Ein Hauch des Göttlichen...

    • Ein Hauch des Göttlichen...

      Kennt noch jemand Arianne Schwarzherz und den Untergang von Emeranea? (Suchfunktion ftw...) Es sieht wohl nicht so aus, als würde ich diese Geschichte in absehbarer Zeit beenden, hauptsächlich, weil ich mich in einige narratologische Sackgassen manövriert hatte, die ziemlich unlösbar erscheinen.
      Aber ich hatte ungefähr zeitgleich eine Kurzgeschichte verfasst, die Ariannes Schicksal aus der Sicht der anderen dokumentiert und zudem verständlich ist, ohne den anderen Klumpes gelesen zu haben.
      Have fun...
      (PS: Für diejenigen die gerade auch das "Blut des Königs" verfolgen: Die Figur des Athrin Hohenfels hatte hier ihren Anfang. Es ist nicht derselbe Athrin aber der Name gefiel mir unheimlich gut und da die andere Story von mir schon ins Nirvana katapultiert wurde, hab ich bei mir selber abgeschrieben...)
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      Ein Hauch des Göttlichen


      Die Nacht war kühl. Für eine Sommernacht sogar sehr.
      Der hell leuchtende Vollmond ließ die Gebäude der Stadt in silbernem Licht erstrahlen sodass sich die Silhouetten der aus hellem Stein erbauten Häuser deutlich abzeichneten.
      Es war sehr still, nur gelegentlich war das Zirpen der Grillen und das Bellen eines Hundes unter sternenklarem Himmel zu hören.

      Eine vermummte Gestalt eilte durch die dunklen Gassen, stets einen ängstlichen Blick zurückwerfend ob sie verfolgt wurde. Noch schien sie alleine zu sein, aber sie wusste, dies konnte sich jeden Augenblick ändern.
      Sie begann schneller zu laufen, nicht auf ihren rasenden Herzschlag achtend.
      Es stand viel zu viel auf dem Spiel...
      Ihr Ziel lag nun direkt vor ihr: der große Tempel des Temeth, der gegenüber des königlichen Palastes die Dächer der Stadt überragte, der Hauptstadt Andria des emeraneanischen Reiches.

      „Ihr seid ja noch wach, Herrin.“ Athrin Hohenfels, Hauptmann der Tempelwache, klang besorgt. Diese Nacht würde es wahrscheinlich passieren. Das, wovor er sich schon Monate fürchtete, seit all die seltsamen Dinge geschahen.
      „Dieselbe Frage könnte ich Euch stellen, Athrin...“ entgegnete ihm eine weiche Frauenstimme aus einer dunklen Ecke des Raumes.
      Der Tempel von Temeth war ein imposantes Bauwerk und wahrscheinlich der prachtvollste seiner Art in ganz Emeranea. Er war auf einer Anhöhe erbaut, sodass er die Stadt zum größten Teil überragte. Dennoch musste man noch einige Stufen bis zum eigentlichen Eingang erklimmen, der in eine riesige Eingangshalle führte, die mit Marmorboden unterlegt war und in deren Mitte ein Springbrunnen plätscherte. Vier Säulen stützen den Raum und mehrere Bänke boten Platz zum Warten und zur Andacht. Ein großes Holztor, das in einen steinernen, mit Ornamenten verzierten Bogen eingelassen war, führte in den Gebetsraum, einen schlicht eingerichteten Raum mit großen Fenstern, in dem die meisten religiösen Zeremonien abgehalten wurden.
      Im Gebetsraum selbst befand sich eine kleine Tür, die zum Gesellschaftsraum führte, einen prächtig verzierten Saal mit steinernen Ornamenten an den Wänden und einem Altar in der Mitte, der als Aufenthaltsort für die dort lebenden Kleriker diente.
      Von dort führte eine steinerne Wendeltreppe zu den Quartieren der Priester, die je nach Rang in der Hierarchie eingerichtet waren. Zwar war jedes Zimmer gleich schlicht eingerichtet, schließlich war vor Temeth jeder gleich, doch zeugten Abzeichen an den Wänden von dem Rang, den der Bewohner des Raumes bekleidete.
      Auf diesem Stockwerk war auch der Altarraum zu finden, dessen hinterer, durch einen Vorhang abgetrennter Teil, das Allerheiligste beherbergte. Des Weiteren befand sich dort ein noch größerer, prunkvollerer steinerner Altar als im Gesellschaftszimmer, der mit einem weißen Tuch und mehreren Kerzen bedeckt war. Ein schwerer roter Läufer mit goldenen Ornamenten unterteilte den Raum, direkt auf das Heiligtum zuführend. An den Seiten lagen Sitzkissen für meditierende Priester und eine kleine Holztür führte zum Quartier der Hohepriesterin.
      Dort hielt sich Athrin nun auf, während die Wächter seiner Garde vor den Türen Wache hielten.
      Er und die Priesterin waren alleine. Nachdem sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte er, dass sie kniete.
      „Es ist meine Aufgabe hier zu wachen, Herrin,“ entgegnete er respektvoll.
      „Ihr habt Recht.“ Sie stand auf, trat aus der dunklen Ecke heraus und das Kerzenlicht fiel auf ihr Gesicht.

      Athrin erschrak. Er wusste, sie hatte besonders in den letzten Tagen unter großer Anspannung gelitten, doch dass sie so schlecht aussehen würde, hätte er nicht gedacht.
      „Heute Abend ist ihre Entscheidung endgültig gefallen“, sagte sie und strich über ihr Gesicht. Und zum ersten Mal klang ihre Stimme ein wenig zittrig. „Ich weiß es. Sie werden kommen und mich holen. Es ist nur eine Frage der Zeit.“
      „Aber Herrin...“
      Der Hauptmann betrachtete sie eingehend.
      Arianne Schwarzherz war keine junge Frau mehr, dennoch war sie auf eine interessante Art und Weise schön. Sie war nicht besonders groß, doch strahlte sie eine Lebhaftigkeit aus, die man in ihren Augen sehen konnte. Ihre dunkelblonden Haare waren ein bisschen länger als schulterlang und zu einem dicken Zopf zusammengebunden, den sie über die Schulter gelegt hatte, zudem schmückte ein schlichter silberner Reif ihre Stirn.
      Athrin kannte sie nun schon seit mehreren Jahren, dennoch blieb sie für ihn wohl immer ein Geheimnis, denn über ihre Vergangenheit sprach sie nur ungern und äußerst selten. Von dem wenigen, was er wusste, konnte er erahnen, dass sie schon einiges durchgemacht hatte. Gelegentlich, wenn sie sich unbeobachtet fühlte, hatte er wahrgenommen, wie sich Schmerz und Trauer in ihre Gesichtszüge schlichen.
      Es hieß, sie sei als junge Frau von ihrer Familie verstoßen worden, weil sie das Gesetz gebrochen und ohne verheiratet zu sein, ein Kind erwartet habe, das sie durch unglückliche Umstände doch nicht zur Welt habe bringen können.
      Weiterhin hieß es, sie habe niemals Hohepriesterin werden wollen und sei in dieses Amt und die damit verbundenen Aufgaben hineingedrängt worden. Wenn dies die Wahrheit war, so konnte er verstehen, dass sie manchmal an den ihr gestellten Aufgaben verzweifelte.
      Meistens jedoch und vor allen Dingen, in der Zeit, die sie in der Öffentlichkeit zubrachte, wirkte sie stark und unerschütterlich und vermittelte den Eindruck an allen Herausforderungen nur gewachsen zu sein.
      Ihre Stimme, die jetzt wieder gefasst klang, riss ihn abrupt aus seinen Gedanken und es kostete ihn Überwindung, nicht vor Schreck zusammenzuzucken.
      „Ich weiß Eure Sorge wirklich zu schätzen, Athrin. Aber ich fürchte, es gibt nicht mehr viel, das Ihr für mich tun könnt.“
      „Ich habe geschworen, die Priester dieses Tempels mit meinem Leben zu schützen. Auch Ihr gehört dazu, Herrin.“
      „Dann entbinde ich Euch hiermit von Eurem Schwur, Athrin. Dies ist mein ausdrücklicher Wunsch.“ Jede Faser seines Selbst protestierte bei ihren Worten. Es war seine Pflicht, zu bewachen und zu schützen und wenn nicht hier und jetzt, wann dann? Und außerdem war da noch etwas Anderes...
      Sie lächelte wissend, und trat einen Schritt auf ihn zu.
      „Ich weiß, was Ihr für mich empfindet, Athrin Hohenfels. Vielleicht kenne ich Euch sogar besser, als Ihr Euch selbst. Aber ich bitte Euch inständig, loszulassen und Euch nicht einzumischen. Dies ist alleine meine Aufgabe. Belastet Euch nicht mit Dingen, die ihr nicht ändern könnt.“
      Sanft berührte ihre Hand seine Schulter und sie stellte sich auf die Zehenspitzen um ihm einen flüchtigen Kuss auf den Mund zu geben.
      „Geht nun, Athrin... Ich bitte Euch. Ich habe nicht mehr viel Zeit und möchte vorerst noch ein wenig für mich alleine sein.“
      Er nickte und schluckte, unfähig zu sprechen, bevor er schweren Herzens aus ihrer Kammer in den Vorraum trat.
      Warum nur? Was hatte sie nur falsch gemacht?

      Das Herz klopfte Amalthea bis zum Hals, als sie endlich, den Umhang abstreifend die Eingangshalle des Tempels betrat und sich die schweren Eisentüren hinter ihr quietschend schlossen. Sie benötigte mehrere Minuten, um wieder zu Atem zu kommen, bevor sie den Gebetsraum durchschritt und die Treppen hinaufeilte.
      Ein Geräusch erregte ihre Aufmerksamkeit und als sie im Altarraum angelangt war, sah sie, wie Athrin Hohenfels gerade die Kammer der Hohepriesterin verließ.
      Er wirkte bedrückt und hatte sie bisher noch gar nicht richtig wahrgenommen. Langsam ging er auf den Altar zu und wollte sich gerade niederknien, als er sie erblickte.
      „Ich grüße Euch, Novizin.“ Seine Stimme klang verbittert und traurig.
      „Auch Ihr seid gegrüßt, Hauptmann Athrin.“
      „Ihr seht gehetzt aus. Bringt Ihr Neuigkeiten?“
      Sie nickte nur und spürte zugleich einen inneren Stich.
      „Es sieht so aus, als ob der König es bei seiner Anklage belässt. Ich fürchte, man wird sie heute Nacht noch holen.“
      „Ich weiß... und sie weiß es auch. Ich habe eben mit ihr gesprochen...“ Er stockte kurz. „Wie es aussieht, wird sie sich ihrem Schicksal ohne Widerrede fügen. Sie wirkte sehr ruhig und nüchtern auf mich.“
      „Wie kann sie nur so emotionslos reagieren?!“ platzte es aus Amalthea heraus. „Sie weiß genau, dass es bei dieser Sache nicht mit rechten Dingen zugeht. Und dennoch fügt sie sich?“
      „Es hat den Anschein. Sie hat mir sogar verboten, einzugreifen.“
      Amalthea schluckte. Nun verstand sie Athrins Verbitterung.
      Sie wollte noch etwas sagen, schwieg dann jedoch und ging stattdessen langsam auf Ariannes Kammer zu. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Athrin leise murmelnd zum Gebet anhob. Sie verstand nur wenige Wortfetzen, die jedoch schon ausreichten, dass sich Tränen in ihren Augen sammelten. „...wie ein Opferlamm...... wehrlos....“
      Sie holte tief Luft und klopfte dann an der Tür. Nachdem sie ein gedämpftes „Herein“ gehört hatte, betrat sie das Zimmer, nur um Arianne ebenfalls betend vorzufinden.
      Eine zeitlang blieb Amalthea bewegungslos stehen, weil sie es nicht wagte, ihre Herrin, zu unterbrechen, doch schließlich fasste sie sich ein Herz und räusperte leise.

      Arianne hob den Kopf und lächelte leicht. „Ich habe dich bereits erwartet, Kind.“
      Amalthea verbeugte sich. „Herrin.“ Sie fühlte, wie sich Schweiß an ihren Handflächen sammelte und rieb sie vorsichtig an ihrer Tunika ab.
      „Ich... ich komme gerade aus der Stadt, vom Hof des Rechts.“
      „Ich weiß...“ Die Hohepriesterin stand langsam auf und strich ihr Kleid glatt. „Sie bleiben dabei, nicht wahr? Es hat sich nichts anderes mehr ergeben?“
      „Es hieß, man wollte Euch heute Nacht noch holen.“
      „Dann bleibt mir wohl nicht mehr allzu viel Zeit...“
      „Aber... aber warum setzt Ihr Euch nicht zur Wehr?! Ihr wisst genau, dass ihr an dem Tod dieser Menschen unschuldig seid und dass Ihr Euren Pflichten als Hohepriesterin nachgekommen seid. Die Seuche kann gar nicht Temeths Wille sein!“ Amalthea hielt es einfach nicht mehr aus und die Worte verließen ihren Mund, bevor sie sich dessen bewusst war. Sie war ein Mensch mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn und konnte diese Farce einfach nicht ertragen. „Ihr seid eine so mächtige Frau, es gäbe doch bestimmt eine andere Möglichkeit, oder?“
      Arianne atmete geräuschvoll aus und berührte dann die Schulter der jungen Frau.
      „Ich weiß deine Sorge wirklich sehr zu schätzen, Kind. Doch es gibt Momente, in denen der Wille Temeths und meine Pflichten nicht immer so klar ersichtlich sind – das wirst du eines Tages auch verstehen.
      Es ist richtig, der König benutzt mich als Sündenbock für den Kriechenden Tod, und als Oberhaupt des Klerus bin ich dafür auch ein geeignetes Ziel.“ „Aber ihr habt doch...“ Eine Handbewegung ließ Amalthea sofort wieder verstummen. „Was wir für das Volk tun wird dort weitestgehend auch angenommen und verstanden. Nichtsdestotrotz... diese Seuche ist Realität und rafft täglich mehr Menschen dahin. Natürlich bin ich meinen Pflichten, soweit sie in meinem Ermessen standen, nachgekommen, aber das war anscheinend nicht genug. Wenn es nicht Temeths Strafe ist, was dann? Vielleicht habe ich wirklich nicht genug für ihre Übertretungen gebetet oder habe meine Befugnisse überschritten? Wer kann schon wissen, was ihn erzürnt, wenn selbst ich es nicht tue. Was liegt daher näher für König Rhodius als mich anzuklagen?“
      „Vielleicht nach der wahren Ursache suchen? Auch er hat als König eine Aufgabe gegenüber dem Volk, nicht nur wir!“
      „Das liegt nicht an uns zu beurteilen...“
      Die Worte klangen schal und Amalthea erzitterte. Arianne war als des Königs größte Widersacherin bekannt, als die Frau in Emeranea, die er am meisten fürchtete. Es gab kaum eine Entscheidung, die sie nicht angefochten hatte und kaum einen Erlass, der nicht ihre Kritik hervorgebracht hatte. König und Klerikerin, die zwei mächtigsten Menschen des Reiches waren füreinander wie Feuer und Wasser und obgleich sie einander brauchten, machten sie aus ihrer gegenseitigen Antipathie keinen großen Hehl. Dennoch hatte es seit jeher den Anschein, dass Rhodius Arianne mehr verachtete, als es umgekehrt der Fall war. Zumindest sprach sie in der Öffentlichkeit niemals darüber, wie sie über ihn dachte.
      „Er benutzt diese Seuche doch nur als einen Vorwand, um Euch loszuwerden!“
      „Natürlich tut er das. Würdest du anders handeln?
      Aber so wie es aussieht, habe ich tatsächlich in meiner Verantwortung versagt. Bei allem, was ich in den letzten Monaten getan habe, konnte ich den Kriechenden Tod weder verhindern, noch aufhalten. Ich habe meine Pflichten verletzt. Ich verdiene das Urteil.“
      „Nein, Herrin! Ihr verdient das Urteil nicht!“
      Amalthea erbebte am ganzen Körper.
      Arianne trat einen Schritt vor und berührte die Novizin an der Schulter.
      „Ich kann nachvollziehen, was du fühlst. Wäre ich an deiner Stelle, ginge es mir wahrscheinlich nicht anders. Gerechtigkeit ist manchmal nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Temeths Wille jedoch geschehe. Ich muss für meine Verfehlungen bezahlen und wenn dies seine Art der Bestrafung ist, so nehme ich sie an. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Ich bitte dich jetzt zu gehen und für mich zu beten.“
      Amalthea nickte und schluckte, während sie sich umwandte, um die Kammer zu verlassen. In ihrem Inneren spürte sie Verständnis für die Argumente der Hohepriesterin und Bewunderung für deren Ruhe, doch konnte sie das Gefühl nicht loswerden, dass etwas grundlegend falsch war. Als sie an der Tür angelangt war, hörte sie noch Ariannes Bitte, erneut nach Athrin zu senden und kam dieser umgehend nach.

      Athrin Hohenfels erschrak, als ihn eine sanfte Hand aus seinen Gebeten riss, erkannte aber nur Aufrichtigkeit in Amaltheas jungem Gesicht. Sie bedeutete ihm, noch einmal in die Kammer der Hohepriesterin zu gehen. Er nickte ernst, und stand auf um der Aufforderung Folge zu leisten.
      Als er dieses Mal die Kammer betrat, fand er Arianne im vollen Licht vor. Sie lächelte ihn sanft an und ging mit wiegenden Schritten auf ihn zu, was ihn unwillkürlich zum Schlucken brachte. Sie war so wunderschön, dass er sich wünschte, sie unter anderen Umständen kennen gelernt zu haben.
      „Athrin…“
      „Herrin… Warum habt Ihr nun doch noch einmal nach mir schicken lassen?“
      Behutsam löste sie den Gürtel ihres Kleides, sodass es sich vorne öffnete und weich an den Seiten ihres Körpers hinabfiel.
      „Ich habe nachgedacht…“ flüsterte sie kaum hörbar und er erkannte kurzfristig einen Schatten auf ihrem Gesicht, bevor sich ihre Züge wieder glätteten. „Meine Gebete sind beendet, ich habe Temeth nichts mehr zu sagen und auch sonst gibt es nichts mehr zu erledigen, wie ich glaube. Ich habe mich entschieden, die letzten Momente, doch nicht alleine zu verbringen. Ich habe geglaubt, stark genug zu sein, aber nun muss ich meine Schwäche eingestehen. Ich brauche jemanden, der mir zur Seite steht und ich kenne niemanden, der dafür besser geeignet wäre, als Ihr.“
      „Ihr… Ihr seid nicht schwach. Ich kenne niemanden, der stärker ist als Ihr… Ihr habt es im Alleingang geschafft, den Klerus zu reformieren und habt so viele andere Dinge geleistet. Nein, Ihr seid nicht schwach…“ brachte er heraus und verfluchte sich gleichzeitig für seine Unbeholfenheit.
      „Ich danke Euch. Fast die gleichen Worte hat vor langer Zeit ein sehr teurer Freund an mich gerichtet, bevor er mein Heimatdorf verlassen musste. Er war der Vater meines nie zur Welt gekommenen Kindes und wahrscheinlich der Grund, warum ich heute diejenige bin, die ich bin. Auch wenn ich ihn nie so lieben konnte, wie er mich, haben mir diese Worte sehr viel bedeutet und Ihr bedeutet mir genauso viel, Athrin.“
      „Herrin...“ Mehr brachte er nicht heraus, sosehr berührte ihn das soeben Gesagte. Wahrscheinlich hatte sie gerade mehr von ihrem vorherigen Leben mit ihm geteilt, als mit sonst jemandem. Sie erschien ihm mit einem Mal menschlicher und nicht mehr so unerreichbar, ihr Eingeständnis von Schwäche machte sie zugleich stärker und verletzlicher. Wenn er ihr doch nur helfen könnte…
      Mit einer schnellen Handbewegung sah er, wie sie ihr gelöstes Kleid von den Schultern streifte, sodass es in einer fließenden Bewegung zu Boden fiel und sie nur noch in Unterkleidern vor ihm stand.
      „Bitte Athrin, ich brauche Euch, haltet mich fest…“
      Er verstand und trat mit einem vielleicht etwas zu raschen Schritt auf sie zu…

      Noch lange Zeit danach starrte Athrin verträumt und ein wenig traurig an die Decke. Er konnte sein Glück und sein gleichzeitiges Pech noch immer nicht fassen und fragte sich, inwieweit sie miteinander zusammenhingen. Nachdem er nun mit der Frau, die er liebte einen ungeahnten Moment der Intimität geteilt hatte, wusste er doch dass eine Trennung unumgänglich war.
      Arianne neben ihm richtete sich langsam auf und bedachte ihn kurz mit einem warmen Blick, bevor sie aufstand und ans Fenster ging. Die Haare aus ihrem Zopf hatten sich teilweise gelöst und hingen ihr wirr über das Gesicht, was sie in seinen Augen noch schöner erscheinen ließ.
      Er folgte ihr und legte die Arme um sie, den Kopf auf ihre Schultern gelegt.
      „Ich wünschte, diese Nacht ginge nie zu Ende…“ flüsterte er und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
      „Alles hat einmal ein Ende… und ich habe nun keine Angst mehr. Alles geschieht so, wie es bestimmt ist…“
      „Aber denk nur, Arianne… wir hätten möglicherweise eine gemeinsame Zukunft gehabt. Es kann nichts Schlechtes dabei sein, wenn zwei Menschen sich lieben.“
      „Ich weiß deine Zuneigung wirklich sehr zu würdigen, Athrin…“ Genau wie er, ging sie nun zu einer informellen Anrede über. „Aber es hätte niemals eine gemeinsame Zukunft für uns gegeben…“
      Er verstand und insistierte nicht weiter. Stattdessen blieben sie noch eine Weile so stehen, bis in der Ferne Fackeln zu erkennen waren, die sich langsam auf den Tempel zubewegten.
      Behutsam löste sich Arianne aus seiner Umarmung und machte sich daran, ihre Kleider aufzusammeln und sie sich überzuziehen.
      „Es ist an der Zeit…“
      Es versetzte ihm einen Stich, sie dabei zu beobachten. Betrübt atmete er aus und kleidete sich ebenfalls an.
      Als er zu seinen Waffen greifen wollte, bemerkte er, dass sein Schwert fehlte und fand es in Ariannes Händen wieder. Sie stand, nun wieder voll bekleidet, in der Mitte des Raumes und durchtrennte damit ihren Zopf. Er fiel geräuschlos zu Boden und blieb dort liegen, wie ein weggeworfenes Stück Stoff. Wortlos wischte sie das Schwert an ihrem Ärmel ab und reichte es Athrin, der ihr zunickte und die Waffe an seinem Gürtel befestigte. Sie schüttelte kurz den Kopf, damit ihre abgeschnittenen Haare einigermaßen fielen und machte sich auf den Weg zur Tür.
      „Gehen wir…“
      Widerwillig folgte Athrin ihr, als sie ihre Kammer verließ und warf der draußen stehenden Amalthea einen kummervollen Blick zu, den diese nur erwidern konnte.
      Arianne selbst blieb noch kurz vor der jungen Novizin stehen, löste den silbernen Reif von ihrer Stirn und drückte ihn dem verwunderten Mädchen in die Hand, bevor sie weiterging.

      Kaum waren sie im Erdgeschoss vor dem Eingangstor angelangt, konnte Athrin schon die schweren Schläge vernehmen, die Einlass verlangten. Arianne gab den Torwächtern ein Zeichen, die daraufhin ihrer Aufforderung Folge leisten und einen der beiden Türflügel auseinanderwuchteten.
      Draußen standen die Soldaten der königlichen Elitegarde mit Fackeln und schwer bewaffnet. Der Hauptmann trat mit einer Schriftrolle vor und verlas die Anklageschrift gegen die Hohepriesterin des Reiches. Für Athrin jedoch war dieser Moment so unwirklich, dass er den genauen Wortlaut nicht mitbekam. Es ging um Pflichtverletzung und Verantwortungslosigkeit, lauter Dinge, denen sich Arianne sicher nicht schuldig gemacht hatte, seiner Auffassung nach.
      Sie jedoch ließ all das ohne eine emotionale Regung über sich ergehen und als sie geendet hatten, stellte sie sich ihren Widersachern ohne die geringste Stellungnahme oder Verteidigung.



      FIN
    • So, endlich mal dazu gekommen es zu lesen ^^“

      Zum Formalen: Auch wenn es vielleicht pingelig klingt: Du hast desöfteren die Kommata zwischen Haupt- und Nebensätzen weggelassen, wo aber eigentlich welche hingehören. Wenn du das ausbesserst, ist alles fein :3 (ich kann dir die genauen Stellen sagen, die ich meine; es wäre jetzt eher sinnfrei, das hier alles zu zitieren)

      Dein sprachlicher Stil ist sehr schön und sicher, alles ist gut verständlich, man gleitet beim Lesen mit den Augen nur so dahin, nirgendwo hakt es - das ist ein großer Pluspunkt :)
      Du weißt zudem mit Dramaturgie umzugehen: absichtlich lässt du im Dunkeln, was genau Arianne erwartet, damit der Leser an der Geschichte dranbleibt, mitfiebert und darauf lauert zu entdecken, was da noch kommt.
      Leider stellst du dir an manchen Punkten in deiner Geschichte selbst ein Bein und schweifst von der eigentlichen Geschichte ab auf die ausführlichen Beschreibungen der Räumlichkeiten (ich rede von der Stelle ab „Der Tempel von Temeth war ein imposantes Bauwerk“ bis zur Wiederaufnahme des Dialogs). Mich persönlich hat das sehr geärgert, weil mich als Leser die Örtlichkeiten in diesem Moment, so hart es klingt, einfach nicht interessieren. Die Charaktere sind das, worüber ich mehr wissen will. Da wirken diese Tempelbeschreibungen so aufgesetzt, wie etwas, das du abarbeiten und endlich hinter dir haben wolltest, statt dass du sie während des Dialogs zwischen Athrin und Arianne elegant und unauffällig miteinfließen lässt.

      Sehr gut gefallen wiederum hat mir die Stelle, an der Athrin und Amalthea miteinander reden. Das ist eine richtig lebendige Stelle mit der (für mich) richtigen Mischung aus Dialog und Beschreibung, weder zu hastig noch zu langatmig. Die hat mir sehr viel Spaß gemacht zu lesen.

      Eine Frage zur Logik, die ich mir an einem Punkt stellte:
      Wie lange dauert das Liebesspiel zwischen Arianne und Athrin? Ich war etwas erstaunt, dass nach dieser Zeit, die ich mir wie Stunden vorgestellt hatte, noch immer Amalthea vor der Kammer stand. Habe ich etwas übersehen?

      Insgesamt hat es mir Freude bereitet deine Geschichte zu lesen.
      Ich finde es gut, dass Arianne sich ihrer Strafe stellt und nicht feige mit ihrem Liebhaber davonrennt und irgendwo in der Pampa ein neues Leben beginnt, wie es in soooo vielen anderen Geschichten geschieht (ja! auch in dem Schundroman, von dem ich dir erzählt habe, passiert GENAU das! >.<).
      Jeg ønsker at du skriver meget! ;3
    • Zunächst mal tusen takk fürs Lesen. Ich hatte echt schon Komplexe. Aber entweder ist Fantasy wirklich tot, oder die Leute glauben, man müsste die andere Geschichte kennen... Naja. Als Belohnung gibts noch mal die Arianne Doll...

      [Blockierte Grafik: http://img518.imageshack.us/img518/2301/ariannedoll.gif]

      Genug angesehen? xD Gut, dann äußere ich mich jetzt zum Review...

      Original von Kaktustussi

      Zum Formalen: Auch wenn es vielleicht pingelig klingt: Du hast desöfteren die Kommata zwischen Haupt- und Nebensätzen weggelassen, wo aber eigentlich welche hingehören. Wenn du das ausbesserst, ist alles fein :3 (ich kann dir die genauen Stellen sagen, die ich meine; es wäre jetzt eher sinnfrei, das hier alles zu zitieren)


      Soll ich dir ein Geheimnis verraten?
      Geheimnis
      Ich hab ein echtes Problem mit der Kommasetzung. Ich bin da schlampig und achte nicht wirklich drauf.

      Dein sprachlicher Stil ist sehr schön und sicher, alles ist gut verständlich, man gleitet beim Lesen mit den Augen nur so dahin, nirgendwo hakt es - das ist ein großer Pluspunkt :)[...]


      Vielen herzlichen Dank. Das höre ich aus zwei Gründen besonders gerne. Erstens ist diese Geschichte auch schon wieder drei Jahre alt, zweitens wurde mir mehrfach an den Kopf geworfen ich hätte schlechten Stil. Das tut meinem Ego gut...

      Leider stellst du dir an manchen Punkten in deiner Geschichte selbst ein Bein und schweifst von der eigentlichen Geschichte ab auf die ausführlichen Beschreibungen der Räumlichkeiten (ich rede von der Stelle ab „Der Tempel von Temeth war ein imposantes Bauwerk“ bis zur Wiederaufnahme des Dialogs). Mich persönlich hat das sehr geärgert, weil mich als Leser die Örtlichkeiten in diesem Moment, so hart es klingt, einfach nicht interessieren. [...]


      *Husd* Man merkt mir an, dass Beschreibungen nicht meine Stärke sind, oder? Vermutlich hätte ich es woanders hinsetzen oder ganz lassen sollen, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, irgendwo, müsste ich es noch unterbringen. Ich dachte, wenn ich den Dialog breche, hat es einen Effekt. Den hatte es auch - aber nicht den gewünschten. Tja...

      Sehr gut gefallen wiederum hat mir die Stelle, an der Athrin und Amalthea miteinander reden. Das ist eine richtig lebendige Stelle mit der (für mich) richtigen Mischung aus Dialog und Beschreibung, weder zu hastig noch zu langatmig. Die hat mir sehr viel Spaß gemacht zu lesen.

      Danke... :)

      Eine Frage zur Logik, die ich mir an einem Punkt stellte: Wie lange dauert das Liebesspiel zwischen Arianne und Athrin? Ich war etwas erstaunt, dass nach dieser Zeit, die ich mir wie Stunden vorgestellt hatte, noch immer Amalthea vor der Kammer stand. Habe ich etwas übersehen?

      Tut es auch. Ich hatte es mir so vorgestellt, das Amalthea nicht auf sie wartet, sondern einfach da ist, weil sie vielleicht noch was zu erledigen hat. Oder sie kommt hergeeilt, als sie hört, dass es an der Tür klopft. Sollte ich vielleicht noch erwähnen...

      Insgesamt hat es mir Freude bereitet deine Geschichte zu lesen.
      Ich finde es gut, dass Arianne sich ihrer Strafe stellt und nicht feige mit ihrem Liebhaber davonrennt und irgendwo in der Pampa ein neues Leben beginnt, wie es in soooo vielen anderen Geschichten geschieht (ja! auch in dem Schundroman, von dem ich dir erzählt habe, passiert GENAU das! >.<).
      Jeg ønsker at du skriver meget! ;3

      Mehr bezwecke ich eigentlich auch nicht. Die Leute sollen Spaß beim Lesen haben..
      Und nein, abhauen kommt nicht in Frage. Um jemand anderen zu zitieren: Du bist immer so gemein mit deinen Charas. Die wenigsten meiner Stories haben ein Happy-End. xD Keine Ahnung warum...
      Wenn meget "mehr" bedeutet, dann kann ich dich beruhigen: Ich habe es vor.
      Danke nochmal fürs Lesen. :knuddel: