Hallo Leute,
ich hab mal wieder nen Text für die Uni geschrieben, nen Essay über "unseren" Afghanistan-Einsatz und darüber, dass die Bundeswehr ihre Offiziere in die Schulen schickt, um dort Werbung für sich und den Krieg zu machen. Ist hoffentlich ganz interessant zu lesen, obgleich es sich im 2. Teil auf unsere Uni bezieht. Aber wir sind bei Weitem nicht die einzigen Betroffenen. Jedenfalls viel Freude am Text.
Selten hat man sich seiner öffentlich so sehr geschämt wie heute, und selten stieß es auf größere Ablehnung in der Bevölkerung als momentan, wo sich sogar seine Propagandisten genieren und herumdrucksen, sobald es um den adäquaten und unbedingt angemessenen Namen für derlei Projekte geht: das gute alte Militär ist weder hipp noch hopp, wird vom dienstleistenden Jungvolk entweder ganz umschifft oder zum neunmonatigen Kohlehamstern missbraucht und wirkt, so charmant Reichsmarschall zu Guttenberg auch grinsen kann, bis in die Knochen morsch und vorgestrig.
Dass am Hindukusch dennoch stramm marschiert wird und dass Regierung und mitverantwortliche Oppositionelle – also 90% unserer Parlamentarier – sowohl in der heimattreuen Systempresse als auch in Funk und Fernsehen den Krieg zur Quintessenz einer afghanischen Wunderheilung und gleichzeitig als überlebensnotwendige Pflicht einer spätkapitalistischen Republik mit imperialistisch-militantem Selbstveständnis erklären, widerspricht dem nicht wirklich. Ex-Bundespräser Köhler sprach wahr, als er den Krieg – wie das Gemetzel neuerdings wieder genannt werden darf – als Krieg der Herren vom Panzertresor deklarierte, in dem es weniger darum ginge, dass kleine afghanische Maderln die Schulbank drücken dürfen, als darum, dass endlich auch dort fett Profit gemacht werden kann, wo zuvor noch frviole Umstände wie andere Kulturen oder Religionen verhinderten, dass der Global Player vollends global zocken kann – und somit auch am Hindukusch. Dass Ex-Präser Köhler nun dort ist, wo er ist, in Rente nämlich, beweist, wie schick er doch den Nerv der Zeit traf. Fanden's die Bundesgrünen noch skandalös, wie jemand in Köhlers Amt und Würden so, zugegeben unfreiwillig, ehrlich sein kann, und verlangten sofortige Zurücknahme der Wahrheit und bitteschön Umformulierung in korrupte Phrasendrescherei, zog Köhler selbst die Notbremse, korrigierte sich und trat vom Präsidialamt zurück. Motiv war Verkalkung und dergleichen. CDU-Parteisoldat Wulff wurde zum Nachfolger auserkoren, was für die Regierung den schönen Effekt hat, nicht immer nach Bellevue lauschen zu müssen, was der 1. Mann im Staat nun schon wieder für unangenehmen Kram absondert. Womit die Würde der Republik wiederhergestellt ist. Erwähnter zu Guttenberg, von Men's Health kürzlich zum „Sexiest man in politics“ gekürt, legt amtsentsprechend linientreue Interpretationen der Gefechte vor: „Wir“ hätten „realistische Ziele“, die zwar korrigiert worden, aber keine „Traumziele“ seien. Mit verträumten Angriffskriegen wurden hierzulande auch selten gute Erfahrungen gemacht, was allerdings nicht verschreckt: '14 und '39 begab man sich im nationalistischen Größenwahn im Kampf gegen „zwei Welten“, so Wilhelm 2.0, auf die Schlachtbank, heuer ist's immerhin nur eine, nämlich die des Muselmanen, welcher in seiner Gemeinheit sogar so dreist ist, sich zu wehren, und nicht zu feiern, wie's Österreich damals tat, als man ihm die Freiheit schenkte. Insgesamt sind seit 2001 in Afghanistan bisher 39 deutsche Soldaten ums Leben gekommen. Dass zu Guttenberg und mit ihm den übrigen passiven Aktivisten solches sehr missfällt, ist offensichtlich, immerhin wird gehörig geschimpft und geflucht. In bezug auf die Angriffe der Aufständischen vom Freitag sprach der Angriffskriegsminister (einen „Verteidigungsminister“ müsste man auch entlassen, Polen und Frankreich haben keinerlei Ambitionen mehr, das Vaterland zu annektieren) im Jargon, den die Wehrmacht und die faschistischen Parteibonzen bei der Partisanenbekämpfung nutzte – von „besonderer Perfidie“ spricht er. „Hinterhältig“, verlauteten auch Kanzlerin Merkel, der neoliberale Minister für Entwicklung und Drittweltausbeutung Dirk Niebel und der Sozialdemokrat Frank-Walter Steinmeier, der ein echter Recke, da von Anfang an dabei, ist. Die anderen beiden sind ambitionierte Quereinsteiger – und dass sie einst den Bombentod von 142 Afghanen zusammen mit zu Guttenberg für „angemessen“ befanden, zeigt, dass auch sie gehöriges Potenzial besitzen und mit Eifer bei der Sache sind.
Fernab des großen Übels gibt es in der Provinz eine kleine Universität, verborgen im dichten Wald, an der friedliche Geschöpfe lernen und arbeiten: Die Saarbrücker Studierenden. Sie sind herzensgut, fröhlich und freundlich – und leben ihr Studium und fühlen sich gänzlich unberührt von diesen schlimmen, schlimmen Dingen und laufen über den Campus und denken an nichts Böses. Zurzeit ist das Wetter schön und die Studierenden sitzen wahlweise im lauschigen Cafe und betrinken die Schönheit der Welt oder erforschen im düstren Keller der Fakultäten die quantitative Analyse von Mikrostrukturen; jeder, wie es ihm beliebt.
Doch diese Wonne findet ihr Ende bzw. hat es längst gefunden: „Kultusministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will mit der Bundeswehr eine Kooperationsvereinbarung über die künftige Zusammenarbeit von Schule und Bundeswehr im Saarland abschließen. Damit solle sicherheitspolitische Aufklärung und Information ermöglicht werden.“, informiert die Saarbrücker Zeitung. Ins Konzept der Armee passt das einwandfrei. Vom Prinzip der „inneren Führung“ ist da die Rede, vom „Staatsbürger in Uniform“, der allerdings genau dann kein Staatsbürger mehr ist, wenn er Verbrecher wie die Taliban erschieß, denn für Mord wandert der Staatsbürger gewöhnlich lebenslang in den Kahn. Dass dieser Euphemismus aus mindestens diesem Grund so heuchlerisch wie dumm ist, scheint kaum jemand zu stören, man freut sich, dass man eine „demokratische(!) und an ethischen Werten orientierte, moderne Armee“ zur Durchsetzung seiner politischen und ökonomischen Ziele an seiner Seite hat. „Dem gegenüber steht die Tatsache, dass die Bundeswehr nun mal eine Institution ist, die auf dem Prinzip von unbedingtem Befehl und Gehorsam gegründet ist und in der Konsequenz das bewusste und gewollte Töten von Menschen trainiert.“, wie die Jungle World feststellte. Wenn dieses nun dem Verständnis von „Demokratie“ unserer Regierung entspricht, erklärt dies Vieles, genau wie der Witz mit der Orientierung an ethischen Werten, der völlig außer Acht lässt, dass die Ethik immer ein Produkt der herrschenden Verhältnisse ist. Wenn Stalin es für ethisch und kommunistisch hielt, 39 Millionen Leute im Gulag krepieren zu lassen, dann war das im Stalinismus eben ethisch und kommunistisch, genauso wie es heute demokratisch und ethisch ist, neue Rekruten einen Dörrobst-Einlauf zu verpassen, oder sie rohe Schweineleber fressen zu lassen, bis sie kotzen müssen. „Wir halten Rituale für gruppenstabilisierende Elemente“, erklärt der für den Bereich »Konzeption und Weiterentwicklung Innere Führung« verantwortliche Oberst Siegfried Morbe im Hinblick auf die Praktiken in Mittenwalde und moniert lediglich, dass es für die »Ekelerziehung, wie sie in Mittenwald geschehen ist«, keine dienstliche Notwendigkeit gegeben habe.“ Das schlüge aber auch dem Fass den Boden aus, das hätte selbst der Führer nicht gewollt.
Bei der zivil-militärischen Zusammenarbeit an der Universität des Saarlandes, ein Seminar, das Oberst Bertel seit geraumer Zeit betreut und zu dem alle interessierten Studierenden geladen sind, „werden globale Konfliktvermeidung und Krisenbewältigung genauso Thema sein wie nationale Interessen, um die Position der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Sicherheitspolitik zu vermitteln.“ Vom Bundeswehroberst die nationalen Interessen indoktriniert zu bekommen, hat natürlich ein starkes Gschmäckle. Dass das an einer Akademie geschehen soll, ist frivol. Dass sog. Jugendoffiziere an den Schulen herumspuken und eine 1a Volksaufklärung und Propganda auf die Kinder loslassen, ist nicht nur moralisch verwerflich, sondern eine Dreistigkeit sondergleichen – kommt in der Schule nämlich die Politik ins Spiel, sei es, dass ein Schüler öffentlich bestimmte Meinungen kund tut oder entsprechende Kleidung trägt, sei es, dass sich eine Lehrkraft auch nur irgendwie systemkritisch äußert, hagelt es Sanktionen; dem Schüler wird’s verboten, er wird notfalls gerügt oder bestraft, bei der Lehrkraft kann es guter Grund sein, den Staatsfeind kurzerhand aus dem Dienst zu jagen. Aber die Bundeswehr darf die nationalen Interessen zur Kampfparole erheben. Prost Mahlzeit – und an der Uni schaut's nun genauso aus.
Die Akademie wird zur direkten Vermittlung von Militanz missbraucht, das Kultusministerium leistet dem Vorschub, Frau Kramp-Karrenbauer lobt: „Eine lebendige Gesellschaft ist auf die Fähigkeit und die Bereitschaft ihrer Mitglieder angewiesen, sich mit politischen Themen auseinander zu setzen, den politischen Prozess zu verfolgen, sich an ihm zu beteiligen und Mitverantwortung zu übernehmen. Deshalb begrüße ich es ausdrücklich, dass wir die bisher schon vorbildliche Zusammenarbeit mit den Jugendoffizieren durch diese Kooperationsvereinbarung stärken.“ Generalmajor Gerhard Stelz stimmt mit ein: „Das Thema Sicherheit geht uns alle an. Jeder braucht und will Sicherheit und sollte sich daher mit dem Thema befassen.“ Sicherheit. Wie Wörter pervertiert werden können.
Sich mit politischen Themen auseinander zu setzen und den politischen Prozess zu verfolgen, ist eine Sache. Prinzipiell durchaus löblich und wichtig, kommt's doch oft genug vor, dass der Erstwähler Post vom Rathaus bekommt und denkt. „Bundestagswahl. Wat isn das.“
Dass ausgerechnet die Armee diesen Job übernehmen darf, ist die andere Sache. Genauso wie es an der Universität der Fall ist, dass im Asta keine Referate bzgl. Antifaschismus und Antirassismus mehr angeboten werden – freut sich die LHG, die laut Mensa-Flyer fröhlich weiter kürzen möchte. Und derart Unökonomisches hat sowieso keinen Platz zu haben, weil's das sowieso gar nicht gibt und wenn, dann muss man keine grosse Sache daraus machen.
Oberst Bertel, Leiter des Bundeswehr-Seminars, beschreibt ebenjenes folgendermassen:
„Kernauftrag der Bundeswehr ist die Unterstützung der Bundesregierung bei Maßnahmen zur internationalen Konfliktverhütung und Krisenbewältigung. Derzeit sind über 7.000 Bundeswehrangehörige auf dem Balkan, in Afghanistan und Afrika im Einsatz. Auch außerhalb von Kriseneinsätzen stehen Soldaten im täglichen Kontakt mit Menschen anderer Kulturen. Interkulturelle Kompetenz gehört somit zum ?täglichen Brot? für Soldaten aller Dienstgrade.“
Klingt possierlich, ist aber nicht so. Die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, dass die IK der Bundeswehr eine IK auf Messers Schneide ist, dass, so die IK misslingt, nämlich geschossen, gebombt und getötet wird. Dass man die IK, wenn sie auf Mord hinausläuft, besser vermeiden sollte, steht anscheinend nicht zur Debatte.
„Bei Einsätzen von Soldaten in Krisengebieten geht es nicht um Umsatzzahlen oder Vertragsabschlüsse, sondern um den Erhalt von Leib und Leben.“
Eine dreiste Lüge, wie sich kürzlich herausgestellt hat. Wessen Leib und Leben erhalten werden soll, ist fraglich, will man den Erhalt von Leib und Leben nämlich sichern, bleibt man lieber daheim und marschiert im Pfälzer Wald. Schön auch, dass jede Fundamentalkritik im Keim erstickt wird, da sie vornherein kategorisch ausgeschlossen wird. Das Ziel des Seminars ist also klar. Und es ist nicht allein
Ziel des Seminars:
Die Studierenden verstehen am Beispiel Bundeswehr die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse für die konkrete Ausbildung und Erziehung von einer großen Anzahl Beschäftigter vor allem zur Vorbereitung auf
lebensgefährliche Tätigkeiten in Krisengebieten. Sie werden durch eigene praktische Teilnahme an der Ausbildung befähigt, die gewonnenen Erkenntnisse in Lehre und Forschung weiterzuentwickeln und auf andere berufliche Felder zu übertragen.
Ziel des Seminars ist nämlich auch, die Bundeswehraktivitäten schön zu schwätzen. Genauso wie es prinzipiell irritierend ist, die „gewonnenen Erkenntnisse“, also das strikte Autoritätsprinzip, auf „andere berufliche Felder zu übertragen“ und demnächst in der Firma wie der Feldwebel um die Angestellten zu marschieren und ihnen das Leben schwer zu machen. All dies wird an der Universität des Saarlandes praktiziert und es ist kein Ende in Sicht. Bertel darf sein Seminar jedes Jahr halten und immer kommen ausreichend, nämlich mindestens 20, Leute, um sich seine Führungsmethoden anzueignen. Bundeswehr auf dem Campus, dem Idyll inmitten des grossen Saarbrücker Waldes. Wir sprechen uns dafür aus, dass Herr Bertel seine Geschichten schnellstmöglich wieder am Veteranenstammtisch erzählen kann und die Universität vom unseligen Kriegsgeschäft verschont bleibt. Herrschaftszeiten!
ich hab mal wieder nen Text für die Uni geschrieben, nen Essay über "unseren" Afghanistan-Einsatz und darüber, dass die Bundeswehr ihre Offiziere in die Schulen schickt, um dort Werbung für sich und den Krieg zu machen. Ist hoffentlich ganz interessant zu lesen, obgleich es sich im 2. Teil auf unsere Uni bezieht. Aber wir sind bei Weitem nicht die einzigen Betroffenen. Jedenfalls viel Freude am Text.

Studenten zum Appell geblasen – Wie die Eule zum Reichsadler mutierte
Selten hat man sich seiner öffentlich so sehr geschämt wie heute, und selten stieß es auf größere Ablehnung in der Bevölkerung als momentan, wo sich sogar seine Propagandisten genieren und herumdrucksen, sobald es um den adäquaten und unbedingt angemessenen Namen für derlei Projekte geht: das gute alte Militär ist weder hipp noch hopp, wird vom dienstleistenden Jungvolk entweder ganz umschifft oder zum neunmonatigen Kohlehamstern missbraucht und wirkt, so charmant Reichsmarschall zu Guttenberg auch grinsen kann, bis in die Knochen morsch und vorgestrig.
Dass am Hindukusch dennoch stramm marschiert wird und dass Regierung und mitverantwortliche Oppositionelle – also 90% unserer Parlamentarier – sowohl in der heimattreuen Systempresse als auch in Funk und Fernsehen den Krieg zur Quintessenz einer afghanischen Wunderheilung und gleichzeitig als überlebensnotwendige Pflicht einer spätkapitalistischen Republik mit imperialistisch-militantem Selbstveständnis erklären, widerspricht dem nicht wirklich. Ex-Bundespräser Köhler sprach wahr, als er den Krieg – wie das Gemetzel neuerdings wieder genannt werden darf – als Krieg der Herren vom Panzertresor deklarierte, in dem es weniger darum ginge, dass kleine afghanische Maderln die Schulbank drücken dürfen, als darum, dass endlich auch dort fett Profit gemacht werden kann, wo zuvor noch frviole Umstände wie andere Kulturen oder Religionen verhinderten, dass der Global Player vollends global zocken kann – und somit auch am Hindukusch. Dass Ex-Präser Köhler nun dort ist, wo er ist, in Rente nämlich, beweist, wie schick er doch den Nerv der Zeit traf. Fanden's die Bundesgrünen noch skandalös, wie jemand in Köhlers Amt und Würden so, zugegeben unfreiwillig, ehrlich sein kann, und verlangten sofortige Zurücknahme der Wahrheit und bitteschön Umformulierung in korrupte Phrasendrescherei, zog Köhler selbst die Notbremse, korrigierte sich und trat vom Präsidialamt zurück. Motiv war Verkalkung und dergleichen. CDU-Parteisoldat Wulff wurde zum Nachfolger auserkoren, was für die Regierung den schönen Effekt hat, nicht immer nach Bellevue lauschen zu müssen, was der 1. Mann im Staat nun schon wieder für unangenehmen Kram absondert. Womit die Würde der Republik wiederhergestellt ist. Erwähnter zu Guttenberg, von Men's Health kürzlich zum „Sexiest man in politics“ gekürt, legt amtsentsprechend linientreue Interpretationen der Gefechte vor: „Wir“ hätten „realistische Ziele“, die zwar korrigiert worden, aber keine „Traumziele“ seien. Mit verträumten Angriffskriegen wurden hierzulande auch selten gute Erfahrungen gemacht, was allerdings nicht verschreckt: '14 und '39 begab man sich im nationalistischen Größenwahn im Kampf gegen „zwei Welten“, so Wilhelm 2.0, auf die Schlachtbank, heuer ist's immerhin nur eine, nämlich die des Muselmanen, welcher in seiner Gemeinheit sogar so dreist ist, sich zu wehren, und nicht zu feiern, wie's Österreich damals tat, als man ihm die Freiheit schenkte. Insgesamt sind seit 2001 in Afghanistan bisher 39 deutsche Soldaten ums Leben gekommen. Dass zu Guttenberg und mit ihm den übrigen passiven Aktivisten solches sehr missfällt, ist offensichtlich, immerhin wird gehörig geschimpft und geflucht. In bezug auf die Angriffe der Aufständischen vom Freitag sprach der Angriffskriegsminister (einen „Verteidigungsminister“ müsste man auch entlassen, Polen und Frankreich haben keinerlei Ambitionen mehr, das Vaterland zu annektieren) im Jargon, den die Wehrmacht und die faschistischen Parteibonzen bei der Partisanenbekämpfung nutzte – von „besonderer Perfidie“ spricht er. „Hinterhältig“, verlauteten auch Kanzlerin Merkel, der neoliberale Minister für Entwicklung und Drittweltausbeutung Dirk Niebel und der Sozialdemokrat Frank-Walter Steinmeier, der ein echter Recke, da von Anfang an dabei, ist. Die anderen beiden sind ambitionierte Quereinsteiger – und dass sie einst den Bombentod von 142 Afghanen zusammen mit zu Guttenberg für „angemessen“ befanden, zeigt, dass auch sie gehöriges Potenzial besitzen und mit Eifer bei der Sache sind.
Fernab des großen Übels gibt es in der Provinz eine kleine Universität, verborgen im dichten Wald, an der friedliche Geschöpfe lernen und arbeiten: Die Saarbrücker Studierenden. Sie sind herzensgut, fröhlich und freundlich – und leben ihr Studium und fühlen sich gänzlich unberührt von diesen schlimmen, schlimmen Dingen und laufen über den Campus und denken an nichts Böses. Zurzeit ist das Wetter schön und die Studierenden sitzen wahlweise im lauschigen Cafe und betrinken die Schönheit der Welt oder erforschen im düstren Keller der Fakultäten die quantitative Analyse von Mikrostrukturen; jeder, wie es ihm beliebt.
Doch diese Wonne findet ihr Ende bzw. hat es längst gefunden: „Kultusministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will mit der Bundeswehr eine Kooperationsvereinbarung über die künftige Zusammenarbeit von Schule und Bundeswehr im Saarland abschließen. Damit solle sicherheitspolitische Aufklärung und Information ermöglicht werden.“, informiert die Saarbrücker Zeitung. Ins Konzept der Armee passt das einwandfrei. Vom Prinzip der „inneren Führung“ ist da die Rede, vom „Staatsbürger in Uniform“, der allerdings genau dann kein Staatsbürger mehr ist, wenn er Verbrecher wie die Taliban erschieß, denn für Mord wandert der Staatsbürger gewöhnlich lebenslang in den Kahn. Dass dieser Euphemismus aus mindestens diesem Grund so heuchlerisch wie dumm ist, scheint kaum jemand zu stören, man freut sich, dass man eine „demokratische(!) und an ethischen Werten orientierte, moderne Armee“ zur Durchsetzung seiner politischen und ökonomischen Ziele an seiner Seite hat. „Dem gegenüber steht die Tatsache, dass die Bundeswehr nun mal eine Institution ist, die auf dem Prinzip von unbedingtem Befehl und Gehorsam gegründet ist und in der Konsequenz das bewusste und gewollte Töten von Menschen trainiert.“, wie die Jungle World feststellte. Wenn dieses nun dem Verständnis von „Demokratie“ unserer Regierung entspricht, erklärt dies Vieles, genau wie der Witz mit der Orientierung an ethischen Werten, der völlig außer Acht lässt, dass die Ethik immer ein Produkt der herrschenden Verhältnisse ist. Wenn Stalin es für ethisch und kommunistisch hielt, 39 Millionen Leute im Gulag krepieren zu lassen, dann war das im Stalinismus eben ethisch und kommunistisch, genauso wie es heute demokratisch und ethisch ist, neue Rekruten einen Dörrobst-Einlauf zu verpassen, oder sie rohe Schweineleber fressen zu lassen, bis sie kotzen müssen. „Wir halten Rituale für gruppenstabilisierende Elemente“, erklärt der für den Bereich »Konzeption und Weiterentwicklung Innere Führung« verantwortliche Oberst Siegfried Morbe im Hinblick auf die Praktiken in Mittenwalde und moniert lediglich, dass es für die »Ekelerziehung, wie sie in Mittenwald geschehen ist«, keine dienstliche Notwendigkeit gegeben habe.“ Das schlüge aber auch dem Fass den Boden aus, das hätte selbst der Führer nicht gewollt.
Bei der zivil-militärischen Zusammenarbeit an der Universität des Saarlandes, ein Seminar, das Oberst Bertel seit geraumer Zeit betreut und zu dem alle interessierten Studierenden geladen sind, „werden globale Konfliktvermeidung und Krisenbewältigung genauso Thema sein wie nationale Interessen, um die Position der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Sicherheitspolitik zu vermitteln.“ Vom Bundeswehroberst die nationalen Interessen indoktriniert zu bekommen, hat natürlich ein starkes Gschmäckle. Dass das an einer Akademie geschehen soll, ist frivol. Dass sog. Jugendoffiziere an den Schulen herumspuken und eine 1a Volksaufklärung und Propganda auf die Kinder loslassen, ist nicht nur moralisch verwerflich, sondern eine Dreistigkeit sondergleichen – kommt in der Schule nämlich die Politik ins Spiel, sei es, dass ein Schüler öffentlich bestimmte Meinungen kund tut oder entsprechende Kleidung trägt, sei es, dass sich eine Lehrkraft auch nur irgendwie systemkritisch äußert, hagelt es Sanktionen; dem Schüler wird’s verboten, er wird notfalls gerügt oder bestraft, bei der Lehrkraft kann es guter Grund sein, den Staatsfeind kurzerhand aus dem Dienst zu jagen. Aber die Bundeswehr darf die nationalen Interessen zur Kampfparole erheben. Prost Mahlzeit – und an der Uni schaut's nun genauso aus.
Die Akademie wird zur direkten Vermittlung von Militanz missbraucht, das Kultusministerium leistet dem Vorschub, Frau Kramp-Karrenbauer lobt: „Eine lebendige Gesellschaft ist auf die Fähigkeit und die Bereitschaft ihrer Mitglieder angewiesen, sich mit politischen Themen auseinander zu setzen, den politischen Prozess zu verfolgen, sich an ihm zu beteiligen und Mitverantwortung zu übernehmen. Deshalb begrüße ich es ausdrücklich, dass wir die bisher schon vorbildliche Zusammenarbeit mit den Jugendoffizieren durch diese Kooperationsvereinbarung stärken.“ Generalmajor Gerhard Stelz stimmt mit ein: „Das Thema Sicherheit geht uns alle an. Jeder braucht und will Sicherheit und sollte sich daher mit dem Thema befassen.“ Sicherheit. Wie Wörter pervertiert werden können.
Sich mit politischen Themen auseinander zu setzen und den politischen Prozess zu verfolgen, ist eine Sache. Prinzipiell durchaus löblich und wichtig, kommt's doch oft genug vor, dass der Erstwähler Post vom Rathaus bekommt und denkt. „Bundestagswahl. Wat isn das.“
Dass ausgerechnet die Armee diesen Job übernehmen darf, ist die andere Sache. Genauso wie es an der Universität der Fall ist, dass im Asta keine Referate bzgl. Antifaschismus und Antirassismus mehr angeboten werden – freut sich die LHG, die laut Mensa-Flyer fröhlich weiter kürzen möchte. Und derart Unökonomisches hat sowieso keinen Platz zu haben, weil's das sowieso gar nicht gibt und wenn, dann muss man keine grosse Sache daraus machen.
Oberst Bertel, Leiter des Bundeswehr-Seminars, beschreibt ebenjenes folgendermassen:
„Kernauftrag der Bundeswehr ist die Unterstützung der Bundesregierung bei Maßnahmen zur internationalen Konfliktverhütung und Krisenbewältigung. Derzeit sind über 7.000 Bundeswehrangehörige auf dem Balkan, in Afghanistan und Afrika im Einsatz. Auch außerhalb von Kriseneinsätzen stehen Soldaten im täglichen Kontakt mit Menschen anderer Kulturen. Interkulturelle Kompetenz gehört somit zum ?täglichen Brot? für Soldaten aller Dienstgrade.“
Klingt possierlich, ist aber nicht so. Die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, dass die IK der Bundeswehr eine IK auf Messers Schneide ist, dass, so die IK misslingt, nämlich geschossen, gebombt und getötet wird. Dass man die IK, wenn sie auf Mord hinausläuft, besser vermeiden sollte, steht anscheinend nicht zur Debatte.
„Bei Einsätzen von Soldaten in Krisengebieten geht es nicht um Umsatzzahlen oder Vertragsabschlüsse, sondern um den Erhalt von Leib und Leben.“
Eine dreiste Lüge, wie sich kürzlich herausgestellt hat. Wessen Leib und Leben erhalten werden soll, ist fraglich, will man den Erhalt von Leib und Leben nämlich sichern, bleibt man lieber daheim und marschiert im Pfälzer Wald. Schön auch, dass jede Fundamentalkritik im Keim erstickt wird, da sie vornherein kategorisch ausgeschlossen wird. Das Ziel des Seminars ist also klar. Und es ist nicht allein
Ziel des Seminars:
Die Studierenden verstehen am Beispiel Bundeswehr die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse für die konkrete Ausbildung und Erziehung von einer großen Anzahl Beschäftigter vor allem zur Vorbereitung auf
lebensgefährliche Tätigkeiten in Krisengebieten. Sie werden durch eigene praktische Teilnahme an der Ausbildung befähigt, die gewonnenen Erkenntnisse in Lehre und Forschung weiterzuentwickeln und auf andere berufliche Felder zu übertragen.
Ziel des Seminars ist nämlich auch, die Bundeswehraktivitäten schön zu schwätzen. Genauso wie es prinzipiell irritierend ist, die „gewonnenen Erkenntnisse“, also das strikte Autoritätsprinzip, auf „andere berufliche Felder zu übertragen“ und demnächst in der Firma wie der Feldwebel um die Angestellten zu marschieren und ihnen das Leben schwer zu machen. All dies wird an der Universität des Saarlandes praktiziert und es ist kein Ende in Sicht. Bertel darf sein Seminar jedes Jahr halten und immer kommen ausreichend, nämlich mindestens 20, Leute, um sich seine Führungsmethoden anzueignen. Bundeswehr auf dem Campus, dem Idyll inmitten des grossen Saarbrücker Waldes. Wir sprechen uns dafür aus, dass Herr Bertel seine Geschichten schnellstmöglich wieder am Veteranenstammtisch erzählen kann und die Universität vom unseligen Kriegsgeschäft verschont bleibt. Herrschaftszeiten!