Bam. Peanut butter and jam.

    • Geschichten/Texte

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    • Was die Libellen wollen, ist prinzipiell egal. Ob sie ihn, pardon, nun fressen oder ficken wollen, das interessiert mich persönlich in der Geschichte gar nicht. Ich glaube, die Geschichte wäre für mich irgendwie kaputt, wenn ich wirklich eine konkrete Antwort auf diese Frage hätte.
      Es handelt sich um einen schönen Tag. Einen dieser Tage, an dem die Sonne nur für dich scheint, einen dieser Tage, wo das Leben einfach genießbar und gut ist. Viel mehr noch, der Charakter sagt sogar "Klar weht der Wind für mich, sonst ist ja niemand da", er nimmt es also als etwas ganz Verständliches an, dass seine Umgebung in diesem Moment vor allem für ihn existiert. Das finde ich wunderbar. Ich habe selten etwas Geschriebenes gelesen, was mich dermaßen friedlich gestimmt hat. Und das ist in diesem Fall durchweg positiv zu verstehen.

      Ich finde es klasse, dein Stil hat für mich irgendetwas, das ich nicht benennen kann. Aber dieses Etwas reißt mich immer wieder mit.

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    • Original von Sirius
      Was die Libellen wollen, ist prinzipiell egal. Ob sie ihn, pardon, nun fressen oder ficken wollen, das interessiert mich persönlich in der Geschichte gar nicht. Ich glaube, die Geschichte wäre für mich irgendwie kaputt, wenn ich wirklich eine konkrete Antwort auf diese Frage hätte.
      Es handelt sich um einen schönen Tag. Einen dieser Tage, an dem die Sonne nur für dich scheint, einen dieser Tage, wo das Leben einfach genießbar und gut ist. Viel mehr noch, der Charakter sagt sogar "Klar weht der Wind für mich, sonst ist ja niemand da", er nimmt es also als etwas ganz Verständliches an, dass seine Umgebung in diesem Moment vor allem für ihn existiert. Das finde ich wunderbar. Ich habe selten etwas Geschriebenes gelesen, was mich dermaßen friedlich gestimmt hat. Und das ist in diesem Fall durchweg positiv zu verstehen.

      Ich finde es klasse, dein Stil hat für mich irgendetwas, das ich nicht benennen kann. Aber dieses Etwas reißt mich immer wieder mit.


      Danke. Freut mich, dass es dir gefällt.

      Ich könnte die Sachen, was die Libellen wollen, was der Erzähler "schon lange nicht mehr macht" usw genau erklären, aber das will ich eigentlich nicht. Weils dann ziemlich platt wirken würde, wie ich finde.
      Don't smell the flowers
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    • Das finde ich gut - erklär's bloß nicht! ^^
      Gerade die Tatsache, dass man sich bei einem Text Fragen stellen kann, macht ihn zu etwas Besonderem - und bei deinem trifft das ohne weiteres zu, ich hoffe, du siehst das als fettes Lob an ;3

      Er ist aber schon im Zusammenhang mit den anderen Ausschnitten zu sehen, oder?
      Dann könnte ich da noch mehr reinlesen - aber prinzipiell ist dem, was Si gesagt hat, nichts mehr hinzuzufügen: Man liest es, man stellt es sich vor, es geht einem gut; als würde einem selbst die Sonne aus dem Arsch scheinen ;D

      "Heirs of Miraika"
      Fantasy, Steampunk, LGBT+

      "Dreaming of Dawn"
      Fantasy, Psychological, Depression

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Bereth ()

    • Original von bereth15
      Das finde ich gut - erklär's bloß nicht! ^^
      Gerade die Tatsache, dass man sich bei einem Text Fragen stellen kann, macht ihn zu etwas Besonderem - und bei deinem trifft das ohne weiteres zu, ich hoffe, du siehst das als fettes Lob an ;3

      Er ist aber schon im Zusammenhang mit den anderen Ausschnitten zu sehen, oder?


      Danke. :D

      Ja, grob gesehen schon.
      Der erste Teil davon ist abgeschlossen. Der zweite anscheinend (kA ob ich dazu noch was schreibe) auch, das ist jetzt quasi der Anfang des dritten Teils. Die verscheidenen Teile stehen im Zusammenhang miteinander.
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    • Is vielleicht etwas umständlich, aber chronologisch ist das, was ich jetzt poste, vor meinem letzten "richtigen" Post zu sehen.

      Klicken.
      Eine grässliche Nacht, in die ich hier hineingeworfen wurde!
      Sie atmet mich ein und wieder aus, mit jeder Sekunde, jedem neuen Augenblick. Genau wie die Erde unter und die Wolken, die den Mond verhängen, über mir, atme auch ich sie ein und wieder aus. Mit jeder Sekunde, jedem neuen Augenblick.
      Nun, da mich meine Füße von alleine tragen, gänzlich gegen meinen Willen, habe ich doch genug Zeit, mich umzusehen, meine Gedanken abzulenken. Wovon bloß abzulenken? Ich weiß es nicht genau, doch das Ziel kann in einer solch grässlichen Nacht gewiss kein gutes sein.
      So tragen mich nun meine Füße weiter, immer weiter. Über Feldwege, vorbei an Rapsfeldern.
      Und so erinnere ich mich.
      War es gestern nicht ein schöner Tag? Ja, ein wunderschöner. Perfekt für einen kleinen Spaziergang, über Feldwege, vorbei an Rapsfeldern, bis hin zum See.
      Zum See mit den wilden Beeren, der Insel und den Libellen.
      Die Libellen, diese aufdringlichen Biester!
      Während diese Erinnerungen hochkommen und sich in meinem Verstand ausbreiten, um sich festzusetzen, komme ich auch schon am See an. Schlimmer noch, ich stecke schon knöcheltief in ihm.
      Mein Blick richtet sich auf die Insel, auf der die Libellen am Vortag noch ihr Mahl verspeisten.
      Und meine Abneigung gegen die Insel wächst.
      Doch egal wie ich mich versuche zu wehren, meine Füße gehorchen mir nicht und tragen mich weiter. So schwimme ich also immer weiter auf die Insel zu. Das trübe Wasser und die grässliche Nacht atmen mich ein und wieder aus. Mit jeder Sekunde, jedem neuen Augenblick.
      Erschöpfung macht sich breit, während ich nun die Insel betrete. Keine Spur von zerfressenen Überresten. Nur Libellen, still auf Blättern sitzend.
      So falle ich nun rücklings auf den Boden, erschöpft und müde. Die Augen halb geschlossen kann ich noch erkennen, wie sich das Getier von den Blättern und Ästen erheben.
      Das Mahl ist angerichtet.
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    • O____o''
      Gruuuselig x'D

      Gefällt mir - abgesehen von der Tatsache, dass der Protagonist scheinbar knietief in der Scheiße sitzt ^^ - sehr sehr gut. Du überträgst sehr schön die Stimmung, die ihn nun mittlerweile ergriffen hat. Und... der Gegensatz ist ja mal krass. Derselbe Ort, dieselben Tiere und Pflanzen und doch ist alles anders. Genial. Was anderes fällt mir dazu gerade nicht ein, aber ich ziehe meinen Hut vor dir :3
      Was Stimmung und Wahrnehmung angeht, kann ich mir jedenfalls noch was von dir abgucken :>

      Original von Sirius
      Ich finde es klasse, dein Stil hat für mich irgendetwas, das ich nicht benennen kann. Aber dieses Etwas reißt mich immer wieder mit.

      Musste das mal hier wieder mit einbringen, da es mir genauso geht :D

      Und jetzt ahne ich, was die Libellen wollen - aber vielleicht ist's auch nur der Wahrnehmung der Figur entsprungen, also nur Einbildung? Man weiß es nicht, aber mittlerweile trau ich dem alles zu xD
      Finde es klasse, wenn man nicht vorhersagen kann, was passieren wird, das ist eine große Kunst.

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    • Original von bereth15
      O____o''
      Gruuuselig x'D

      Gefällt mir - abgesehen von der Tatsache, dass der Protagonist scheinbar knietief in der Scheiße sitzt ^^ - sehr sehr gut. Du überträgst sehr schön die Stimmung, die ihn nun mittlerweile ergriffen hat. Und... der Gegensatz ist ja mal krass. Derselbe Ort, dieselben Tiere und Pflanzen und doch ist alles anders. Genial. Was anderes fällt mir dazu gerade nicht ein, aber ich ziehe meinen Hut vor dir :3
      Was Stimmung und Wahrnehmung angeht, kann ich mir jedenfalls noch was von dir abgucken :>

      Original von Sirius
      Ich finde es klasse, dein Stil hat für mich irgendetwas, das ich nicht benennen kann. Aber dieses Etwas reißt mich immer wieder mit.

      Musste das mal hier wieder mit einbringen, da es mir genauso geht :D

      Und jetzt ahne ich, was die Libellen wollen - aber vielleicht ist's auch nur der Wahrnehmung der Figur entsprungen, also nur Einbildung? Man weiß es nicht, aber mittlerweile trau ich dem alles zu xD
      Finde es klasse, wenn man nicht vorhersagen kann, was passieren wird, das ist eine große Kunst.


      Haha, danke. :D
      Soll ich dir schreiben, wie's genau gemeint ist?
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    • Was mehr oder weniger vollkommen neues.

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      Am längst abgebrannten Orte, in der entlegendsten Ecke, öffnete sich ihm eine Tür.
      Er versuchte, in all den Wochen, in denen er schon zwischen der zerfallenen Wällen und Häusern saß, nie sie zu öffnen.
      Sie wäre so oder so verschlossen.
      Und nun, ohne auch nur einen Gedanken an sie zu verschwenden, öffnete sie sich.
      Kein Licht drang heraus, kein Anzeichen der Gastlichkeit.
      Doch als er sie durchschritt, war alles zu erkennen. Keinerlei Licht, doch war es nicht finster.

      Vor ihm ein Festmahl.
      Alles, was sein Herz und Hunger begehrte war vor ihm aufgereiht; akkurat aufgestellt und unberührt.
      Er setzte sich sogleich, während sich noch das erste Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete, auf den ihm angebotenen Stuhl.
      Alles, was sein Herz und Hunger begehrte.
      Sein Lächeln starb und er griff nach dem trockensten Stück Brot, das er ausmachen konnte, und spülte es hinunter mit einem Krug voll Wahnsinn.
      "Cheers."
      So stand er auf, um dem ihm gehörenden Bankett den Rücken zuzukehren und dem nächsten den Vortritt zu lassen, auf dass man ihm nichts übrig lassen möge.


      Ich bitte um Meinungen dazu. Danke.
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    • Wieder was recht kurzes.
      Das Nachtnetz wurde erneut ausgeworfen, um die Baumwipfel, und alles darunter, einzuholen.
      So auch mich, wie ich schon suchend meine Schnauze in die bemooste Erde versenkte.
      Wie viel leichter es sich lebt, wenn erst einmal die Last des aufrechten Ganges und die Bürde, welche sie Zivilisation nennen, abgeworfen wurden!
      So stocherte ich also, in meinem grünen Ozean, im Boden herum, während sich, als die Schatten um mich herum immer länger wurden, alle Eindrücke, die auf mich zukamen, in meinem Schädel zu etwas eigenem, vollkommenem verschmolzen.
      So war es auch kaum verwunderlich, als sich vor mir der Erdboden spaltete. Einem freien Kind der Erde auf solche Art und Weise zu sich einzuladen wirkte auf mich wie das einzig richtige, was passieren konnte.

      So schritt ich, mit frohem Sinn und einem Lied auf den Lippen, hinab.

      Ich zählte noch keine 20 Wurmzipfel, welche aus der Decke sprossen, als der kühle Tunnel auf mich zu wirken begann und sich das Tor, durch welches ich kam, sich wieder hinter mir schloss. Doch es beunruhigte mich keinesfalls, bei dem Anblick all dieser unterirdischen Wunder.
      Dort wuchsen Äpfel, die von den Wurzeln der Bäume aus, in den Stollen hingen, dort zeichnete der Moos die schönsten Bilde an die Wände.
      Im Gleichschritt mit meinem Herzschlag bewegte ich mich voran und schnappte nach den Äpfeln.
      Als ich die ersten in die Finger bekam, schnitzte ich mit meinen Nägeln Worte und Bilder in ihre Schale.
      Doch ich schämte mich. Meine Schnitzereien konnten nicht die Schönheit der Moosmalereien erreichen. So stopfte ich mir die Äpfel gierig in mein Maul und fand, ihren Geschmack von noch größerer Schönheit als die des Mooses.
      Und meine Schnitzereien waren ein Teil davon.
      Zufrieden legte ich mich flach auf den Boden und spürte mit jedem Herzschlag die Erde sanft unter mir beben.

      Bei meinem Erwachen fand ich mich, zu meiner Verwunderung, im Wald wieder, auf einem Baumstumpf liegend und von der Sonne geweckt.
      Ich erhob mich. Mein Gang war wieder aufrecht, meine Gedanken klar und mein Körper noch immer mit dem Ereignis der letzten Nacht verbunden, denn ich wusste, dass mich die lebende Erde atmete und liebte, als eines ihrer freien Kinder.
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    • Ich sagte es dir ja schon vorher, aber ich muss es auch hier noch einmal sagen-- aus mehreren Gründen ist dieser Text einfach wunderschön. Nicht nur erinnert er mich frappierend an die Mumins-Bücher, nein, desweiteren habe ich beim Lesen irgendwie so ein unnachahmliches Bauchgefühl.

      Bashe dich nicht stetig selbst durch die "Kürze deiner Texte", das positive Gefühl beim Lesen ist einfach was einmaliges, das kriegen auch keine 800 Seiten von irgendwas anderem hin.

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    • Original von Sirius
      Ich sagte es dir ja schon vorher, aber ich muss es auch hier noch einmal sagen-- aus mehreren Gründen ist dieser Text einfach wunderschön. Nicht nur erinnert er mich frappierend an die Mumins-Bücher, nein, desweiteren habe ich beim Lesen irgendwie so ein unnachahmliches Bauchgefühl.

      Bashe dich nicht stetig selbst durch die "Kürze deiner Texte", das positive Gefühl beim Lesen ist einfach was einmaliges, das kriegen auch keine 800 Seiten von irgendwas anderem hin.


      Dankeschön. :)

      Ich will mich damit gar nicht selbst bashen. Ich finds nur selbst schade, dass die nie länger werden. Ich hab auch schon versucht was längeres, zusammenhängendes zu schreiben. Aber das ist scheiße geworden. :D
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    • tüdelü
      Ich erwachte aus meinem trunkenen Schlafe und erblickte über mir, im Gewirr der Äste, König Rabe. Er krähte und krahte, als er Asche aus seinem Schnabel fallen ließ.
      Ich stand schnell auf, um nicht weiter befleckt zu werden und sobald ich aufrecht stand und den König umkreiste, beendete er seinen warmen Ascheregen.
      "Was für ein König bist du? Ganz ohne Krone kamst du zu mir und wecktest mich aus meinem ohnehin unruhigen Schlaf. Der Tag ist noch nicht einmal angebrochen! Genügt es nicht, dass mich mein eigener Kopf schon straft?"

      Wie zur Antwort erhob er sich von seinem Ast und flog über meinen Schädel fort, in Richtung des nächsten Geästs. Aus seinem Kleid rieselte die Asche auf mich nieder.
      Als er sich wieder setzte und sich mir wieder zuwandt verlor ich letztendlich das mir gebliebene Vertrauen in mich.
      Fort mit der goldenen Waage, verbrennt meine Zunge!
      So sprach ich dann zu ihm, als der König sich wieder mit weit aufgerissenem Schnabel erhob:
      "Hülle mich in Asche und beschaue meinen Verfall!"
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    • Der Inhalt des letzten Posts war das Ende. Dies ist der Anfang. Wenn mir langweilig ist, werde ich den Mittelteil schreiben.

      Spoiler anzeigen

      Es war an einem warmen Sommermorgen, als ich aufbrach.
      Einen kranken Freund besuchen, wie ich allen erzählte. Doch, was sich jeder denken kann, gab es keinen, den es zu besuchen galt. Erst recht keinen kranken.
      Ich wusste nicht, wohin mich meine faulen Füße tragen würden. Doch dass sie es tun würden, ja, mussten, das war sicher.
      So gelangte ich, am Ende des Tages, an den Rand eines mächtigen Waldes, am Fuße eines Gebirges.
      Früher betrachtete ich dieses Gebirge oft von meiner Wohnung aus. Es war für mich immer die Grenze meiner Welt. Alles, was ich je erlebte, was ich je tat, alles was mich ausmachte geschah in diesem kleinen Landstrich, welchen ich meine Heimat nannte. Für das Land jenseits dieses Felsmassivs existierte ich nicht, weder ich, noch meine Laster und Schlechtigkeiten. Und erst recht nicht meine Tugenden.
      Ein Wasserlauf floss von den Felsen herab, in seinem feuchten, bewachsenen und von Getier bewohntem Bett in das Gehölz hinein.
      An diesem Fluss, als wäre es ein letzter Außenposten der Menschen, befand sich, zu meinem Glück, eine sichtlich in die Jahre gekommene Holzhütte. Eine jener Baracken, welche für Wanderer wie mich gebaut wurden, um Unterschlupf vor den Gefahren der nächtlichen Wildnis zu bieten.
      Ein Luftstoß brachte den Schaukelstuhl auf der baufälligen Veranda in Bewegung.
      Die drei Raben, die auf seiner Rückenlehne hockten, erhoben sich vor Schreck und flogen mir entgegen. Ich duckte mich, damit sie mir nicht den Kopf rammten.
      Direkt hinter mir machten sie kehrt und flogen dem Wald entgegen.
      Auf einem dicken, knotigen Ast, der verheißungsvoll über dem Weg, welcher in den Wald hinein führte, hing blieben sie sitzen.
      Sie setzten sich, dass sie meine Schritte, die mich zum Eingang der Hütte führten, genau beobachten konnten. Einer nach dem anderen öffnete den Schnabel um mir zuzukrähen, doch es drang kein einzelner Laut aus ihren Vogelkehlen.
      Als ich die Hand auf die Türklinke legte, sah ich aus dem Augenwinkel, wie die drei ihre Köpfe unter ihren Flügeln versteckten.
      Schämten sie sich für ihr stimmliches Versagen oder wollten sie nicht mit ansehen müssen, wie ich diese Hütte betrat? Ich konnte mir diese Frage nicht beantworten. Ich verwarf sie auch rasch wieder, denn, Hand aufs Herz, es waren doch Tiere. Ob stimmlos oder nicht, es waren auf jeden Fall nichts weiter als wilde Tiere. Wenn sie es denn waren.

      Ich schüttelte meinen Kopf, als ich den von stickiger Luft erfüllten Raum betrat.
      Er war einfach eingerichtet; ein Bett in einer Ecke, ein Kamin in einer anderen. An den Wänden waren Fenster eingelassen – außer an jener, welche dem Wald zugewandt war.
      An der gegenüberliegenden Wand standen ein Stuhl und ein Tisch, auf welchem ein dickes, auf leeren Seiten aufgeschlagenes, Buch mit braunem Ledereinband lag.

      Ich warf meinen Rucksack in die nächste Ecke, schloss die Tür hinter mir und warf mich sogleich aufs Bett. Während es draußen finster wurde, schlief ich langsam ein, die Wärme, mit der sich der komplette Raum füllte, ignorierend.
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    • Fortsetzung zum letzten Post.

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      Kein Hahnengeschrei, kein Vogelgesang kündigte den Anbruch des neuen Tages an.
      Als ich die Augen öffnete, blendeten mich die Sonnenstrahlen, die durch das gegenüberliegende Fenster direkt auf das Kopfende des Bettes fielen.
      Ich bemerkte, dass ich vor dem Einschlafen meine Kleider nicht abgelegt hatte. Mein Schweiß durchnässte die Klamotten an meinem Leib.
      Während ich schweren Schrittes, als hätte ich nicht einen Augenblick geruht, der Eingangstür entgegen ging, entledigte ich mich meiner Bekleidung. Ich wollte sie im Fluss waschen und dabei selbst ein Bad nehmen. Obwohl ich alleine war, war mir mein Schweiß, der meine Kleider an meinem Körper kleben ließ, unangenehm.

      Hinter der Eingangstür begrüßte der Wind meinen nackten Oberkörper.
      Nach nur wenigen Schritten erreichte ich den Fluss. Sitzend zog ich meine Hosen und Unterwäsche aus. Ich warf sie, zusammen mit meiner restlichen Wäsche, direkt in das langsam Richtung Wald fließende Wasser, um direkt hinterher zu springen.
      Der Fluss war tiefer als angenommen, meine Füße erreichten knapp den sandigen Boden. Pflanzen umspielten meinen Körper, während ich meine Kleider wieder, wie träge Fischlein, einfing, im Wasser reinigte und wieder auf den trockenen Boden des Tals warf.

      Als ich wieder aus dem Wasser stieg, um die Kleider ordentlich, damit sie in der Sonne trocknen konnten, auf dem Boden auszubreiten, suchte mein Blick den Weg, den ich in das Tal genommen hatte.
      Doch dieser war nicht mehr zu erkennen. Das Gebirge war über Nacht zu einer vollkommenen Kette verwachsen.
      Kein durchkommen. Die Mauer aus Fels und Gestein ragte hoch in den Himmel. Ich wollte es nicht wagen, die steinernen Pfade auszuprobieren.
      Ich sollte also in diesem Tal bleiben. Zwischen Gehölz, stummen Raben, dem trägen Fluss und der einsamen Baracke.
      Mit diesen Gedanken legte ich mich neben meine Kleidung ins Gras und beobachtete die Wolken. Nach nur wenigen Augenblicken war ich eingeschlafen.

      In meinem Traum kreisten dutzende Raben über mir. Sie berieten sich darüber, was sie mit mir machen sollten, ich konnte alles mithören. Nacheinander flogen sie auf mich herab, begutachteten mich aus nächster Nähe.
      Einer nach dem anderen stapften sie weiter. Sie hackten und hackten mit ihren Schnäbeln auf den Grund vor meinen Füßen ein. Sie hackten immer weiter, bis der Boden nachgab und sich ein Tunnel ins Innere der Erde auftat. Einige flogen davon. Die übriggebliebenen Vögel schnappten nach meinen Füßen, hielten sie mit ihren Schnäbeln fest und begannen, mich hinunter zu ziehen.
      Vollkommen entspannt ließ ich es über mich ergehen. Als sie mich schlussendlich vollkommen hinunter gezerrt hatten, schlug mein Schädel auf einem Stein auf. Die Raben flogen , ohne mich weiter zu beachten, aus dem Tunnel heraus.
      Während ich noch sah, wie sich der Eingang wieder schloss, erwachte ich langsam aus meinem Schlaf.

      Die Sonne war bereits dabei, hinter den weiß gefärbten Bergspitzen zu verschwinden und bemalte den Himmel mit brennendem Orange. Alle Wolken waren fort.
      So klaubte ich also meine Sachen zusammen und machte mich auf, um die Nacht wieder in der alten Baracke zu verbringen.
      Wie ich die knarrende Tür öffnete, bemerkte ich sogleich die Veränderung.
      Jemand schien während meines Schlafes da gewesen zu sein.
      Auf dem Tisch, auf dem zuvor nur ein leeres Buch lag, lagen ein großer Laib Brot, ein Krug voll Wein und ein Kerzenhalter, in dem eine schmale, bisher ungebrauchte Kerze steckte..
      Das Buch lag nun geschlossen dort, zwischen Brot und Wein. Als ich näher trat, erkannte ich, in grober Schrift, die Initialen „A. M.“ auf dem Ledereinband.
      Ich suchte aus meiner Tasche ein paar Zündhölzer heraus und entzündete die Kerze, setzte mich auf den wackeligen Stuhl vor dem Tisch.
      Es knisterte wohlig, als ich ein Stück des Brotes abbrach. Ich stopfte es mir in den Mund und spülte es mit einem großzügigen Schluck vom Wein herunter.
      Argwöhnisch beobachtete ich dabei das Buch. In der vorigen Nacht war es noch vollkommen leer – warum also lag es hier?
      Doch in der Nacht zuvor gab es auch weder einen Kerzenhalter, noch eine Mahlzeit, ob karg oder nicht.

      Als wäre es ein sakrales Schriftstück, öffnete ich vorsichtig, nur die Fingerspitzen benutzend, den Einband.
      Auf der ersten Seite stand in großen Lettern ein Name. Jedoch waren die meisten Buchstaben schwarz übermalt worden, so dass ich wieder nur die Initialen entziffern konnte. Ein A und ein M.
      Wieder die gleiche Prozedur. Vorsichtiges erfassen der Seite, langsames umblättern. Als wäre dieses Buch von besonderem Wert, den ich nicht hätte erahnen können.
      Auf der nächsten Seite breitete sich die krakelige Schrift auf die ganze Fläche aus. Satz an Satz, Wort an Wort, schien es mir auf den ersten Blick, als wäre dies das Tagebuch eines Herrn M.
      Ich rückte den Kerzenhalter näher ran, da die Sonne nun vollends unter gegangen war.
      Dies war also, was ich las:

      „Sonntag. 06. Juni.
      Wie eine Königin, gehüllt in den Kleidern des Pöbels, stand sie zuletzt vor mir.
      Ihre Stimme durchrüttelte meine Äste und riss die alten, zerfressenen Blätter ab, auf dass der Wind wieder meine Menschenrinde erreichen sollte.
      Meine Wurzeln zogen sich zurück. Ihr erscheinen nahm mir die Trägheit und ließ zu, dass ich mich wieder bewegte. Wie bewegend!
      Ich sah sie noch oft und bewegte mich ein jedes Mal weiter auf sie zu, doch es wurde mit jedem Tag, mit dem die Bewegung leichter wurde, schwerer sie zu erreichen. Zu versuchen, sie zu erreichen.

      Nun ist sie gegangen und der nächtliche Himmel spricht zu mir. Die Leere.
      Die Welt ignoriert mein Bitten, sie ignoriert mein Wünschen. Die Welt endet nicht, nichts, was dem Auge ersichtlich wäre, endet Heute.
      Ich verspüre ein Ziehen in meinem Magen. Diese Umgebung frisst mich auf, solange sie nicht da ist.
      Mein Weg führt mich in die Berge, keinen ganzen Tagesmarsch entfernt. Auch die Besteigung des Gipfels dauert nur wenige Stunden.
      Ein frischer Quell entspringt dem Gipfel eines der niedrigeren Berge, der keinen Schnee auf seinem Haupt trägt.
      In diesen Strom, der aus der Quelle erwächst, möchte ich mich legen, tragen lassen. Um, von Gott begleitet, zu ihr zu finden.
      Oder das Ziel – ich kann es erkennen, ein wundersames Tal – möge mich sie vergessen lassen.“

      Der Kitsch in den Worten ließ mich kurz auflachen, bis ich spürte, wie mir der Schweiß auf die Stirn trat.
      Ich sah mich um. Der Kamin war weiterhin leer und finster.
      Meine Füße trugen mich zu einem der Fenster, ich wollte es öffnen. Die Hitze, die sich mit einem Male breit machte, heraus zu lassen.

      So sah ich es das erste Mal.
      Ein Nebel aus wallenden Aschewolken breitete sich über das Tal aus. Durch das Fenster konnte man noch ein Stück des Waldes erkennen. Der Nebel, der die Luft zu erhitzen schien, fand in diesem Wald seinen Ursprung, von dort aus bewegte er sich auf den Rest des Tales zu.
      Schon bald höre er auf, weiter vorzustoßen. Der Aschenebel tanze im Mondlicht.
      Vor meinem Fenster, am Ufer des Flusses, verformten sich die Ascheflocken, kletteten sich aneinander, ließen einander los und verbanden sich erneut. Sie bildeten Konturen, formten, glatt und lang, schwarzes Haar und, wie es schien, glühende und seidene Haut.
      In einiger Entfernung vor mir stand die Aschefrau, von unsäglicher Schönheit und ich beobachtete sie. Wie sie mit dem Aschenebel, aus welchem sie auferstanden war, tanzte.
      So vergingen einige Stunden. Sie bemerkte mich nicht. Ich erkannte ein Lächeln auf ihrem Gesicht, als sie schlussendlich umkehrte und zurück in den Wald ging. Als würde sie zu ihrem Geliebten zurückkehren.

      Ich wollte zur Tür laufen, ihr hinterher rennen. Sie bitten, zu bleiben. Doch meine sturen Beine gehorchten mir nicht.
      Ich blickte ihr wehmütig hinterher, bis sie, mit dem Rest des Nebels im Gefolge, im Wald verschwunden war.
      Mein Blick begegnete, als ich ihn vom Fenster abwand, dem noch immer geöffneten Buch. Ich hatte den Eintrag nicht zu Ende gelesen. Ich wollte wenigstens beenden, was ich angefangen hatte und setzte mich wieder auf den Stuhl. Er knackte kurz unter meinem Gewicht.

      „Doch werde ich vergessen können? Ich ahne es nicht.
      Während mich der Strom grob den Hang herunter trägt, erkenne ich sie vor einem Torbogen aus knorrigen Bäumen, welche den Eingang in einen Forst bilden.
      Ich höre ihr Lachen, ich spüre ihre Freude. Die Königin kehrt zu ihrem König zurück, der ich nie sein werde.

      Ich will mir ein Haus bauen, vor dem Eingang ins Gehölz. Ein Wachposten, auf dass niemand die Königin behelligen möge, dem ich es nicht gestatte.
      A.M.“

      Über diesen letzten Worten schlief ich ein und wusste von da an zumindest, was dies wirklich für eine Hütte war. Auch wenn der Eigentümer und Erbauer längst fort war. Wenn er es denn war.
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    • Soa. fünf Tage her seitm letzten Post. Da erlaub ich mir eifnach mal wieder, nach mir selbst zu posten. :D
      (Doppelposts sind doch doof. Fünffachpost, yeah!)

      Spoiler anzeigen
      Die Sonne schien, durch das Fenster, direkt in meinen Nacken und weckte mich aus meinem tiefen Schlaf. Mir war, als hörte ich Kinderlachen. Sicher nur Einbildung.
      Ich richtete mich auf, streckte mich und gähnte lauthals. Ich brach ein Stück des Brotes ab, schob es mir zwischen die Zähne und lehnte mich zurück. Ein schöner Morgen.
      Dann erinnerte ich mich.
      An den Abend des Vortages. An das, was ich gelesen hatte, an das, was ich durch das Fenster gesehen hatte. Die Eindrücke wirbelten wieder durch meinen Schädel. Ich ergriff den zur Hälfte geleerten Weinkrug und warf ihn in den leeren Kamin. Er zersplitterte und die Reste des Alkohols verteilten sich auf den wenigen Holzscheiten, die dort noch lagen.
      Ich stand auf, stürzte dabei den Stuhl um, blätterte hastig in dem Buch um.
      Der nächste Eintrag war auf den 15. Juni datiert. Ich las ihn nicht, nahm den Rest des Brotes und ging mit schweren Schritten heraus.

      Wieder hörte ich kurz das Lachen. Es schien aus dem Wald zu kommen – doch war ich mir noch immer sicher, dass es nur Einbildung wäre. Genau wie die Erscheinung der Königin.
      Dieses Tal schien Dinge mit meinem Verstand anzustellen.

      Ich beschleunigte meine Schritte und wandte mich der Gebirgskette zu, welche mich einschloss. Dort wollte ich den Tag verbringen, einen Überblick über mein neues, mir aufgezwungenes, zu Hause erlangen.
      Da ich den Morgen über nichts getrunken hatte, ging ich den Fluss entlang, zur Quelle hinauf. Hin und wieder nahm ich einen Schluck aus den Wassern des Stroms.
      Dies war also der Weg, auf dem A. in das Tal gekommen war. Und ich trank davon.
      Bei dem Gedanken wurde mir augenblicklich schlecht, meine Gedärme rebellierten und ich musste mich Bemühen, mein Frühstück in meinem Magen zu lassen.
      Mit unklarem Verstand, als tobte in ihm der Aschenebel, erreichte ich den Rand des Gebirges und begann, ihn zu erklimmen. Und tatsächlich, meine Gedanken waren von nichts beherrscht, als dem Tanz der Königin im fahlen Mondlicht.

      Als ich die ersten, wie mir schien, paar hundert Meter bestiegen hatte, drehte ich mich um und beschaute das Tal.
      In diesem Augenblick bedeckte mich ein gewaltiger Schatten; ein mannsgroßer Rabe flog über mich hinweg, direkt auf den Wald zu. Als sein Ziel erkannte ich, inmitten des Waldes, das Krähennest eines gewaltigen – als wäre der Forst um es herum gewachsen – und modernden Schiffes.
      Minutenlang starrte ich dieses Schiff an. Die Segel hingen zerfetzt von ihren Halterungen und wehten leicht im sachten Wind.
      Ich begriff nun endlich, was dort zwischen den Bäumen stand, vergrub mein Gesicht in meinen Händen und fragte mich noch geraume Zeit, was mich wohl noch erwarten würde.

      Vor meinem inneren Auge begannen sich die Wolken zu verfärben. Sie rückten zusammen und wurden dunkler, immer dunkler, bis sie aufbrachen und das Tal überfluteten. Der Regen ließ den Fluss ansteigen und schon bald waren die Baracke und der ganze Forst unter den Wassermassen begraben. Nur in der Mitte des Tales erhob sich das alte, baufällige Segelschiff.
      Und der Rabe thronte in seinem Krähennest. Er starrte mich an, öffnete den Schnabel um mich zu verschlingen.

      Ich schüttelte mich und nahm die Hände von meinem Gesicht. Ein Lufthauch traf mich und durchfuhr mein Haar jagte die Gedanken hinfort. Doch das Gefühl, beobachtet zu werden, blieb bestehen.

      Mit schwerem Kopf und schweren Gliedern machte ich mich auf, herabzusteigen.
      Als ich den Grasboden des Tales erreichte, sah ich, wie sich ein Rabenschwarm von den Baumwipfeln erhob und auf mich zugeflogen kam.
      Ich beschleunigte meine Schritte und rannte der Hütte entgegen. Ich erreichte sie noch, bevor mich die Vögel erreichen konnten. Die Tür wurde schnell hinter mir geschlossen. Ich hörte noch, wie dutzende Schnäbel auf die Tür einpickten.
      Ein Tritt gegen die geschlossene Tür und Ruhe kehrte ein. Nach einigen Minuten erlaubte ich mir, die Tür wieder zu öffnen. Nur einen Spalt, nachsehen, ob die Gefiederten weg waren.

      Vor der Hütte war es wieder vollkommen ruhig. Kein einziger Vogel war zu sehen. Doch durch meinen Augenwinkel, es mag auch nur der Bruchteil einer Sekunde gewesen sein, erblickte ich etwas zwischen den Bäumen. Als ich bewusst dort hinsah, war es wieder verschwunden.
      Es war nicht besonders groß. Wahrscheinlich ein Kopf kleiner als ich. Ich schüttelte mich, um den Gedanken daran loszuwerden und betrat wieder die Baracke.
      Erst jetzt bemerkte ich, dass mein scheuer Gastgeber mir wieder den Tisch mit Broten und Weinkrügen vollgestellt hatte.
      Da es mittlerweile wieder spät geworden war, wagte ich es nicht mehr, noch einmal ins Freie zu gehen.
      Mit einem tiefen Seufzer setzte ich mich wieder vor das Buch, schenkte mir erneut vom Wein ein und begann erneut zu lesen. Die passende Seite war noch vom Vormittag aufgeschlagen, Dienstag. 15. Juni.

      „Es regnet gerade in Strömen - leider liegen meine Stiefel noch vor dem Hauseingang.
      Sie sind mir zwar nicht besonders wichtig und ich komme, bis sie getrocknet sind, auch ohne festes Schuhwerk aus, aber sei’s drum. Schade.
      Vor einigen Tagen bemerkte ich etwas am Ufer des Flusses, als ich an diesem entlang ging.
      An einigen Stellen ist das Erdreich gelockert – als ich an einer dieser Stellen grub, entdeckte ich einige gut verschlossene Tongefäße. Ich öffnete eins und mir stieg sofort ein markanter Alkoholgeruch in die Nase. Ich verschloss es wieder, nahm es jedoch mit nach Hause.
      Ich frage mich, wem diese Alkoholvorräte gehören. Dem König?
      Das glaube ich eher nicht, er wird in seinem Wald mehr als genug – und vor allem angemessenere! – Vorratskeller angelegt haben. Wie es die Königin verdient hat, bedient zu werden.

      Wie auch immer. Dies ist der erste regnerische Tag, seit ich hier ankam.
      Ich werde also nun einen der Krüge, die ich mit mir nahm, leeren und mich danach gleich schlafen legen.“

      Leicht enttäuscht davon, dass dieser Eintrag so viel Substanz vermissen ließ, nahm ich einen tiefen Schluck Wein. Immerhin wusste ich nun, woher dieser stammte. Nebenbei bemerkte ich, wie Regentropfen gegen das Fenster prasselten.
      Ich blätterte, nun weitaus weniger behutsam, die nächste Seite um, um nachzusehen, ob es denn weitere, und womöglich wieder interessantere, Tagebucheinträge gab.
      Der nächste war direkt auf den 16. datiert. Einen Tag nach dem vorigen.

      „Ich bin vor ein paar Stunden aufgewacht. Mein Hirn hämmert wild gegen meine Schädeldecke. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, gleich den ganzen Krug auszutrinken.
      Was ich vorhin sah, ließe sich vielleicht auf den Einfluss des Restalkohols in meinem Blut zurückführen – ich hoffe es zumindest!
      Ich erwachte auf dem Fußboden, in der Mitte des Raumes. Wie ein Käfer, Ungeziefer, alle Viere ausgestreckt.
      Ich brauchte einige Minuten um mich einigermaßen zu fassen und aufstehen zu können.
      Das erste, was ich dann tun wollte, war klar. Hinausgehen, meine nassen Stiefel holen.

      Schon aus einigen Metern Entfernung sah ich, dass sie bis zum Rand mit Regenwasser gefüllt waren. Doch erst als ich direkt vor ihnen stand konnte ich richtig erkennen, was ich nun der Wirkung des Alkohols anhängen will.

      Das Wasser in den Stiefeln toste und tobte, als wäre es der sturmgepeitschte Ozean.
      Ich schreckte zurück, bewegte mich einige Schritte von ihnen fort. Wie von einer Windhose in die Luft getragen, begann das Regenwasser sich in die Luft zu erheben. Aus meinen Stiefeln heraus erwuchs die Erscheinung eines kleinen, feisten Jungen. Als dieses Bild vollständig vor mir stand beruhigte sich das Wasser.
      Der kleine fing an zu lachen, stieg aus meinen Stiefeln und fing an, um mich herum zu springen.
      Ich versuchte, ihm eine zu verpassen. Doch meine Faust traf nichts als pures Wasser.
      Er blieb stehen, beobachtete mich für eine kurze Zeit. Dann fing er wieder an zu lachen und rannte los, direkt in den Wald, um nun auch meine Königin zu belästigen. Ich traue mich noch immer nicht in den Wald hinein, also blieb ich dort nur regungslos stehen und sah ihm hinterher.

      Ich hoffe noch immer, dass dieser fette, kleine Nichtsnutz nur eine Ausgeburt meiner weingetränkten Fantasie ist. Und das, obwohl ich schon wieder dieses fiese Lachen aus dem Wald schallen höre.“

      Bei diesen letzten Worten verschluckte ich mich an meinem Wein. Denn genau dies war, was ich nun schon wieder hörte. Ein hässliches Kinderlachen.



      Edit:
      Hab noch n bisschen was angehängt, wollte dafür keinen neuen Post bringen.

      2. Edit:
      Wieder was angehängt. Damit ist dieser Part der Geschichte vollständig.
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    • Sechsfachpost. Ich bin der König von Allem. 8)

      Nächster Abschnitt
      Als ich am nächsten Morgen erwachte, dröhnte mir noch immer der Schädel.
      Das finstere Lachen hallte noch durch meinen Verstand und ließ mich noch immer nicht in Ruhe. Die Nacht über hatte ich ur wenig geschlafen und als ich es geschafft hatte, wurde ich von Albträumen geplagt.
      Kleine, dicke Wasserkinder, die aus dem Fluss gestiegen kamen und mein zu Hause umstellten.
      Nach meinem Erwachen blickte ich hinaus, doch dort war niemand zu sehen.
      So, wie ich es im Grunde erwartet hatte.

      Ich ging hinaus, um mich am Fluss zu waschen.
      Doch, da mir war, als wäre ich unter Beobachtung, ich ging rasch wieder zurück in meine Hütte.
      Es war noch früher morgen, doch allein der Gedanke daran, mich draußen aufzuhalten, erfüllte mich mit tiefem Unwohlsein.
      Also setzte ich mich wieder hin, um das Tagebuch des A.M. zur Hand zu nehmen.

      "01. August. Sonntag.
      Vor vier Tagen zogen Schwärme von laut schreienden Raben in das Tal. Ich weiß nicht, woher und warum sie kamen, doch eins ist klar. Sie sind zu laut.
      Sie sind laut und stören, durchbrechen die sakrale Stille, die zuvor an diesem ort herrschte.
      Eines konnte ich bei ihnen bereits heraushören. Obwohl es unmelodisch wie nichts zweites klingt, krähen sie ihr Geschrei im immer gleichen Rhythmus in die Stille hinein. Die widerwärtigen Fanfaren und Posaunen des Königs. Ihr Klang vergewaltigt mein Gehör.
      Seine feierliche Musik, sein Hochzeitsmarsch."

      Mein Magen verkrampfte sich.

      "Drei Tage lang lärmte es, bis es endlich verstummte. Als ich vor die Tür trat, um die wiedererlangte Ruhe auf mich wirken zu lassen, landete einer der dreisten Vögel, sie schienen die Hütte umkreist zu haben, auf meinem Kopf.
      Als ich nach ihm schlug, erhob er sich wieder und flog direkt in den Forst hinein. In meinem Wahn, ihm eine langen zu wollen, verfolgte ich ihn und betrat erstmals den Wald.
      Schon nach kurzen Augenblicken verlor ich seine Spur. Doch er war schon längst aus meinem Bewusstsein gestrichen. Mein Verstand war nur noch davon erfüllt, weiterhin vorwärts zu gehen und das Knacken der dünnen Äste, die ich dabei zertrat, bildeten mein Wanderlied.
      Es war nur wenig Zeit vergangen, bis ich die Königsburg erreichte. Vor mir erhob sich, inmitten des Waldes, der vermoderte, heruntergekommene Rumpf eines alten Segelschiffwracks.
      Als ich so meine Augen darüber wandern ließ, erblickte ich direkt über mir den König, mit seiner bewusstlosen Braut an der Reling stehend.

      Der Rabenkönig krähte und rief, seine Flügel streckte er weit von seinem mannsgroßen Körper aus, krähend-kreischend seine Untergebenen herbei.
      Sie stimmten wieder ihren furchtbaren Hochzeitsmarsch an, den sie tagelang geprobt hatten. Ein Tag des Probens für den Vater, einer für den Sohn, einer für den heiligen Geist.

      Mein ganzer Körper verkrampfte sich bei dem Schauspiel, welches sich mir bot.
      Langsam und feierlich führte der König seinen diamantenen Schnabel an den Hals meiner geliebten Königin. Der stechende Blick seiner grün schimmernden Pupillen fixierte und durchbohrte mich, als er ihre Kehle durch biss.
      Blut tropfte von seinem Schnabel, als er krähend ihren Leichnam hinunter in meine Arme warf."

      Ich spürte, wie sich, als sich dieses Szenario in meinem Kopf abspielte, mein Magen zusammen zog und mein Herz einen Schlag ausließ.
      Ich rannte direkt hinaus, um mich vor der Tür zu übergeben.
      Als mein Magen komplett geleert war, setzte ich mich, einige Meter entfernt, ins Gras und schloss meine Augen. Alles um mich herum drehte sich und mir wurde schwindelig, bis ich einen leichten Lufthauch an meinem Gesicht spürte. Als wäre etwas direkt vor meinen Augen an mir vorbei geflogen.
      Ich erschrak und riss die Augen auf. Das erste, was ich sofort sah, war, wie drei Raben in meinem Erbrochenen herumpickten und unverdaute Brotstücke fraßen.
      Dieser Anblick ließ meinen Magen erneut rotieren und ich versuchte, noch etwas aus meinem leeren Bauch heraus zu würgen. Doch das einzige, was passierte, war, dass sich die Magensäure meine Speiseröhre hinauf brannte.
      Ich würgte unkontrolliert weiter, bis ich die Besinnung verlor und rückwärts ins Gras fiel.

      Ich erwachte Stunden später, mit dem Geschmack von Blut und Kotze im Mund. Auf zitternden Beinen wankte ich zum Fluss, um mein Spiegelbild im Wasser zu beschauen und meinen Mund auszuwaschen.
      Im langsam fließenden Gewässer sah ich, dass meine Mundwinkel ganz blutig waren.
      Die Raben schienen, als ich bewusstlos war, mein Gesicht bearbeitet zu haben. Dort, wo noch Erbrochenes am Mundwinkel klebte.
      Während ich es mir genauer anschaute, tropfte ein wenig Blut aus den Wunden und vermischte sich mit meinem Spiegelbild. Ich begann, so erschien es mir, langsam meinen Stolz aus mir heraus zu bluten.

      Der Anblick, wie das Blut durch die Strömung langsam in den Wald getragen wurde, beruhigte mein Gemüt und langsam nachdem ich mein Gesicht gewaschen hatte, stand ich auf und ging zurück nach Hause.
      Denn ich erinnerte mich, der Tagebucheintrag war noch nicht zu Ende gelesen.

      Als hätte mein Gastgeber von meinen Eskapaden an diesem Tag gewusst, waren die Krüge auf dem Tisch nicht länger mit Wein, sondern mit klarem Wasser gefüllt, wie es aus der Quelle im Gebirge fließt.
      Nachdem ich nun meinen lädierten Magen wieder ein wenig gefüllt hatte, nahm ich das Tagebuch zur Hand. Draußen ging bereits die Sonne unter.

      „Die Raben schienen mich mit ihrem Krähen auslachen zu wollen.
      Ich schaute nicht mehr zum feiernden König hinauf, sondern drehte mich direkt um und trug sie aus dem Wald hinaus.

      In der Nähe meiner Behausung legte ich sie zu Boden.
      Mit bloßen Händen riss ich den Boden auf und schaufelte große Mengen Erde aus dem Boden. Ich türmte und formte sie zu einem rechteckigen Altar, zu einem kalten, mit Laub bedeckten, Waldbett.
      Auf diesem bettete ich die Königin.
      Ich strich ihre Kleider glatt und setzte mich vor ihren toten Leib. Ich streichelte über ihren Kopf, tauchte meine Hand in den Ozean ihres langen, schwarzen Haares. Betrachtete ihre geschlossenen Augen, ihren für immer verstummten Mund.

      Die Sonne war bereits untergegangen, als ich wieder aufstand. Durch das lange sitzen waren meine Beine eingeschlafen. Ich ignorierte das Kribbeln, welches sich in meinen Beinen breit machte und holte langsamen Schrittes die Zündhölzer.

      Weder die gefiederten Aasfresser, noch das Gewürm durften sie haben.
      Ich dachte mir, ihr Geist wäre längst aus ihr heraus gefahren, hinauf zum vollen Silbermond, der in dieser Nacht am Himmel hing.
      Der Rauch sollte ihm folgen und sie dort oben zum Schlafe zudecken.
      Über solcherlei Sachen dachte ich nach, während ich zum Abschied ihre erkaltete Stirn küsste und ein brennendes Zündholz an ihre Kleider hielt.
      Die Flammen wuchsen schnell, breiteten sich über den gesamten Körper aus.
      Ich setzte mich wieder, wie zuvor, vor ihr ins Gras und betrachtete das Schauspiel, den Funkenflug und die tanzenden Flammen.

      Es dauerte weniger lange als erwartet, bis die Flammen ihren ganzen Körper verzehrt hatten.
      Ich erhob mich aus meinem Schneidersitz , klopfte mir den Dreck von den Hosen.
      Mein Blick fiel auf das, was von ihr übrig geblieben war. Nichts als warme Asche, selbst die Glut war bereits restlos erloschen.

      Dann geschah es, begleitet von einem einzelnen, viehischen Schrei, der aus dem nahen Wald schallte.
      Gerade, als ich den Entschluss gefasst hatte, mich zum Schlafen in ihre noch warme Asche zu legen, fegte ein Windhauch über das Tal, trug die Asche mich sich fort. Direkt in den Wald, in das Reich des Rabenkönigs.
      Ich sah ihr hinterher, fiel auf meine Knie und weinte.
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    • Wieder n paar Tage seit dem letzten Post vergangen. Also dann...

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      Es war bereits mitten in der Nacht, als ich erstmals wieder vom Buch aufsah und bemerkte, dass die Haustür immer noch weit geöffnet war.
      Die ersten Schwaden des Aschenebels breiteten sich im Tal aus und erfüllten die Nachtluft mit drückender Wärme.
      Einige drangen in die Hütte ein, legten sich auf den Boden. Es schien, als wären es kleine Käfer, die keinen Weg wieder hinaus gefunden hatten.
      Ein Windhauch, der durch die geöffnete Tür herein kam, wirbelte die Asche wieder auf und schickte sie, durch den Kamin, in den Nachthimmel, in dem sie für einen Augenblick den Mond bedeckte und verdunkelte.

      Ich setzte mich auf die Türschwelle, die Aufführung des nebeltheaters erwartend.
      Die Asche rollte, wie ich es schon einmal beobachtet hatte, über das Tal. Doch dieses Mal ließ sie, als wäre es verhext, ein kreisförmiges Stück Wiese unberührt.
      Erneut wurde die Asche, ohne jeden Wind, aufgewirbelt, die einzelnen Flocken verbanden sich, ließen einander los und verbanden sich tanzend erneut. Die Konturen verschwammen und erstarkten wieder.
      Die Aschekönigin stand vor mir.

      Ich erinnerte mich an das, was ich während des Vortags gelesen hatte und wusste nun endlich, wer es war.
      Obwohl, im Grunde, nichts als in Menschenform gebrachte Asche, war sie doch mehr. So, wie es einer Königin gebührt.
      In ihr vereinigten sich die schönsten Widersprüche und alles, was "Glück" bedeutet.
      Sommerregen und Sonnenschein, Erdbeerkuchen und Kakao, Schneefall und loderndes Kaminfeuer, wenn goldene Krähen die Vogelscheuche mit ihren Schnäbeln auseinander nehmen. Sie war ein Regenbogen aus Asche und verstorbenen Träumen.

      Ihre Schritte lenkten sie zum unbefleckten Teil der Wiese, ließen sie davor verharren.
      Sie senkte ihr Haupt, als blicke sie sehnsüchtig auf diesen, für sie unerreichbaren, Ort. Als habe sie genau diesen einen, den sie nicht betreten durfte, zu ihrer Bühne auserkoren.

      Ich beobachtete sie eine ganze Weile, bis ich mich, wie von alleine, erhob und auf sie zu ging.
      Ich watete knöcheltief durch den Nebel, der bei jedem Schritt aufwirbelte. Schon bald bemerkte sie mein Kommen, drehte sich zu mir um und blickte mich aus leeren Augen an.
      Ich hielt kurz inne, doch ging bald weiter, geradewegs auf sie zu.
      Sie schüttelte langsam ihren Kopf, während ich immer näher kam.
      gedankenlos ging ich weiter, blieb direkt vor ihr stehen. Ich sah, der unberührte Fleck war komplett von Kleeblättern bewachsen. Ein Lächeln wuchs auf meinem Gesicht.
      Ich streckte meine Arme aus. Gerade, als ich sie um die Königin schließen wollte, erschallte ein gellender Vogelschrei.
      Sie schloss die Augen und fiel vor meinen Augen in sich zusammen.

      Der Rabenkönig hatte mich, wie ein Narr, mit offenen Armen im Nebel stehen lassen.
      Ich legte mich inmitten des Kleebeetes und rollte mich zusammen, den Nebel beobachtend.
      Während die ersten Regentropfen auf meinen Kopf fielen, schlief ich langsam ein.

      Obwohl ich den Regen auf meiner Haut, und wie er meine Kleidung durchweichte, spürte, war alles, was ich erblicken konnte, eitler Sonnenschein.
      Die Strahlen der Sonne bemühten sich, mir zu zeigen, was sie wirklich konnten.
      Wie im Zeitraffer verdorrte das Gras und der Klee um mich herum. Der Boden trocknete aus.
      Eine Melodie, mir seltsam vertraut vorkommend, erfüllte die Luft und drang in meinen Schädel ein.
      Sie klang, als kündigte sie von einem anderen, entfernten und lange vergessenen Königreich unter diesem Tal.
      Mit bloßen Händen grub ich in der trockenen Erde. Ich grub stundenlang, den Ursprung der Melodie zu ergründen, um Grieg auf den Grund zu gehen.
      Nach, wie mir schien, vielen Stunden, die Sonne brannte noch immer ohne an Kräften zu sparen, verstummte die Melodie, um meinen Arbeitseifer zu beenden.
      Ich kletterte aus meiner frisch gegrabenen Grube, nachzuschauen, was ich getan hatte. Ich erkannte, wie ich während meines Eifers nicht bemerken konnte, dass ich einmal rund um das schmale Kleefeld herum gegraben hatte. Sechs Fuß tief, sechs Fuß breit.
      Tiefe Befriedigung breitete sich in mir aus und ich lenkte meine Schritte nach Hause.
      Ich ließ mich vor der Tür ins Gras fallen. Die Sonne schien mir ins Gesicht, schmolz und fiel nass von mir herab. Es dunkelte und mein Traum verschwamm.
      Ich erwachte wieder aus meinem Schlaf.

      Ich lag, die Kleider und Hände voller Schlamm, im strömenden Regen vor meiner Haustür.
      Meine Muskeln schmerzten, wie sie es noch nie getan hatte. Da ich durch den strömenden Regen keine paar Meter weit sehen konnte, und mich nicht erkälten wollte, betrat ich schnell die Hütte, um dort den angebrochenen, verregneten Mittag hinter mich zu bringen.
      Ich blickte einige Zeit aus dem Fenster, konnte jedoch noch immer nichts erkennen, was meinen Zustand erklären könnte, also setzte ich mich wieder zu meiner neuen Lieblingslektüre an den Tisch.

      „02. September. Donnerstag.
      Seit zwei Wochen kam es in meinem Hirn an, dass sie fort ist. Endgültig, unwiederbringlich.
      Seit dieser Gedanke realisiert wurde und anfing, mein Gemüt zu bestimmen, spüre ich, wie meine Wurzeln wieder versuchen sich auszubreiten.
      Mein Fleisch trocknet und verhärtet sich. König Rabe verstummte, als würde er schlafen. Doch der Wald ist es nun, der mich ruft.

      Vor einigen Tagen fing ich an, Raben zu jagen. Immer, wenn sie anfingen zu kreischen, warf ich gezielt Steine. Durch stundenlange Übung wurde ich immer zielsicherer.
      Wann immer ich ihr kreischen vernahm, schlich ich mich an, warf sie bewusstlos und steckte sie in meinen großen Sack.
      Und jede Nacht verbrannte ich einen der verdammten Vögel.
      Doch ich bin träge geworden und sie bemerkten, dass ich mich nach ihrem verzerrten Vogelgesang richtete.
      Von Zeit zu Zeit sehe ich noch die verbliebenen drei Raben. Sie sollen mich nun allerdings nicht weiter stören. Sie gewöhnten sich ab, Krach zu machen. Es ist fast, als gäbe es sie nicht länger.
      Und der Wald ruft.
      Ich werde seinem Ruf folgen, solange meine Gelenke und Muskeln nicht vollständig zu Holz wurden. Ich werde mein trockenes Fleisch ins Freie befördern, um meine Wurzeln in den Boden zu rammen und mich dort zu verankern.

      Der Wald soll um einen neuen Baum wachsen.“

      Verwundert blätterte ich um. Alle weiteren Seiten waren blank, bis auf die letzte. Sie war komplett von einer krakeligen, schlecht gemachten Zeichnung eines kranken und verzerrten Baumes bedeckt.

      Obwohl sich mein Magen mal wieder verkrampfte und ein Schauer über meinen Rücken lief, witzelte ich noch darüber.
      Denn ein Gedanke kam mir sofort – dieses Selbstportrait war sicherlich kein Meisterwerk.


      Edit:
      Die tatsache, dass das hier mittlerweile zum Siebenfachpost mutiert is, könnte eventuell daran liegen, dass es kein Schwein interessiert. Darüber bin ich mir wohl im klaren, keine Sorge. ;D

      Noch ein Edit: Bump. Außerdem, sonst würd ich ja nich bumpen, ein wenig weitergeschrieben. Erstmal diesen Abschnitt fertig.
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      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Headshrinker ()

    • ich war lange nicht mehr wirklich aktiv im forum und habe schlicht vergessen, dass es hier diesen kleinen aber feinen thread von dir gibt. habe eben nur den neusten teil gelesen und darf dir gratulieren: ich liebe deine schreibweise nach wie vor. ich finde, es ist ein dir eigener stil. deine art, saetze zu kreieren. kurz, kurz, lang, einfach, negativ, melancholisch, nuechtern. sehr viele facetten. das fesselt.
      vielleicht kommentieren nicht ganz so viele leute, weil man manchmal nach dem lesen nicht recht weiss, was man dazu sagen soll. das heisst in meinem fall nicht, dass es nichts zu sagen gaebe. es ist nur nicht ganz einfach. aber kunst soll ja auch nicht einfach sein, wie kafka uns lehrte.
      poste ruhig weiter, ich werde mitlesen. ich werde immer ganz ruhig, wenn ich die zeilen durchgehe. und fuehle mich wohl, obwohl die situationen, die beschrieben werden, nicht zwangslaeufig wohlige sind.

      einzige anmerkung:
      Original von Headshrinker
      In ihr vereinigten sich die schönsten Widersprüche und alles, was "Glück" bedeutet.
      Sommerregen und Sonnenschein, Erdbeerkuchen und Kakao, Schneefall und loderndes Kaminfeuer, wenn goldene Krähen die Vogelscheuche mit ihren Schnäbeln auseinander nehmen. Sie war ein Regenbogen aus Asche und verstorbenen Träumen.

      erdbeerkuchen und kakao. ich weiss nicht, in meinen ohren klang das einen tick zu kitschig und abgelutscht. hat ein bisschen mein empfinden von harmonie gestoert.

      immer weiter, ich liebe dein zeug! :D
      »Denn wir können, wenn wir nur die Entschlossenheit besitzen,
      die Hure Erinnerung und ihr ganzes Gelumpe und Gesindel aus dem Haus weisen.«

      - Virginia Woolf -