollte sich nicht erinnern; nicht an das was gestern war, nicht an das, was letzte Woche gewesen war und schon gar nicht an irgendetwas davor. Vielleicht würde es ihm irgendwann gelingen alles zu vergessen.
      Mit einigen Flaschen, Zigaretten und Aschenbecher bewaffnet kehrte er zum Sessel am Fenster zurück und ließ sich nieder. Gedankenverloren starrte er auf den vergilbten Vorhang und sog die schlechte Luft in der Wohnung tief in seine Lungen. Er öffnete eine Flasche und klemmte sie sich zwischen die Beine um die Hände freizuhaben, damit er sich eine neue Zigarette anzünden konnte. Er sank tiefer in das weiche Polster und streckte die Beine aus. Plötzlich entspannte sich sein Körper, fühlte sich leicht an. Hätte er es nicht besser gewusst, hätte er vermutet, dass ihn gerade ein kurzer Moment der Zufriedenheit durchzuckte. Natürlich war das Unsinn. Lediglich die altbekannte Müdigkeit ergriff wieder von ihm Besitz und zog ihn in die Welt des Schlafes. Er blinzelte, nahm noch einen Schluck und einen Zug und einen dunklen Gedanken später war er eingeschlafen.


      Er träumte von einem alten Abrisshaus. Stand mitten drin, um ihn herum morsche, gebrochene Balken, starke, verkrüppelte Äste, die sich ihren Weg durch Türen und Fenster gebahnt hatten. Auf den Ästen des Baumes, den er durch das eingefallene Dach sehen konnte, saßen dicke, weiße Tauben und gurrten viel zu laut. Ihre Klänge verursachten ein unangenehmes Dröhnen in seinem Kopf.
      Er drehte sich langsam um die eigene Achse und erblickte ein Stück entfernt im Schatten die Person, die zu vergessen er so lange gekämpft hatte. Sie schien irgendetwas zu sagen, doch er verstand kein Wort. Bereits beim Anblick dieses Menschen wurde ihm heiß, er fühlte einen Kloß im Hals, ein Brennen in den Augen und den unbändigen Drang davonzulaufen. Er drehte sich um und stürzte los, doch schon beim ersten Schritt schrie er vor Schmerzen auf. Rings um ihn herum lagen riesige Glasscherben, die sich unbarmherzig in sein Fleisch bohrten. Betäubt vor Schmerz blieb er stehen und blickte widerwillig zu der Person hinter sich zurück. Diese stand noch immer reglos da und beobachtete ihn. Nach einem Moment wandte sie ihren Kopf jedoch nach oben. Er folgte ihrem Blick und sah kleine bunte Flammen vom Dach herunter schweben. Als die erste den Boden erreicht hatte, entfachte sie mit einem lauten Zischen eine meterhohe Stichflamme direkt vor dem Menschen im Schatten. Erneut schrie er auf und stürzte zurück, wollte helfen, wollte ihn warnen, wollte ihn aus dem immer schneller wachsenden Flammenmeer befreien. Er spürte die Hitze auf seiner Haut, fühlte wie das Feuer sein Haar ansengte, doch er rannte mit ausgestreckten Armen weiter auf ihn zu, immer noch verzweifelnd schreiend.
      Die Person lächelte ihm aufmunternd zu und bewegte sich schließlich. Mit langsamen Schritten ging die schmale Gestalt an der morschen Wand entlang, bis sie eine Treppe erreichte, die ins Nichts zu führen schien. Mit einer Geste versuchte sie ihm verständlich zu machen, dass er ihr folgen sollte. Konnte er das? Einem Geist folgen? Wäre es richtig? Er war allein zurückgeblieben, er hatte darunter gelitten, er hatte den Wahnsinn ertränkt und doch schien es undenkbar dieser wunderschönen Illusion nun zu vertrauen und zu folgen, wo er doch schon so lange versuchte, sich mit dem Verlust auseinanderzusetzen und abzufinden. Jeder Gedanke, jede schlaflose Nacht wäre umsonst gewesen und doch bewegten sich seine Füße automatisch, machten einen Schritt nach dem anderen, durchliefen die messerscharfen Scherben und verbrannten seinen Körper.
      Er ergriff die Hand, die ihm entgegen gestreckt wurde und fühlte die so vertraute, so vermisste Wärme in seiner Handfläche. Ein leichter Druck, ein leises, dunkles, angenehmes Lachen.
      Unter jedem Schritt ächzte das Holz der Stufen, doch furchtlos gingen sie Hand in Hand weiter. Bis es brach. Bis Dunkelheit sie beide umhüllte.


      Ende lol

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      CAMIRs "Auf der Suche nach dem Sinn des Nerzes..."

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      der Oberbegriff war: Island

      Kefka sagt dazu: grün
      HeyDay sagt dazu: Island-Pferde
      Senfsamen sagt dazu: Brunhild
      Xellas sagt dazu: Feuer
      Clemo sagt dazu: naturverbunden
      Vas-y sagt dazu: Peniswichtnerz
      pondo sagt dazu: Kollaps
      Kandis sagt dazu: Elfen
      FoWo sagt dazu: Eyjafjallajökull
      Maybe sagt dazu: Björk
      Sirius sagt dazu: Soziolekt
      Hylia sagt dazu: Insel
      Crowbar sagt dazu: Vulkane
      bereth sagt dazu: Lebertran


      Auf der Suche nach dem Sinn des Nerzes…
      Auf der Suche nach dem Sinn des Nerzes…
      (Ähnlichkeiten mit lebenden Personen, Institutionen, Politikern, Nerzen und Penissen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt)


      Reykjavík 2012 - Iðnaðarráðuneytið (Ministerium für Industrie, Energie und Tourismus)

      „Unmöglich, einfach unmöglich!“
      Ragnhildur Hafsteinsdóttir knallte den Stapel mit Papieren wutentbrannt auf ihren Schreibtisch, was das dort herrschende Chaos nur noch verstärkte. Ein Locher und mehrere Zettel landeten scheppernd auf dem Boden, aber sie kümmerte sich nicht darum. Auch nicht um die Blicke ihrer im selben Büro arbeitenden Kollegen.
      „Die verlangen das unmögliche und haben keine Ahnung wie wir das bewerkstelligen sollen!“ fluchte sie weiter.
      „Was genau ist denn das Problem?“ hörte sie eine Stimme hinter sich fragen und als sie sich umdrehte, erkannte sie Brynhildur Jónsdóttir, genannt Brunhild. Lange hatte sich Ragnhildur gefragt, was dieser Name sollte, aber irgendwann hatte man sie in der Kantine aufgeklärt: wegen ihrer herausragenden Deutschkenntnisse und der Tatsache, dass sie viele diplomatische Gespräche mit den Deutschen abwickelte, hatte man sich für die deutsche Form ihres Namens entschieden und diese seither beibehalten - nicht ohne ein Schmunzeln.
      „Ach!“ Ragnhildur warf die Arme in die Luft und zeigte Brunhild dann die Papiere. „Wir sollen eine Kampagne entwickeln, die Island für Touristen attraktiver macht. Du weißt schon, nach dem Kollaps brauchen wir jede Krone.“
      „Und wo ist das Problem?“
      „Dass man inzwischen der Meinung ist, dass es nicht mehr reicht, uns als grün und naturverbunden hinzustellen. Wir sollen mehr anlocken, als ein paar naturverrückte Rucksacktouristen, die die Steine umdrehen, in der Hoffnung, ein paar Elfen zu finden.“
      „Aha…“ Nun runzelte auch Brunhild die Stirn. Offenbar schwante ihr schlimmes.
      Ragnhildur ließ sich nun auch gar nicht mehr aufhalten, sondern blätterte unvermindert weiter.
      „Die Insel soll ein hipperes Image bekommen…“
      „Versuchen wir das nicht schon seit Jahren?“
      „Ach keine Ahnung. Aber diese neuen Vorschläge. Ich fasse es einfach nicht. Hier, hör dir folgendes an…“ Und damit begann sie vorzulesen.
      „Offizielle Bekanntmachung an das Ministerium für Energie, Industrie und Tourismus.
      Folgende Vorschläge zur etwaigen Vergrößerung des Staatsetats sind auf der Stelle umzusetzen:
      Ad 1: Förderung des Sextourismus Um die durch Finanzkrise, Ausbruch des Eyjafallajökull und andere unvorhergesehenen Ereignisse entstandenen Schulden bezahlen zu können, sieht sich die Regierung gezwungen, Sextourismus als begrüßenswerte neue Richtlinie auszugeben. Dies kann natürlich nur funktionieren, wenn sich die gesamte Bevölkerung über 16 Jahren daran beteiligt. Ad 2: Förderung des Tourismus von Kuriositätenjägern Da Island über einige Kuriositäten verfügt, die international weniger bekannt sind, erfolgt die Anweisung, diese bekannter zu machen. Hierzu gehören unter anderem…“
      Ragnhildur ließ das Blatt sinken, unfähig weiterzusprechen.
      „Sextourismus! Sie wollen allen ernstes, dass sich die gesamte Bevölkerung prostituiert! Und das, nachdem wir Prostitution gerade erst für illegal erklärt haben. Denen ist doch nichts zu schäbig…“
      „Du musst einräumen, dass unsere Finanzen angespannt sind. Aber ich stimme dir zu, dass dies ein ziemlich, nunja, ungewöhnlicher Weg ist, Geld hereinzubekommen!“ entgegnete Brunhild nachdenklich.
      „Auf der einen Seite diskutieren sie einen EU Beitritt und dann so was. Ich fühle mich jetzt schon schäbig, wenn ich diesen Auftrag bearbeite und dann an eine Werbeagentur weiterleite, ich sehe die Schlagzeilen schon förmlich vor mir: „Erleben Sie nicht nur die Vulkane und das Feuer Islands in der freien Natur – sondern auch inmitten freundlicher Menschen.“ Ragnhildur schüttelte sich. „Oder noch schlimmer: Vergessen Sie die Island-Pferde – jetzt können Sie auch anderswo reiten! Diese Idioten haben doch eine Überdosis Lebertran genommen!“
      Brunhild konnte trotz der ernsten Lage ein Kichern nicht unterdrücken, zu absurd war es eigentlich.
      „Ich weiß, ich sollte das eigentlich nicht sagen, aber es hat auch sein gutes…“
      Ragnhildur zog eine Augenbraue nach oben, unfähig zu glauben, was sie hörte.
      „Aha?“
      „Naja, wenn sie das umsetzen, ist Björk nicht das einzige, wofür man uns fortan kennen wird.“
      Dieser Satz brachte Brunhild einen Rippenstoß von ihrer Kollegin ein.
      „Manchmal hasse ich dich!“
      Dann jedoch wurde Ragnhildur nachdenklich und starrte auf die Papiere.
      „Es geht doch nur darum, unseren Tourismusumsatz zu erhöhen, oder?“
      „Soweit ich verstanden habe, schon. Warum?“
      „Mir kam da gerade so eine Idee. Und vielleicht müssen wir uns nicht international lächerlich machen…“


      Mit einem Krachen flog die Tür zum Büro von Össur Skarphèðinsson auf. Als zuständiger Minister des Ministeriums für Industrie, Energie und Tourismus war er solcherlei Ausbrüche nicht gewohnt.
      „Du elender Peniswichtnerz!*“ war die wütende Stimme von Ragnhildur zu vernehmen, als sie in sein Büro stürmte. Vor seinem Schreibtisch angekommen, knallte sie einen dicken Ordner darauf, keine Rücksicht nehmend, was sich darauf befand. Vielleicht fanden ein paar Taschenrechner oder Stifte ein jämmerliches Ende, umso besser!
      „Ragnhildur! Welche Ehre, dich mal wieder hier zu sehen!“
      Er stand auf und ging um den Schreibtisch herum.
      „Spar dir deine Schleimereien! Was zum Henker hast du dir bei dieser Kampagne gedacht? Das gesamte Volk soll ich prostituieren? Bist du noch ganz dicht!“
      Beschwichtigend hob er die Hände.
      „Es war nicht alleine meine Idee, obwohl Jóhanna** da auch noch mit sich ringt.“
      „Willst du damit sagen, der Gesetztesentwurf ist doch nicht durch?“
      „Er wurde im Alþing*** heftig diskutiert, noch heftiger als damals die Frage, ob es im Isländischen Dialekte gibt und man vielleicht das Reykjavíker Isländisch zum Soziolekt erklären sollte…“
      „Ich erinnere mich. Und?“
      „Wir kamen zu keinem Ergebnis.“
      „Welch Wunder… Wie damals. Als wir noch solche Probleme hatten. Gute alte Zeit war das.“
      „Ragnhildur… Es tut mir leid.“
      Er kam ein Stück näher.
      „Wenn es dir wirklich leidtut, dann hilf uns aus diesem Schlamassel! Oder hast du Lust, dass Massen von Touristen anrücken, um mit deinen Eltern zu schlafen oder sonstigen Verwandten – vielleicht sogar deinen Kindern!“
      „Natürlich nicht. Aber es ist auch lukrativ!“
      „Wir sollten für Geld nicht unsere Identität aufgeben.“
      Ihr Blick wanderte suchend im Zimmer umher und dann sah sie es. Die aufgeschlagene Zeitung erschien ihr wie eine Offenbarung!
      „Össur, du bist ein Schatz!“ Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange, und rannte mit der Zeitung in der Hand, die hinter ihr herwehte aus dem Raum. Össur konnte nur knapp eine Schlagzeile ausmachen, als er ihr hinterhersah.
      PENISMUSEUM IN HÚSAVIK SUCHT NEUE EXPONATE! Stand dort in großen Lettern. Er schüttelte den Kopf, und musste fast grinsen, als ihm Ragnhildurs „Peniswichtnerz“ wieder einfiel. Wie passend!

      9 Monate später – Jökulsárlón

      Genervt setzte Michael Gallagher seine Flinte ab. Er saß jetzt schon seit Stunden da, das Zielfernroh auf die Umgebung gerichtet und hatte doch nichts geschossen. Sein Auge tränte bereits durch die Anstrengung.
      Wie konnte es sein, dass einem guten Jäger wie ihm das Jagdglück verwehrt blieb? Dabei war die Nachricht doch eindeutig gewesen, die Zeitungen waren voll davon. Er musste wohl nur Geduld haben, irgendwann würde ihm einer dieser verfluchten Nerze vor die Flinte laufen und dann hätte er ausgesorgt. Es war schon verrückt, dieses ganze Land war verrückt. Aber wenn er hier reich werden konnte, umso besser.
      Wie um sich zu vergewissern, griff er nach der Zeitung neben sich, die bereits total verknittert und verdreckt war. Ja, es stimmte alles. Und er war nicht der einzige, der verrückt danach war.
      Gerade auf der Fahrt hierher – er war per Anhalter gekommen – hatte dieser verrückte alte Isländer ihn doch auf die Ladefläche seines Pickups verfrachtet, mehrmals während der Fahrt mit quietschenden Reifen angehalten, war aus dem Wagen gesprungen und hatte „It’s a mink!“ schreiend in der Gegend herumgeknallt. Getroffen hatte der Alte dann aber doch nicht. Aber das war vielleicht ganz gut, dann blieb mehr für Michael übrig.
      Er seufzte und setzte die Flinte erneut an, nicht bemerkend, dass der Wind seine Zeitung ergriff und davonwehte. Zu lesen stand dort:
      „Neue Nerzspezies auf Island entdeckt! Der sogenannte Peniswichtnerz wurde erst vor einigen Tagen in freier Wildbahn gesichtet. Er zeichnet sich durch seine geringe Größe und sein vergleichsweise großes Genital aus. Das Penismuseum in Húsavík hat bereits angekündigt, mehrere Millionen Dollar für das Überbringen des Genitals zu zahlen…“
      Bisher hatte es noch niemand geschafft, das Tier zu erlegen, aber er, Michael, er würde es schaffen. Und die Millionen wären sein…

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      *= Isländisches Schimpfwort, gleichbedeutend mit „Schlappschwanz“.
      **= Jóhanna Sigurðardóttir, Staatschefin Islands – Isländer reden sich immer mit Vornamen an.
      ***= Parlament


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      Maybes "Frieden"

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      der Oberbegriff war: Frieden

      Kefka sagt dazu: keine Religion
      HeyDay sagt dazu: Tauben
      Senfsamen sagt dazu: Tolstoi
      Xellas sagt dazu: Welt
      Clemo sagt dazu: heilsam
      Vas-y sagt dazu: Eierkuchen
      pondo sagt dazu: Dystopia
      Kandis sagt dazu: Seele
      CAMIR sagt dazu: Regenbogen
      FoWo sagt dazu: Kyoto
      Sirius sagt dazu: Nichtangriffspakt
      Hylia sagt dazu: Hippie
      Crowbar sagt dazu: Krieg
      bereth sagt dazu: Misswahl


      Frieden

      Ihre Pupillen zuckten aufgeregt hin und her, krallten sich hier für den Bruchteil einer Sekunde in die farblosen Äste einer vorbeiziehenden Birke, dort fixierten sie eine Unebenheit im weiten Grün jener Weide, die sich schon seit einer kleinen Weile als Weggefährte anbot. Ein Springen und Hüpfen war das, man sah die kleinen schwarzen Bälle förmlich zurückschnellen- ganz so, als ob sie es kaum erwarten könnten, erneut ihre Ausgangsposition einzunehmen, von der aus das kindliche Spiel von vorne beginnen sollte. Es war die einzige Regung des Mädchens, die äußerlich auszumachen war, abgesehen von ihrem zierlichen Brustkorb, der sich, gegensätzlich dem Aufruhr in ihren Augen, gleichmäßig hob und senkte- kaum wahrnehmbar und mit Sicherheit kein Detail, das besondere Beachtung verdient hätte.
      Dennoch. Welch ein Genuss es seien konnte, einen Menschen zu beobachten, seine Konturen ohne jede Form von tatsächlicher Berührung nachzuzeichnen, den unsichtbaren Atem in der Luft hängen zu sehen und fieberhaft nach einem Weg in das Innere zu suchen, das gleich einem Schatz von so Vielen begehrt und doch so tief vergraben lag. Trotz der geschlossenen, schmalen Lippen und der ruhigen Körperhaltung, die nicht zuletzt durch die Bequemlichkeit des Zugabteilsessels unterstützt wurde, hörte ich etwas, das scheinbar niemandem sonst im Abteil auffiel. Doch gerade weil ich fähig war, mir dessen gewahr zu werden und um die verborgenen Kostbarkeiten wusste, konnte ich ein hastiges Schlucken nicht unterdrücken. Ich horchte und doch brauchte ich nicht zu horchen, denn es war nicht zu überhören: Sie schrie. Ihre Seele schrie und ich würde ihr einen kleinen Besuch abstatten.

      Meine Füße gruben sich durch den Aufprall regelrecht in den Boden. Prüfender Schulterblick, Erfassen der Lage. Man konnte sich nie sicher sein, in welchem Abgrund man landen würde- das Innere der Menschen ist voller schwarzer Löcher. Hier aber türmte sich lediglich eine hausähnliche Konstruktion aus Stein, Mörtel, Ziegeln. Wenige Schritte, die keine waren. Aus dem Augenwinkel sah ich ein paar tiefblaue Tauben, die sich den einzigen Baum in Sichtweite zu ihrem stoischen Refugium erwählt hatten. Dennoch saßen sie dicht gedrängt, als suchten sie Schutz. Sie könnten Recht haben. Ich war ein Eindringling. Vielleicht auch ein Dieb. So würden die Menschen mich nennen, wüssten sie von meiner Existenz und meinen Vorhaben.
      Unordentlich hingen sie von der Decke: rote Leinenkordeln, vielleicht vom Durchmesser eines menschlichen Fingers. Wind, der vor der Haustür nicht wahrnehmbar gewesen war, ließ nun im Hausinneren die zerfetzen Faserleichen einen traurigen Tanz vollführen. Alt, eingerissen, leblos, mit herausstehenden Knöchelchen. Ich warf meinen Blick zurück, in eine vertikale Position. Es gab keine Decke. Die Fäden, die eben noch Kordeln waren, schienen in ihrem unfassbar schnellen Zerfall ohne Ursprung zu sein. Dort oben riss lediglich schwarze Leere ihr hungriges Maul weit auf und spie diese blutigen Bahnen in den einzigen Raum, den dieses Gebäude zu besitzen schien. Immer hastiger lösten sich die Fasern in kleinere Partikel auf, einem Wettlauf gleich. Ich war umgeben von roten Tropfen, die, vom Boden wieder nach oben steigend, einen Sog um mich herum zu bilden schienen. Als ich erneut meine Aufmerksamkeit auf die speiende Leere über mir richtete, sah ich sie plötzlich: das Mädchen war endlich aufgetaucht. Ihr Körper hing in den letzten intakten Schnüren, leicht vornübergebeugt, das Gesicht durch langes dunkelbraunes Haar verborgen. Schlief sie? Ich durfte keine Zeit verlieren, wollte mich soeben strecken, als ein durchdringender Schrei die gespenstische Ruhe zerschnitt. Wie besessen krümmten sich ihre Finger, fahrig und grob durchschnitten Fingernägel jenen Schutz, den die obere Hautschicht dem kindlichen Gesicht bisher geboten hatte. „Nicht die Augen.“ Ich sprang, streckte mich, sehnte mich und versuchte, das Mädchen zu erreichen. Knacken. Ein Schauer weißer Substanz rieselt auf mich nieder. Zähne. Überall Zähne. Das Schreien wurde immer wilder, immer lauter. Es war zu spät, der Traum war vorbei. Ich fiel.

      Ihre Augen. Erzählte ich schon von ihren Augen? Die Menschen sind so besessen davon, doch den wahren Wert, die wahre Lust, das wahre Sehnen kennen sie nicht. Sie begnügen sich. Ich habe es oft beobachtet. Dieses Stieren und Suchen. Wie bei einer Misswahl inspizieren sie ihr Opfer, bohren sich mit Blicken in das Fleisch, traktieren Punkte, suchen nach Makeln- und weiß Gott, der Mensch ist ein einziger Makel. Doch am Ende sind diese Inspekteure einfallslos und ohne Gehalt, sie behelfen sich mit Komplimenten, die unvergänglicher nicht sein könnten. Unvergänglich langweilig. Wie schön die Augen ihres Gegenübers wären, säuseln die Menschen, als wollten sie mit ihren Worten jene Fäden auswerfen, die nach dem Vorbild der Mutter Spinne fein und klebrig das Begehrte umhüllen. So sanft, dass einem, kaum ist die missliche Lage ins Bewusstsein gedrungen, auch schon die Möglichkeit auf Flucht als unrealisierbares Vorhaben entgegenschlägt.
      Das Mädchen im Zug besaß schöne Augen. Doch würde ich sie nicht in ihrem dunklen Grün beschreiben, das wie ein ausgeworfener Teppich die Basis für all den Schmuck bot, den ihre Iris in sich vereinte. Durchzogen war diese von zarten, bläulich anmutenden Schlieren, die sich in Wellen warfen, ähnlich jenen, die ich auf meinen Reisen in den Meeren aus Angst und Unsicherheit im Inneren eines jeden Menschen fand. Der sternenförmige Ring, der ihre Pupille umsorgte und sich, gleich einer grasgrünen Explosion, einige Millimeter nach außen warf, war nicht das einzige Attribut. Azurblaue Sprenkel hatten sich verschmitzt zwischen den weichen Wellen niedergelassen, als wären sie auf der Suche nach ihren verstreuten Brüdern. Ja, schöne Augen besaß das Mädchen und die Menschen in ihrer erbärmlichen Art hätten vielleicht versucht, mit liebevoll gewählten oder großspurig angelegten Worthymnen jenes Gut zu erobern, was sie in dieser Welt Liebe nennen.

      Gelbes Gras, braune Hecken. Auch wenn der letzte Versuch nicht von Erfolg gekrönt war, musste ich es ein weiteres Mal versuchen. Die Szenerie war eine andere. In welchem realen Traum, in welchem abstrakten Gebilde war ich nun? Ich konnte es mir nicht erlauben, ein weiteres Mal in Niederlage gegen die Zeit zu enden. Das Innere der Menschen war zerbrechlich, leicht anfällig. Mein Ziel, das Mädchen, zu finden, glich dem Überqueren einer viel zu dünnen Eisschicht- jederzeit konnte man einbrechen oder fallen.
      Die hohe Hecke offenbarte nur einen Zugang, den ich unverzüglich passierte und welcher mich sogleich in die Gabelungen eines Irrgartens führte. Rechts, links, wieder links, rechts in eine schmale Schneise einschlagend, über Wurzeln stolpernd, lila Blätter streifend, lief ich umher. Kein Laut war zu vernehmen, keine Bewegung auszumachen. Doch je weiter ich vorzudringen glaubte, desto bemerkbarer machte sich ein Ticken, das dem einer Taschenuhr nicht unähnlich war. Ich konzentrierte mich darauf, den Tönen zu folgen und die Länge der Schallwellen zu meinem Nutzen abzuschätzen. Ich lief und lief, glaubte ab und an das Geräusch schleifenden Stoffes zu vernehmen, sah einmal ganz deutlich die Schleppe eines reich verzierten Kleides hinter einer Ecke aus totem Laub verschwinden. Doch nie kam ich einem Punkt nahe, der sich als aussichtsreich erwiesen hätte.
      Plötzlich trat ich auf eine seltsame Unebenheit, senkte den Blick und sah auf der grauen Erde, die sich bei näherer Betrachtung als Sammlung zersplitterter und zermahlener Knochen entpuppte, eine Treppenstufe. Aus vergangenem, zertretenem und vergessenem Leben erhob sich eine Art Wendeltreppe, die mich in das Zentrum des Gartens führte. Hier präsentierte sich das Gras saftig grün, der Schutt der Knochen schien vergessen und alle Aufmerksamkeit richtete sich auf einen kleinen Gartentisch und zwei reich verschnörkelte Stühle. An ihren Lehnen glaubte ich jene roten Kordeln auszumachen, die mir in einer anderen Welt das Mädchen geraubt hatten. Auf einer weiß gehäkelten Tischdecke stand, fast ein wenig verloren, ein Teller mit Eierkuchen, daneben eine Tasse Tee- beides unberührt. Eine Hand legte sich auf meine Schulter.
      Was ich sah, war nicht das Mädchen. Ich blickte in ein ausgezehrtes Gesicht, kalkweiß und eingefallen, dünne Strähnen silbergrauen Haares fielen kaputt auf die knochigen Schultern und das prachtvolle Kleid, das ich im Garten zu sehen geglaubt hatte, war verschwunden. Nackt und schutzlos präsentierte sich mir ein ausgemergelter Körper als Ergebnis der Qualen in dieser Subwelt- ein weiteres Dystopia in der ewigen Maschinerie der endlosen Wiederholung. Nur die Augen, sie waren noch da. Groß und klagend lagen sie in ihren Höhlen, als wollten sie, wohl wissend, dass auch sie in nicht allzu ferner Zukunft ihre Lebendigkeit verlieren würden, ein letztes Mal aufbegehren und dem Tod davonlaufen, der lachend hinter dem zertrümmerten Leib stand.
      „Gib mir deine Augen.“ Ich wollte sie greifen, sie aus den Kuhlen angeln, in denen sie eh nur noch mehr Zierde waren, denn ihre tatsächliche Funktion erfüllten. Doch erneut… Wie aus dem nichts stand er vor mir, hinter mir, neben mir. Der Tod schien ihr ständiger Begleiter in all ihren Träumen zu sein. Seine Aufgabe war es, ihr die ruhenden Stunden der Nacht zur Qual zu machen. Und da jemand wie ich dieses Vergnügen durch eigene Ziele gefährdete, war ich ein Fremdkörper, der den ewigen Krieg in ihrem Kopf in eine falsche Richtung trieb.
      Wie in meinem letzten Traum begann das Mädchen, oder das, was von ihm übrig war, wie aus dem nichts in hohen, qualvollen Tönen zu schreien. Jedes einzelne Haar schien der Tod ihr nach und nach herauszureißen, das alles in fließenden Handbewegungen, die keine Zeit für Erholung boten. Der Boden um mich herum schien aufzubrechen, gleich den Bildern von der Hölle, die die Menschen seit Anbeginn der Zeit in düsteren Farben malten. Ratten und Käfer, Spinnen und Schlangen wanden sich aus den Kratern, umkreisten das weinende Mädchen, drangen in ihren Körper ein und verhinderten jede Form der Flucht. Schluchzende Laute stießen an mein Ohr, doch meine Gedanken kreisten einzig und allein um die Augen.
      Ich hatte die Treppe nicht kommen sehen. Ich verfing mich, stolperte, krallte mich in alles, was mir Halt bieten könnte. Ich fiel.

      Augen. Für mich sind sie das unumstößliche, absolute und heilsame Ziel meiner Suche. Es ging mir nicht um Liebe oder Freundschaft. Es war auch keine Religion für mich oder ein Kult, dem ich mich angeschlossen hatte. Niemand würde verstehen, was mich trieb oder woher meine Natur kam. Es war egal.
      Langsam fuhr der Zug in den Bahnhof der Stadt Tolstoi ein und wurde mit jenem kleinen Wunder begrüßt, das den Menschen immer wieder Laute der Verzückung entlockten. Ein Regenbogen spannte sich klar und zugleich grazil über die Häuser der Stadt. Das Kreischen der der anderen Abteilgäste vernahm ich nur noch durch einen dichten Nebel.
      Unsere Liebesgeschichte war vorbei. Als ich meine Handfläche öffnete, sahen mir die Augen des Mädchens starr und leer entgegen.

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      Sirius "Das verlorene Paradies"

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      der Oberbegriff war: Großstadt

      Kefka sagt dazu: Schrumpfstrahl
      HeyDay sagt dazu: Anonymität
      Senfsamen sagt dazu: Neurotiker
      Xellas sagt dazu: Lärm
      Clemo sagt dazu: New York
      Vas-y sagt dazu: Hundehaufenproblem
      pondo sagt dazu: Kommunarde
      Kandis sagt dazu: Nacht
      CAMIR sagt dazu: die 80er Jahre
      Maybe sagt dazu: Geflüster
      FoWo sagt dazu: Kölner Dom
      Hylia sagt dazu: Labyrinth
      Crowbar sagt dazu: Einsamkeit
      bereth sagt dazu: Pissrinne


      Das verlorene Paradies


      Voll von Freunden war mir die Welt, als noch mein Leben licht war.
      (Hermann Hesse – Im Nebel)

      Gedankenverloren streift er durch die Gassen der Stadt, in der er lebt. Die eine Hand in der Hosentasche, in der anderen eine Flasche Bier. Der Dreitagebart kratzt im Gesicht. Er vernimmt das Geflüster der Leute um ihn herum. Wie sieht der denn aus, sagen sie. So verkommen kann man doch nicht rumlaufen. Bestimmt ein Alkoholiker.

      Zwar hört er ihre verletzenden Worte, doch sie tun ihm nicht weh.
      Er, das ist ein junger Bursche, Anfang 20, in den besten Jahren. Besondere Merkmale: so weit erstmal keine. Ein gewöhnlicher Großstadtcharakter, rgendwo zwischen Maschinengewehr und Cocktailglas. Kein Thema. Interessiert auch niemanden. Ein Opfer der Anonymität, wie alle Bewohner urbaner Ballungsräume. Romantiker würde es schaudern. Eigentlich hasst er den Lärm, der hier überall herrscht, nur manchmal ist es angenehm ruhig. Dienstag, nachts, 01:53 Uhr, annährend an den beginnenden Frühling erinnernde Temperaturen. Da kann man es aushalten.
      Was ihn um die Häuser treibt, dessen ist er sich selbst nicht so ganz sicher. Er weiß nur, es geht um sie. Mit jeder Häuserecke, um die er geht, glaubt er aufs Neue ihre Umrisse zu sehen, ein paar Meter vor ihm nur, wie sie die Straße heruntergeht. Seit Wochen macht er das jetzt schon, jede Nacht. Es lässt ihm keine Ruhe. Immer, wenn er so durch die Viertel streift, kommt es ihm so vor, als würde es nicht später, als stünde die Zeit still im Angesicht seiner Ratlosigkeit. Die er empfindet zwischen Backshop und Künstlerbedarf. Und es sitzt im seinen Kopf, er hat nur diese eine Nacht.

      Allzu weit, nah bei dir
      Bin ich’s leid, sag ich’s dir


      Er weiß gar nicht mehr, wo sie sich zum ersten Mal begegneten. Er weiß nur noch, es fühlte sich großartig an. Er wollte nie wieder etwas anderes spüren.
      Oh, don’t ask why, oh, don’t ask why.
      Wie ein verlorenes Kind kommt er sich in letzter Zeit vor. Verdammt. Zum Neurotiker werden, das ist eine self-fulfilling prophecy. Da muss man gar nichts mehr machen, wenn die Hebel erst einmal in Bewegung gesetzt wurden.

      Wer war es? Du.
      Klar, klar, ich. Wer sonst. Ich.

      Er bleibt an der Ampel stehen, denn sie zeigt rot. Er sieht ebenfalls rot. Nein, sagt er sich, ich habe kein Alkoholproblem, ich laufe nur so zum Spaß nachts hier rum. Wenn du wenigstens ein bisschen wüsstest, wie sehr ich dich vermisse.
      Die letzte Kreuzung hat ihn an eine vielbefahrene Straße gebracht. Hier war er vor ein par Tagen schon mal, und es ist immer noch stinklangweilig. Alles schläft. Was ist das hier eigentlich, fragt er sich. Was ist das bloß für eine Stadt? Wo bin ich hier gelandet? Das ist kein Film aus der Kategorie New York zwei Tage vor Weihnachten. Mit Arnold Schwarzenegger oder so jemandem. Das hier ist nu—
      VVVVRRRROMMMM.
      Ein viel zu schnell fahrendes Auto braust die Straße herunter, direkt an ihm vorbei, und macht einen Höllenlärm. Im Schaufenster des Ladens rechts von ihm stehen Platten von früher. The Doors sieht er da. Daneben stehen The Smiths. Lauter The. Hat sein Vater früher gern gehört, diese Sachen. Er erinnert sich kaum noch daran. Kleine Klette Kindheit. Die 80er Jahre sind lange vorbei. Mit dem Cowboyhut auf dem Bonanzarad sitzen und im Kreis über den Parkplatz der ruhigen kleinen Siedlung fahren, das ist nicht mehr drin. Seine letzte Erinnerung an zuhause ist sein erster Sex auf der Couch im Wohnzimmer seiner Eltern und das Grinsen seines Vaters, der eine halbe Stunde lang in der Tür stand und irgendwann Na, seid ihr endlich fertig? fragte.
      Seitdem ist er niemals wieder irgendwo zuhause gewesen. Diese Stadt, pah. Lächerlich. Als ob. An einer Wand im Plattenladen hängt ein Foto vom Kölner Dom, umrahmt von elektrischen Kerzen, die künstlich milde vor sich hin glühen. Schon ewig nicht mehr dort gestanden, denkt er. Andererseits, was soll ich da. Ich würde wahrscheinlich nicht einmal mehr dorthin finden.

      Die Ampel springt auf grün um. Weiter geht’s. Er fühlt sich schlecht, als ihm ein angetrunkenes Pärchen entgegenkommt, sorglos miteinander schäkernd, und schaut beschämt nach unten, während er an ihnen vorbeigeht. Fehl am Platze fühlt er sich, wie er da in einem verwaschenen alten Jackett die Straßen durchstreift, und sein eigener Pathos kommt ihm lächerlich vor. Vielleicht macht er es sich zu einfach mit seinem Unglück.
      Und prompt ist da wieder dieses bitterschlechte Gefühl von Vergessenwerden und Nichtvorankommen. Es frisst sich tiefer, jeden Tag ein bisschen weiter und macht langsam aber sicher den Verstand kaputt. Vielleicht ist man schon lange durchgedreht und hat es einfach nicht rechtzeitig bemerkt.
      Das ganze Leben nur eine einzige verzögerte Ankunft. Das kennt er schon seit seiner Kindheit. Du kommst zu spät zum Tee! Das alte Lied. Das Spaßen mit dem bitteren Ernst. Warum die Dinge verklären? Weil sie dann weniger schmerzen. Zumindest ein bisschen hilft es ihm, manchmal.

      Er könnte auch einfach ehrlich mit sich sein.
      Diese drei Jahre waren downright die schlimmsten seines Lebens. Aber danach wurde es nicht besser. Ist keine Story aus der Traumfabrik. Hallo, ich bin es nur, die Realität. Knock knock. Who’s there?

      Sicher, klar, wie du meinst,
      Wunderbar, wenn du scheinst


      Wenn sie doch nur bei ihm wäre. Sie hatte immer diese Wärme, die er sonst nirgendwo fand, früher zumindest. Etwas Besseres als den Tod findest du überall? Mitnichten, Märchenerzähler. Unter vielen allein zu sein ist ein weitaus stechenderer Schmerz als hunderte von Toden in Endlosschleife.
      Er war es doch. Er war’s einfach. Und jetzt? Ein Schatten. Ein Nebencharakter im eigenen Leben. Don’t shoot me, I’m just the piano player. Wenn ich eh schon nichts mehr habe, dann könnt ihr mich auch einfach alle in Ruhe lassen.

      Er ist wieder an einer Kreuzung angekommen. Eine von vielen und es wird die letzte nicht gewesen sein. Nicht darüber nachdenken zu müssen, ob man nach links oder nach rechts geht, erzählt man sich, ist die größte Freiheit eines Menschen. Nein, nein, nein. Das stimmt hinten und vorne nicht. Es ist keine Freiheit. Tatsächlich ist es sein Tod.
      Es trifft dich mit bleierner Kugel. Es trifft dich genau.
      Zwischen die Augen. Quer durch den Schädel. Mitten ins Herz. So verderbend kann sonst nichts sein.

      Warum treibt es ihn immer wieder um. Warum kann er nicht vergessen. Warum können alle vergessen, nur er nicht? Einsamkeit sollte im 21. Jahrhundert kein Thema mehr sein, erzählt man sich. Es gibt ja so viele Möglichkeiten heutzutage, tönt es aus allen Mündern. Von wegen. Gar nichts gibt es, außer Enttäuschung. Er wurde nur enttäuscht, von allen Menschen, denen er hier begegnet ist. Besonders von ihr.

      Blödsinnige Gedanken, denkt er sich und nimmt einen Schluck aus der Flasche. Das Bier ist nicht mehr kalt und schmeckt ekelhaft. Er stellt sie an den Straßenrand, unauffällig und leise.
      Dabei verlässt sein Blick zum ersten Mal seit einer Weile den Boden und wandert nach oben, die Häuserfassaden hinauf zu den Fenstern. Aus den meisten dringt kein Licht mehr nach außen, darüber nichts. Nur das Grab in den Wolken, das er nicht sehen kann.
      Sein trüber Blick fällt auf das Straßenschild. Willkommen an der emotionalen Pissrinne, denkt er und ringt sich ein Schmunzeln ab, zum ersten Mal in dieser tonnenschwer wiegenden Nacht, die so wichtig ist und doch so belieblig für alle, die nicht er sind. Er schaut noch einmal nach oben, diesmal auf die andere Straßenseite. Dort müsste es sein. Dort müsste sie sein. Dort muss sie sein. Licht brennt keines.

      Unvermutet, Katz und Maus
      Ausgeblutet, Schluss und aus


      Mit zitternden Fingern greift er in die Inntentasche seines Jacketts und zieht langsam ein Buch hervor; ein altes Buch, etwas vergilbt und abgegriffen. Allein ein Blick darauf reicht ihm, um wieder dieses ferne Lied zu hören, das seit Jahr und Tag durch die Häuserschluchten dieses Labyrinths klingt, bis zu ihm, bis in seine Ohren. Es wäre besser, er würde es nicht mehr hören, doch er hört es, laut und deutlich.

      Er schaut nach oben, zum Fenster, blättert währenddessen in den Seiten, ohne hinzuschauen. Er blättert und blättert, hört abrupt auf und liest die die zerknitterten handgeschriebenen Worte, während ihm seine Tränen die Wangen herunterlaufen:

      I shall be telling this with a sigh
      Somewhere ages and ages hence:
      Two roads diverged in a town, and I—
      I took the one less traveled by,
      And that has made all the difference


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      Hylias "Düsterkuss"

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      der Oberbegriff war: Traum

      Kefka sagt dazu: Leonardo di Caprio
      HeyDay sagt dazu: Sigmund Freud
      Senfsamen sagt dazu: feucht
      Xellas sagt dazu: Bett
      Clemo sagt dazu: Nachtmahr
      Vas-y sagt dazu: Gengar
      pondo sagt dazu: Martin Luther King
      Kandis sagt dazu: Wunsch
      CAMIR sagt dazu: Erwachen
      Maybe sagt dazu: Labyrinth
      Sirius sagt dazu: Schnaps
      FoWo sagt dazu: Windfisch
      Crowbar sagt dazu: Schlaf
      bereth sagt dazu: Der schwarze Mann


      Düsterkuss

      Die Krempe seines Huts hatte er tief ins Gesicht gezogen. Sonnengebleicht und verstaubt war auch sein Mantel. Im lauen Wind der toten Wüste flatterte sein Saum und wirbelte gemeinsam mit den wenigen Sandkörnern, die der rissige Boden zu bieten hatte. Es war eine trostlose Welt und sein Blick wurde hart. Blaue Augen, tiefer als der Ozean und weiter noch als der Himmel selbst, blickten scharf in die Ferne. Er rieb sich mit der Hand übers Kinn und dachte flüchtig daran, sich irgendwann zu rasieren; die dunklen Stoppeln verliehen ihm einen dichten Bartschatten und das Aussehen eines Landstreichers. Oder Abenteurers.
      Doch es war unwichtig. Keiner seiner Gedanken hatte eine Bedeutung, erst recht nicht so ein banaler. Er hatte eine Aufgabe und die würde er gebührend zu Ende bringen. Es gab nichts, das ihn davon abhalten würde. So war es schon immer gewesen und so würde es auch weiterhin sein.
      Die Sporen seiner Stiefel blitzten in der dunstigen Luft, aber es gab niemanden, der den Glanz hätte sehen können. Er war unterwegs in einer Welt ohne Leben. Nur er. Ein einsamer Held.
      Der schwarze Mann.

      „Scheiße...“ Diese äußerst nette Begrüßung des neuen Tages kam gedämpft aus einem Kissen, das bis zur Unkenntlichkeit am Kopfende des schmucklosen Bettes zusammengeknüllt war. Ein Schopf schwarzer Haare war zu sehen, sonst nichts. „Hnnrg.“ Missmutig kämpfte Adam sich aus dem Schlaf, der noch Sekunden vorher so barmherzig die Erinnerung ferngehalten hatte. Doch je wacher er wurde, desto mehr Bilder tauchten vor seinem geistigen Auge auf und riefen die Beschissenheit des Lebens, seines Lebens, nur allzu deutlich auf den Plan.
      Schwerfällig rollte er sich auf den Rücken und fuhr sich übers Gesicht. Etwas Schlaf blieb in seinem Augenwinkel hängen, aber Adam war es einerlei. Wozu die Mühe, wenn er ohnehin nicht vorhatte auszugehen? Sein Leben war ein einziger Trümmerhaufen und ihm fehlten Elan und Entschlossenheit, diese Ruine wieder aufzubauen. Er hatte keine Arbeit, keine Beziehung und die meisten seiner ach so guten Freunde hatten Reißaus genommen, sobald durchgesickert war, dass es in seinem Oberstübchen nicht mehr mit rechten Dingen zuging. Dabei fühlte Adam selbst sich geradezu hervorragend. Zumindest hatte er das, bevor alles den Bach hinuntergegangen war.
      Seitdem stand er unter Beobachtung und musste zwei Mal wöchentlich zum Psychologen. Gemeinsam versuchten sie dann, ihm die Dämonen auszutreiben, die ihn gefangen hielten, aber bisher hatte sich noch kein Erfolg eingestellt. Wie denn, wenn Adam sich geistig gesund fühlte? Er hatte nur hin und wieder quälende Alpträume, aber die hatte doch jeder Mensch von Zeit zu Zeit, oder? Was den Ausschlag für die Therapie gegeben hatte, waren seine nächtlichen Wanderungen. Wenn Adam träumte, dann durchlebte er seine Hirngespinste auch. Nachdem er einmal mehr mitten in der Stadt in einem stinkenden Müllcontainer aufgewacht war und einer der ansässigen Penner ihn mit einer zusammengerollten Zeitung aus seinem Revier hatte vertreiben wollen, wusste er: er musste etwas unternehmen und das bald.
      Allerdings hatte die Therapie alles nur noch schlimmer gemacht.
      „Scheiße.“ Endlich hatte Adam sich dazu durchgerungen aufzustehen, aber etwas auf seinem Nachttisch zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Die digitale Anzeige seines Weckers blinkte unaufhörlich 0:00 Uhr. Irgendwann, während er geschlafen hatte, musste wohl der Strom im Haus ausgefallen sein. Mal wieder. Was für ein Drecksloch. Warum war er nochmal aufgestanden?
      Er strich sich einige seiner dunklen Haarsträhnen aus der Stirn und sah aus dem Fenster. Draußen leuchteten einmal mehr die bunten Lichter der Stadt, aber hier, im ruhigeren Teil, war es noch erträglich. Wie lange hatte er denn geschlafen? Die leere Schnapsflasche neben dem Wecker gab keine Antwort; die zweite, die umgestoßen auf dem Boden lag, schien ihn zu verhöhnen. Wenn es überhaupt irgendeinen Dämon gab, den man ihm austreiben musste, dann war es eindeutig ein von Menschenhand geschaffener – Schnaps.
      Er stand auf, zog die Boxershorts hoch, damit es in seiner Ritze keine Zugluft gab, und tapste schließlich noch ein wenig schlaftrunken in die angrenzende Einbauküche. Auf der Theke dort stand sein Telefon. Das rote Licht des Anrufbeantworters blinkte anklagend als wolle es sagen „endlich hat der werte Herr sich herbequemt“.
      „Wer nervt mich jetzt schon wieder...“, brummte Adam schlecht gelaunt und drückte den Knopf, während er den Kopf in den Kühlschrank steckte und nach etwas Essbarem suchte, das weder einen Pelzmantel trug noch davonlaufen konnte.
      „Mister Gatman, hier ist Miss Raucci, Ihre Therapeutin. Ich weiß nicht, was Sie dazu veranlasst hat, unseren heutigen Termin ausfallen zu lassen, aber ich war so frei Ihnen sogleich einen neuen zu besorgen. Bitte kommen Sie morgen früh um 10 Uhr in meine Praxis, damit wir die versäumte Sitzung nachholen könne, danke.“
      „Keine neuen Nachrichten“, leierte das Tonband monoton und Adam drückte genervt den Aus-Knopf. Das hatte ihm zu seinem Glück gerade noch gefehlt. Nicht nur, dass die Therapiestunden mit dieser geleckten Couchtussi nichts brachten, nein, jetzt würde er ihr auch noch erklären müssen, warum er verhindert gewesen war und sie würde sich natürlich nach seinen Trinkgewohnheiten erkundigen und sich daraus wieder irgendeine hirnrissige Theorie zusammenspinnen ohne auf seine Einwürfe zu achten.
      Er roch flüchtig an seiner Achsel und wandte das Gesicht sofort wieder ab. Eau de Schnaps drang ihm säuerlich aus den Poren. Vielleicht sollte er erst einmal duschen, heute würde er ohnehin nichts mehr schaffen. Und zu trinken gab es im Haus auch nichts mehr. Er würde also so oder so duschen müssen und dann kurz in den Discounter an der Ecke, um für Nachschub zu sorgen. Er mochte keine langen Tage, da hatte er immer viel zu viel Zeit, um über seine Misere nachzudenken. Aber noch weniger mochte er lange Nächte, die er alleine zu verbringen gezwungen war. Und die einzige Freundin, die ihm noch nicht entsagt hatte, Frau Rechte Hand, wurde mit der Zeit einfach langweilig.
      Am besten also, er gab sich wieder einmal die Kante, log der Psychotante morgen etwas vor und alles wäre wieder in Ordnung. Vorerst.

      „Mister Gatman, wie schön, dass Sie es heute einrichten konnten.“ Sie schenkte ihm ein perfektes Lächeln und wies im Türrahmen ihres Zimmers stehend in den Raum. Adam erwiderte das Lächeln nicht und bemühte sich nicht einmal sonderlich, sein Unwohlsein zu verbergen, dann betrat er ihr Büro und setzte sich in den schwarzen Ledersessel vor ihrem Pult. Er hatte schon von Anfang an dagegen protestiert, sich auf die Couch zu legen. Im Liegen fühlte er sich angreifbar und er wollte dieser Raucci keine Gelegenheit zum Angriff bieten.
      Allerdings konnte sie auch so ordentlich austeilen, was ihr nicht unbedingt Sympathie bei ihm einbrachte.
      „So, Mister Gatman.“ Sie umrundete ihren Tisch und setzte sich dahinter in ihren Drehstuhl. Adam konnte es nicht sehen, aber er wusste, dass sie dabei ihre langen Beine übereinanderschlug. Wäre sie nicht seine Psychologin und so ein verdammtes Biest, er hätte schon lange etwas mit ihr angefangen. Wobei... die Biestigkeit störte ihn nicht einmal. Sie nervte ihn nur mit ihren Theorien und dem Psychogeschwafel, das jeder Therapeut für seinen Schützling übrig hatte und das nichts weiter war als leeres Geschwätz. „Möchten Sie mir erzählen, warum Sie gestern nicht kommen konnten?“
      „Nein.“
      Sie seufzte, aber das war Adam gewohnt. Es war ein gekünsteltes Seufzen und bedeutete nichts weiter als „du bist ein böser Junge, Adam, und machst es mir nicht gerade einfach.“
      „Nun gut, dann nicht. Das können wir immer noch irgendwann anders besprechen. Reden wir stattdessen über Ihre Alpträume. Hatten Sie in letzter Zeit wieder welche?“ Sie sah ihn mit ehrlichem Interesse an, doch es erreichte ihre Augen nur oberflächlich. Dahinter, hinter ihren braunen Iriden, grübelte sie schon längst über einer Prognose für den hoffnungslosen Fall, der vor ihr saß.
      „Ja. Mehrere“, entgegnete Adam abgehackt und sah sie abwartend an. Die Sitzungen verliefen immer nach dem selben Muster und schon bald hatten sie angefangen ihn maßlos zu langweilen.
      „So? Worum ging es diesmal darin?“
      „Als ob Sie das nicht wüssten.“ Genervt wandte er den Blick ab und musterte die sinnlosen Bilder an der Wand. Mehr als bunte Strudel konnte er darin nicht erkennen. Das rechts neben ihm trug den Titel „Windfisch“ und Adam fragte sich im Stillen, ob einer der Patienten der ehrenwerten Miss Raucci das psychedelische Gekleckse fabriziert hatte. Er jedenfalls konnte darin keinen Fisch erkennen.
      „Aber Adam“, sie war schon von Beginn an dazu übergegangen, ihn höflich zu duzen, und mittlerweile ignorierte er ihre erzwungene Freundschaftlichkeit, „ich ahne es vielleicht, aber wissen kann ich es nicht.“
      „Die Wüste. Ich habe wieder von der Wüste geträumt.“
      „Sehr gut, was noch?“
      „Sie war ausgestorben, wie immer.“
      „Und wo waren Sie, Adam?“ Höfliches Interesse, nichts weiter.
      „Ich war in der Wüste. Aber eigentlich war ich es auch wieder nicht. Das Übliche.“
      „Verstehe. Der Fremde also. Wissen Sie, in einem Traum, in dem ein Fremder vorkommt, stellt diese Person den Teil des Selbst dar, den der Träumende noch nicht kennt. Vielleicht wird dieser Teil von einem Ehrfurchtsgefühl oder von einem Konflikt blockiert. Gibt es einen Teil in Ihnen, vor dem Sie sich fürchten?“
      „Nein.“
      „Sicher? Vielleicht geht es bei diesem Teil um unerfüllte Wünsche. Der Wunsch, einem Hobby nachzugehen, das andere ablehnen würden oder möglicherweise der Wunsch nach sexueller Erfüllung.“
      „Wer sind Sie, Sigmund Freud?“ Adams Mundwinkel hoben sich zu einem humorlosen Schmunzeln, doch die Psychologin zerschmetterte es mit einem Lächeln, das wissender nicht hätte sein können.
      „Nein, das bin ich nicht. Aber Fakt ist doch – in Ihrem Privatleben läuft es zur Zeit nicht sehr gut, wie mir zu Ohren gekommen ist, und ich kann mir denken, dass in einer so düsteren Lebenssituation die Damenbesuche ausbleiben. Außerdem sind das alles nur Annahmen. Ich kann Ihnen lediglich Denkanstöße geben, Adam, aber das Problem teilen Sie mir letztendlich selbst mit.“
      „Mein Problem sind Sie.“
      „So? Inwiefern?“
      „Sie halten mich für verrückt, weil ich hin und wieder spazieren gehe, während ich schlafe und haben sich schon lange vor unserem ersten Gespräch aufgrund meiner Fallakte eine Meinung über mich gebildet. Nun, ich habe Neuigkeiten für Sie – ich bin keine Akte.“
      „Natürlich nicht.“ Sie erhob sich wie empört und stützte sich mit beiden Händen am Tisch ab, während sie so auf Adam hinabblickte. Ein kurzer Blick zu ihrem Dekoletté enttäuschte Adam mit einer ordentlich zugeknöpften Bluse und so wandte er seine Aufmerksamkeit wieder ihrem Gesicht zu. „Sie sind ein vielschichtiger Mensch und brauchen lediglich etwas Hilfe.“
      „Die Sie mir aber nicht geben können.“
      „Jedem Menschen kann geholfen werden.“ Sie setzte sich wieder hin – schlug dabei hinter dem Pult die Beine in dem sündhaft kurzen Rock übereinander – und lächelte ihn wohlwollend an. „Beginnen wir doch einfach wieder am Anfang. Wann fingen die Alpträume an, wann kam das Schlafwandeln hinzu...“
      Adam schaltete ab.

      Die leichten Vorhänge wehten träge in der kühlen Brise, die durch das halboffene Fenster ins Schlafzimmer fiel. Kalliope Raucci, von Beruf Psychologin, lag bereits in ihrem Bett. Ihre dunklen Locken umrahmten ihr hübsches, südländisches Gesicht und unter dem kurzen Negligé kam ihre natürlich braune Haut besonders zur Geltung. Nur gab es niemanden, der die schlafende Schönheit hätte bewundern können – im dem großen Doppelbett lag lediglich die Frau. Es war ein anstrengender Tag gewesen und Kai, wie sie von ihren Freunden genannt wurde, schlief bereits tief und fest. Im Schlaf musste sie sich nicht mit widerspenstigen Patienten und ihren hirnrissigen Geschichten herumschlagen.
      Wohl aber mit anderen Eigenarten, von denen sie jedoch nichts wusste. Ein Schatten huschte plötzlich durchs Zimmer und blieb in einer der dem Bett gegenüberliegenden Ecken stehen. Ein kleiner Windstoß ließ den Saum des knöchellangen Mantels flattern, dann wurde es wieder still in der nächtlichen Dunkelheit, die nur vom einfallenden Stadtlicht in Schach gehalten wurde.
      Ein Paar blauer Augen beobachtete die Schlafende aufmerksam, gehüllt in den Schatten, den die breite Hutkrempe dem Fremden ins Gesicht warf.
      Er trat mit zwei großen Schritten ans Bett und betrachtete Kai einen Moment länger.
      „Sexuelle Wünsche, was?“ Ein leises, verächtliches Lachen hallte kurz geisterhaft durchs Zimmer. „Oh, du hast nicht die geringste Ahnung von der Macht, die ich über dich habe.“ Er streckte die Hand nach ihr aus und fuhr ihr flüchtig über die Wange. Sie schlief fest. Gut.
      Er beugte sich zu ihr hinunter, doch selbst sein warmer Atem vermochte sie nicht zu wecken. Mit von der Sonne spröden Fingern strich er einige ihrer Locken zur Seite. Kai rührte sich kurz, wurde aber nicht wach, sondern streckte lediglich den Arm neben sich aus. Höchste Zeit ihr schöne Träume zu bescheren.
      Ein letzter Blick in ihr ruhiges Gesicht, dann legte der nächtliche Besucher seine Lippen auf ihre.

      Das warme Gefühl, geküsst zu werden, verschwand genauso schnell wie es gekommen war. Doch war Kai noch vor einigen Sekunden angenehm kühl gewesen, so schwitzte sie mit einem Mal fürchterlich. Sie öffnete die Augen, musste sie aber sofort wieder schließen, als ihr gleißendes Sonnenlicht ins Gesicht schien. Sie setzte sich langsam hin und sah sich dann erst um.
      Doch egal wohin sie blickte, überall nur gähnende Leere. Der Boden war hart, trocken und rissig; von der Hitze versengte Grasbüschel streckten hier und da müde ihre Halmfinger dem unerbittlichen Himmel empor. Die Luft am Horizont flimmerte unstetig.
      „Was... ist das hier?“ Der Klang ihrer eigenen Stimme erschreckte Kai für einen Moment – leise und unsicher. Im nächsten Augenblick aber hatte sie sich auch schon wieder gefangen. Einem rational denkenden Menschen wie sie es einer war fiel sofort die einzige Möglichkeit ein, warum sie sich an einem so trostlosen Ort befand.
      „Nur ein Traum...“ Erleichtert atmete sie auf und wartete auf das Erwachen, das üblicherweise einer solchen Erkenntnis folgte, aber es tat sich nichts. Mit einem Stirnrunzeln erhob Kai sich nun. Die Sinneseindrücke fühlten sich erstaunlich real an. Die Steine auf dem Boden drückten ihr unangenehm gegen die weichen Fußballen und ihr Negligé war mittlerweile richtig feucht davon wie sie inzwischen schwitzte.
      Plötzlich hörte sie Schritte. In der allgegenwärtigen Stille waren sie gut zu vernehmen und mit einem Mal wurde Kai nervös. Es gab keine rationale Erklärung für das beklemmende Gefühl, das sie empfand, aber es war ohnehin stärker als ihre Vernunft. Mit klopfendem Herzen sah sie sich um und entdeckte schließlich einige Meter hinter sich eine Gestalt, die steten Schrittes auf sie zukam. Unbewusst wich Kai ein Stück zurück, aber ihre Glieder waren plötzlich wie gelähmt.
      Der Schemen kam näher und sie erkannte eine hochgewachsene Person. Sie trug einen Hut mit breiter Krempe und einen Mantel, der vorne offen war. Jeans und spitze Cowboystiefel – passend zum Hut – rundeten das irgendwie absurde und doch wieder konforme Bild ab.
      Je mehr sie von dem Fremden erkennen konnte, desto größer wurde ihre Angst. Als der Mann schließlich nur noch ein Stück von ihr entfernt stand, traf die Erkenntnis sie wie ein Blitz.
      „...A-Adam?“ Sie kam sich selbst dumm vor, diese Frage zu stellen, aber sie musste einfach.
      Ihr Gegenüber lächelte ein beängstigendes Haifischgrinsen – seine Zähne waren im Gegensatz zu seinem restlichen Äußeren tadellos – und nickte.
      „Hätten Sie das erwartet?“
      Kalliope blieb buchstäblich der Mund offen stehen, doch sie hatte nach wie vor nicht die Kraft, sich von diesem Anblick loszureißen. Aber immerhin konnte sie wieder halbwegs klar denken und es gab nur eine rationale Erklärung für das, was dort gerade vor sich ging.
      „Das... ist wirklich absurd.“ Sie lachte, um ihr Unwohlsein zu überspielen, brachte es dadurch aber lediglich noch mehr zum Vorschein. „Jetzt bin ich also anscheinend genauso dem Wahnsinn anheim gefallen wie Sie, Adam.“
      „Sie halten das hier also nur für ein Hirngespinst?“ Er machte einen Schritt auf sie zu. „Oh, natürlich tun Sie das, denn so wurde es Ihnen schließlich beigebracht.“ Dann noch einen. Wie versteinert blieb Kai an Ort und Stelle und sah nervös zu Adam hoch.
      „Ich habe Neuigkeiten für Sie, Miss – schon vor Jahrhunderten gab es Wesen wie mich. Hexen, Druiden, Werwölfe. Die Menschen ersonnen viele Mythen. Und einer davon handelt vom Nachtmahr. Sagt Ihnen dieser Begriff etwas?“
      „... ja. Wesen, die Schlafende heimsuchen.“
      „Richtig.“ Zufrieden nickte Adam. „Aber sie können noch weitaus mehr. Sie ernähren sich von ihren Träumen. Sie können Sex mit ihnen haben. Und sie können ihre Seele zerstören. Wollen Sie, dass ich die Ihre verschone?“
      „W... was?“ Die Situation wurde immer verrückter und es gab nichts, was Kai dagegen machen konnte. So surreal das Ganze auch war, es besaß eine unglaubliche Präsenz.
      „Sie haben mich schon verstanden.“ Flink griff Adam nach ihren beiden Handgelenken und zerrte Kai unsanft zu sich. Sie spürte seinen warmen, schweren Atem auf ihrem Gesicht und wandte sich ab. Die Nähe zu ihm war ihr unangenehm und versetzte sie in noch mehr Angst. Der Mann vor ihr war verrückt!
      „Ja. Wenn das wahr ist... dann will ich verschont werden.“
      „Wie sehr wollen Sie es?“
      Darauf gab Kai keine Antwort. Es fiel ihr in seiner bedrohlichen Nähe auch so schon schwer genug, überhaupt ihre Stimme wiederzufinden, aber dieses Katz-und-Maus-Spiel trieb ihr den Angstschweiß auf die Haut. Selbst wenn das alles doch nur ein verrückter Traum, ausgelöst von Adams Erzählungen, war, so empfand sie Furcht.
      „Scheinbar nicht so sehr wie Sie sollten“, seufzte Adam da mit genau dem gleichen affektierten Laut wie Kai bei ihren Sitzungen und ließ eines ihrer Handgelenke los. Mit der freien Hand deutete er über die Wüste.
      „Das ist mein Reich. Es ist schon lange tot, seitdem die Menschen ihren Glauben an den Nachtmahr verloren haben. Aber nach unserer letzten Stunde ist mir etwas klar geworden. Ich bin der Retter dieser Welt. Ich werde sie wieder mit Leben füllen und Sie werden die erste Seele sein, die ich hierbehalte.“
      „Nein. Nein! Lassen Sie mich los!“ Aber Adams Griff war eisern und Kais unkontrolliertes Gezappel hatte keinerlei Effekt.
      „Du wirst meine Braut. Die Herrin dieser Welt. Gemeinsam werden wir die Menschheit in ihrem Schlaf heimsuchen. Wir erforschen ihre dunkelsten Geheimnisse. Der menschliche Geist ist wie ein Labyrinth, man verirrt sich leicht. Aber unter meiner Führung wirst du sicher ein vorzüglicher Alptraum.“ Er warf den Kopf in den Nacken und lachte ausgelassen. Kai schrie.
      Selbst dann noch, als Adams Schatten über sie fiel. Als ihre Hand schlaff an ihrem Körper entlang herabfiel, wurde es endlich wieder still.

      Im Schlafzimmer im zweiten Stock eines Mehrfamilienhauses bäumte sich die junge Frau auf. Ein Schrei entrang sich ihrer Kehle, dann verstummte sie wieder und fiel zurück in die Laken. Der schwarze Mann trat vom Bett weg und betrachtete sie noch kurz, dann zog er sich in die Ecke zurück. Wer sie gehört hatte, würde denken, dass sie nur einen Alptraum gehabt hatte.
      Und mehr war es auch nicht, oder?
      Nur ein böser Traum.

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      Crowbars "Elchjagd"

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      der Oberbegriff war: Nacht

      Kefka sagt dazu: Bett
      HeyDay sagt dazu: Schatten
      Senfsamen sagt dazu: Hannelore Kohl
      Xellas sagt dazu: kühl
      Clemo sagt dazu: Friedhof
      Vas-y sagt dazu: Hymne der Sonne
      pondo sagt dazu: Onanie
      Kandis sagt dazu: Sternbilder
      CAMIR sagt dazu: Schlaflosigkeit
      Maybe sagt dazu: Traum
      Sirius sagt dazu: Laterne
      Hylia sagt dazu: Vampir
      FoWo sagt dazu: Sonnenaufgang
      bereth sagt dazu: Sternschnuppe


      Elchjagd

      Eine Dokumentation über die Elchjagd in Alaska. Ein abgehalfterter Serienschauspieler der versucht, mir mithilfe seiner dürren Assistentin mit Blondhaarperücke und Pferdegebiss einen Kiwi-Rasierer zu verkaufen. Ein alter Actionstreifen aus den Achtzigern. Sex-Hotlines. Dubiose Gewinnspiele. Ich habe das Nachtprogramm schon immer gehasst, auch wenn ich meine andauernde Schlaflosigkeit in diesem Moment noch viel mehr hasste.
      Seit zwei Wochen hatte ich mich nicht mal mehr in die Nähe meines Bettes begeben weil ich ganz genau wusste, dass es keinen Sinn hatte. Auf dem Laken hatte sich bereits eine Staubschicht angesammelt. Ich hatte die letzten Abende auf dem Sofa vor dem Fernseher verbracht und entweder meine Zeit mit Fernsehen vergeudet oder einfach nur in die Leere gestarrt. Baldrian und die ganzen anderen Hausmittelchen hatte ich längst hinter mir. Mein Hausarzt und ich hatten versucht, Ursachenforschung zu betreiben und waren gescheitert. Arbeitsstress? Unwahrscheinlich, ich hatte derzeit keinen. Ein tiefliegendes verdrängtes Trauma? Möglich, aber was sollte das sein? Er hatte mir Medikamente verschrieben, aber ich hatte das Rezept bis jetzt nicht eingelöst.

      Ich drehte die Lautstärke herunter und mich auf den Rücken, schaute an die Decke und betete für Schlaf. Dazu muss ich sagen dass ich der festen Überzeugung bin, dass Gott mich hasst, sonst hätte es in diesem Moment nicht an die Türe geklopft. Ich reagierte zuerst nicht und versuchte, so zu tun, als sei ich nicht da.
      Es klopfte wieder. „Vergiss es, Mann“, hörte ich eine vertraute Stimme sagen. „Ich hab den Fernseher gehört.“
      Während ich aufstand wälzte ich im Kopf ein paar Flüche hin und her, dann durchquerte ich langsam das Zimmer und öffnete die Türe einen Spalt.
      „Hey“, sagte Scott voller Elan und blockierte sie sofort mit seinem Fuß. „Wie geht’s?“
      „Scott“, sagte ich mit schwerer Stimme. „Lass es. Bitte.“
      „Komm schon, Alter. Ich hab dich seit ner Woche nicht gesehen. Wenn du nicht mal aus der Wohnung raus kommst wirst du ja noch depressiv.“
      Ich seufzte und zog die Türe ein Stück weiter auf. Da stand er, in all seiner Pracht, von den kurzen, braunen Haaren über das stromlinienförmige Gesicht und die tief liegenden blauen Augen bis hin zum standardmäßig irren Grinsen. Scott, die wandelnde Katastrophe. Scott, der Zerstörer der Welten. Scott, der Antichrist. Scott, der lebende Beweis, dass es eigentlich gar keinen Gott gibt. Scott, mein schlimmster Freund.
      „Scott, bitte“, versuchte ich es erneut. „Ich will meine Ruhe.“
      „Hast du deshalb dein Telefon ausgesteckt? Ich hab ein paar Mal versucht, bei dir anzurufen.“ Er wedelte mit seinem Handy unter meiner Nase. „Na, egal.“ Er stemmte die Hände in die Hüften und legte den Kopf schief. „Komm schon, Mann. Ich hab das Gefühl, du solltest mal wieder raus kommen. Außerdem kannst du doch eh nicht schlafen.“
      „Okay“, sagte ich, resigniert. „Gib mir fünf Minuten.“
      „Ich geb’ dir zwei.“
      „Alles klar.“ Ich versuchte, die Türe wieder zu schließen, aber sie stieß gegen seinen Fuß.
      „Na los.“

      Zehn Minuten später saß ich auf dem Beifahrersitz seines Lexus und zündete mir eine Zigarette an, während er mit überhöhtem Tempo eine leere Straße entlang fuhr.
      „Also“, fragte ich und warf das benutzte Streichholz aus dem Fenster. „Hast du irgendwas Bestimmtes im Sinn?“
      „Du wirst schon sehen. Aber erst müssen wir was besorgen.“
      Er hielt so abrupt an dass es ein Wunder war, dass die Airbags nicht ausgelöst wurden. Unvorbereitet wie ich war wurde ich nach vorne gerissen und verlor die Zigarette. Aber immerhin knallte ich nicht mit dem Gesicht auf das Handschuhfach.
      „Hat das jetzt sein müssen?“
      „Ja. Komm mit.“
      Ich angelte die Zigarette aus dem Fußraum, pustete den Staub herunter und nahm sie wieder in den Mund. Scott, der schon ausgestiegen war und den Wagen umrundet hatte, klopfte auf das Dach der Beifahrerseite.
      „Na los.“
      Ich öffnete die Wagentüre und stieg aus, während Scott das Haus betrat, vor dem er angehalten hatte, ein mehrstöckiges, schmales, schmutziges Backsteingebäude. Scott öffnete die Türe und verschwand im Inneren. Einen Moment zögerte ich, dann folgte ich ihm.
      Drinnen sah es aus wie erwartet. Der Putz hatte eine undefinierbare Farbe angenommen und war löchrig und voller Risse. Die hölzerne Treppe, die Scott nun emporstieg war aufgequollen und quietschte fürchterlich. Ich folgte Scott in den ersten Stock, wo er an eine Tür klopfte, die sich in einem ähnlichen Zustand befand wie der Rest des Hauses. Das unter dem fast vollständig abgeblätterten weißen Lack zum Vorschein gekommene Holz war grau geworden, an den Rändern fehlten Stücke und irgendjemand hatte den Türklopfer aus der dafür vorgesehenen Einfassung gerissen.
      Scott wartete einen Moment und klopfte dann noch mal, als ihm niemand antwortete. Schließlich wurde die Tür einen Spalt breit aufgezogen und eine dürre, bärtige Gestalt blickte uns entgegen, mit langen, verschmierten Haaren, gekleidet in ein fleckiges graues T-Shirt und Boxershorts. Kurz: vor mir stand Abraham auf Crack. Aus seiner Wohnung, die ich nicht einsehen konnte strömte eine Mischung aus Zigarettengeruch und Barbatos.
      „Scott?“, fragte die Person mit einem Kratzen in der Stimme, dass sich mir die Nackenhaare sträubten. „Is’ gerade schlecht.“
      „Wieso? Hast du wieder ne Nutte da?“
      „Nee, es ist nur…“ Er blickte über die Schulter in seine Wohnung. „Es is’ gerade einfach schlecht.“
      „Holst du dir gerade wieder einen runter? Du weißt doch, Frankie, Onanie verursacht Krebs.“
      „Kann ich irgendwas für dich tun, Scott?“, fragte Frankie mit genervtem Unterton.
      „Ich hab gehört du hast neuen Stoff.“
      „Wer sagt das?“
      „Phil.“
      „Phil erzählt viele Dinge.“
      „Stimmt’s, oder stimmt’s nicht?“
      „Warte kurz.“
      Frankie verschwand in den Schatten seiner Wohnung und kehrte einen Augenblick später mit einem Salzstreuer zurück, der bis zur Hälfte mit einem weißen Pulver gefüllt war.
      „Großartig“, sagte Scott und klatschte in die Hände. „Wie regeln wir das mit der Bezahlung?“
      „Nächstes Mal. Im Moment bin ich damit zufrieden, wenn du abhaust.“
      Scott nahm ihm den Salzstreuer aus der Hand, steckte ihn in die Tasche seines braunen Jacketts, machte eine Verbeugung, drehte auf dem Absatz um und marschierte die Treppe herunter. Ich nickte Frankie, der seine Tür schloss, kurz zu und folgte Scott.
      Wieder zurück im Wagen setzte sich Scott auf den Beifahrersitz und legte sich auf einer Landkarte, die er unter dem Sitz hervor geholt hatte eine Line zurecht.
      „Du fährst“, sagte er, während er einen Geldschein zusammenrollte.
      „Wohin?“
      „In’s Chester’s erstmal.“ Das Chester’s war unsere Stammkneipe.
      Ich wartete, bis er das Koks durch die Nase gezogen hatte, bevor ich auf’s Gas drückte. Scott schraubte den Salzstreuer wieder zu und verstaute ihn im Handschuhfach, dann deponierte er die Karte wieder unter dem Beifahrersitz.

      Zwanzig Minuten später hielt ich vor dem Chester’s. Scott, dem bewusst war dass ich keine Ahnung gehabt hatte, wo wir uns eigentlich befunden hatten, hatte mich durch die Stadt dirigiert.
      Er stieg aus, schloss die Türe hinter sich und schüttelte sich erstmal durch, wobei er heftig mit dem Kopf zuckte.
      „Geiler Abend, was? Komm schon.“
      Ich stieg aus, lehnte mich gegen das Auto und nahm die Zigarettenpackung aus meiner Tasche, musste jedoch feststellen, dass sie leer war, also warf ich sie auf die Straße.
      „Komm!“, hörte ich Scott rufen, der bereits in der Eingangstüre stand, die sich zwischen zwei großen rechteckigen Fenstern befand, hinter denen Vorhänge die Sicht nach drinnen versperrten. Wir betraten das Chester’s. Alles wie eh und je. Ein schmaler, langer Raum. Auf der rechten Seite ein paar quadratische Tische, auf der linken die Theke. An den Wänden hingen alte Werbeschilder aus Bleck, an der Decke rotierte ein alter Ventilator. Der Besitzer, eine fünfzigjährige, feiste Kreatur ohne Kopfhaar namens Marvin, stand hinter der Theke und wischte gerade klischeehaft ein Glas.
      „Abend, Jungs“, sagte er und stellte es hin. „Was darf’s sein?“
      „’nen kleinen auf den Weg vielleicht“, sagte Scott und setzte sich auf einen der Barhocker. „Ich bin eigentlich nur gekommen, um meine Schulden zu bezahlen.“
      Er zog ein Bündel Geldscheine aus der Brusttasche seines Jacketts und legte Marvin einen Hunderter auf die Theke.
      „Wo hast du das ganze Geld her?“, fragte ich.
      „Das willst du gar nicht wissen, glaub mir“, sagte er fröhlich. „Das sollte für die Schulden und zweimal Jack Daniels reichen. Den Rest kannst du behalten.“
      Marvin hielt den Schein kurz gegen das Licht der Deckenlampe, um seine Echtheit zu überprüfen, dann steckte er ihn ein, nahm zwei Gläser aus dem Regal hinter sich, dann holte er eine Flasche Jack Daniels unter der Theke hervor, füllte die Gläser und schob sie über die Theke. Scott drückte mir meines in die Hand und prostete mir zu. Ich hielt die Luft an und leerte es in einem Zug. Ich hasse Jack Daniels.
      Scott nahm einen tiefen Schluck, leckte sich die Lippen und schaute sich um.
      „Wo ist eigentlich Damien?“
      „Wer?“
      „Der Kleine, der behauptet hat, er sei ein Vampir.“
      „Ach, der.“ Marvin kicherte. „Lustige Geschichte. Den haben sie beim Rumlungern auf dem Friedhof verhaftet. Hat sich rausgestellt, dass er eine Spaziergängerin angegriffen und versucht hat, sie in den Hals zu beißen.“ Scott prustete los. „Wahnsinn, oder?“
      „In der Tat“, sagte Scott und trank seinen Whisky aus. „Also“, sagte er, zu mir gewandt, während er das leere Glas auf die Theke stellte „Fahren wir.“

      Drei Minuten später saßen wir wieder im Auto, ich diesmal auf dem Beifahrersitz, und rasten in halsbrecherischem Tempo durch die Stadt. Ich blieb dabei komplett ruhig. Ich kannte Scott gut genug um zu wissen, dass er den Wagen vollständig unter Kontrolle hatte. Und selbst wenn er den Lexus um eine Laterne wickeln oder in ein anderes Auto krachen lassen würde und wir draufgehen würden, wie hoch wäre schon der Verlust?
      Er tat es jedenfalls nicht, sondern brachte das Auto sicher auf einem gut gefüllten Parkplatz zum stehen.
      „Wir sind da“, sagte er, während er sich abschnallte.
      „Wir sind wo?“
      „Gib mir den Salzstreuer.“
      Ich öffnete das Handschuhfach, holte den Salzstreuer heraus und reichte ihn Scott herüber, der gerade einen Geldschein zusammen rollte.
      „Danke.“
      Er bemühte sich nicht mal mehr, sich eine Line zu legen, sondern schraubte den Verschluss auf, steckte den Schein direkt in das Koks und nahm eine große Ladung.
      „Ah“, rief er, schraubte den Salzstreuer wieder zu und drückte ihn mir in die Hand. „Geil, geil, geil, geil, geil. Also, wir gehen in’s Flux.“
      „In’s Flux?“
      „Ja, Mann!“
      Das Flux war die Sorte von Etablissement, die ich nie im Leben freiwillig betreten würde. Neonlicht, elektronische Musik, und mir zutiefst verhasstes Klientel.
      „Muss das sein?“, fragte ich.
      „Es muss. Jetzt hör auf zu lamentieren und komm mit.“
      Diesmal würde ich ihn töten.

      Ich wusste nicht genau, wie spät es war, der Club musste aber schon eine Weile offen haben, denn die Schlange, auf die wir am Eingang trafen, war sehr kurz. Als ich mich umsah sah ich den Menschenschlag, mit dem ich gerechnet hatte – Gelfrisuren, helle Kleidung, weiße Hosen, die im Schwarzlicht blau leuchteten. Scott und ich wirkten hier ungefähr so gut platziert wie ein Killerwal im Nichtschwimmerbecken. Die Türsteher warfen uns (besonders Scott) misstrauische Blicke zu, machten jedoch keine Anstalten, uns aufzuhalten. Noch herrschte Waffenstillstand.
      „Also“, sagte Scott, sobald wir drinnen waren. „Auf geht’s.“
      Mit diesen Worten verschwand er Richtung Tanzfläche. Ich hatte keine Intention, ihm zu folgen und wandte mich stattdessen nach links, wo sich eine Bar befand, eine Konstruktion aus Metall, Plastik und Neonlicht, in giftgrün oder schwarz. Ich setzte mich auf einen Hocker und nahm eine der in Plastik eingeschweißten Getränkekarten in die Hand, die auf der Plexiglasoberfläche auslagen. Sie sah aus, wie ich erwartet hatte. Szene- und Longdrinks, verschiedene Wodkamischungen und Bier, das man in jedem Supermarkt bekam. Ich legte die Karte wieder hin und bestellte eine Cola, obwohl ich eigentlich keinen Durst hatte.
      Eine junge Frau, ungefähr in meinem Alter, setzte sich auf den Hocker neben mich, stellte ein Martiniglas auf die Theke und holte ein Handy aus ihrer ledernen Handtasche. Ich drehte meinen Kopf leicht nach links und betrachtete sie. Glattes, hellbraunes Haar, leicht nach innen gebogene Nase, flache Wangenknochen, Augenfarbe nicht erkennbar bei dem Licht. Ein kleiner Mund mit elegant geschwungenen Lippen, kaum Schminke, keine Piercings, sehr natürlich. Hatte irgendwas Osteuropäisches an sich. Mein Blick fiel auf ihr Handy.
      „Wir haben das gleiche Handy“, sagte ich, und fragte mich im selben Moment, wieso ich das getan hatte.
      Sie schaute mich an und ich holte meines aus der Hosentasche, um diese Konversation zu retten.
      „Tatsächlich.“ Sie lächelte. Ich leitete über mit der nächstbesten Frage, die mir einfiel.
      „Kommen Sie oft hierher?“
      Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Ich bin eigentlich gar nicht freiwillig hier, eine meiner Freundinnen feiert heute eine Art Junggesellenabschied.“
      „Nicht freiwillig hier? Da sind wir schon zwei. Ein… Freund von mir hat mich hier hergeschleppt.“ Sie lachte.
      „Was machen sie beruflich?“
      „Ich bin Autor.“
      „Autor?“
      „Ein synonym für ‚arbeitslos’.“
      Sie lächelte mich an. „Wie heißen Sie?“
      Ich wollte ihr gerade antworten, als ich von der Tanzfläche her Schreie hörte. Als ich mich umdrehte sah ich Scott, der gerade schreiend und tretend von drei Türstehern Richtung Ausgang getragen wurde.
      „Das ist mein Freund“, sagte ich. „Ich glaube, ich muss gehen.“
      „Moment.“
      Sie holte Kugelschreiber und Zettel aus ihrer Handtasche und kritzelte etwas darauf. Dann faltete sie ihn zusammen und schob ihn mir zu.
      „Danke“, sagte ich, und schaute zum Ausgang. Scott war verschwunden. Beim Aufstehen nickte ich ihr zu, während dem Rausgehen faltete ich den Zettel auf. Eine Handynummer und, in schön geschwungenen Buchstaben ein Name. Irina. Ich steckte den Zettel in die Innentasche meines Mantels. Ich hatte Recht gehabt. Osteuropäisch.

      „Diese Scheiß Faschisten“, sagte Scott, während er im Rückspiegel den Schaden an seiner Unterlippe begutachtete.
      „Mal wieder gute Arbeit.“
      „Weißt du, was dein Problem ist? Du musst lockerer werden, sonst macht das doch alles keinen Sinn. Oh, und keinen Spaß.“
      „Ach ja?“
      „Ja. Im Handschuhfach ist eine silberne Dose. Schau mal rein.“
      Ich tat wie mir geheißen. In der Dose befanden sich eine Tüte mit Gras und drei fertig gedrehte Joints.
      „Meinst du das ernst?“
      „Nicht fragen, tu’s einfach.“
      Ich zuckte mit den Schultern. Scott würde keine Ruhe geben, und an dem Punkt, an dem wir uns mittlerweile befanden war mir eh alles scheißegal. Ich nahm einen der Joints in den Mund, zündete ihn an und atmete tief ein.

      Drei Stunden später zog ich eine erste Bilanz. Mittlerweile waren wir aus zwei weiteren Clubs geflogen und in eine Schlägerei mit zwei Polen geraten. Scott hatte sich eine Pille eingeworfen, die er in seiner Jackentasche gefunden hatte und war zu einer echten Bedrohung für den Verkehr geworden. Mitten auf der Straße hatte er eine Panikattacke bekommen, einen waghalsigen U-turn hingelegt und war auf einen leeren, geschotterten Parkplatz gefahren, wo er aus dem Auto gestürzt und ein paar Meter auf allen Vieren gekrochen war, bis er anfing, sich herzhaft zu übergeben. Ich hatte beim Aussteigen das Gleichgewicht verloren, lag nun ungefähr einen Meter von der offenen Tür entfernt auf dem Rücken und schaute in den Nachthimmel. Es war kühl geworden, aber ich störte mich nicht daran, ich war zu beschäftigt mit den tanzenden Sternbildern. Um mich zu vergewissern griff ich in die Innentasche meines Mantels und fühlte Papier. Der Zettel war noch da.
      Auf einmal erfüllte mich eine eigenartige Ruhe. Ich konnte Scott ausblenden, der sich, wenige Meter von mir entfernt, immer noch die Seele aus dem Leib kotzte, ich konnte die Tatsache ausblenden, dass der Große Wagen gerade den Orion überfahren und damit eine Art Bürgerkrieg ausgelöst hatte, den Wahnsinn, den wir hinter uns hatten oder den, der uns bis zum Sonnenaufgang noch bevor stand. Für einen Moment gab es nur mich, die Nacht und den Schotter, der sich in meinen Rücken bohrte.

      Eine Sternschnuppe zuckte über den Himmel, aber mir fiel nichts ein, was ich mir wünschen könnte.

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      bereths "Missgeschick"

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      der Oberbegriff war: Italien

      Kefka sagt dazu: Ezio Auditore da Firenze
      HeyDay sagt dazu: Mafia
      Senfsamen sagt dazu: Super Mario
      Xellas sagt dazu: Vesuv
      Clemo sagt dazu: Goethe
      Vas-y sagt dazu: Quattro Formaggi
      pondo sagt dazu: Möpse
      Kandis sagt dazu: Tauben
      CAMIR sagt dazu: Florenz
      Maybe sagt dazu: Bologna
      Sirius sagt dazu: Supermercato
      Hylia sagt dazu: Drama
      Crowbar sagt dazu: Rom
      FoWo sagt dazu: Lasagne


      Missgeschick

      Leonardo Mafia del Torre war ein eigensinniger Mann.
      Wer ihn kannte, sagte ihm Mimosenhaftigkeit nach, wer nur von ihm gehört hatte, stufte ihn als Weiberhelden ein – Gegenstimmen, die Leonardo selbst geschürt hatte. Er genoss es, wenn Menschen ihn nicht einschätzen konnten und war geübt darin, sich täglich neu zu erfinden. Mutete er einmal als Nacheiferer des feinen Goethe an, verließ er das Haus bei der nächsten Gelegenheit in Lumpen und lenkte die Blicke genauso auf sich. Alltag gab es bei ihm nicht und Wiederholungen waren ihm zuwider. Stillstand vermied er. Von Stadt zu Stadt reiste er, Provinz über Provinz, von Florenz in der Toskana über Bologna in Emilia-Romagna nach Venedig in Venetien; nirgends hielt es ihn lange genug, um engere Bekanntschaften zu schließen.
      Auch jetzt, da er auf dem Markusplatz sein Mittagessen zu sich nahm, plante er schon die nächste Reise. Neben der Lasagne lagen Karte und Füllfederhalter und Leonardo stocherte blind mit der Gabel im Nudelteig, wie er auch blind mit dem Stift über der Karte kreiste. Er ließ die Spitze niedersausen und öffnete die Augen: Pompeji. Er runzelte die Stirn. Eine antike Grabstätte war nicht ganz das, was er sich für seinen nächsten Aufenthaltsort vorstellte. Also zuckte er die Schultern und faltete die Karte zusammen – er würde das Spiel eben morgen wiederholen, irgendwann würde er schon einen Ort treffen, der ihn interessierte. Das tat er immer.
      Nun steuerte die Bedienung auf ihn zu; ein Mädchen mit einem blassen Lächeln. Faselte etwas von Schichtwechsel und ob er schon gehen wolle. Natürlich wollte er das nicht und drückte ihr kommentarlos einen Schein in die Hand, damit sie wieder abzog. Man sollte meinen, Venedig hätte besseres zu bieten als Trockenpflaumen. Missmutig, weil der Tag so lausig begonnen hatte, ließ Leonardo seinen Blick über den Platz schweifen und seine Stimmung fiel weiter ab: Touristen. Touristen mit Kameras, Touristen mit Taubenfutter, japanische Touristen, deutsche und amerikanische Touristen, Touristen mit ihren Regenschirmführern – nicht, dass es regnete – und alle von demselben Menschenschlag: neugierig und nervtötend.
      Er wandte sich ab und seufzte theatralisch. Und in der Sekunde, da er beschließen wollte, dies wäre nicht sein Tag, kam ihm die neue Bedienung entgegen. Sofort erwiderte er ihr strahlendes Lächeln, denn diesmal hatte er allen Grund dazu: ein Gesicht mit vollen Lippen und feiner Nase, umrahmt von schwarzen Locken. Ein schmaler Hals, der in einen nahezu perfekten Körper überging; die Schlüsselbeine traten leicht hervor, die Bluse betonte eine üppige Oberweite. Aus Leonardos Lächeln wurde schnell ein freches Grinsen. Anscheinend war es tatsächlich nicht nötig, zum Vesuv zu gehen – er könnte sein eigenes kleines Feuerwerk auch vor Ort erleben.
      Charmant legte er den Kopf schief, hielt sich gar nicht lange mit Smalltalk auf, sondern bat die Frau geradeheraus um eine Verabredung. Tatsächlich willigte sie keck und ohne langes Zögern oder peinlich berührte Gesten ein. Sie vereinbarten, dass sie bei ihr gemeinsam ein Essen zubereiten wollten, da sie Restaurants zur genüge am Tage sehen würde.
      Und Leonardo hielt sich auch jetzt nicht lange mit Einzelheiten auf. Er steckte ihr noch etwas Trinkgeld zu, ehe er sich erhob und das Lokal in Richtung Dogenpalast verließ. Es kam einem Kunststück gleich, durch die Massen an Tauben zu schlendern, doch Leonardo war nun geduldiger Stimmung, sodass er besonders hartnäckige Tiere – oder im Weg stehende und gaffende Touristen – mit einem nachsichtigen Lächeln bedachte. In Gedanken hakte er die wichtigsten Punkte auf seiner Frauenwunschliste ab: Lippen, Möpse, Hintern, lange Beine; alles, was er brauchte, um voll auf seine Kosten zu kommen. Heute war ein guter Tag.
      Schnell war dieser Tag dann auch auf sein Ziel zugesteuert: vom Dogenpalast in den nächsten Supermercato, mit den Zutaten in ihre Küche – und nach Penne Quattro Formaggi und einer Flasche Wein in ihre Laken.
      Sie erzählte danach noch einiges von sich – und ganz Gentleman, der er war, tat er auch, als hörte er zu. Doch hatte er spätestens dann abgeschaltet, als sie berichtete, dass es sie aus Rom hierher gezogen hatte und sie Großes planen würde. Große Pläne ließen Leonardo immer kalt, völlig gleich wie heiß die Frau dazu war. Auch wollte er sich ohnehin nicht lange bei ihr aufhalten; er hatte, was er wollte – und sie ihren Reiz damit verloren. Er löste sich also rasch aus ihrer Umklammerung, bedankte sich höflich für den netten Abend – und statt eines Kusses auf den Mund drückte er ihr einen Schein in die Hand.
      Was bisher einige Male ohne größere Probleme funktioniert hatte, führte diesmal zu einer heftigen Diskussion: Ein wenig verblüfft musste Leonardo einen Wutausbruch über sich ergehen lassen, der sich hauptsächlich darum drehte, dass das Mädchen „nicht käuflich“ wäre. Er versuchte, ihr Temperament zu beruhigen – immerhin befand sie sich zwischen ihm und dem rettenden Ausgang –, doch stattdessen warf sie mit hitzigen Worten und der Zimmerdekoration nach ihm. Leonardo stolperte rückwärts auf den offenen Balkon, sein Blick fiel auf den Canale Grande unter sich.
      Was für ein Scheißtag, dachte er noch.

      Ein Mann quält sich nach lautem Klopfen an der Tür aus seinem Bett. Die Schwester steht mit der Zeitung in der Hand vor ihm und schlägt auf das Titelblatt, wo die Meldung über einen Ertrunkenen prangt, und erzählt von einem Streit.
      Brüderchen überfliegt die Zeilen: kein Name, keine Herkunft, keine Informationen über den Mann. Er zuckt also die Schultern.
      „Bleib' ruhig, den Typen kennt doch eh keiner.“
      Unbekümmert führt er sie in die Küche. Wieso sollte er sich auch durch diesen Kauz den Tag verderben lassen – ein Kaffee, und der Morgen wäre im Lot. Kein Grund zur Aufregung.
      Die Zeitung zerknüllt er und wirft sie achtlos in den Papierkorb.

      ________________________________________
      I wasn't playing baseball, no!
      I wasn't playing football, no!
      I wasn't playing basketball, noo!
      I was playing Class War!

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von pondo ()

    • Ich habe die Formatierung und alles weitere selbstverständlich so gelassen, wie es eingesandt wurde. Falls doch eine Kursivierung oder ähnliches fehlt, bitte schreien. o/

      Aaah Pondo! Dass du meine Hervorhebungen der Assos entfernt hast, sei dir aus den genannten Gründen verziehen, aber meine Fußnoten verschwinden zu lassen, das verzeih ich dir nie. :(
      (Und der Gesetzestext sollte kursiv sein - beides hab ich - meine Modsuperkräfte ausnutzend - geändert...)
    • Außer einem oder zwei Tippfehlern bei meinem Schmodder fiel mir auf, dass zwei Worte nicht mehr kursiv sind, obwohl ich mir sicher war, sie so eingeschickt zu haben oo;
      Aber egal, die Geschichte kommt auch ohne aus.

      *Stein nach pondo schmeiß* Dafür, dass wir so lange warten mussten. Später gibt's noch mehr.
      Do you fear death, pup?
    • Original von CAMIR
      aber meine Fußnoten verschwinden zu lassen, das verzeih ich dir nie. :(


      auch das tut mir wirklich furchtbar leid! :O

      Original von Hylia
      Außer einem oder zwei Tippfehlern bei meinem Schmodder fiel mir auf, dass zwei Worte nicht mehr kursiv sind, obwohl ich mir sicher war, sie so eingeschickt zu haben oo;
      Aber egal, die Geschichte kommt auch ohne aus.


      Übersehen, sorry. :) Is' editiert.

      *Stein nach pondo schmeiß* Dafür, dass wir so lange warten mussten. Später gibt's noch mehr.


      D:
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    • Bei mir fehlt die Formatierung auch. xD Und AHHH PONDO DAS WAR NICHT DER TITEL OH MANN. xDDDDD;;;;;;


      Na ja, Umfrage ist da, drei Stimmen, 14 Tage. :D
      Næhmachinery
      Premonitions in the rising wind; tonight the stars will fall.
      The world in a cyclone, pouring out.
      No escape, but hey, who cares? Just go with the flow.
    • Original von FoWo
      Bei mir fehlt die Formatierung auch. xD Und AHHH PONDO DAS WAR NICHT DER TITEL OH MANN. xDDDDD;;;;;;


      jaja, die vorbildlich agierenden, einführungslesenden Moderatoren, denen wir alle nacheifern sollten. Und so. Jaja. :P STIMMT JA ÜBERHAUPT NICHT, FEHLT SIE NICHT! ... na ja, bis auf das Missverständnis mit dem Titel. Aber was schreibst du's auch als einzige Zeile oben drüber. :P
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    • Original von pondo
      ... na ja, bis auf das Missverständnis mit dem Titel. Aber was schreibst du's auch als einzige Zeile oben drüber. :P

      Weil mein PN-Betreff "buttfucking storiy" war, und dann als erste Zeile "more like a pain in the ass" war. Das nennt sich Rhetorik. xD
      Næhmachinery
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    • Original von Hylia
      *Stein nach pondo schmeiß* Dafür, dass wir so lange warten mussten. Später gibt's noch mehr.

      *mitmach* :D


      Ich hab' jetzt erst die Stories von Senf, Fo und Hylia gelesen und Kefka immerhin angefangen, aber ich muss jetzt was zu Senf loswerden: GENIAL. xD; Ich musste wirklich sehr lachen, zumal ich mir immer vorgestellt habe, du selbst wärst dieser arme Tropf, es ging einfach nicht anders. Und das hat's nur schlimmer gemacht. Aber sehr süß und sehr verrückt. Und wenn der Doppelanaldildo mal nicht buttfucking eingebracht ist, dann weiß ich auch nicht. %D

      "Heirs of Miraika"
      Fantasy, Steampunk, LGBT+

      "Dreaming of Dawn"
      Fantasy, Psychological, Depression
    • Puh, hab jetzt 8 von 15 (? zu dieser Stunde zählen... geht nicht xD) Geschichten gelesen. Liebend gern würde ich jetzt zu jeder einzelnen etwas schreiben und natürlich noch die anderen lesen
      Aber ich bin grade einfach zu müde .___.
      Hab mich von Oben runterlegelesen und bisher fand ich alles recht amüsant (mal abgesehen von vas-ys Genügsamkeit, die war traurig). Morgen mehr!
    • Oh man, musste meine noch editieren, verkackte Missverständnisse =_=

      Habe bis jetzt die von Fowo, Kefka, Senf, Xellas und be gelesen und habe jetzt einfach keine Lust mehr @_@ (Und HeyDays Wall of Text macht mir furchtbar Angst.)

      Fowos Story fand ich sehr nett. Irgendwie etwas Kleines für Zwischendurch. Zum Entspannen.
      Kefkas... TUMBLR?! Ich lachte. Und war verwirrt. Aber hauptsächlich amüsiert. Vor allem die Zombieapokalypse des großen Ebers warf mehr Fragen auf als sie beantworten konnte.
      Senf - bis jetzt mein Favorit. be hat es ja schon gesagt - ich habe auch die ganze Zeit nur dich in dem Pummeluff-Kostüm gesehen und das hat es um ein Vielfaches lustiger gemacht.
      Xellas... ja. Eigenartig oo; Mir käme nie in den Sinn, Entenhausen mit TLoZ zu kreuzen. Und ab der Mitte ungefähr war ich leider sehr verwirrt und hatte endgültig den Faden verloren.
      Und be - WO IST DIE ENTMANNUNG? KEINE GNADE DIR! *Felsbrocken schmeiß*
      Do you fear death, pup?

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Hylia ()

    • Hylia, irgendwie musste ich die Begriffe ja unterkriegen :D

      Pondo, dürfen die Schreiberlinge eigentlich auch an der Umfrage teilnehmen?
      (selbstverständlich die drei Stimmen auf andere Stories verteilen, nicht auf seine eigene)

      Ich finde Maybe, Sirius und Kefkas Story am Besten.

      Maybe hat einen wunderschönen Schreibstil.

      Sirius und Kefkas Geschichte haben mich sehr amüsiert.
    • @Xellas, aber natürlich, sollst du sogar. Es steht dir auch frei, deine eigene Story zu wählen, wie du magst, welche du am besten findest. Ich persönlich werd meine aber freilich auch nicht wählen.

      --
      So, ich hab oben noch die druckbaren Dokumente hinzugefügt, als .pdf zB Datei kann sich nun jeder, der lustig ist, die Sachen auch relativ bequem ausdrucken.

      Jetzt werd ich mich mal ans Lesen machen, hab bislang nur Crowbars gelesen (cooles Ding imo!), ausführlicherer Kommentar kommt später. :]
      I wasn't playing baseball, no!
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    • kurz vorweg: meine geschichte hat ebenfalls keinen titel, aber dieses frieden finde ich nun auch nicht ganz stoerend oder unpassend.

      hab mich entschlossen, einfach nach und nach meine kritik hier reinzuschreiben. so kann so mancher autor schon jetzt ein feedback bekommen und muss nicht auf nen grossen sammelpost warten.
      grossartig spoilern duerfte ich damit auch keinen, aber natuerlich geh ich schon auf inhalte ein~
      es folgt kritik in reihenfolge des lesens, die eher rundheraus erfolgte, keinem bestimmten muster folgend.

      senfsamen
      haha, erst mal kudos dafuer, dass du so kranke begriffe wie doppelanaldildo untergebracht hast. dafuer gebuehrt auch dir (und nicht nur deinem protagonisten) resepect und reputation :D auf jeden fall hast du da ne kreative und lustige geschichte an den start gebracht, die mich zu amuesieren wusste. auch, wenn du fuer meinen geschmack ein paar zu viele klischee-floskeln (schakkeline und co) eingebaut hast. aber grundsaetzlich hat das zu dem stil deiner geschichte ja gepasst :)

      kandis
      find’s gut, wie der leser erst am ende wirklich begreifen kann, was den protagonisten in seine derzeitige situation gebracht hat. kein alki entsteht aus dem nichts, koennte man sagen. ausserdem hoffte ich natuerlich auf eine art aufklaerung, was mich sehr gespannt bis zum ende lesen liess.
      ich mag die art, wie du einen ganz banalen alltag beschreibst, in dem eigentlich gar nichts passiert. Gelangweilt hat mich das nicht, da du immer wieder geschickt ein paar feinheiten eingewoben hast. auch wenn’s imo doch ne menge kandis-like-gedoens gab. ich persoenlich mag’s ja, wenn der man den protagonisten einer geschichte gar nicht als die kreation einer bestimmten person erkennen kann, weil einfach so gar keine parallelen zu finden sind. heisst aber natuerlich nicht, dass du deshalb minuspunkte (lol) bekommst, ist schlisslich ne subjektive meinung :3
      „bereits beim anblick dieses menschen wurde ihm heiss“ war fuer mich ein sehr guter satz in anbetracht dessen, was nachfolgt.
      Hat mir auf jeden fall gut gefallen, auch wenn es etwas schwermuetig macht. allerdings befuerworte ich offene enden sehr, das laesst eine geschichte laenger im kopf haften und beschaeftigt auch nachhaltig. mehr, als eine klare und erklaerte story. o/

      Sirius:
      oh ja, die gefiel mir gut. ich hatte von dir ja zuerst einen etwas anderen schreibstil erwartet, aber ueberrascht zu werden, wiegt dann natuerlich noch mehr auf. was mir besonders gefiel, war die art, wie du deinen protagonisten in seiner situation beschrieben hast. sehnsuechtig, alleingelassen, erdrueckt, resignierend irgendwie. die tatsache, dass du eine fast nahtoterlebnis (sprich laster) nahezu unkommentiert eingebaut hast, fand ich auch aeusserst interessant und kreativ. dieser gegensatz, gleich auf sowas banales wie platten ueberzuschwenken, ist ungewoehnlich.
      die tatsache, dass du sie nicht naeher beschrieben hast, fand ich gut. der leser versteht imo auch ohne grosse erklaerungen, welche rolle sie spielt. zu viel gefasel haette das nur zerstoert und eh nicht in diese art der schreibform gepasst.
      ungewohnt war zunaechst die knallharte praesens-wahl. aber nach einiger zeit hatte ich mich daran gewoehnt und empfand es als interessantes mittel. „Er bleibt an der Ampel stehen, denn sie zeigt rot. Er sieht ebenfalls rot.“ super!
      ach, und was mir auch sehr gefiel, waren die gestreuten textzeilen. stammen die von dir oder aus irgendeinem songtext/gedicht/wwi? die englischen zeilen am ende empfand ich als sehr gelungenen abschluss, auch wenn es ein bisschen traurig stimmt. aber die geschichte ist ja auch nicht gerade aus froehlichem holz geschnitzt.
      letzte anmerkung: interessant, wie du die grossstadt beschrieben hast. All die frueheren expressionilsten haben das ja bis auf die spitze getrieben (berlin alexanderplatz), aber du beschraenkst dich auf ein paar wenige mittel. voellig ausreichend, wie ich finde.

      EDIT: danke fuer das kompliment bzgl. meines schreibstils, xellas :)
      »Denn wir können, wenn wir nur die Entschlossenheit besitzen,
      die Hure Erinnerung und ihr ganzes Gelumpe und Gesindel aus dem Haus weisen.«

      - Virginia Woolf -
    • Aufgrund eines Blockseminares erst jetzt und ganz langsam die ersten bewertungen.

      Voreingenommen bereths zuerst.
      Ich fand sie toll, besonders formuliert. Inhaltlich waren mir leider zu viele Widersprüche drin: Er hasst Wiederholungen, belässt es aber dabei, nicht nach Pompeji zu gehen und morgen noch mal zu versuchen. Vielleicht lag's vor allem am kleinen Wörtchen "wiederholen", aber das hat mir einfach nicht gepasst. Dann hasst er neugierige Menschen, scheint aber vom selben Schlag zu sein. Dass ließe ich als Hypocrit durchgehen, stieß mir aber dennoch übel auf.
      Sehr toll fand ich folgenden Satz: "[E]r hatte, was er wollte – und sie ihren Reiz damit verloren." Die Nichtwiederholung des Verbs macht mich glücklich. Auf sowas steh ich total. Kudos!
      Die plötzliche Wendung der Geschichte von einem ONS zum tödlichen Unfall mag ich auch. Was der Epilog soll, ist mir unbegreiflich; die Geschichte wäre mit dem Ende des Scheißtages sehr gut beendet gewesen, finde ich.
      Im ganzen aber doch sehr gelungen; und die Assos hast du auch galant unterbekommen. Ich hab trotzdem Ezio und Mario etwas vermisst. xD

      Danach, weil so hoch gelobt, Senf.
      Hmmm. Ja. Lustig schon, aber so furchtbar gezwungen. Viel zu viel Tragik-Komödie, wirklich lachen musste ich nur bei "Pummel-Pummel!" Ansonsten wirkte es mir zu aufgesetzt. Deinen Schreibstil es ich gerne, es liest sich flüssig und sehr modern bzw. alltagssprachig, wo aber genau mein Problem liegt. Ohne dass ich genau sagen könnte, was mich stört, hätte ich mir einen etwas klassischeren Schreibstil gewünscht. (Wahrscheinlich schreibst du mir ganz ähnlich,w as erklärt, warum es mir nicht gefiel; bekanntlich hasse ich meine Schreibe.)
      Aber: kudos für den Doppelanaldildo, der war wirklich gut und unauffällig.
      Frage an den protagonisten: Wenn er so wenig vom Nerdlife hält, was machen dann die ganzen internetär anmutenden Anglizisten im Text?
      Im Endeffekt war es mir einfach zu aufgesetzt -- vielleicht aber auch nur, weil ich Senf kenne und weiß, dass er einfach nicht so ist.

      Danach pondo ob des interessanten Titels.
      Keine... Worte. Stattdessen gehe ich in die Knie und weine ein bisschen in Ehrfurcht.
      Das muss ich erst mal verdauen.
      Næhmachinery
      Premonitions in the rising wind; tonight the stars will fall.
      The world in a cyclone, pouring out.
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