Abwrackprämie für Panzerhaubitzen

    • Abwrackprämie für Panzerhaubitzen

      Wer's noch immer nicht mitbekommen hat: es ist jetzt Krieg.
      Um diesem nach anfänglich enormem Schreck endlich gerecht zu werden, stand die Administration nun nicht lange an, allerlei schweres Geschütz hinter die sieben Berge zu schaffen, um den sieben Zwergen tüchtig Dampf zu machen. Zudem werden Legionen junger aufstrebender Deutscher in die Frachter gekarrt und dem Muselmann zum Fraß vorgeworfen, und zwar um ersterer Drei, die kürzlich starben, gründliche Rache (die Tags drauf in Form tragischer Kollateralschäden erfolgte) zu gewährleisten und um das instabile, aggressive, bedrohliche und vor allem für diese Jahreszeit viel zu heiße Klima in Afghanistan ein wenig freundlicher, herzlicher und vor allem liebevoller zu gestalten. Inwiefern die Führung hier nun Sinnvolles tut, ist fraglich - Fachleute unken schon seit Jahren, eine Flucht sei militaerisch die beste Option, da der Krieg so oder so verloren sei. Humpf, sagt der Gutmensch bzw. Kriegsgewinnler, aber dann bricht da unten wieder das Chaos aus und es gibt Terror. Ob's jetzt, wo's doch allzu kriegerisch ist, nicht chaotisch und völlig unterroristisch ist, steht zur Debatte.
      Bei seiner Vor-Ort-Anleitung proklamierte Heerführer zu Guttenberg kürzlich solidarisch: "Mir ist wichtig, den Soldatinnen und Soldaten vor Ort zum einen deutlich zu machen, dass die politische Spitze hinter ihnen steht."
      Dies klingt nun hilfreich und gut, so man das Idiom als solches begreift und dementsprechend verstehen möchte; nimmt man zu Guttenberg allerdings beim Wort, wird klar, wie der Hase läuft. Die politische Spitze steht, genau, "hinter ihnen", dh. nicht im Schießgewehrgewitter, dh. agiert frei nach Southpark mittels der "Aktion menschliches Schild".
      Ich denke, man kann zu Guttenberg durchaus glauben, wenn er schon so energetisch und sympathisch zwinkernd Wahrheit spricht, auch wenn es eine andere Wahrheit sein mag als die, die er ursprünglich zu sprechen gedachte.
      Was nun völlig unverständlich ist: 62% der von Forsa befragten Bundesbürger sprechen sich gegen diesen Krieg aus - und dies in Deutschland, wo es eigentlich als historisch bewiesene Tatsache gelten sollte, dass die Heimat der Front nicht in den Rücken fällt und, wenn's eng wird, selbst mit Mann und Maus und Volkssturm hinterher rennt, um zu schauen, was da los ist. Lustig auch: als der Bürger neulich von zu Guttenberg und den eifrig und demütig nachplappernden Merkel und Westerwelle erfuhr, dass wirklich (Oh Gott!) Krieg herrscht in den Mohnplantagen und dass unsere Jungs da auch auf den Sack kriegen können, erschrak er so, dass er zu wanken begann und nun gegen alles ist. Vorher war er eher so halbhalb.

      Die Bundeswehr hat, wie SPON berichtet, derzeit rund 4300 Soldaten in Afghanistan im Einsatz, davon etwa 900 in Kunduz, der gefährlichsten Provinz im Norden. Die USA wollen nach Angaben der Internationalen Schutztruppe Isaf bis zu 4500 Soldaten nach Nordafghanistan entsenden, die unter Bundeswehrbefehl stehen sollen. "Wir freuen uns, dass wir die Amerikaner an unserer Seite haben. Sie schließen auch Fähigkeitslücken, die wir hier oben haben", sagte Guttenberg bei seiner Vor-Ort-Anleitung und tippte an seine Stirn bzw. spielte dabei darauf an, dass die US-Truppen rund 40 Helikopter nach Nordafghanistan schicken wollen, darunter auch Kampfhubschrauber.

      SPON schreibt weiter: "Anfang kommender Woche wird der Kommandeur der Nato-geführten Isaf , US-General Stanley McChrystal, in Berlin zur Vor-Ort-Anleitung erwartet. Der US-General trifft sowohl Guttenberg als auch Außenminister Guido Westerwelle (privat). Vorgesehen sind außerdem Gespräche im Bundeskanzleramt sowie Treffen mit Bundestagsabgeordneten. Es gehe um einen "Austausch über die aktuelle Lage", sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums."

      Dass die Army Deutschlands Freude am Krieg honorieren wird, ist klar. Da man Bündnispartner und obendrein amerikahörig ist, gehen die Scharmützel weiter, ist auch klar. Was aber nicht klar ist: was soll man von der ganzen Chose halten? Auf zum letzten Gefecht oder heim ins Reich?

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    • Die Bundeswehr war ursprünglich als reine Verteidigungsarmee konzipiert. Eigentlich problematisch. Seit Peter Struck aber auf die gute Idee kam, Deutschland am Hindukusch zu verteidigen, man also den Begriff der Verteidigung etwas weiter fasst, ist die Sache zwar laecherlich, aber vermutlich sogar legal. Ausserdem ist's ein humanitaerer Einsatz zur Stabilisierung und Schulung. Das bitte nicht vergessen. ;)

      Edit: News aus Afghanistan. SPON schreibt:
      "Keine zwei Wochen nach dem tödlichen Gefecht bei Kunduz sind am Donnerstag wieder vier deutsche Soldaten gefallen. Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE waren die Deutschen während einer Operation nahe der Stadt Baghlan mit Panzerfäusten angegriffen worden. Dabei wurden laut Einsatzführungskommando vier Bundeswehrsoldaten getötet und fünf weitere verletzt."

      Die Saison ist anscheinend eröffnet.

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    • Ich möchte nur mal kurz fragen. Dürfen wir das überhaupt? Sind da nicht noch ein paar Verträge aktiv, die eben dies verbieten? oô


      Die Amis interessieren sich nicht für WWII. Seit Vietnam wissen sie, dass sie es alleine nicht geschissen bekommen, also brauchen sie jede Unterstützung. Und da wir Mitglied der NATO sind, ist sowieso alles gut.
      Na ja, holt sie zurück. Hätte auch keine Lust, mit Steinschleudern gegen Abdul und Co. in den Krieg zu ziehen. Dummerweise haben wir damals in Berlin den charismatischen und smarten König Obongo inklusive seiner Forderungen nach Abzug deutscher Truppen nach (Süd)Ost mit "Sieg ... Yes we can"-Rufen bedacht.
      Viel lustiger aber ist, dass einige deutsche Politiker (Westerwelle, Steinmeier) den Eindruck erwecken, die Taliban - Anmerkung für das BKA: nein, ich unterstütze keine Terrororganisationen - müssten sich für jeden abgegebenen Schuss in irgendeinem Gefecht bei uns entschuldigen, nur weil dabei ein paar Soldaten gestorben sind. So schlimm wie das ist, aber wie dumm kann man sein, sich über Tote in einem Krieg zu echauffieren? Business as usual würde der Ami sagen.
    • Original von socos
      Viel lustiger aber ist, dass einige deutsche Politiker (Westerwelle, Steinmeier) den Eindruck erwecken, die Taliban - Anmerkung für das BKA: nein, ich unterstütze keine Terrororganisationen - müssten sich für jeden abgegebenen Schuss in irgendeinem Gefecht bei uns entschuldigen, nur weil dabei ein paar Soldaten gestorben sind. So schlimm wie das ist, aber wie dumm kann man sein, sich über Tote in einem Krieg zu echauffieren? Business as usual würde der Ami sagen.


      Völlig richtig. Man könnte mittlerweile wirklich meinen, dass sie den Humbug, den sie jahrelang ausposaunten, sogar selbst geglaubt und nicht frechdreist gelogen haben, als sie sich gegen die Betitelung "Krieg" so gewehrt haben wie Kim gegen den Kapitalismus. Vielleicht befördert man das Wörtchen ja nochmal und es ist dann gar nicht mehr so umgangssprachlich wie noch gestern.
    • Dass es Krieg ist, sollte inzwischem ja jedem geläufig sein. Der Grund, warum von den Regierungsvertretern dennoch so niedliche Formulierungen wie "umgangssprachlicher Krieg" verwendet werden, ist, dass eine offizielle Betitelung als Krieg dem Einsatz die rechtliche Grundlage entzogen würde. Denn durch Abstimmungen genehmigt ist ein humanitärer Einsatz, kein Krieg. Es müsste neue Abstimmungen darüber geben und ob die unterstützend für den Einsatz ausfallen würden, ist fraglich.
    • Yay, zu Guttenberg ist der neue Kim Jong Il xD;
      Danke für die lulz, wirklich, DANKE xD;


      Okay, zum Thema.
      Ich denke, es ist einfach zu sagen, "raus", jetzt, da einmal so eine großspurige Einmischung vorgenommen wurde. Es durchzuziehen, gestaltet sich da schon schwieriger.
      Sähe die Situation anders aus - also sagen wir, so wie vor 2001, würde ich sagen "gar nicht erst rein". Aber mittlerweile halte ich es für naiv zu sagen, dass man einfach dort verschwinden kann, ohne dass das Chaos noch um einiges extremer über die Region hereinbricht. Infrastruktur, Versorgung, etc.p.p.
      Ich weiß nicht genau, wie es darum bestellt ist - ich beschäftige mich generell zu wenig mit diesem Thema, Asche aufs Haupt - aber ich halte den Einfluss der westlichen Truppen dort für zu krass, als dass ein Abziehen eben jener die Problematik beseitigen würde.

      Was allerdings diesen schlechten Witz angeht, den Regierungsvertreter in den letzten Jahren gerne kalauert haben, es wäre kein Krieg... Über diese schale Lüge kann ich nur den Kopf schütteln, von wegen humanitärer Einsatz. Zu Guttenberg soll's ruhig aussprechen oder wer auch immer, so würden vll all jene aufwachen, die es als "Hilfsleistung" ansehen.
      Traurig.
      Aber die Entscheidung, raus oder bleiben, ist ohnehin schon gefallen. Trotz der Abneigung in der Bevölkerung. Überrascht uns das noch?

      "Heirs of Miraika"
      Fantasy, Steampunk, LGBT+

      "Dreaming of Dawn"
      Fantasy, Psychological, Depression

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