Zelda FF - Wenn ein Stern verglüht

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    • Hallo Aliena!

      Stimmt, der Angriff trägt nichts wichtiges zur Geschichte bei. Aber ich finde deren Dummheit so genial (schon in "Twilight princess" habe ich über sie nur den Kopf geschüttelt), dass ich diese Szene einfach einbauen musste.
      Klar, der Angriff ist überflüssig. Ich wollte ihn als Auflockerung einbringen. Bis jetzt gab es in der Geschichte noch nicht viel zum Lachen - was sich aber bald ändern wird -, deshalb dachte ich, dass ein bisschen Humor zwischendurch ncht schaden kann.

      Es gibt nur noch vier Kapitel vom ersten Teil. Dann geht es an den zweiten Teil und dort dann an die eigentlichen Erlebnisse von unserem Lieblingshelden.
      Und mit dem ersten Teil sind dann auch die Retrospektiven beendet.

      Aliena, aus deinen letzten beiden Zeilen ersehe ich, dass dir die Geschichte gefällt. Das freut mich natürlich. Allerdings musst du dich bis zum Freitag gedulden, ehe du erfährst, wie es weitergeht.

      Dave
      Katana legte den Kopf schief und sah zu Link hinauf. "Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen?", fragte sie.
      "Ich schreie, soviel ich will!", brüllte Link wütend.

      (aus "Wenn ein Stern verglüht")
    • Hallo Linkfreunde!

      Es ist mal wieder Freitag und Zeit für ein weiteres Kapitel meiner Geschichte. Die vorletzte Retrospektive erwartet euch. Link und Mido geraten wieder aneinander. Aber diesmal ist es wirklich nicht Links Schuld. Das beste ist, ihr lest es selbst.
      Viel Spaß dabei. Und genießt das Wochenende.

      Dave

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      9

      Retrospektive

      Mido konnte so langsam gehen, wie er wollte und auf diese Art und Weise Zeit genug schinden, aber früher oder später würde er in seinem Dorf ankommen müssen, das war ihm klar. Ewig konnte er die Konfrontation mit Aziko, mit dem Link sicher bereits gesprochen hatte, nicht hinauszögern.
      Link! Diese verfluchte kleine Petze! Mido knirschte mit den Zähnen, als er an ihn dachte. Garantiert würde der Kampf, bei dem der ehemalige Anführer der Kokiri unterlegen war, noch lange in seinem Gedächtnis bleiben und ihn so an den Hylianer erinnern. Großer Deku-Baum, wie Mido ihn hasste.
      Nach einer Weile kam tatsächlich das Dorf der Kokiri in Sicht. Langsam schritt Mido darauf zu. Das beste wäre, so zu tun, als sei überhaupt nichts vorgefallen und sich zu seiner Hütte zu begeben, dachte sich der Junge.
      Während er den Weg zu seiner Hütte zurücklegte, fiel ihm auf, dass ihn seine Artgenossen anstarrten. Wussten etwa schon alle von seinem Gespräch mit Zerran? Hatte es unter den Kokiri bereits die Runde gemacht, dass er sich mit dem Bürgermeister getroffen hatte?
      Beruhige dich, redete Mido innerlich auf sich ein, sie gucken dich an, weil du bestimmt nach deinem Kampf mit Link ein tolles Bild abgibst. So wie du aussiehst, mit zerknitterter und schmutziger Tunika, ist das auch kein Wunder. Vielleicht hast du auch Blätter oder kleine Zweige im Haar und dein Gesicht ist verletzt oder weist blaue Flecke auf.
      Scheinbar unberührt ging Mido weiter – und erblickte Aziko, der mitten im Weg stand. Auf dem Weg zu seiner Hütte musste Mido zwangsläufig an ihm vorbei. Der Junge beschloss, einfach an dem Anführer der Kokiri vorbei zu marschieren. Eventuell hat Link ihm ja gar nichts erzählt, hoffte er.
      „Mido“, rief Aziko, als der Dorfälteste ihn passiert hatte und Midos Hoffnung zerplatzte wie eine Luftblase. Er drehte sich um und trottete zu Aziko zurück. Dieser betrachtete ihn von oben bis unten und fragte dann: „Hast du mir nichts zu sagen?“
      „Tut mir leid“, murmelte Mido kleinlaut und blickte dabei zu Boden.
      Aziko wartete eine Weile, doch kein weiteres Wort kam mehr über Midos Lippen.
      „Das ist alles?“, brach der Anführer das Schweigen.
      Mido hob den Kopf und sah Aziko an.
      „Hat Link mit dir gesprochen?“
      Azikos Gesichtsausdruck war sehr ernst, als er mit dem Kopf nickte.
      „Ich … ich habe es nur für euch getan“, sagte Mido.
      Völlig perplex schaute Aziko ihm in die Augen. „Für uns? Das glaubst du doch wohl selber nicht.“
      „Wir brauchen das stabilere Holz der Bäume“, sprudelte es aus Mido hervor. „Es hält viel länger und ist belastbarer und wir können damit Dinge bauen, die wir mit normalem Holz niemals bauen könnten, weil das normale Holz viel zu morsch ist. Die neuen Bäume sind für uns alle ein Gewinn, wenn wir sie nur erst einmal haben. Nur deshalb bin ich für dich zum Treffpunkt gegangen. Und Zerran wird auch nur zehn Prozent der Bäume fällen.“
      Mit jedem Wort Midos wurde Azikos Miene ungläubiger.
      „Soll das heißen, dass du an meiner Stelle mit Zerran gesprochen und ihm gestattet hast, Bäume in unserem Wald zu fällen?“, fragte Aziko gefährlich leise.
      In Midos Innerem schrillten die Alarmglocken. Warum ist er so überrascht, fragte sich der Junge. Er weiß doch schon alles. Irgend etwas lief hier gerade völlig verkehrt.
      „Ja, aber … aber du hast doch schon … mit Link geredet. Er … er hat dir doch alles erzählt.“
      „Ganz richtig“, antwortete der Anführer. „Ich habe mit Link geredet. Er kam hier an und sah noch schlimmer aus als du und da habe ich ihn zur Rede gestellt und ihn gefragt, was vorgefallen ist. Er hat mir erzählt, dass ihr euch im Wald getroffen und miteinander gekämpft habt. Den Grund dafür wollte er mir allerdings nicht verraten. Und von dem, was du mir gerade erzählt hast, hat er auch kein Wort gesagt.“
      Mido blieb der Mund offen stehen, als er die Wahrheit erkannte. Er hatte sich soeben selber ans Messer geliefert. Aber woher hätte er auch wissen sollen, dass Link geschwiegen hatte?
      „Wusste Link von diesem Treffen?“, fragte Aziko laut. Mido schwieg und schaute erneut zu Boden.
      „Wusste er davon?“, schrie der Anführer sein Gegenüber an und der Junge zuckte erschrocken zusammen und nickte dann langsam.
      „LINK!“, brüllte Aziko. Die sich in der Nähe befindlichen Kokiri fuhren hoch. Einige ließen vor Schreck ihre Arbeitswerkzeuge fallen und blickten zu ihren beiden Artgenossen.
      Nach einigen Augenblicken kam der Teenager, dessen Lippe nun angeschwollen war, angelaufen. Als Hylianer war er natürlich von seiner Körpergröße her klein wie die Kokiri und er überragte Aziko und Mido um einiges.
      Aziko blickte zu ihm hinauf. „Hast du gewusst, dass Mido sich mit Zerran getroffen hat?“ Nur mühsam hielt der Anführer des Volkes seine Stimme im ruhigen Tonfall.
      „Ich ahnte nicht, dass er sich mit Zerran treffen wollte“, antwortete Link und verzog das Gesicht. Seine Lippe schmerzte beim Sprechen. Mido starrte ihn an. „Ich wollte im Wald umherliegendes Holz einsammeln und bin dabei an die Stelle gekommen, an der die beiden miteinander sprachen. Da ich neugierig war, habe ich mich hinter einem Baum versteckt und die beiden belauscht.“
      Jetzt konnte Aziko sich nicht mehr beherrschen.
      „Und natürlich ist es dir nicht eingefallen, mich darüber zu informieren“, höhnte er laut. „Warum auch? Es könnte ja wichtig sein.“
      „Ich wollte zuerst Mido die Gelegenheit geben, von selbst mit der Wahrheit herauszurücken. Hätte er es nicht getan, dann hätte ich dich informiert. Ich verrate nämlich keinen aus meinem Volk. Nicht einmal dich“, nuschelte Link und schaute Mido scharf an.
      Der angesprochene Junge kochte vor Wut. Es war nicht zu fassen. Jetzt spielte dieser grüne Widerling auch noch den Edelmütigen. Wie sehr wünschte er sich in diesem Moment, ein Schwert mitten in Links Herz zu stoßen und die Klinge herumzudrehen.
      „Die Kokiri sind nicht dein Volk“, stieß Mido wutentbrannt hervor.
      „Schluss jetzt“, brüllte Aziko. „Wo bin ich denn hier? Link, darüber reden wir noch.“
      Fassungslos über die Vorkommnisse wandte sich Aziko wieder Mido zu.
      „Wann will Zerran hier auftauchen, um die Bäume zu fällen?“
      Mido antwortete nicht.
      „Aziko weiß doch eh schon fast alles“, sagte Link zu Mido. „Da macht es nichts, wenn du ihm auch noch den Rest erzählst.“
      „Sei still, sonst …“
      Weiter kam Mido nicht. Aziko packte ihn an der Tunika und riss ihn zu sich heran, so dass sich ihre Nasenspitzen berührten.
      „Du sagst mir jetzt sofort alles, was ihr besprochen habt. Bis ins kleinste Detail. Und du hörst auf, Link gegenüber den großen Kokiri zu spielen, der du nicht bist“, zischte Aziko.
      Mido schwieg.
      Link wartete nicht länger ab.
      „Morgen früh um neun Uhr will Zerran mit der Arbeit beginnen. Er wird Luftzähne zum Fällen der Bäume einsetzen. Ich vermute, dass er am Treffpunkt anfangen wird.“
      „Luftzähne“, flüsterte Aziko entsetzt. Dann stieß er Mido von sich, der vier Schritte rückwärts taumelte.
      Der Anführer der Kokiri blickte sich um, als suche er etwas. Und er wurde fündig, denn sein Ruf „Seul“ schallte durch das Dorf. Der gerufene Kokiri lief zum Trio. Es war ein schwarzhaariger Junge, der eine kleine Schaufel in der Hand hielt, da er bis Aziko nach ihm verlangte mit Gartenarbeiten beschäftigt war.
      „Mido möchte gerne zu seiner Hütte und sie nicht wieder verlassen, bis ich bei ihm auftauche. Hilf ihm bitte, damit er das auch durchhält.“
      Seul nickte und zusammen mit dem Dorfältesten ging er davon.
      Tief atmete Aziko ein und wieder aus und fuhr sich mit den Fingern durch seine dunkelblonden Haare. Dann wandte er sich an den Hylianer.
      „Link, sage bitte allen Kokiri Bescheid, dass sie sich so schnell wie möglich vor meiner Hütte versammeln. Egal, mit was sie beschäftigt sind, sie sollen sofort zu mir kommen.“
      „Geht klar“, antwortete der Teenager und stürmte davon. Keine fünf Minuten später saßen alle gespannt im Kreis um ihren Anführer, der aufrecht in der Mitte stand und auf sein Volk hinuntersah.
      „Danke, dass ihr alle so schnell gekommen seid. Es ist etwas passiert, was unser sofortiges Handeln erforderlich macht. Zerran wird morgen früh hier auftauchen und Bäume fällen. Und er wird dazu Luftzähne einsetzen.“
      Die Kokiri machten erschrockene Gesichter und murmelten sich gegenseitig ihre Fassungslosigkeit zu. Aziko ließ ihnen vier Sekunden Zeit und setzte dann seine Rede fort.
      „Wir müssen uns etwas überlegen, wie wir Zerran aufhalten können. Und uns muss sofort etwas einfallen, ansonsten werden wir womöglich unseren gesamten Wald verlieren.“
      Angestrengt dachten alle nach und nach ein paar Minuten sagte Link: „Wasser.“
      Alle starrten ihn an und Aziko schlug sich mit der Hand vor die Stirn.
      „Na klar, da hätte ich auch selbst drauf kommen können. Also, jeder von uns hilft mit. Wir benötigen soviel Wasser, wie wir tragen können. Du, du und du, ihr schneidet kleine Beutel aus Stoff zurecht.“ Aziko deutete auf drei Kokirimädchen, unter denen sich auch Salia befand. Dann zeigte er auf drei Jungen. „Ihr drei bestreicht die Beutel mit dem Saft des Fallenbaumes, damit wir kein Wasser verlieren. Der Rest schnappt sich jedes Gefäß, das sich finden lässt und füllt es mit Wasser aus dem Fluss. Wir wissen nicht, wie viele Luftzähne Zerran einsetzt, daher benötigen wir so viele Wasserbeutel, wie wir herstellen können. Los, tummelt euch. Jede Sekunde zählt.“
      Die Kinder machten sich in Windeseile an ihre Aufgaben. Während Link und Aziko Seite an Seite mit Schüsseln in ihren Händen zum Fluss eilten, fragte Link: „Und was ist mit Mido?“
      „Das wird der Rat entscheiden, wenn wir unsere Aufgabe erledigt haben. Ich habe das Gefühl, heute wird ein langer Tag.“
      Es herrschte reges Treiben im Dorf der Kokiri. Alle arbeiteten so schnell und gründlich, wie sie konnten und nach drei Stunden waren zweihundert kleine Beutel mit Wasser gefüllt. Sie bestanden aus dünnem Stoff, der zerriss, sobald er auf ein Hindernis traf. Innen und außen war der Stoff mit Fallensaft bestrichen worden, der die kleinsten Löcher versiegelte, so dass keine Flüssigkeit aus den Beuteln herauslaufen konnte. Sobald die ersten Beutel mit dem Saft bestrichen waren, füllten die grün bekleideten Kinder das Wasser in die Stoffbehälter, damit die Krüge, Töpfe, Schüsseln und Flaschen erneut mit Wasser befüllt werden konnten. Alle Kokiri waren glücklich, als sie das Ergebnis ihrer Arbeit sahen.
      „Das dürfte reichen“, meinte Aziko. „Ihr habt ganz tolle Arbeit geleistet. Sehr gut gemacht. Ruht euch ein wenig aus. Der Rat ist bitte in einer halben Stunde in meiner Hütte. Wir haben etwas zu besprechen, was nicht sehr lustig wird.“
      Zwei Jungen und zwei Mädchen nickten. Sie gehörten zusammen mit Aziko zum Rat der Kokiri, der immer dann einberufen wurde, wenn es erhebliche Schwierigkeiten gab, die von ihm gelöst werden sollten.
      Link wusste, worum es bei diesem Treffen gehen würde. Es würde über Mido gesprochen werden. Der Rat würde über eine angemessene Strafe für den Kokiri verhandeln. Das bedeutete, dass Link ganz sicher vor den Rat treten musste, um eine Aussage zu machen – genau wie Mido. Sobald alle Fakten klar waren, würde der Rat über eine Strafe nachdenken und darüber abstimmen. So lief es schon ab, solange Link bei den Kokiri war. Doch niemals zuvor musste über einen Jungen oder ein Mädchen aus dem eigenen Volk entschieden werden.
      Ungeduldig wartete Link darauf, dass der Rat ihn zu sich rief. Er sah, wie Mido, von Seul eskortiert, zu Azikos Hütte gebracht wurde und diese ein paar Minuten später mit hängendem Kopf wieder verließ. Und dann war es endlich soweit. Ein Mädchen kam zu ihm und teilte ihm mit, dass der Rat ihn sehen wollte.
      „Hast du eine Ahnung, was da drinnen vor sich geht?“, erkundigte sie sich.
      „Ja, aber ich werde es dir nicht sagen. Aziko wird euch sicher noch informieren.“
      Der Hylianer ließ eine aufgeregte Kokiri zurück, die sofort zu ihren Freundinnen stürmte, um ihnen Bericht zu erstatten.
      Als Link die Hütte betreten hatte, sah er den dunkelblonden Jungen und die anderen vier Mitglieder des Rates in einer Reihe an einem Tisch sitzen. Sie forderten ihn auf, sich auf einen Stuhl zu setzen und wollten dann genau wissen, was im Wald vorgefallen war. Link erzählte ihnen von der belauschten Unterhaltung zwischen Mido und Zerran und vom anschließenden Kampf.
      Das Mädchen mit den weizenblonden Haaren, das dem Rat angehörte, hatte die Hände ineinander verschränkt und lächelte Link an.
      „Du hast Mido erzählt, dass du mit Aziko über die Unterhaltung reden würdest. Aber als du wieder ins Dorf kamst, erwähntest du kein Wort davon. Warum nicht?“
      „Ich wollte Mido Angst machen, indem ich ihm erzählte, dass Aziko von mir alles erfahren würde. Dadurch wollte ich ihm Gelegenheit geben, von sich aus alles zu gestehen. Ich mag es nicht, jemandem aus meinem Volk zu verraten.“
      Das Mädchen nickte. „Heißt das, dass Aziko keine Warnung von dir erhalten hätte, wenn Mido geschwiegen hätte?“
      „Nein, natürlich nicht“, antwortete Link. „In dem Fall hätte ich abgewartet, bis Mido wieder im Dorf aufgetaucht wäre und wäre dann wenig später zu Aziko gegangen. Wenn Mido weiterhin dem Dorf ferngeblieben wäre, hätte ich Aziko nach spätestens einer Stunde informiert. Schließlich bin ich ja auch daran interessiert, dass den Bäumen in unserem Wald kein Schaden zugefügt wird.“
      „Du verstehst dich nicht sonderlich gut mit Mido“, stellte ein Junge aus dem Rat fest. Link kannte ihn, denn er fiel dadurch auf, dass er sich ein kleines rot gefärbtes Baumblatt auf die rechte Brustseite seiner Tunika genäht hatte.
      „Das ist kein Geheimnis“, gab Link zu und hielt sich die schmerzende Lippe. „Keiner von uns kann Mido leiden. Fast alle haben Angst vor ihm und wagen es nicht, sich ihm entgegenzu-stellen. Ich glaube, ich bin der einzige, der ihm Paroli bietet. Und da ich es wage, gegen ihn aufzumucken, hat er mich als seinen größten Feind ausgewählt.“
      „Könntest du dir vorstellen, dass er sich ändert?“, fragte Aziko.
      „Das sollte er vielleicht tun. Dann würde sich die Anspannung bei einigen Kokiri legen. Sie zittern doch schon, wenn nur sein Name fällt. Mido sollte endlich von seinem hohen Ross steigen. Er ist zum größten Teil dafür verantwortlich, dass bei uns so eine angespannte Stimmung herrscht.“
      Die Mitglieder des Rates sahen sich untereinander an. Dann war Links Befragung beendet und er verließ die Hütte wieder. Seine Lippe hatte angefangen zu pochen, also ging er noch einmal zum Fluss und hielt sie in das klare kühle Wasser.
      Als er wieder ins Dorf kam, hatte sich der Rat aufgelöst, denn Aziko stand mit Salia in ein Gespräch vertieft, vor der Hütte des Händlers. Link gesellte sich zu den beiden und erkundigte sich, zu welchem Schluss der Rat gekommen war.
      „Wir haben uns drei Vorschläge überlegt, über die wir bis morgen nachdenken. Dann stimmen wir über die Vorschläge ab. Aber zuvor werden wir zusehen, dass wir unsere Bäume retten. Hoffen wir, dass der Plan, den wir ausgebrütet haben, auch funktioniert.“
      Katana legte den Kopf schief und sah zu Link hinauf. "Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen?", fragte sie.
      "Ich schreie, soviel ich will!", brüllte Link wütend.

      (aus "Wenn ein Stern verglüht")
    • Hallo!

      Das Pfingstwochenende wird mit einem neuen Kapitel meiner Fanfiction eingeläutet. Für unseren Lieblingshelden wird es aber gar nicht lustig, obwohl er Hilfe von unerwarteter Seite bekommt.

      Spannende Leseminuten wünsche ich euch.

      Dave

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      10

      Panisch lief Link durch den Kokiri-Wald. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen und hatte immer wieder die Menschenmenge vor Augen, die auf ihn zugestürzt war, um ihn zu lynchen. Was war bloß in sie gefahren? Sie hatten etwas davon gesagt, dass er Kakariko und die Lon-Lon-Farm überfallen hatte. Wie konnten sie nur davon ausgehen, dass er so etwas tun würde? In der Vergangenheit hatte er ihnen doch oft genug bewiesen, auf welcher Seite er stand.
      Nachdem er aus Hyrule entkommen war, war Link zum Wald galoppiert, als müsse er sämtliche Geschwindigkeitsrekorde brechen. Im Wald standen die Bäume sehr dicht beieinander, so dass er es nicht wagte, auf Eponas Rücken seine Reise fortzusetzen. Schnell war er abgestiegen und zu Fuß weitergehetzt. Vor lauter Angst hatte er überhaupt nicht daran gedacht, dass er hier sicher war, da kein Bürger von Hyrule den Wald betreten konnte, ohne sich in einen Baum zu verwandeln.
      Erst nachdem der Hylianer sich ein paar Minuten keuchend den Weg durch die Bäume gebahnt hatte, sagte sein Verstand ihm, dass er hier sicher war. Link blieb stehen. Sein Herz hämmerte kräftig und er schwitzte. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen einen Baum, presste die Hand gegen seine Brust und spürte das wilde Stakkato, das hinter seinem Brustkorb im Gang war. Durch den Mund sog er gierig frische Luft ein.
      Der blonde Teenager rutschte zu Boden, schloss die Augen und sammelte sich. Hier war er erst einmal in Sicherheit und konnte in Ruhe überlegen, wie es weitergehen sollte. Dass die Kokiri ihn über das seltsame Verhalten seiner Freunde aufklären konnten, hielt Link für unwahrscheinlich. Schließlich war er von ihnen aus direkt nach Hyrule geritten und wenn sie etwas gewusst hätten, dann hätten sie ihn sicherlich informiert.
      „Das war ganz schön knapp“, hörte er Navi sagen. „Bestimmt sind sie dir nachgeritten.“
      „Egal“, japste Link, „hier können sie nicht rein.“
      „Und was jetzt?“, fragte Navi. „Ich meine, die sind ganz schön sauer auf dich. Warum nur? Das kannst du nicht ignorieren, sonst darfst du dich in Hyrule nie wieder blicken lassen.“
      „Ich weiß.“
      „Also, dann tu gefälligst was und sitz hier nicht rum“, kommandierte Navi ihn.
      „Wenn du so klug bist, dann kannst du mir sicher sagen, was du an meiner Stelle machen würdest“, entgegnete Link ätzend. Im Laufe der Jahre war Navi immer aufsässiger geworden.
      „Hm, warte mal“, überlegte Navi. „Du könntest … ach nein, doch nicht.“
      „Doch, sag doch. Was hattest du für eine Idee?“
      „Naja, dass du zur Farm reitest und dort nachfragst.“
      „Toller Vorschlag. Vielleicht warten die draußen auf mich. Und auf der Farm bin ich bestimmt auch sehr willkommen, wenn ich die überfallen haben soll.“
      „Aber du könntest … nein, das geht auch nicht.“
      „Super, du Expertin“, höhnte Link. „Mich herumkommandieren, aber selber keine Ahnung haben.“
      „Naja, hinter mir sind sie ja auch nicht her“, meinte Navi beleidigt.
      „Glaubst du vielleicht, ich habe mir gewünscht, dass sie auf mich losgehen“, brüllte Link Navi an.
      „Nur weil du keinen Schimmer hast, was du jetzt machen sollst, brauchst du mich nicht anzuschreien.“
      „Du hast doch auch keine Ahnung“, rief Link wütend.
      „Pssst“, machte Navi. „Sei leise. Hast du nichts gehört?“
      „Bis auf deine preisverdächtigen Vorschläge nichts.“
      „Na gut“, meinte Navi nach einer Weile. „Dann habe ich mich wohl ge … Aaaaah.“
      Mit einem Aufschrei flog Navi in Links Tunika. Und dann erkannte ihr Besitzer, wovor sich seine Fee so erschrocken hatte. Etwa fünf Meter von ihm entfernt stand einer seiner Verfolger aus Hyrule. Er machte nicht den Eindruck, als könne er Link gefährlich werden, denn er bewegte sich nicht von der Stelle und sah den Flüchtling nur an.
      Langsam richtete sich Link wieder auf und umfasste mit der linken Hand den Griff seines Schwerts. Sein Verfolger schüttelte den Kopf.
      „Es ist nicht nötig, dass du dein Schwert ziehst“, sagte Chizu. „Ich werde dich nicht ausliefern. Vertrau mir.“
      „So, wie ihr mir momentan vertraut?“, fragte Link bissig.
      Chizu hob die Hände und kam sehr langsam mit kleinen Schritten auf Link zu.
      „Du musst hier verschwinden. So schnell wie möglich. Wir suchen im gesamten Wald nach dir. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis dich die anderen finden.“
      „Was?“ Link schob die Augenbrauen zusammen. „Wie seid ihr in den Wald gekommen? Ihr hättet euch verwandeln müssen.“
      Chizu zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Der Zauber scheint nicht mehr zu wirken. Zerran hat als erster den Wald betreten und als die anderen gesehen haben, dass ihm nichts passiert, sind sie ihm gefolgt. Sie haben sich aufgeteilt und suchen nach dir.“
      „Das kann nicht sein“, flüsterte der grün gekleidete Hylianer. „Wieso funktioniert der Zauber nicht mehr?“
      „Keine Ahnung. Aber du hast auch keine Zeit, darüber nachzudenken. Du musst weg.“
      Immer noch misstrauisch musterte Link seinen besten Freund. „Was ist denn eigentlich passiert?“
      „In Kakariko wurde in ein Haus eingebrochen. Der Einbrecher wurde vom Hausbesitzer überrascht und hat ihn niedergeschlagen. Und dann hat er die Lon-Lon-Farm überfallen und Malon und Blaru verletzt. Malon hat eine schwere Gehirnerschütterung, aber sie kommt wieder auf die Beine. Auch Blaru wird sich wieder erholen. Bei beiden Überfällen wurden auch Rubine und andere wertvolle Dinge geraubt.“
      Link lauschte fassungslos Chizus Bericht. „Und warum glauben alle, dass ich dahinter stecke?“, wollte er wissen.
      „Weil alle übereinstimmend ausgesagt haben, dass sie dich als Täter erkannt haben. Grüne Tunika, Handschuhe, weiße Hose, grüne Mütze, braune Stiefel, hellblonde Haare – sie haben dich exakt beschrieben. Und der Junge hätte auch auf die Nennung deines Namens reagiert. Alle gehen davon aus, dass du die Taten begangen hast. Deshalb sind sie sauer auf dich.“
      Link atmete tief ein. Er konnte einfach nicht glauben, was er da hörte.
      „Gut, dann bleibt dir jetzt nichts anderes übrig, als die anderen zu benachrichtigen. Aber denke nicht, dass ich das zulassen werde.“
      Link zog sein Schwert halb hervor. Chizu schüttelte traurig den Kopf und blieb vor seinem Freund stehen.
      „Das werde ich nicht tun. Ich halte dich für unschuldig. Du warst das nicht. Niemals würdest du so etwas machen. Du überfällst deine Freunde nicht oder verletzt sie. Davon bin ich fest überzeugt.“
      Link blickte den Jungen an und erkannte in seinen Augen, dass er es ehrlich meinte und keinen Trick versuchen würde.
      „Bitte, Link, ich will nicht, dass sie dich kriegen. Flieh und versuche herauszufinden, wer dir schaden will. Die dafür verantwortlich sind werden bestimmt auch weiterhin versuchen, deinen Ruf zu zerstören. Sorge dafür, dass sie so schnell wie möglich damit aufhören.“
      Link nickte. „Und was wirst du jetzt tun?“, fragte er.
      „Ich werde sagen, dass ich dich nicht gesehen habe“, antwortete Chizu.
      Link lachte leise. „Und krebsrot dabei werden. Hey, du weißt, dass du nicht gut lügen kannst. Jeder würde dich sofort durchschauen und Zerran erst recht. Er ist absolut nicht dumm. Ihm kannst du nichts vormachen.“
      Chizu blickte zu Boden und nickte. Link hatte Recht, er konnte nicht einfach sagen, dass er dem gesuchten Hylianer nicht begegnet war.
      „Was soll ich denn dann tun?“, fragte Chizu.
      „Wenn du ihnen etwas erzählst, dann muss es der Wahrheit entsprechen. Du darfst nicht lügen, sonst verrätst du dich selbst. Also gibt es wohl nur eine Möglichkeit. Du musst sagen, dass du mich gefunden hast.“
      „Nein“, sagte Chizu erschrocken.
      „Doch“, nickte Link. „Das ist die einzige Chance, um keinen Verdacht zu erregen.“
      „Aber dann werden sie mich fragen, warum ich sie nicht informiert habe.“
      „Keine Angst. Du wirst sie informieren. Du schreist jetzt so laut, wie du kannst, dass ich hier bin. Und dann – es tut mir leid, aber es geht nicht anders – werde ich dich niederschlagen.“
      Chizu starrte seinen Freund mit offenem Mund an. Dann sagte er: „Hoffentlich klappt das auch. Pass auf, dass du ihnen nicht in die Hände fällst. Sie töten dich, wenn sie dich erwischen und es ist ihnen egal, ob du schuldig bist oder nicht. Sie sind einfach nur stocksauer.“
      „Sie werden mich nicht erwischen. Nicht, bevor ich denjenigen gefunden habe, der hinter all dem steckt“, entgegnete Link grimmig und ließ sein Schwert los.
      „Ach ja, vielleicht hilft dir das“, erinnerte sich Chizu. „Auf der Lon-Lon-Farm war noch jemand dabei. Ein bullig aussehender Mann mit weißen Haaren. Er ist sehr groß und trägt eine Lederrüstung. Sein Gesicht sieht aus wie ein Ackerfeld und er guckt ziemlich böse.“
      „Danke, eventuell kann sich jemand an diesen Kerl erinnern. Er sieht ja auffällig aus.“
      Link nickte seinem Freund zu. „Gut, dann schrei jetzt, so laut du kannst.“
      Chizu legte dem Hylianer die Hand auf die Schulter. „Versprich mir, dass du dich durch nichts aufhalten lässt.“
      „Du kennst mich doch“, lächelte Link ihn an.
      Chizu trat einen Schritt zurück und holte tief Luft. „Hierher! Er ist hier!“, schrie er aus Leibeskräften.
      Link ballte die Faust und ließ sie gegen Chizus Kinn schnellen. Der Junge fiel zu Boden, rollte auf den Bauch und blieb regungslos liegen.
      „Verzeih mir“, sagte Link und spurtete los. Er wusste nicht, wo sich seine Verfolger aufhielten und war doppelt vorsichtig. Immer wieder blickte er sich um. Der Hylianer konnte nur hoffen, dass Chizus Schreie laut genug gewesen waren, um so viele Bürger von Hyrule auf sich aufmerksam zu machen, so dass sie alle in Richtung der Rufe eilen würden und er dadurch freie Bahn bekam.
      Während er durch den Wald stürmte, rasten seine Gedanken. Wie war es möglich, dass seine Freunde den Wald ungehindert betreten konnten? Warum wirkte der Zauber nicht mehr?
      Dann fiel Link sein Volk ein. Bestimmt würden die Verfolger auch die Kokiri aufsuchen, da sie annehmen mussten, er habe sich dort versteckt. Würden sie den Kindern glauben, wenn sie sagten, dass er sich nicht im Dorf befand? Würden die Bewohner von Hyrule ihren Zorn an den Kokiri auslassen?
      Sofort änderte Link seine Laufrichtung. Er musste ins Dorf um dort nach dem Rechten zu sehen. Notfalls musste er die Kokiri warnen. Er konnte nur hoffen, dass er noch rechtzeitig vor seinen Häschern dort ankommen würde.
      Dann kamen ihm die Gauner in den Sinn. Wie sollte er sie ausfindig machen? Wo sollte er mit der Suche anfangen? Auf Hinweise konnte er nicht hoffen. Niemanden aus Hyrule oder von der Farm konnte er befragen. Wie sollte er vorgehen, um diejenigen zu finden, die all diese Taten begingen?
      Doch darüber konnte er eventuell gemeinsam mit Aziko nachdenken. Jetzt waren erst einmal die Kokiri wichtiger.
      Link blieb schnaufend stehen und sah sich um, um sich zu orientieren. Er stand an einem steilen Abhang, an dem die Bäume nicht so dicht nebeneinander wuchsen, wie im Rest des Waldes. Der Junge kannte diese Stelle. Das Dorf befand sich südwestlich von seiner jetzigen Position.
      Gerade wollte Link sich wieder in Bewegung setzen, als er einen explodierenden Schmerz in seiner Schulter spürte. Er schrie auf, griff sich an die Schulter und taumelte. Als der Hylianer seine Hand betrachtete, sah er das Blut, das die gesamte Handfläche bedeckte. Er drehte sich um die eigene Achse, konnte aber nichts Verdächtiges bemerken.
      Erneut tastete er nach seiner Schulter, aber da war nichts. Kein Pfeil oder Armbrustbolzen, der herausragte. Was war passiert?
      Link fühlte, wie ihm schwindlig wurde. Der Wald war nur noch unscharf zu sehen. In welche Richtung musste er, um ins Kokiridorf zu gelangen?
      Der Hylianer merkte, wie er nach hinten fiel. Erneut raste ein irrer Schmerz durch seinen Körper, als er mit der Schulter auf dem Waldboden aufschlug. Er schrie laut und überschlug sich. Zweige rissen seine Wangen auf. Dann fühlte er nichts mehr.
      Katana legte den Kopf schief und sah zu Link hinauf. "Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen?", fragte sie.
      "Ich schreie, soviel ich will!", brüllte Link wütend.

      (aus "Wenn ein Stern verglüht")

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    • Hallo!

      Auf zum vorletzten Kapitel des ersten Teils, das auch gleichzeitig das letzte Retrospektivenkapitel ist.
      Viel Spaß beim Lesen!

      Dave

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      11

      Retrospektive

      Gemütlich lehnte Aziko an einem Baum, doch so friedlich, wie es aussah, war es in seinem Inneren gar nicht. Im Gegenteil, der Anführer der Kokiri war sehr nervös. Nichts durfte bei dem ausgedachten Plan schief gehen und dazu musste sich auch Zerran so verhalten, wie es von den Kindern erwartet wurde.
      Vor einer Stunde hatte sich das Volk auf seinen Weg zur Grenze gemacht, beladen mit den Wasserbeuteln. Strategisch günstig hatten sie sich an verschiedenen Positionen verteilt, jeder mit einer bestimmten Menge Beuteln beladen. Aziko hoffte inständig, dass die Menge des Wassers reichen würde. Sicher hätte man Zerran und die Luftzähne auch auf andere Art und Weise aufhalten können, aber die Zeit für langwierige Vorbereitungen war einfach zu knapp gewesen.
      Aziko blickte sich um, konnte aber niemanden aus seinem Volk erkennen. Doch er wusste, dass sie da waren und dass sie sich im passenden Moment zu erkennen geben würden. Fast alle Kokiri befanden sich in seiner Nähe, lediglich Mido und Seul, der auf Mido aufpasste, waren im Dorf geblieben.
      Mido! Wenn Aziko an ihn dachte, stieg der Ärger wieder in ihm hoch, aber er konnte sich solche Ablenkungen jetzt nicht leisten, sondern musste sich auf Zerran konzentrieren. Er schüttelte den Kopf und vertrieb so den Verräter aus seinen Gedanken.
      Der junge Anführer vernahm ein leises Rumpeln. Sofort schreckte er auf und hörte genauer hin. Das Geräusch ließ auf einen Karren schließen, der den Weg hinauf zum Wald gezogen wurde und immer näher kam. Aziko stieß einen leisen Pfiff aus, der gerade bis zum nächsten Kokiri gehört werden konnte. Dieser Pfiff setzte sich so lange fort, bis jeder Junge und jedes Mädchen aus dem Dorf ihn gehört hatte.
      Aziko hatte sich nicht getäuscht, denn nach einigen Augenblicken entdeckte er tatsächlich einen kleinen Holzwagen, der von Zerran und noch einem Bewohner aus Hyrule gezogen wurde. Angespannt wartete das Kind, bis die beiden Männer direkt vor dem Wald zum Stehen kamen. Sie bemerkten ihn nicht, sondern machten sich schnell an die Arbeit und luden kleine Holzkästen ab, die sich auf der Wagenfläche befanden.
      „Ihr braucht euch gar nicht erst die Mühe zu machen, die Kisten zu öffnen“, sagte Aziko laut und zeigte sich dem Bürgermeister und seinem Helfer, die bei seinen Worten zusammenzuckten.
      Ein Lächeln breitete sich auf Zerrans Gesicht aus, als er Aziko erblickte, und er sagte: „Guten Morgen. Ich freue mich, dich zu sehen, bin aber auch ziemlich erstaunt darüber. Gerade dich hätte ich hier am wenigsten erwartet, wo du mir doch neulich erst zu verstehen gegeben hast, wie sehr du an diesen Bäumen hängst.“
      „Das tue ich immer noch. Und deswegen werden sie auch nicht gefällt. Ihr könnt wieder nach Hyrule fahren.“
      Zerran schüttelte den Kopf. „So funktioniert das nicht. Erst gestern warst du noch damit einverstanden, dass wir die Bäume fällen. Du kannst deine Meinung nicht von Tag zu Tag ändern, wie es dir gerade passt.“
      „Ich habe meine Meinung auch nicht geändert. Ein Junge aus meinem Volk hat eigenmächtig gehandelt und Euch eine falsche Nachricht überbracht. Ich war zu keinem Zeitpunkt mit dem Töten von Bäumen einverstanden. Ihr durftet in dieser Sache nur mit mir verhandeln. So hatten wir es auch abgesprochen.“
      „Wenn du glaubst, dass wir uns jetzt wieder nach Hyrule begeben, dann hast du dich getäuscht. Wir haben unsere Helfer mitgebracht und werden jetzt mit den Arbeiten beginnen.“
      Zerran beugte sich über eine Kiste, als Aziko rief: „Ich gebe euch den guten Rat, die Luftzähne nicht einzusetzen. Sie haben Euch bestimmt eine Menge Rubine gekostet. Wenn Ihr sie jetzt frei lasst, dann liegen die weiteren Ereignisse nicht mehr in meiner Hand.“
      „Da hast du absolut Recht, Junge“, lachte Zerran. „Sobald die Luftzähne befreit sind, kannst du nicht mehr verhindern, dass sie Bäume fällen.“
      Er forderte seinen Kollegen, einem mittelalten schlaksig aussehenden Mann mit roten Haaren und Sommersprossen, auf, die Kisten zu öffnen und gemeinsam wurde von jeder Kiste der Deckel entfernt. Sofort stiegen kreisrunde Gebilde in die Luft, die ziemlich klein waren und die Farbe Weiß besaßen. Sie sahen aus wie Ketten, deren einzelne Glieder jeweils durch einen fast nicht zu erkennenden Zwischenraum getrennt waren. Aus diesem Grund sahen sie aus wie Zähne. Noch in der Luft begannen sie zu rotieren. Aus ihrem Hohlraum entwich eine weiße Wolke, die auf die Bäume zuschwebte und an ihnen als Markierung haften blieb.
      Jetzt tauchten die Kokiri auf. An fast jedem Baum hatten sich zwei der Kinder positioniert, jeweils mit Wasserbomben in der Hand. Auf dem Boden lagen Taschen, in denen sich weitere Wasserbomben befanden.
      Als die Luftzähne vorwärts stießen, um ihre Arbeit zu erledigen, wurden die Wasserbeutel auf sie geworfen. Die Luftzähne waren schnell und einige Bomben verfehlten sie. Wurde ein Luftzahn von einem Beutel getroffen, so zerplatzte dieser und das Wasser ergoss sich auf Zerrans Helfer. Es war, als hätte man riesige Steine in ein Mahlwerk geworfen. Die Luftzähne rotierten immer langsamer und hörten schließlich ganz auf, bevor sie zu Boden fielen.
      Die Kokiri konnten nicht verhindern, dass einige Bäume verletzt wurden, da die Luftzähne sich in ihre Stämme fraßen, bevor das Wasser auf sie spritzte.
      Zerran schrie etwas Unverständliches. Sein Gesicht war wutverzerrt. Er hätte seine Werkzeuge gerne zurück gerufen, aber offenbar gehorchten sie eigenen Gesetzen und ließen sich nicht stoppen, so dass der Hylianer tatenlos zusehen musste, wie ein Luftzahn nach dem anderen zerstört wurde.
      Mit vereinten Kräften gelang es den Kokiri schließlich, die Baumfäller unschädlich zu machen. Die Kinder jubelten, als auch der letzte Zahn funktionsuntüchtig auf den Waldboden plumpste.
      Schnell liefen die Jungen und Mädchen zu ihrem Anführer und scharten sich um ihn.
      „Ich habe Euch gewarnt“, sagte Aziko mit ernstem Gesicht und sah Zerran an. „Warum habt Ihr nicht auf mich gehört?“
      „Dafür bezahlst du“, tobte der Bürgermeister. „Ihr habt mein Eigentum zerstört.“
      „Wozu es nicht hätte kommen müssen. Niemals werde ich es zulassen, dass hier Bäume gefällt werden, was ich Euch auch deutlich klar gemacht habe. Und jetzt verschwindet.“
      Zerran musste erkennen, dass er verloren hatte. Laut fluchend warf er die Kisten auf den Holzkarren und verschwand mit seinem rothaarigen Begleiter in Richtung Hyrule.
      Die Kokiri jubelten und umarmten sich gegenseitig. Gemeinsam hatten sie die Gefahr abgewehrt. Nur wenige gefüllte Beutel waren noch übrig. Die Menge hatte gerade gereicht. Doch noch war die Arbeit nicht beendet.
      „Link, Salia und Nort, ihr sammelt die Luftzähne ein und versenkt sie im Fluss“, sagte Aziko.
      „Die anderen überprüfen die Bäume auf Schäden, die die Luftzähne hinterlassen hatten. Helft ihnen, so gut ihr könnt.“
      Umgehend machten sich die Kinder an die Arbeit. Link, Salia und der Junge namens Nort nahmen sich jeweils zwei leere Taschen und füllten diese mit den Luftzähnen. Salia wich schreiend zurück, als ein Luftzahn bei ihrer Berührung anfing zu zucken und warf eine Wasserbombe mit voller Wucht auf ihn.
      Baum für Baum wurde von den restlichen Kokiri genauestens untersucht. Wo Beschädigungen an den Stämmen festgestellt wurde, strichen die Kokiri eine braune Paste auf die Verletzung und redeten beruhigend auf die Bäume ein.
      Erleichtert ging das Volk gemeinsam wieder in ihr Dorf zurück. Sie hatten es geschafft. Die verletzten Bäume würden sich bald wieder erholen. Von Zeit zu Zeit würden die Kinder nach ihnen sehen und notfalls weitere Heilsalbe auftragen. Erst jetzt, als die Anspannung von den Waldwesen abfiel, bemerkten sie die Erschöpfung, die eine Nebenwirkung des Kampfes war.
      Ein paar Kinder ruhten sich aus, als sie wieder in ihren Hütten waren. Doch für den Rat gab es keine Ruhepause. Er fand sich zusammen, um über Midos Schicksal zu entscheiden.
      Es dauerte ungefähr eine Stunde, bevor die Mitglieder des Rates Azikos Hütte verließen. Link, der sich absichtlich ganz in der Nähe aufhielt, ging zum Anführer und wollte wissen, welche Strafe Mido zu erwarten hatte.
      „Wir werden es euch allen mitteilen, aber jetzt noch nicht“, antwortete Aziko. „Ich muss zuerst ein Ritual durchführen, das etwa eine Stunde dauern wird. Danach versammeln wir uns alle und verkünden Mido und euch anderen das Urteil.“
      Aziko verschwand wieder in seinem Haus. Link runzelte die Stirn. Er fragte sich, was für ein Ritual Aziko durchführen wollte und inwiefern dieses Ritual für Midos Strafe notwendig war. Doch es brachte nichts, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Er würde es in einer Stunde erfahren, genau wie alle anderen.
      Zwischendurch wurde Mido in Azikos Hütte geführt, die er aber eine Minute später wieder verließ. Link und Salia vertrieben sich die Wartezeit bis zur Urteilsverkündung, indem sie Traumbeeren ausdrückten und den Saft in Flaschen auffingen.
      Und dann war es endlich soweit. Alle Mitglieder des Volkes setzten sich auf den Platz vor Azikos Hütte. Der Rat saß in einer Viererreihe ganz vorn und vor ihnen stand Mido, der ebenso gespannt wie alle anderen auf seinen Schicksalsspruch wartete. Die Feen der Kokiri vertrieben sich in der Nähe ihre Zeit, indem sie Fangen spielten.
      Aziko stand auf und sagte: „Wir haben lange beratschlagt. Es ist eine Tatsache, dass Mido durch sein eigenmächtiges Handeln unser Volk in erhebliche Gefahr gebracht hat. Wir sind auf die Bäume des Waldes angewiesen. Für neue Bäume mit stabilerem Holz hätte Mido es in Kauf genommen, dass die anderen Bäume gefällt worden wären. Wir waren heute morgen alle dabei und haben es gesehen. Die Luftzähne hätten sich nicht mit den zehn Prozent begnügt, die Zerran uns zugesichert hatte. Es wären weit mehr Bäume gefällt worden, wenn wir nicht eingegriffen hätten.
      Da Bäume eine ganze Zeit benötigen, ehe sie ausgewachsen sind, hätten wir in der Zwischenzeit ohne Bäume dagestanden. Und es ist noch nicht einmal erwiesen, ob die anderen Hölzer tatsächlich stabiler gewesen wären.
      Abgesehen davon haben wir festgestellt, dass jeder andere Kokiri Schwierigkeiten mit Mido hat. Er kommandiert uns herum. Das war schon so, als er noch Anführer war und ist seit seiner Ablösung eigentlich nur noch schlimmer geworden. Wir haben Angst vor ihm. Mido stört den Frieden und schafft eine beklemmende Atmosphäre.
      Alle diese Punkte haben wir bei unserem Urteil berücksichtigt, das ich Garol bitte, jetzt zu verkünden.“
      Das angesprochene Mädchen stand auf. Es handelte sich um die Kokiri mit den weizenblonden Haaren, die bei Links Vernehmung dem Teenager einige Fragen gestellt hatte.
      „Der Rat ist zu folgendem Urteil gelangt: Da die eigenmächtige Handlung von Mido einen erheblichen Vertrauensbruch und eine Gefahr für uns alle bedeutet und wir nicht sicher sein können, dass sich so etwas nicht wiederholt und da durch Midos Verhalten uns gegenüber eine gravierende angespannte Stimmung herrscht, muss sichergestellt werden, dass diese Zustände ausgeräumt werden. Es ist nicht erkennbar, dass Mido sich ändern wird. Aus diesem Grund wird er von den hier im Dorf lebenden Kokiri ausgeschlossen.“
      Erschrockene Aufschreie wurden hörbar. Das war noch nie vorgekommen. Schon unzählige Male hatte der Rat sich zusammen gesetzt, aber heute war das erste Mal, dass so eine drastische Strafe verhängt wurde. Die Augen des Angeklagten weiteten sich entsetzt.
      „Mido muss noch in der nächsten Stunde dieses Dorf verlassen“, fuhr Garol mit dem Urteilsspruch fort. „Er ist frei und darf gehen, wohin er möchte. Das Ritual, das für ihn den Zauber aufhebt, der über unserem Wald liegt, wurde von Aziko bereits abgehalten. Daher besteht für Mido keine Gefahr, wenn er den Wald verlässt.“
      Hatte Garol zuvor mit ihrem Blick alle Kokiri erfasst, so wandte sie sich jetzt direkt an Mido. „Du darfst dieses Dorf nur zu Besuchszwecken wieder betreten. Geh jetzt und packe deine Sachen zusammen, die du mitnehmen möchtest. Und bitte verlasse uns, ohne Schwierigkeiten zu machen. Trotz aller Differenzen, die wir mit dir hatten, wünschen wir dir, dass du ohne uns gut zurecht kommst und gesund bleibst.“
      Mit jedem Wort war mehr Farbe aus Midos Gesicht gewichen.
      „Das … das könnt ihr nicht tun“, hauchte er. „Wie …wie soll ich ohne euch …“
      „Du hattest lange genug Zeit, um dir das zu überlegen“, unterbrach Aziko ihn. „Du kannst nicht so naiv gewesen sein, nicht zu wissen, dass auf lange Sicht dein Verhalten keine Konsequenzen haben würde.“
      „Ich werde mich ändern“, versprach Mido. „Ich werde mich bemühen, mit jedem gut auszukommen. Aber lasst mich bei euch bleiben. Diese Strafe ist zu hart.“
      Aziko schüttelte den Kopf. „Wir haben lange darüber gesprochen, auch über die Option, dass du dein Verhalten ändern kannst. Aber wir glauben nicht daran, dass es dir gelingt. Schlimmer noch, wir glauben nicht daran, dass du es auch tatsächlich willst. Auch Mitglieder des Rates waren gegen diese harte Strafe. Aber nach der Beratung, die uns wirklich sehr schwer gefallen ist, sahen wir keine andere Möglichkeit.“
      Mido blickte resigniert zu Boden. Es war zwecklos. Das Urteil stand fest und nichts, was er sagte oder tat, würde an dieser Entscheidung etwas ändern.
      „Es tut mir leid für dich. Hoffentlich …“
      Mido hob ruckartig den Kopf und starrte Aziko mit unverhohlenem Hass an.
      „Spar dir dein Mitleid“, zischte er.
      Schockiert verfolgten die anderen Kokiri, wie Mido sich umdrehte und sich anschickte, die Versammlung zu verlassen. Vor Link blieb er stehen und handelte so rasch, dass niemand rechtzeitig reagieren konnte. Mido hob das Bein und trat Link vor die Brust, so dass dieser nach hinten fiel. Der brutale Tritt lähmte Links Atmung. Schnell beugte sich Mido über ihn, während die anderen Kokiri schreiend auseinanderspritzten, packte ihn an seiner Tunika und schlug ihm kräftig ins Gesicht.
      „Das ist alles deine Schuld“, schrie er.
      „Mido!“, rief Garol und sie und die anderen Mitglieder des Rates sprangen auf, um Link zu Hilfe zu eilen.
      Unter den Schlägen platzte Links Lippe abermals auf. Blut spritzte auf Midos Kleidung, der sich davon aber nicht beirren ließ und weiterhin auf den hellblonden Teenager einschlug.
      Endlich erreichte der Rat die beiden Kämpfer und mit vereinten Kräften rissen sie Mido zurück, der sich wie ein Wahnsinniger gebärdete und befahl, dass man ihn loslassen solle.
      Link versuchte verzweifelt, Luft zu holen, aber es gelang ihm nicht. Sein Mund stand offen und das Gesicht war krebsrot.
      Endlich verschwand die Lähmung und mit einem Röcheln saugte Link Luft in seine Atemwege und begann gleich darauf heftig zu husten. Blut und Speichel rannen ihm übers Kinn, während er versuchte, soviel Sauerstoff wie möglich in die Lungen zu pumpen, dabei aber von Hustenanfällen unterbrochen wurde. Der Teenager hatte das Gefühl, als ob seine Brust in Flammen stehen würde.
      Nachdem er sich wieder halbwegs erholt hatte, wischte er sich das Kinn ab. Mido hatte man unterdessen gewaltsam zu seiner Hütte gezerrt und beobachtete genau, wie er seine Sachen zusammenpackte. Die anderen Kokiri scharten sich um Link und wollten wissen, ob es ihm wieder besser ging. Jeder war empört über Midos Verhalten und ein paar von den Kindern, die zuvor noch fassungslos vom Urteil des Rates gewesen waren, stimmten nun zu, dass es doch besser wäre, wenn Mido die Kokiri verließ.
      Link wurde von Salia in ihre Hütte gebracht, um sich auszuruhen. Das Mädchen blieb die ganze Zeit bei ihm, während Mido sein Volk verließ, ohne sich noch einmal umzudrehen.
      Katana legte den Kopf schief und sah zu Link hinauf. "Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen?", fragte sie.
      "Ich schreie, soviel ich will!", brüllte Link wütend.

      (aus "Wenn ein Stern verglüht")
    • Hallo!

      Einen Tag später als ihr es gewohnt seid gibt es das letzte Kapitel des ersten Teils.
      Am kommenden Freitag fangen wir mit dem zweiten Teil an, der vor Action nur so strotzen wird. Macht euch auf was gefasst!

      Dave

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      12

      Es war einfach nicht zu fassen, dachte sich Zerran, als er wieder in Hyrule in seinem Haus war. Sie hatten mehrere Stunden lang den gesamten Wald abgesucht, aber nirgendwo war Link zu finden gewesen. Es schien, als habe sich der Boden aufgetan und den Hylianer mitgenommen.
      Schließlich hatte der Trupp die Suche abgebrochen und war in der Dunkelheit zurück in die Stadt geritten. In ein paar Stunden, wenn es wieder hell war, wollte Zerran wissen, was schief gelaufen war. Link hätte ihnen nicht entkommen dürfen. Deshalb hatte der Bürgermeister ein Gespräch mit allen Männern, die bei der Jagd dabei waren, angesetzt. Auf diese Weise würde er ganz schnell erfahren, wie ihnen der Teenager durch die Lappen hatte gehen können.
      Noch lange lag Zerran in dieser Nacht wach in seinem Bett und grübelte über die Ereignisse nach. Morgen noch einmal in den Wald zu reiten, hatte wohl keinen Sinn. Wenn sie ihn vor ein paar Stunden schon nicht gefunden hatten, dann war er morgen garantiert nicht mehr aufzuspüren.
      Ein paar von Hyrules Bürgern waren auch zum Volk der Kokiri geritten und hatten sich dort nach Link erkundigt. Aber auch das war ein Fehlschlag gewesen. Die Kinder waren total verstört darüber, wie die Menschen in den Wald gelangt waren, ohne eine Verwandlung durchzumachen. Schließlich waren sie von Aziko des Dorfes verwiesen worden.
      Einhundert Rubine hatte man mittlerweile auf Link ausgesetzt und Zerran hätte sie gut gebrauchen können. Impa war noch am selben Tag in Hyrule aufgetaucht und hatte ihnen die Nachricht des Kopfgeldes übermittelt.
      Eine gute Stunde nach Sonnenaufgang saß Zerran in seinem Büro und sprach ausführlich mit dem ersten Bürger, der an der gestrigen Jagd teilgenommen hatte. Haarklein wollte der Bürgermeister wissen, wie die Suche nach Link vonstatten gegangen war. Zerran hörte Aussagen um Aussagen, die nur von einer kurzen Mittagspause unterbrochen wurden.
      Schließlich saß Chizu vor Zerran und erzählte, wie sich die Jagd für ihn abgespielt hatte, während er nervös am Ärmel seines hellbraunen Hemdes herumzupfte.
      „Und dann hast du ihn schließlich gefunden?“, erkundigte sich Zerran.
      „Ja, er saß auf dem Boden und lehnte mit dem Rücken an einem Baum. Ich … ich habe mich zuerst gewaltig erschrocken, als ich ihn dort sah. Schließlich konnte ich ja nicht damit rechnen, dass ich ihn finden würde.“
      „Wolltest du ihn denn finden?“
      Chizu senkte den Kopf. „Eigentlich nicht. Es wäre mir lieber gewesen, wenn keiner von uns ihn entdeckt hätte.“
      „Und weiter?“
      „Link sprang auf und ich … ich rief, dass ich ihn gefunden hätte. Dann schlug er mich bewusstlos.“
      „Ja, richtig“, nickte Zerran. „Wie geht es deinem Kinn?“
      „Tut noch weh“, gab Chizu zu. „Er hat ordentlich zugelangt.“
      Der Bürgermeister lächelte. „Und du bist erst wieder aufgewacht, als dich einige der Bürger gefunden haben.“
      Der Junge nickte.
      „Und du bist dir ganz sicher, dass es genau so passiert ist, wie du es mir gerade eben erzählt hast?“
      Chizu fühlte, wie sein Gesicht heiß wurde. Ganz ruhig, sagte er zu sich selbst und nickte erneut.
      „Ich frage dich noch einmal. Du hast bei deiner Erzählung nichts ausgelassen oder hinzugefügt?“
      Er weiß es, dachte Chizu und fühlte, wie sich sein Magen zusammenzog. Er antwortete nicht, aber sein gesamtes Inneres war in Aufruhr. Wie war es möglich, dass Zerran von den Geschehnissen Kenntnis erhalten hatte?
      Der Bürgermeister seufzte, stand auf und ging zur Tür hinaus. Chizu saß auf seinem Stuhl und wagte nicht, sich zu bewegen. Schließlich tauchte Zerran wieder auf, begleitet von Ascot, einem rotblonden Mann aus Hyrule, der ebenfalls bei der Suche im Wald dabei gewesen war.
      Zerran setzte sich wieder hinter seinen Tisch und sagte: „Ascot, bist du bitte so nett und erzählst uns, wie für dich die Jagd im Wald vonstatten gegangen ist?“
      Chizu brach der Schweiß aus. Soviel er wusste, hatte Ascot seine Aussage bereits gemacht. Es war dem Jungen ein Rätsel, weshalb Zerran noch einmal alles erzählt bekommen wollte.
      „Als wir den Wald betreten hatten, hast du uns aufgeteilt. Wir sollten getrennt nach Link suchen, um die Chance zu vergrößern, dass einer von uns ihn ausfindig macht. Als letzten hast du mich losgeschickt, gleich nach Chizu.“
      Gespannt hörte der dunkelblonde Teenager zu. Aber das, was Ascot erzählte, wusste er doch alles bereits, genauso wie Zerran es wusste. Irgend etwas braute sich zusammen, das konnte Chizu fühlen. Und es lief ihm eiskalt über den Rücken, als er mit Ascots nächsten Worten erfuhr, in welche Falle er getappt war.
      „Du, Zerran, hast mir gesagt, dass du Chizu nicht traust, da er Links bester Freund ist und zudem der Meinung, dass Link unschuldig ist. Deshalb hast du mich hinter Chizu hergeschickt mit dem Auftrag, ihn nur zu beobachten und nicht einzugreifen, falls er auf Link stoßen sollte.“
      Chizu schloss entsetzt und voller Panik die Augen. Er wusste ganz genau, wie Ascots Bericht sich fortsetzte.
      „Und dann traf Chizu tatsächlich auf Link. Die beiden unterhielten sich und Chizu entschloss sich, Link bei der Flucht zu helfen, indem er seinen Vorsprung ausbaute und ihm den Weg frei räumte. Also rief er die anderen zu Hilfe und wurde dann von Link niedergeschlagen. Auch das hatten die beiden so abgesprochen.“
      „Wie viele Minuten vergingen zwischen dem Moment, in dem Chizu Link entdeckte und dem Zeitpunkt, an dem er den anderen Bescheid gab?“, wollte Zerran wissen.
      „Etwa drei bis vier Minuten.“
      „Warum hast du Link anschließend nicht verfolgt?“
      Ascot druckste herum. „Nun ja, ich … ich habe von meinem Versteck aus gesehen, dass Link ziemlich hart zugeschlagen hatte und wollte mich erst um Chizu kümmern. Es hätte ja sein können, dass er durch den Fausthieb oder durch den Aufprall auf den Boden schlimm verletzt war.“
      Der Bürgermeister nickte verständnisvoll und griff in eine Lade, die am Tisch angebracht war. Hervor holte er einen kleinen Beutel, den er Ascot zuwarf.
      „Danke. Das wäre dann alles. Hier sind deine zwanzig Rubine.“
      Ascot fing den Beutel auf, bedankte sich und verschwand durch die Tür.
      Chizu konnte es nicht glauben. Er war verkauft worden. Aus dieser Falle gab es kein Entkommen.
      „Nun“, richtete Zerran das Wort an ihn, „ihr habt euch also drei bis vier Minuten gegenseitig angestarrt, ehe Link aufsprang und du um Hilfe gerufen hast. Kommt dir das selber nicht ein wenig unglaubwürdig vor?“
      Chizu starrte sein Gegenüber trotzig an. „Ihr dürft Link nicht jagen.“
      „Link wird gesucht, weil er Leute ausgeraubt und verletzt hat. Und du hast ihm zur Flucht verholfen. Du hast ihn entkommen lassen. Also hast du dich mit schuldig gemacht.“
      „Link ist unschuldig“, beharrte der Junge.
      Zerran sprang von seinem Schreibtisch auf. „Das weißt du hundertprozentig?“
      „Ja.“
      „Woher willst du das wissen?“, schrie Zerran.
      „Ich weiß es eben“, brüllte Chizu zornig zurück.
      „Woher?“, schrie der Bürgermeister noch einmal, doch Chizu antwortete nicht mehr.
      Zerran beugte sich vor.
      „Es kann nur zwei Erklärungen geben, woher du weißt, dass Link mit Sicherheit unschuldig ist. Die eine ist, dass du selbst der Täter bist und diese Überfälle begangen hast.“
      Jetzt sprang auch der Junge auf. „Das ist eine verdammte Lüge“, schrie er.
      „Dann kann es nur noch so sein, dass du weißt, auf wessen Konto diese Taten gehen.“
      „Nein, das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass Link es nicht gewesen ist. Er ist mein Freund, er hat euch alle schon –zigmal vor Gefahren gerettet. Und deshalb …“
      „Jetzt ist Schluß mit diesem Schutz deinem Freund gegenüber“, donnerte Zerran und hämmerte seine Faust auf den Tisch. Blitzschnell ergriff er sein Schwert, das in der Ecke neben dem Schreibtisch lehnte und hielt es dem Jungen entgegen, der augenblicklich erstarrte.
      „Raus mit dir“, knurrte Zerran und zeigte mit der Schwertspitze in Richtung Tür.
      Wie gebannt blickte Chizu auf das Schwert und ging langsam hinaus auf die Straße. Die Bürger Hyrules, die unterwegs waren, schauten halb ängstlich und halb neugierig auf die Szene.
      „Ihr beide“, sprach Zerran zwei kräftige Männer an, „führt den Jungen zum Richtplatz. Er hat einem gesuchten Verbrecher zur Flucht verholfen. Ich komme gleich nach.“
      Die Männer zögerten.
      „Na los“, drängte der Bürgermeister, „oder soll ich dem König eure Befehlsverweigerung melden?“
      Die Männer packten Chizu, der sich heftig wehrte, an den Armen und zogen ihn mit sich.
      Zerran lenkte seine Schritte zu einem bestimmten Haus, das ein wenig abseits lag, und klopfte an die Tür. Ein muskulöser Mann öffnete.
      „Ich brauche dich“, sagte der Bürgermeister. „Das übliche.“
      „Wieviel?“, erkundigte sich der Mann.
      „Fünf dürften angemessen sein.“
      Der Kerl nickte, verschwand wieder im Inneren seines Hauses und kam nach ein paar Sekunden wieder zum Vorschein. Er schloss die Tür und schritt neben Zerran zum Richtplatz. Als Chizu sah, wen Zerran mitgebracht hatte, geriet er in Panik.
      „Nein. Bitte nicht“, schrie er und warf sich verzweifelt hin und her. Doch der Griff seiner Bewacher war fest.
      „Du hast einem Verbrecher die Flucht ermöglicht“, verkündete Zerran den neugierigen Umstehenden, die sich inzwischen am Richtplatz versammelt hatten, „und wirst daher mit fünf Peitschenhieben bestraft.“
      Jetzt, da es ausgesprochen war, konnte Chizu sich nicht länger beherrschen. Er begann zu weinen.
      „Link war es nicht“, schluchzte der Junge laut. „Bitte. Tut es nicht.“
      Der muskulöse Mann mit dem Seil in der einen und der Peitsche in der anderen Hand wollte vor Chizu treten, aber Zerran hielt ihn zurück.
      „Er behält sein Hemd an“, sagte er kalt.
      „Euch ist klar, dass Stofffäden in die Wunden eindringen können?“, machte ihn der Vollstrecker aufmerksam.
      „Natürlich. Er soll ja auch ein wenig etwas von der Bestrafung haben. Das Hemd wird nicht ausgezogen.“
      Weinend und strampelnd wurde Chizu mit dem Oberkörper gegen den Pfosten einer T-förmigen Holzfigur gepresst. Der Vollstrecker warf das Seil über die Strebe. Die zwei Bewacher rissen Chizus Arme nach oben und beide Enden des Taus wurden um die Handgelenke des Jungen gebunden. Dann traten die Männer von dem Teenager zurück, dessen Gesicht mittlerweile tränenüberströmt war.
      Zerran nickte und der Muskelmann entrollte die Peitsche holte aus und ließ den ersten Hieb auf Chizus Rücken klatschen. Der Junge schrie wie am Spieß, als das Hemd zerriss und die Haut aufplatzte.
      Der zweite Hieb traf seinen Rücken wenige Millimeter unterhalb des ersten Schlages. Chizu bäumte sich in seinen Fesseln auf und schrie noch lauter. Blut sickerte zwischen den Wunden hervor und färbte das helle Braun des Hemdes dunkler.
      Die Peitschenschnur des dritten Hiebes ließ nicht nur eine weitere Stelle in Chizus Rücken sondern auch seine Taille aufplatzen. Zwischen den heftigen Atemzügen des dunkelblonden Hylianers waren seine abgehackten Schreie zu hören. Die Schmerzen waren unerträglich und er wünschte sich, bewusstlos zu werden.
      Der lang gezogene Schrei nach dem vierten Hieb ging in ein Wimmern unter. Es schien dem Jungen, als würde die Pein niemals ein Ende finden. Er spürte, wie das Blut warm seinen Rücken hinunter lief.
      Der letzte Hieb war am schrecklichsten, denn er wurde diagonal geführt. Vom rechten Schulterblatt bis zur Hüfte auf der linken Seite riss die Schnur das Hemd und das Fleisch auf. Chizus Rücken war ein einziges flammendes Meer von Schmerzen. Seine Schreie verstummten erst, als er keine Kraft mehr zum Schreien fand und nur noch wimmern konnte.
      Seine Hände wurden losgebunden und er wurde vorsichtig mit dem Bauch auf den Boden gelegt.
      „Was geht hier vor?“
      Niemand hatte die Prinzessin bemerkt, die von den Schreien angelockt auf den Richtplatz getreten war.
      Zerran verneigte sich. „Herrin, dieser Junge hat in voller Absicht einem gesuchten Flüchtling das Entkommen ermöglicht. Man musste ihm klar machen, dass wir so etwas nicht dulden können. Das dürfte doch auch in eurem Ermessen sein.“
      „Wenn dem so war, dann darf man ihm das natürlich nicht durchgehen lassen“, stimmte Zelda zu. „Allerdings finde ich diese Art der Bestrafung doch ein wenig zu hart. Zumal er fast noch ein Kind ist.“
      Sie wandte sich an die beiden Männer, die Chizu auf Zerrans Anweisung zum Richtplatz geführt hatten. „Bringt ihn nach Hause und sorgt dafür, dass sich ein Heiler seiner Wunden annimmt. Und das ohne weitere Verzögerung.“
      Die Angesprochenen nickten ehrfürchtig, legten Chizus Arme um ihre Schultern und zogen den Jungen mit sich, der sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte und dessen Stiefel über die Straße schleiften.
      „In Zukunft werde ich über solche Vorkommnisse informiert, bevor sie geschehen, ist das klar?“
      Der Bürgermeister senkte den Kopf. „Selbstverständlich, Herrin. Ich war nur der Meinung, dass Verbrecher bestraft gehören und die, die ihnen helfen, ebenfalls.“
      Zelda schaute Zerran an.
      „Sollte es sich bei diesem Verbrecher um Link handeln, so hoffe ich doch, dass Ihr Euch ganz sicher seid, dass er der Verursacher aller Taten ist. Falls sich herausstellen sollte, dass dem nicht so ist, wird Euch das gleiche Schicksal ereilen wie dem Jungen.“
      Damit drehte sich die Prinzessin um und schritt davon.
      Die anderen Bürger entfernten sich ebenfalls vom Richtplatz. Das große Schauspiel war vorüber. Auch Zerran kehrte wieder in sein Büro zurück. Er konnte nur hoffen, dass die Bestrafung dem Jungen eine Lehre gewesen war und dieser in Zukunft nicht mehr aus der Reihe tanzte.
      Was Link anging, so konnte sich dieser nicht ewig verstecken. Früher oder später musste er wieder auftauchen und dann würde man ihn hoffentlich fangen und bestrafen.
      Katana legte den Kopf schief und sah zu Link hinauf. "Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen?", fragte sie.
      "Ich schreie, soviel ich will!", brüllte Link wütend.

      (aus "Wenn ein Stern verglüht")
    • So, da jetzt der erste Teil abgeschlossen ist, würde ich gerne mal ein paar Statements von euch hören.
      Was hat euch gefallen - wenn euch die Geschichte bisher überhaupt gefallen hat?! Was nicht?

      Bitte äußert euch. Wir Hobbyschreiber lechzen alle nach Meinungen unserer Leser. Traut euch.

      Dave
      Katana legte den Kopf schief und sah zu Link hinauf. "Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen?", fragte sie.
      "Ich schreie, soviel ich will!", brüllte Link wütend.

      (aus "Wenn ein Stern verglüht")
    • Hallo!

      Los geht es mit dem zweiten Teil meiner Fanfiction.

      Dave

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      Teil 2

      1

      In den Verlorenen Wäldern lauerten unzählige Gefahren. Monster, finstere Kreaturen, hinterlistige Pflanzen und Wesen, die zwar niedlich und süß aussahen, aber in jeder unachtsamen Sekunde den Tod bringen konnten. Doch keine dieser Gefahren war für Katana und Jetar so groß, als dass sie dafür ihre wenigen Minuten, in denen sie ungestört allein sein konnten, aufgegeben hätten. Die Xylten waren ein sehr fleißiges Volk. Es gab jederzeit irgendwo etwas zu tun. Momente, in denen man sich einfach davonstehlen konnte, waren rar und deshalb für Katana und Jetar umso kostbarer.
      Katana war gerade zwanzig Ahno geworden. Sie hatte braune Haare, die ihr bis in den Nacken reichten und über ihre viereckigen Ohren fielen. Ihre rötliche Haut, die für alle Xylten typisch war, war weich und glatt. Das blaue langärmelige Hemd, das sie trug, war aus einer Mischung aus Blättern und Rinde eines bestimmten Baumes aus den Verlorenen Wäldern angefertigt und glänzte wie Seide. Eine Hose aus weichem Leder bedeckte ihre Beine, die Füße steckten in Stiefeln.
      Auch Jetar besaß viereckige Ohren, die rötliche Haut und kurze Haare, die allerdings orange gefärbt waren. Auf seinem Oberkörper trug er nur eine graue Weste, die offen stand und so den Blick auf seine glatte Brust freigab. Im Gegensatz zu Katana war er mit einer grünen Hose bekleidet und seine ledernen Halbschuhe reichten bis zum Knöchel.
      Der Tag war ideal, um ihn in den Verlorenen Wäldern zu verbringen. Obwohl die Sonne schien, war es nicht zu warm. Im Licht der gelben Strahlen lag Jetar auf dem Rücken im Gras einer Lichtung und streichelte Katanas Haar. Sie lag mit dem Kopf auf seiner Brust und schmiegte sich an ihn. So häufig wie möglich hielten sie sich an diesem Platz auf, denn hier konnten sie die wärmenden Sonnenstrahlen ungehindert genießen.
      „Wann wird der Zaun fertig?“, fragte sie ihn.
      Er grinste. „In zwei Tagen.“
      Dann flüsterte er ihr zu: „Aber wir können die Tür ja nachts auflassen.“
      Katana kicherte. Bei den Xylten gab es viele Enten, die nachts immer ihren Stall verließen, da die Seitenwände nicht hoch genug waren. Jeden Morgen musste man sich auf die Suche nach ihnen begeben und sie wieder einfangen. Daher war Jetar gebeten worden, die Seitewände so hoch zu setzen, dass die Enten nicht hinüber fliegen konnten.
      Jetar zog mit seinem Zeigefinger unter Katanas Haar die Konturen ihres Ohres nach.
      „Lass das, das kitzelt“, giggelte sie.
      „Soll ich dich lieber am Bauch kitzeln?“, fragte er.
      „Nein“, antwortete sie müde. „Ich will einfach nur hier liegen und dich spüren.“
      Dann schwiegen beide. Katana kraulte die Brust des jungen Mannes, während er seine Hand über ihren Rücken strich. Sie waren glücklich und Katana hoffte, dass es noch lange Zeit so bleiben würde. Egal, was sie mit Jetar unternahm, es wurde niemals langweilig. Selbst bei Sachen, die sie gar nicht interessierten, machte sie fasziniert mit. Die Hauptsache war nur, dass Jetar bei ihr war. Alles andere war völlig egal.
      Schon seit vielen Generationen lebten die Xylten in den Verlorenen Wäldern, die mit in den Kokiri-Wald integriert waren. Beide Völker wussten voneinander und einige Bewohner beider Dörfer kannten sich sogar persönlich, doch es gab nie Streit. Anfangs war man skeptisch gewesen, ob Kokiri und Xylten überhaupt so nah beieinander leben konnten, ohne dass es Meinungsverschiedenheiten geben würde, aber diese Sorge hatte sich zum Glück als unberechtigt erwiesen. Beide Völker gingen ihren ziemlich unterschiedlichen Lebensweisen nach. Niemand störte sich am anderen. Die Kokiri und Xylten, die sich persönlich kannten, gaben sich sogar untereinander Ratschläge bezüglich Nahrung oder Problemlösung. Doch beide Rassen hatten eigentlich nicht viel miteinander zu tun.
      „Es gibt gleich Essen“, unterbrach Katana das Schweigen. Jetar brummte leise. Es war ein festes Ritual bei den Xylten, dass alle gemeinsam die Mahlzeiten einnahmen. Obwohl jede Familie für sich kochte, aßen doch alle zusammen. Das sollte jedem einzelnen von ihnen Kraft und Gesundheit geben, denn ihrem Glauben nach gelangte durch die gemeinsame Nahrungsaufnahme auch ein Teil von jedem Nahrungsmittel, das aufgetischt wurde, in den Körper, selbst, wenn es gar nicht gegessen wurde.
      Es war Zeit. Katana und Jetar erhoben sich seufzend. Wie gerne wären sie noch ein wenig im Gras liegen geblieben, aber das gemeinsame Abendessen ging nun mal vor. Es würde gewaltigen Ärger geben, wenn sie nicht rechtzeitig wieder zurück wären.
      Beide schlenderten Hand in Hand zu ihrem Dorf zurück und bemerkten dabei nicht, dass sie beobachtet wurden. Eine anderes dunkelblondes Mädchen aus ihrem Volk, das ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden hatte und ein langes grünes Kleid aus Blättern trug, schaute ihnen schon lange bei ihren Zärtlichkeiten zu und brodelte vor Zorn.
      Vegeta wollte Jetar um jeden Preis für sich gewinnen. Sie passte besser zu ihm als dieses braunhaarige Miststück.
      Früher waren Katana und Vegeta die dicksten Freundinnen gewesen. Doch damit war es vorbei, seit sich Katana an den jungen Mann herangemacht hatte. Wenigstens war von Vegetas Seite aus die Freundschaft damit beendet. Was Katana anging, sie sah in Vegeta weiterhin die beste Freundin und Vegeta tat alles, um diesen Schein zu wahren. Vielleicht konnte ihr diese kleine Schwindelei eines Tages noch nützlich sein.
      Jetar und Vegeta verstanden sich ebenfalls gut, aber er hatte ihr ganz klar zu verstehen gegeben, dass sein Herz Katana gehörte. Schon seit Tagen grübelte Vegeta darüber nach, wie sie Katana loswerden konnte, um sich intensiv um Jetar zu bemühen und ihn als Geliebten zu bekommen. Es musste etwas sein, das so stark war, dass Jetar nichts mehr von Katana würde wissen wollen.
      Und plötzlich ging ein gemeines Grinsen über Vegetas Gesicht. Sie hatte eine Idee. Und mit dieser Idee würde sie ganz sicher gewinnen.
      Leise und vorsichtig schlich sie wieder zurück. Katana hatte vollkommen Recht, es war bald Essenszeit und da durfte kein Xylter zu spät erscheinen. Und nach dem Essen würde sie daran gehen, Katana für immer und ewig ins Aus zu befördern. Und dass Katana eine bleibende Erinnerung an die Xylter haben würde, war das mindeste, was Vegeta für eine alte Freundin tun konnte.
      Was für ein Glück, dass Diebstahl von ihrem Volk als eines der schlimmsten Vergehen angesehen wurde.
      Katana legte den Kopf schief und sah zu Link hinauf. "Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen?", fragte sie.
      "Ich schreie, soviel ich will!", brüllte Link wütend.

      (aus "Wenn ein Stern verglüht")
    • Hallo!

      Mit einiger Verspätung gibt es heute das zweite Kapitel des zweiten Teils meiner Fanfiction.

      Die Seite war ja bis zum Samstag nicht zu erreichen und am gesamten Wochenende war ich unterwegs und bin gar nicht ins Internet gekommen. Also bekommt ihr in dieser Woche richtig viel zu lesen, nämlich zwei Kapitel. Das nächste wartet dann wie gewohnt am Freitag auf euch.

      Viel Spaß beim Lesen.

      Dave

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      2

      Link war von den Bürgern Hyrules umringt. Ein dumpfes Pochen drang aus seiner Schulter. Er setzte sich stöhnend auf und hielt sich den Kopf, durch den ein heftiger Schmerz tobte. Dann schaute er auf seine Schulter. Die grüne Tunika war blutdurchtränkt.
      „Na, du Dieb“, sagte ein Mann und blickte verächtlich auf Link hinunter, „haben wir dich doch noch ausfindig gemacht. Du dachtest wohl, du könntest dich ewig vor uns verstecken, was?“
      „Ich bin kein Dieb“ rief Link, was erneute Schmerzen durch seinen Kopf schießen ließ.
      „Bist du wohl. Und ein Lügner noch dazu.“
      Ehe der blonde Hylianer reagieren konnte, wurde er von kräftigen Händen an Armen und Beinen gepackt und in die Luft gehoben. Er wehrte sich nicht, die Schmerzen waren einfach zu stark. Die Meute johlte und trug ihn durch den Wald, bis sie zu einem riesigen See kamen. Wo kam dieser See auf einmal her? Den hatte Link hier noch nie bemerkt und er lebte schon in diesem Wald, solange er sich erinnern konnte.
      Die Meute schwang ihn unter lautem Gebrüll durch die Luft und ließ ihn los. Klatschend landete der Junge im Wasser. Prustend tauchte er wieder auf. Einen positiven Aspekt hatte das unfreiwillige Bad. Seine Kopfschmerzen waren erträglicher geworden.
      Link versuchte ans Ufer zu schwimmen, aber das klappte nicht so einfach. Er konnte den rechten Arm nicht bewegen, was vermutlich von der Verletzung an seiner Schulter kam. Also
      machte er nur mit dem linken Arm Schwimmbewegungen und versuchte, den verletzten Arm möglichst ruhig zu halten. Langsam näherte er sich dem Ufer, an dem sich der Mob nebeneinander aufgestellt hatte und ihm zusah. Erst als Link prustend ans Ufer kletterte, sah er die langen schmalen Holzbretter, die die Männer in den Händen hielten.
      Klatschnaß rettete sich Link an Land, als ein Mann grinsend auf ihn zu trat und ihm das Holzbrett gegen die Brust hielt. Link wusste, was passieren würde.
      „Nein“, keuchte er. „Was … was soll denn das?“
      Der Mann drückte Link wieder zurück ins Wasser. Wild ruderte der Hylianer mit seinem unverletzten Arm, doch inzwischen hielt der Mob die Holzbretter an einer Seite fest und ließ die andere Seite auf die Wasseroberfläche klatschen.
      Link wusste absolut nicht, wie ihm geschah. Wasserfontänen spritzten hoch und regneten auf ihn herab. Seine Schreie ignorierten die Männer. In keine Richtung konnte Link schwimmen, um den Attacken zu entgehen, denn die Holzbretter schlugen wieder und wieder in das Wasser. Wild trat der Junge mit den Füßen, um nicht unterzugehen. Dann traf ein Brett ihn mitten auf den Kopf. Link ging unter.
      Er kämpfte mit sich, um nicht das Bewusstsein zu verlieren. Wenn das geschah, würde er ertrinken. Am Ende seiner Kräfte hielt er die Luft an.
      Plötzlich erblickte er jemanden vor sich, aber er konnte nicht erkennen, wer es war. Der Unbekannte hielt ihm eine Maske entgegen. Link zögerte keine Sekunde und drückte sie gegen sein Gesicht. Von einer Sekunde auf die andere konnte er wieder atmen. Wohlschmeckender Sauerstoff füllte seine Lungen und Link atmete hastig mit geschlossenen Augen ein. Er spürte, wie der Unbekannte selbst die Maske gegen sein Gesicht drückte. Der Hylianer öffnete die Augen, um zu sehen, wer ihm in letzter Sekunde das Leben gerettet hatte – und zuckte erschrocken zurück. Diesen Mann kannte er, er hatte oft genug mit ihm zu tun gehabt. Vor ihm stand Ganondorf, lachte und drückte ihm die Maske aufs Gesicht.
      Die Maske? Nein, das war keine Maske. Es handelte sich um eine riesige Krake, die von seinem Erzfeind mit aller Kraft in Links Mund gedrückt wurde. Der Junge geriet in Panik. Abermals konnte er nicht mehr atmen. Und Ganondorf drückte das Tier noch tiefer in seinen Mund. Erfolglos schnappte Link nach Luft. Bunte Sterne zerplatzten vor seinen Augen und er hörte Ganondorf noch lauter lachen.
      Link riss die Augen auf. Alles um ihn herum war schwarz. War das der Tod? Wenn er es war und man nach ihm nichts mehr fühlte, dann war die Frage, woher das Puckern in seiner Schulter kam.
      Allmählich gewöhnten sich die Augen des verletzten Jungen an die Dunkelheit. Er lag in einem Bett, soviel konnte er feststellen. Doch wie kam er hierher? Wo waren die Männer und wo war Ganondorf? Endlich registrierte sein Verstand, dass er einen schlimmen Alptraum gehabt hatte.
      Er drehte den Kopf nach links und rechts. Er befand sich in einem Zimmer. Neben seinem Kopf konnte er einen kleinen Tisch erkennen. Wie kam er hierher?
      Und dann überfiel es ihn wie ein Blitzschlag. Er war in Hyrule, in einem Zimmer, das zu einem Haus seiner Häscher gehörte. Er musste hier so schnell wie möglich verschwinden. Rasch fuhr er hoch. Eine glühend heiße Flamme aus Schmerz raste durch seine Schulter. Dann wurde es wieder schwarz.
      Katana legte den Kopf schief und sah zu Link hinauf. "Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen?", fragte sie.
      "Ich schreie, soviel ich will!", brüllte Link wütend.

      (aus "Wenn ein Stern verglüht")
    • Moin!

      Ohne lange Vorrede dürft ihr euch jetzt in das nächste Kapitel stürzen. Hoffentlich gefällt es euch.

      Dave

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      3

      Am Mittag des folgenden Tages saß Katana an ihrem Tisch, als plötzlich zwei Gardisten in die Hütte stürmten.
      „Was habt ihr es denn so eilig?“, fragte das Mädchen halb verwundert und halb empört.
      Ohne ein Wort der Erwiderung eilten die Männer zu Katanas Schmuckkasten und öffneten ihn. Das ging ihr dann doch ein wenig zu weit.
      „He, was soll denn das?“
      In dem Moment, in dem sie aufsprang, drehte sich einer der Gardisten um und hielt ihr eine kleine runde rote Perle mit einem blauen Kristall in der Mitte entgegen.
      „Was ist das?“, fragte er scharf.
      Katana betrachtete die Perle. „Keine Ahnung. Die gehört mir nicht.“
      „Natürlich gehört sie dir nicht“, donnerte der Gardist. „Sie ist Eigentum von Rat Trenor, der sie schon überall sucht.“
      Sofort begriff Katana, in welchem Schlammassel sie steckte.
      „Aber … ich weiß nicht, wie das Ding in meinen Schmuckkasten kommt.“
      „Das können wir dir sagen“, meinte der zweite Gardist und ging drohend auf Katana zu. „Du hast diese Perle aus dem Zelt des Rates gestohlen. Leider war das neue Versteck sehr ungeschickt gewählt.“
      „Das stimmt nicht. Ich habe die Perle nicht gestohlen.“
      Der Gardist stieß sie zurück. „Du bleibst in deiner Hütte, bis dich jemand holt. Solltest du deine Hütte vorher verlassen, so gilt das als Schuldeingeständnis.“
      Verdattert blickte Katana den Gardisten hinterher, die die Hütte wieder verließen und fragte sich, was sich hier abspielte. Wie kam die Perle zu ihrem Schmuck? Sie war überzeugt, dass sich alles aufklären würde, denn niemand würde sie für so bescheuert halten, dass sie das kostbare Stück stehlen würde. Zumal es sich um das Eigentum eines Mitglied des Rates handelte, was die Sache noch doppelt und dreifach so schlimm machte.
      Bis auf weiteres war sie also eine Gefangene in ihren eigenen vier Wänden. In Ordnung, dann konnte sie ebenso gut ein wenig aufräumen. Sie hatte schon lange vorgehabt, die Truhe in der Ecke zu entrümpeln. Jetzt schien der Zeitpunkt für diese Aufgabe ideal zu sein.
      Das Mädchen machte sich keinerlei Sorgen, denn schließlich war sie unschuldig.
      Sie ging zur Truhe hinüber und öffnete sie. Eine Vielzahl von Kleidungsstücken, beschriebenen und unbeschriebenen Papieren und diversem anderen Kleinkram kam zum Vorschein. Zunächst sortierte sie die ganzen Sachen grob, indem sie drei Haufen auf dem Boden bildete. Auf den einen kamen die Kleider, auf den anderen die Papiere, auf den dritten der gesamte Rest, der sich noch in der Truhe befand. Sie schuf einen vierten Haufen, auf den sie alle die Sachen legte, die sie wegwerfen wollte.
      Mitten in ihre Aufräumaktion platzte ein Gardist, der sie barsch aufforderte, mit ihm zu kommen. Katana erhob sich und folgte dem Mann. Der Weg war nicht sehr weit, er führte nur sechs Hütten weiter, bis zu dem Zelt, in dem sich der Rat versammelt hatte. Als Katana eintrat, sah sie den obligatorischen kleinen Tisch, an dem ein Mann und eine Frau saßen. Zwischen ihnen befand sich eine Schale aus Holz, in dem ein Zweig mit Nadeln vor sich hin kokelte.
      „Tritt vor“, sagte der Mann und Katana gehorchte. Der Mann hielt ihr die Holzschale entgegen. Die braunhaarige wusste, was von ihr erwartet wurde. Eine Befragung stand ihr ins Haus. Und vor dieser Befragung musste sie den Rauch der Wahrheit einatmen, der gewährleisten sollte, dass jemand ausschließlich die Wahrheit erzählte.
      Gehorsam hielt sie ihr Gesicht über die Schale und atmete tief ein. Sofort wurde sie von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt, was den Mann und die Frau hinter dem Tisch dazu veranlasste, sich gegenseitig einen vielsagenden Blick zuzuwerfen.
      Dann wurde das Mädchen aufgefordert, sich auf einen Stuhl zu setzen, der drei Meter entfernt stand. Die Befragung begann.
      „Kennst du dieses Schmuckstück?“, fragte die Frau und hielt der Angeklagten die Perle entgegen.
      „Natürlich“, antwortete Katana ehrlich. „Es gehört euch.“
      Die Frau nickte. „Gibst du zu, diese Perle aus meinem Privatzelt entwendet zu haben?“
      „Nein, weil ich sie nicht genommen habe.“
      „Aber du warst heute in meinem Zelt?“
      „Ja, Ihr habt mich doch selber hinein geschickt.“
      „Aus welchem Grund warst du dort?“
      „Ich sollte Euch ein Gefäß mit Erdwürmern bringen, da Ihr gerade mit der Gartenarbeit beschäftigt wart.“
      „Was hast du in meinem Zelt getan?“
      „Ich bin hinein gegangen, habe mich nach den Erdwürmern umgeschaut, habe das Gefäß genommen und habe das Zelt dann wieder verlassen.“
      „Sonst hast du nichts weiter in meinem Zelt getan?“
      „Nein“, antwortete Katana mit fester Stimme. „Und schon gar nicht habe ich Eure Perle mitgehen lassen.“
      Die Frau legte die Perle auf den Tisch. Dann begann der Mann mit seinen Fragen.
      „Katana, was würdest du sagen, wenn es einen Zeugen gibt, der den Verdacht gegen dich durch Beobachtungen, die er oder sie gemacht hat, erhärtet?“
      Katana stutze. Es konnte keinen Zeugen geben, der etwas gesehen oder gehört hatte, was sie nicht getan hatte. Aus diesem Grund sagte sie bestimmt: „Ich würde sagen, dass der- oder diejenige lügt und dass dann Aussage gegen Aussage steht.“
      Der Mann nickte und fragte weiter: „Und was würdest du sagen, wenn es mehrere Zeugen gibt, die den Verdacht gegen dich erhärten könnten?“
      Jetzt wurde Katana unsicher. Verflixt, was wurde hier gespielt? War ein Komplott gegen sie im Gange? Falls das der Fall war, so konnte sich Katana den Grund dafür absolut nicht vorstellen. Wer hatte etwas gegen sie? Wer griff zu solchen Mitteln, um ihr zu schaden und aus welchem Grund?
      „Ich kann nur wiederholen, was ich schon sagte. Ich bin unschuldig. Von mir wurde die Perle nicht entwendet.“
      „Und doch hat man sie in deinem Zelt gefunden“, stellte die Frau fest. „Wie kam sie in deinen Schmuckkasten?“
      „Die Antwort auf diese Frage interessiert mich genau so sehr wie Euch“, antwortete Katana.
      „Uns liegt eine Zeugenaussage vor, nach der beobachtet wurde, wie du, als du das Zelt wieder verlassen hast, etwas in deine Hosentasche stecktest. Du sollst das Gefäß mit den Erdwürmern auf einer Hand balanciert haben, hast aber die zweite Hand nicht zu Hilfe genommen. Es war dir offenbar wichtiger, etwas in deiner Tasche zu verstecken als das Risiko einzugehen, dass die Schale zu Boden fällt.“
      „Das stimmt nicht“, sagte Katana. „Ich habe nichts in meine Tasche gesteckt.“
      Sie wurde unruhig. War die Temperatur in dem Ratszelt durch den glimmenden und rauchenden Nadelzweig angestiegen oder kam es ihr nur so vor?
      „Wer hat das gesagt?“, wollte Katana wissen.
      Der Mann antwortete nicht auf ihre Frage, sondern sagte: „Uns liegt eine Zeugenaussage vor, nach der unmittelbar nachdem du deine Hütte betreten hast, eine weitere Person ebenfalls in deine Hütte kam. Diese Person hat gesehen, wie du etwas in deinen Schmuckkasten gelegt hast. Als du bemerktest, dass du nicht allein in deiner Hütte warst, hast du den Kasten schnell geschlossen.“
      Katana kämpfte die Panik nieder, die sie zu überrollen drohte.
      „Auch diese Aussage entspricht nicht der Wahrheit. Beide Zeugen müssen sich irren. Was veranlasst Euch zu glauben, dass sie eher die Wahrheit sagen als ich?“
      Der Rat lächelte sie an. „Sie haben beim Einatmen des Rauchs der Wahrheit nicht gehustet.“
      Wäre die Situation nicht so ernst gewesen, dann hätte Katana vermutlich laut angefangen zu lachen. So aber blickte sie die beiden Ratsmitglieder nur fassungslos an.
      „Ich müsste doch komplett den Verstand verloren haben, Euch zu bestehlen und das Diebesgut dann auch noch dort zu verstecken, wo es jeder sofort findet“, rief sie der Frau zu.
      „Oh, vielleicht sollte es dort gar nicht bleiben“, entgegnete die Angesprochene. „Vielleicht war dieses Versteck nur als Provisorium gedacht, bis du ein sichereres gefunden hättest. Es war lediglich Pech, dass man es schon so früh gefunden hat. Oder sagen wir besser, es war Bestimmung, denn man hat uns ja darauf aufmerksam gemacht, dass die Perle sich bei dir befindet.“
      Katana wusste nicht, was sie tun sollte. Es gab zwei Aussagen gegen sie. Zwei Aussagen, die nicht der Wahrheit entsprachen. Aber sie konnte nicht beweisen, dass sie nicht die Diebin war. Nicht nur die Lügen der Zeugen sprachen gegen sie, sondern auch ihr Husten, mit dem sie auf den Rauch reagiert hatte.
      „Ich beteuere weiterhin meine Unschuld und kann es mir nur so erklären, dass ein Komplott gegen mich geschmiedet wurde. Die Zeugen müssen lügen. Den Grund dafür kann ich mir allerdings nicht erklären.“
      „Nun gut“, sagte der Mann. „Vielleicht gibt es jemanden unter uns, der dir schaden möchte. Wem aus dem Volk der Xylten vertraust du bedingungslos? Wer würde dir unter keinen Umständen etwas Böses wollen? Wer würde keine Lügen über dich verbreiten?“
      Katana dachte nach. War das ein Test? Warum wollte man wissen, wem sie vertraute? Sie überlegte hin und her, konnte aber keinen Haken an der Frage feststellen.
      „Vegeta und Jetar“, gab sie zur Antwort. „Und Blior.“
      Blior war ein lustiger Xylte, der jeden mit seinen Späßen zum Lachen brachte, sei er auch noch so traurig oder deprimiert. Es gelang einfach nicht, Blior zuzusehen und nicht mit dem Lachen anzufangen.
      „Und Timal würde ebenfalls niemals Lügen über mich verbreiten.“
      Auch das kleine Mädchen Timal, das nur mit einer Hand geboren wurde, hatte Katana tief in ihr Herz geschlossen. Sie war unglaublich klug und man konnte mit ihr über alles sprechen. Auch in ernsten Dingen, über die sich sonst nur die Erwachsenen unterhielten, hatte Timal eine Meinung. Sie war etwas außergewöhnliches, daher bewunderte Katana sie. Und umgekehrt verhielt es sich ebenso.
      „Es ist gut, deine Befragung ist beendet. Wir werden die Untersuchung weiter fortsetzen. Geh bitte zurück in deine Hütte und bleibe dort, bis wir dich wieder rufen“, sagte die Frau.
      Katana tat, worum sie gebeten wurde und ließ die Minuten, die sie vor dem Rat verbracht hatte, noch einmal an sich vorbeiziehen. Hatte sie alles richtig gemacht? Sie hatte wahrheitsgemäß auf sämtliche Fragen geantwortet. Aber reichte das, um ihre Unschuld klarzustellen?
      Das braunhaarige Mädchen vertrieb sich die Wartezeit bis zu ihrem nächsten Auftritt vor dem Rat damit, ihren Besitz aus der Truhe weiter zu ordnen. Sie war gerade damit fertig und hatte den Deckel geschlossen, als sie erneut zum Rat zitiert wurde.
      Die Gesichter des Mannes und der Frau waren ernst, als Katana auf dem Stuhl Platz genommen hatte und die beiden anblickte.
      „Katana, nachdem wir alle Aussagen gehört, darüber gesprochen und den Herrn des Waldes um sein Urteil gebeten haben, können wir dir nun mitteilen, dass es für uns erwiesen ist, dass du diejenige warst, die heute eine Perle aus dem Zelt des weiblichen Rates gestohlen und bei dir im Schmuckkasten versteckt hast.“
      Katana sprang auf. „Nein, das ist ein Fehlurteil. Ich habe es nicht getan.“
      „Setz dich“, befahl der Mann streng. Schluckend kam Katana dem Befehl nach.
      „Deine Verstocktheit schadet dir mehr, als dass sie dir hilft“, fuhr der Mann fort. „Dein hartnäckiges Leugnen hat keinen Sinn. Wir wissen, was du getan hast. Und darum wirst du das Urteil annehmen, das wir über dich gefällt haben.
      Du wirst dieses Dorf noch heute verlassen und dich für einen Zeitraum von fünf Wechslern, angefangen mit dem Beginn des nächsten Wechslers, diesem Dorf auf nicht mehr als dreihundert Schritte nähern. Es ist dir mit Ablauf des heutigen Tages für die Dauer des Bestrafungszeitraumes untersagt, Kontakt mit den Xylten aufzunehmen, so wie es ihnen untersagt ist, Kontakt mit dir aufzunehmen. Solltest du zufällig auf einen Xylten aus diesem Dorf treffen, so hast du ohne ihn anzusprechen stumm an ihm vorüberzugehen. Nach Ablauf von fünf Wechslern, angefangen mit dem Beginn des nächsten Wechslers, wirst du wieder zu uns zurück kehren. Da wir uns wiedersehen werden, bleibt deine gesamte Habe in diesem Dorf. Lediglich deine Waffen darfst du mit dir nehmen.
      Sollten wir erfahren, dass du diese Maßnahmen nicht eingehalten und Kontakt zu den Xylten aus diesem Dorf aufgenommen hast oder dem Dorf auf weniger als dreihundert Schritte näher gekommen bist, so wirst du für immer aus unserem Dorf verbannt. In diesem Fall werden deine Sachen an einem Ort deponiert, der dir noch mitgeteilt wird, so dass du sie dort an dich nehmen kannst.
      Hast du dieses Urteil verstanden?“
      Katana kam es vor, als würde ihr der Boden unter den Füßen weggerissen. Sie wurde für fünf Wechsler in die Verbannung geschickt. Nein, für mehr als fünf Wechsler, denn der momentane Wechsler zählte ja nicht mit. Herr des Waldes, das war ein Zeitraum von über einem Ahno. Wie sollte sie so lange ohne ihr Volk überleben? Wer sollte ihr Kraft geben, mit wem sollte sie sich austauschen? Sie benötigte die Xylten.
      Ja, natürlich hatte sie das Urteil verstanden. Aber der Rat ahnte wohl nicht, was er ihr damit antat. Auf der anderen Seite war dieses Urteil vermutlich sehr wohl überlegt, denn die Strafe für Diebstahl musste hart ausfallen. Doch sie würde dem Rat nicht die Genugtuung verschaffen, vor ihm zu betteln oder zu flehen oder zu weinen.
      Sie richtete ihre Blicke auf den Mann und die Frau vor ihr und antwortete: „Ja, ich habe das Urteil verstanden. Und ich hoffe, dass Ihr irgendwann erkennt, welches Fehlurteil Ihr gesprochen habt.“
      Damit richtete sie sich auf, verließ das Zelt und kehrte in ihre Hütte zurück. Sie sah sich noch einmal um und prägte sich alles gut ein. Sehr lange Zeit würde sie die Behausung nicht mehr zu sehen bekommen.
      Sie wollte soeben ihre Waffen anlegen, als Timal, das kleine Mädchen, das nur eine Hand besaß, in ihre Hütte stürmte.
      „Ist es wahr“, fragte sie aufgeregt, „du gehst in die Verbannung?“
      Katana blickte ihr tief in die Augen. „Ja, es ist wahr. Der Rat hat so entschieden. Aber er hat sich geirrt, da ich nichts gestohlen habe.“
      Timal traten die Tränen in die Augen. „Ich möchte nicht, dass du gehst“, sagte sie verzweifelt, warf sich gegen Katana und presste das Gesicht an ihren Bauch.
      Katana streichelte Timals lockiges Haar.
      „Glaube mir, ich möchte auch bei euch bleiben. Doch der Rat hat entschieden und ich darf mich seinem Urteil nicht widersetzen. Immerhin kehre ich ja nach fünf Wechslern wieder zu euch zurück.“
      „Das ist eine Ewigkeit“, schluchzte Timal. „So lange kann ich nicht warten.“
      „Dir wird nichts anderes übrig bleiben“, entgegnete Katana und dann kam ihr eine Idee. Sie fasste Timal bei den Schultern, drückte sie von sich weg und sah in ihr tränennasses Gesicht.
      „Musstest du heute vor dem Rat aussagen? Hast du in irgendeiner Weise an der Verhandlung teilgenommen?“
      „Nein“, sagte Timal erstaunt.
      „Gut, dann höre zu. Der Rat hat ein Fehlurteil gesprochen. Ich habe die Perle nicht gestohlen. Es muss jemand getan haben, der mir schaden will. Ich möchte, dass du dich in der Zeit, in der ich weg bin, ganz unauffällig umhörst und versuchst herauszufinden, wer mir eine Falle gestellt haben könnte. Aber sei dabei vorsichtig. Gib niemandem Anlaß zum Argwohn. Willst du das für mich tun?“
      Timal nickte. „Was mache ich denn, wenn ich die Wahrheit erfahren habe? Zum Rat gehen?“
      Katana überlegte. Timal war noch ein Kind, man würde ihr kein Wort glauben.
      „Nein. So schwer es dir auch fallen mag, warte auf mich. Wenn ich wieder bei euch bin, kannst du mir alles erzählen. Und bis dahin darfst du durch nichts zu erkennen geben, dass du die Wahrheit weißt.“
      „In Ordnung“, sagte Timal ernst. Nach mehreren Schweigesekunden fragte sie: „Wo wirst du denn jetzt hingehen?“
      Katana zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Ich werde mich in den Wäldern durchschlagen.“
      Timal wich erschrocken zurück. „Aber dort ist es sehr gefährlich“, sagte sie besorgt.
      „Keine Angst, ich kann mich schon wehren. Bete für mich.“
      Katana küsste Timal auf die Stirn. Noch einmal umarmte das Mädchen sie mit ihrer einzigen Hand und trottete langsam aus der Hütte.
      Katana blickte auf ihr Hemd, das nass von Timals Tränen war. Es machte nichts, das würde schon wieder trocknen. Sie holte ihr Schwert aus dem Schrank und hängte es sich um.
      Erneut betrat jemand ihre Hütte. Diesmal war es Vegeta, die bestürzt wirkte.
      „Du verlässt uns? Ist das die Strafe für deinen Diebstahl?“
      „Ich habe keinen Diebstahl begangen. Glaubst du das etwa?“, wollte Katana wissen.
      Vegeta blickte zu Boden und schüttelte den Kopf. „Nein, ich glaube es nicht. Das habe ich auch dem Rat gesagt. Er hatte kein Recht, dich wegzuschicken.“
      „Das sieht er offenbar anders. Für ihn bin ich schuldig.“
      Vegeta trat auf Katana zu und umarmte sie herzlich. „Es tut mir so leid. Passe bitte gut auf dich auf und komme gesund wieder. Das Leben hier wird nicht mehr das gleiche sein, wenn du nicht da bist.“
      Das braunhaarige Mädchen drückte ihre Freundin fest an sich. „Danke. Ich werde so oft wie möglich an dich denken und dich niemals vergessen. In etwas mehr als einem Ahno sehen wir uns wieder.“
      Die beiden Xylten ließen sich los. Traurig sah Vegeta die Verurteilte an.
      „Hey,“ lächelte Katana, „sieh es positiv. Immerhin komme ich so ein wenig herum.“
      Vegeta lachte gequält. Dann drehte sie sich um und verschwand aus Katanas Blick. Mehrere Sekunden verharrte diese und starrte auf die Stelle, an der soeben noch ihre beste Freundin gestanden hatte. Sie würde ihr fehlen.
      Hart schluckte Katana die Tränen hinunter. Dann schnallte sie sich den Gürtel um, in dem ihr Dolch steckte. Sie hängte sich den Köcher mit ihren Pfeilen auf den Rücken und ergriff den Bogen. Ein letztes Mal sah sie sich in ihrer Hütte um. Sie hatte alles, was sie benötigte.
      Gerade wollte sie ihre Strafe antreten, als sie Jetar bemerkte. Sie hatte überhaupt nicht gehört, wie er ihre Hütte betreten hatte. Er stand nur da und sagte kein einziges Wort. Durchdringend sah er sie an.
      „Jetar, …“, begann sie, wurde aber barsch unterbrochen.
      „Hör zu“, sagte er und streckte abwehrend die Hand aus. „Es tut mir leid, dass die Strafe für dich so hart ausgefallen ist, aber du hast sie voll und ganz verdient. Ich kann einfach nicht glauben, was in dich gefahren ist. Ich habe dich geliebt und dir vertraut. Dieses Vertrauen hast du bitter enttäuscht. Es ist aus zwischen uns und glaube nur nicht, dass ich auf deine Rückkehr warten werde. Du weißt ganz genau, was ein Diebstahl für unser Volk bedeutet. Und dann auch noch den Rat zu bestehlen ist der Höhepunkt der Unverschämtheit. Ich weiß nicht, was du dir dabei gedacht hast. Ich weiß nur eines, dass ich in Zukunft nichts mehr mit dir zu tun haben möchte. Komme mir nie wieder unter die Augen, sonst weiß ich nicht, was ich tue. Und erwarte nicht, dass ich dir Lebewohl sage, denn das wäre gelogen.“
      Wie betäubt stand Katana noch lange da, nachdem Jetar die Hütte verlassen hatte. Mit jedem Wort, das er gesagt hatte, hatte er ihr einen Schlag in den Magen versetzt. Es war aus zwischen ihnen. Sie konnte es nicht glauben. Einer der wenigen Xylter, von dem sie gedacht hatte, dass er zu ihr stehen würde, hatte sein wahres Gesicht gezeigt. Was er ihr gesagt hatte, schmerzte sehr viel mehr, als das Urteil des Rates.
      Mit ausdruckslosem Gesicht ging Katana durch das Dorf und dem Ausgang entgegen. Sie ignorierte die Abschiedsrufe und die winkenden Hände ihres Volkes. Wie in Trance setzte sie einen Fuß vor den anderen und lief immer weiter, ließ ihr Dorf mit jedem Schritt weiter zurück.
      Als sie endlich glaubte, sich weit genug entfernt zu haben, blieb sie stehen, setzte sich auf den Waldboden und ließ ihren Gefühlen freien Lauf, indem sie ihre Verzweiflung, ihre Trauer und ihren Schmerz herausweinte und –schrie.
      Katana legte den Kopf schief und sah zu Link hinauf. "Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen?", fragte sie.
      "Ich schreie, soviel ich will!", brüllte Link wütend.

      (aus "Wenn ein Stern verglüht")
    • Hallo!

      Es ist Freitag und damit wieder Zeit für ein weiteres Kapitel meiner Fanfiction. Allmählich wird es Zeit, dass wir dem armen Link mal mitteilen, wo er sich befindet und was überhaupt mit ihm passiert ist.
      Meint ihr nicht?

      Genießt das Wochenende
      Dave

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      4

      Erneut wachte Link auf, doch diesmal war es nicht mehr dunkel. Das Tageslicht fiel durch ein Fenster mitten ins Zimmer und ließ ihn genauer erkennen, wo er sich befand. Seine Schulter schmerzte bei jeder Regung, darum bewegte sich der Hylianer sehr vorsichtig. Langsam sah er sich um. Die Wände des Zimmers, in dem er lag, waren weiß. Ein Sessel und ein Tisch standen in einer Ecke direkt neben einer Tür. Und er hatte sich bei seinem letzten Erwachen nicht getäuscht. Er lag tatsächlich in einem Bett auf einem weißen Bettlaken. Die Decke und das Kissen waren mit aufgedruckten Blumen überzogen. Auch der Nachttisch war da, der direkt unter dem Fenster stand. Auf ihm stand ein Glas Wasser und erst bei diesem Anblick merkte der Teenager, welch riesigen Durst er hatte.
      Er blickte auf seine Schulter, die von einem weißen Verband bedeckt war. Er befühlte sein Gesicht an der Stelle, an der der Waldboden seine Wangen aufgerissen hatte. Es fühlte sich glatt und kühl an und mit Sicherheit berührte er nicht die Haut. Sein Körper war nackt, lediglich seine Unterhose hatte Link an.
      Zum Glück stand der Nachttisch auf der linken Seite des Bettes, so dass er ihn bequem mit dem unverletzten Arm erreichen konnte. Er streckte die Hand aus und seine Fingerspitzen streiften das Glas, das an den Rand tanzte, das Übergewicht bekam und zu Boden fiel. Klirrend zersprang das Trinkgefäß. Link hielt den Atem an. Wenn er wirklich, wie vermutet, im Haus eines Bürgers von Hyrule lag und ihn durch das Klirren alarmiert hatte, dann hatte er jetzt sicher nichts zu lachen. Auf der anderen Seite erschien es ihm merkwürdig, dass man seine Wunden versorgt hatte, wo der gesamte Mob doch drauf und dran gewesen war, ihn zu töten. Entfliehen konnte er jedenfalls nicht, dazu war er noch zu schwach.
      „Aviko, Aviko“, ertönte eine krächzende Stimme aus einem Nebenraum. Link spannte seine Muskeln an. Diese Stimme hatte er noch nie zuvor gehört, da war er sich ganz sicher.
      Eine alte Frau trat durch die offen stehende Tür. Sie hatte ein gelb-weiß gestreiftes Leinenkleid an und kam langsam auf Link zu.
      „Der Sohn des Holzes hat viel Blut verloren“, sagte sie. „Er muss sich ausruhen, um wieder zu Kräften zu kommen.“
      Link starrte sie nur verständnislos an. Die Alte war ihm gänzlich unbekannt. Eine Einwohnerin von Hyrule war sie jedenfalls nicht. War das ihr Haus, in dem er lag? Wo befand er sich?
      Ächzend kniete die alte Frau nieder und sammelte die Scherben ein. Dann schlurfte sie wieder nach draußen und kam wenig später mit einem Lappen und einem neuen Glas Wasser wieder zurück. Sie tastete nach dem Nachttisch, hielt sich daran fest und schob ihre Hand mit dem Wasser in Links Richtung. Dankbar nahm er ihr das Glas ab und trank in gierigen Schlucken.
      Als das Glas leer war, ließ er sich erschöpft in das Kissen fallen. Die Frau nahm ihm das Gefäß ab und kniete sich erneut nieder, um mit dem Lappen das verschüttete Wasser aufzuwischen.
      „Drei Dis hat der Sohn des Holzes tief geschlafen. Und er braucht noch ein paar weitere Dis Ruhe, bis er wieder hergestellt ist.“
      Link hatte die Augen geschlossen. Das Trinken hatte ihn doch mehr angestrengt, als er gedacht hatte. Aus dem Gebrabbel der Alten wurde er nicht schlau. Er war auch zu müde, um dem, was sie sagte, aufmerksam folgen zu können. Aber offenbar war er hier nicht in Gefahr. Ednita verließ das Zimmer wieder und Link schlief ein.
      Als er wieder erwachte, fühlte er sich schon deutlich besser. Die Schmerzen in seiner Schulter waren nicht mehr so stark und er meinte, deutlich aufnahmefähiger zu sein als in seiner letzten Wachperiode.
      „Es ist gut, dass der Sohn des Holzes so viel schläft. Das wird ihm bei seiner Genesung sehr helfen“, vernahm Link eine leise Stimme neben sich und er erkannte, dass die alte Frau neben seinem Bett auf einem Stuhl saß. Und dann begriff er. Offenbar war er der Sohn des Holzes, doch es war ihm ein Rätsel, warum die Alte ihn so nannte.
      „Wo … wo bin ich“, fragte er.
      „Im Haus von Ednita“, antwortete die Frau. „Der Sohn des Holzes lag im Wald halb in der Höhe eines Abhangs. Er wurde von einem Baum verdeckt, so dass die Männer, die nach ihm gesucht haben, ihn nicht sehen konnten. Aber für Ednita ist das egal.“
      Link sah Ednita an und dann begriff er, was sie meinte. Ednita war blind. Wahrscheinlich war sie im Wald unterwegs gewesen, hatte ihn gefunden, mit zu sich genommen und gepflegt.
      Sie beugte sich vor und sagte: „Der Sohn des Holzes hat mächtige und auch hinterlistige Feinde. Er sollte auf seinem weiteren Weg sehr gut auf sich Acht geben.“
      „Warum nennt Ihr mich ‚Sohn des Holzes’?“, wollte Link wissen.
      „Ist er es nicht?“ fragte Ednita zurück. „Er hat doch bei dem Volk der Bäume gelebt.“
      Auf diese Feststellung wusste Link nichts zu erwidern. Ednita hatte Recht, aber woher wusste sie das? Er war ihr noch nie zuvor begegnet. Doch die Alte gab ihm eine Antwort, die ihn nur noch mehr verwirrte.
      „Ednita weiß mehr, als die meisten Wesen annehmen. Sie mag mit ihren Augen nichts sehen können, aber sie sieht gründlicher als viele andere.“
      Links Magen gab ein knurrendes Geräusch von sich. Sofort stand Ednita auf und verließ das Zimmer. Wahrscheinlich holte sie etwas zu essen.
      Links Vermutung war richtig, denn ein paar Minuten später tauchte sie mit einem tiefen Teller wieder auf, der bis zur Hälfte mit Suppe gefüllt war. Link machte ein enttäuschtes Gesicht, als er die Menge der Mahlzeit sah, denn er verspürte wirklich einen Riesenhunger. Aber als er den Teller geleert hatte, musste er feststellen, dass er total satt war.
      Dann fiel ihm etwas ein, was Ednita beim letzten Mal zu ihm gesagt hatte.
      „Ihr meintet, dass ich drei Tage bewusstlos gewesen bin.“
      Die alte Frau nickte. „Nur einmal ist der Sohn des Holzes für kurze Zeit erwacht. Der hohe Verlust seines Blutes hat ihn sehr geschwächt. Immerhin war er schwer verletzt.“
      Link erinnerte sich. Irgend etwas hatte ihn an der Schulter verletzt. Aber er hatte den Verursacher nicht herausfinden können.
      „Aber wodurch?“, überlegte er leise murmelnd, doch Ednita hatte sehr gute Ohren. Abermals stand sie auf und kam nach wenigen Augenblicken zurück. Sie hatte ein Tuch dabei, dass sie in der Hand hielt und vor Link aufschlug.
      „Das hat Ednita aus der Schulter des Sohnes des Holzes geholt. Es saß ziemlich fest.“
      Link nahm den Gegenstand, der auf dem Tuch lag, zwischen Daumen und Zeigefinger der linken Hand. Es war eine kleine Eisenkugel.
      Also war doch jemand in der Nähe gewesen, dachte Link. Jemand, der mit einer Schleuder auf ihn gezielt und an der Schulter getroffen hatte. Eine Schleuder war die ideale Waffe, um eine so kleine Eisenkugel abzufeuern. Dem Hylianer kamen Situationen in den Sinn, in denen er mit seiner Schleuder Deku-Kerne abgefeuert hatte. Eisenkugeln waren sogar noch effektiver, da sie größere Verletzungen und somit mehr Schaden anrichten konnten.
      Er legte die Eisenkugel wieder in das Tuch zurück, das Ednita auf den Nachttisch legte.
      „Wo befinde ich mich?“, fragte er. „Das hier ist nicht Hyrule, oder?“
      Die Alte lachte leise. „Ednitas Haus steht auf sicherem Boden, denn in die Verlorenen Wälder wagt sich so leicht kein anderes Wesen.“
      Link glaubte, sich verhört zu haben. Ednita wohnte in den Verlorenen Wäldern? Wie konnte sie hier überleben, blind und den Bestien, die sich hier herumtrieben, hilflos ausgeliefert, wenn sie ihnen einmal begegnete? Link fing an, Ednita zu bewundern. Sie hatte offenbar keine Angst.
      „Der Sohn des Holzes sollte sich jetzt wieder ausruhen“, schlug die blinde Alte vor. „Er wird noch einige Zeit hier bleiben müssen, bevor seine Gesundheit wieder so weit hergestellt ist, dass er sich wieder auf den Weg machen kann.“
      „Das geht nicht“, protestierte Link. „Ich habe eine Aufgabe zu erledigen.“
      „Er wird sich in keiner Weise helfen, wenn er nur halb gesund wieder auf die Suche geht.“
      Link gab sich für den Moment geschlagen. Er fühlte sich wirklich noch nicht wieder so fit, um seine Suche nach demjenigen fortzusetzen, der ihn in Misskredit bringen wollte.
      „Was meint Ihr, wie lange muss ich noch hier bleiben?“, fragte er seine Lebensretterin.
      „Ednita hofft, dass sich der Sohn des Holzes nach acht Dis erneut auf den Weg machen kann.“
      Acht Dis waren eine lange Zeit, in der sein Plagiator weitere Überfälle begehen und Menschen verletzen konnte. Und überhaupt wusste Link gar nicht, wo er mit seiner Suche beginnen sollte. Da konnte er genauso gut bei der blinden Ednita bleiben. Vielleicht erhielt er ja noch ein paar wichtige Informationen von ihr, dachte der Hylianer.
      Ednita ließ ihn für einen Moment alleine, um mit einer Tasse dampfenden Gebräus zurückzukehren, das ein wenig nach verkochtem Kohl roch.
      „Dieses sollte der Sohn des Holzes trinken“, sagte sie. „Es wird ihm helfen, tief und traumlos zu schlafen und sich schneller zu erholen.“
      Link nahm die Tasse und trank einen kleinen Schluck. Die schneeweiße Flüssigkeit schmeckte leicht süßlich. Der verletzte Teenager trank die Tasse aus. Dann sank sein Kopf zurück in das Kissen. Er legte die Hand auf seinen Bauch und machte die Augen zu. Sekunden später war er eingeschlafen.
      Ednita sollte Recht behalten. Von Tag zu Tag kam Link mehr zu Kräften. Jeder Tag, den er bei Ednita verbrachte, sorgte dafür, dass seine Schulter weiter abheilte und er seinen Arm besser bewegen konnte. Nähere Hinweise auf seine Mission erhielt er von der alten Frau allerdings nicht, obwohl er sie fragte, wo er mit seiner Suche beginnen sollte und ob sie ihm erzählen konnte, wer hinter den Überfällen steckte. Entweder wusste es Ednita tatsächlich nicht oder sie wollte ihm nichts verraten.
      Am achten Dis war seine Wunde verheilt. Der Hylianer hatte beschlossen, nicht länger zu warten. Heute wollte er aufbrechen um endlich hinter das Geheimnis des unbekannten Plagiators zu kommen. Doch weiterhin hatte er keine Ahnung, wie er es anstellen sollte, denn er hatte nicht den geringsten Anhaltspunkt.
      „Der Sohn des Holzes wird seine Ehre wieder herstellen“, prophezeite ihm Ednita, „aber er wird einen sehr hohen Preis dafür zahlen müssen.“
      Link nahm diese Botschaft unbeeindruckt auf. Er war schon ziemlich oft in tödliche Gefahren geraten. Angst vor dem Tod hatte er nicht. Auch wenn er bei dieser Mission sein Leben verlieren sollte; wenn dadurch seine Unschuld bewiesen werden würde, war der Preis nicht zu hoch.
      Seine blutige Tunika und die restliche Kleidung war von Ednita gewaschen worden. Das kleine Loch, das die Eisenkugel im Rückenteil der Tunika hinterlassen hatte, hatte Ednita mit grünem Garn geflickt. Komplett bekleidet und mit Schwert und Schild bewaffnet verabschiedete sich Link von Ednita und dankte ihr für alles, was sie für ihn getan hatte. Ednita wünschte ihm viel Glück und ermahnte ihn noch einmal zur Vorsicht. Der Hylianer versicherte ihr, dass er sehr gut auf sich aufpassen würde und trat vor die Tür.
      Zahlreiche Bäume ragten vor ihm auf. Mit Unbehagen erinnerte sich Link daran, dass er sich in den Verlorenen Wäldern befand. Er ermahnte sich innerlich, sehr vorsichtig auf seinem Weg zu sein und die Augen möglichst überall zu haben, da hinter jeder Ecke eine Gefahr lauern konnte.
      Dann ging er los und warf ab und zu einen Blick zu Ednitas Haus zurück, bis er es nicht mehr sehen konnte.
      Katana legte den Kopf schief und sah zu Link hinauf. "Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen?", fragte sie.
      "Ich schreie, soviel ich will!", brüllte Link wütend.

      (aus "Wenn ein Stern verglüht")
    • Hallo!

      Genießt das Wochenende mit dem nächsten Kapitel meiner Fanfiction.

      Dave

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      5

      Mehrere Tage lief Katana bereits durch die Verlorenen Wälder. Wie gut, dass sie in der Vergangenheit bei ihrem Volk gelernt hatte, wie man Fallen aufstellt. So hatte sie die ideale Voraussetzung dafür, an Fleisch zu gelangen. Ab und zu verirrte sich auch ein Tier in ihre Fallen, das nicht zum Essen bestimmt war oder das sie zu süß fand, um es zu braten und als Abendessen zu verspeisen. Dann ließ sie das Wesen kurzerhand wieder frei.
      Das Wetter hatte es bisher gut mit ihr gemeint. Es regnete nur sehr selten. Meist war es trocken, wenn sich auch die Sonne nicht so oft blicken ließ.
      Sehr häufig dachte sie an ihr Volk und ganz besonders an Vegeta und Jetar, ihre beste Freundin und ihren Geliebten. Wie es ihnen jetzt wohl ging? Ob Jetars Wut inzwischen verraucht war und er doch ein klein wenig an sie dachte? Ob es ihm wohl leid tat, dass er diese harten Worte an ihrem letzten Tag, den sie bei den Xylten verbracht hatte, zu ihr gesagt hatte? Oder war es ihm ernst und er hatte sie bereits vergessen oder versuchte es mit allen Mitteln?
      Es hatte keinen Zweck, darüber zu grübeln, soviel war Katana auch klar, aber sie konnte einfach nicht anders. In ihrem Herz gab es immer einen heftigen Stich, wenn sie an Jetar dachte. Häufig begann sie zu weinen, aber auch das brachte ihn nicht zurück. Dann sagte sie sich, dass er es nicht wert war.
      In den ersten Nächten hatten Alpträume sie gequält. Sie hatte sich auf den Waldboden gelegt und mit trockenen Blättern zugedeckt, die sie warm hielten. Lange Zeit hatte sie nicht einschlafen können, sondern hatte grübelnd unter ihrer Decke gelegen. Und als sie dann endlich der Schlaf übermannt hatte, traten furchterregende Bilder in ihren Kopf. Bilder, in denen sie von Stadt zu Stadt unterwegs war und überall weggejagt wurde. Man gab ihr nichts zu essen, ließ sie nirgendwo arbeiten und an ein Gasthaus, das sie bei sich aufgenommen hätte, war gar nicht zu denken. Auch in den Wäldern konnte sie nie lange an einem Ort bleiben. Finstere Gestalten tauchten auf und scheuchten sie unbarmherzig weiter. Alle zeigten mit dem Finger auf sie und riefen, dass sie einer Diebin mit nichts unterstützen würden.
      Wenn Katana dann am nächsten Morgen aufwachte, fühlte sie sich, als habe sie überhaupt nicht geschlafen. Der Nacken und der Rücken taten ihr weh.
      Doch sie ließ sich nicht unterkriegen, sondern ging weiter durch die Verlorenen Wälder, wobei sie absolut keine Ahnung hatte, wohin ihr Weg sie führen sollte.
      Heute war ein richtig herrlicher Tag. Die Sonne brannte vom Himmel und sie liebte es, in ihrem hellen Licht durch die Bäume zu schlendern. Mittags machte sie an einem Fluss Rast, aß und trank eine Kleinigkeit und setzte dann ihren Weg fort.
      Eine halbe Stunde später gelangte sie an eine Lichtung. Sie trat aus dem Schatten der Bäume, um auf die andere Seite zu gelangen. Als Katana die Lichtung halb durchquert hatte, tauchte wie aus dem Nichts ein paar Meter vor ihr eine attraktive Frau auf. Sie hatte lange hellblonde Haare und trug ein gelbes Seidenkleid. Das glatte Gesicht lächelte Katana entgegen, doch die Xylte war auf der Hut. Wer sich in den Verlorenen Wäldern herumtrieb, war zu fünfundneunzig Prozent nicht vertrauenswürdig. Allen Fremden sollte man mit Misstrauen begegnen, das hatte Katana schon gelernt, als sie noch ein kleines Kind gewesen war. Wer dieser Regel folgte, sicherte sich das Überleben.
      Die Fremde rührte sich nicht, sondern lächelte Katana weiterhin zu, als diese an ihr vorüber schritt. Immer wieder blickte Katana sich um, doch die Frau blieb an der gleichen Stelle stehen. Katana fragte sich, was sie wollte und spürte plötzlich ein starkes Ziehen an ihrem Arm. Vor Schmerz zog sie die Luft ein, presste die Hand auf den Arm und sah sich um. Die Frau hatte sich nicht von der Stelle gerührt, aber Katana wusste, dass sie ihr die Schmerzen zugefügt hatte.
      Dann flammte ein Schmerz in ihrer Hüfte auf. Stöhnend berührte sie die Stelle und fühlte den Stoff des blauen Hemdes unter ihren Fingern. Jetzt reichte es ihr. Sie drehte sich um und blickte die fremde Frau durchdringend an, während sie rückwärts weiterging. Diesmal kam die Fremde ihr langsam nach.
      Katana sah, wie das hellblonde Wesen den Mund öffnete und eine lange graue Zunge hervorschnellte. Die Zunge fuhr über das Bein ihres Schattens und im selben Augenblick spürte das Mädchen den Schmerz an ihrem entsprechenden Körperteil.
      Nun wusste Katana, mit was sie es zu tun hatte. Einige Meter von ihr entfernt stand eine Aswang, nicht das gefährlichste Wesen, das in den Verbotenen Wäldern unterwegs war, aber dennoch nicht zu unterschätzen. Aswangs ernährten sich vom Schatten der im Wald umherlaufenden Menschen und Tiere, indem sie deren Schatten aufleckten. Als Folge davon mussten die schattenlosen Kreaturen sterben.
      Katana wich schneller zurück. So schnell wie möglich musste sie wieder in den schützenden Schatten der Bäume kommen. Doch auch dann war sie noch nicht sicher. Hatten die Aswangs erst einmal ein Opfer angefallen, so verfolgten sie es so lange, bis sie ihren Schatten komplett aufgeleckt hatten. Es blieb Katana nichts anderes übrig, als die Aswang zu töten.
      Doch sie musste Zeit gewinnen und durfte es nicht riskieren, dass die Bestie allzu oft über ihren Schatten leckte. Katana überlegte blitzschnell und lief dann auf die Aswang zu. Diese war im ersten Moment überrascht, dann aber erfreut über Katanas Reaktion. Sie klappte ihren Mund auf und als sie die Zunge vorstreckte, stieß Katana sich kräftig ab und trat mit dem rechten Stiefel gegen die Wange ihrer Feindin.
      Die Aswang heulte laut und schmerzerfüllt auf, als sie sich kräftig auf die Zunge biss und Katana gab Fersengeld. So schnell sie konnte, bewegte sie sich im Zickzack auf die rettenden Bäume zu. Das Mädchen hoffte, dass sie sich so unkontrolliert bewegte, dass ihr Schatten ein schweres Ziel bot. Leider war dem nicht so, wie sie bald feststellen musste. Sie brüllte auf, als der Schmerz durch ihren Rücken fuhr.
      Der rettende Wald war unmittelbar vor ihr und so nahm Katana all ihre Kraft zusammen, sprang mit ausgebreiteten Armen nach vorne und landete mitten in einem Busch. Blitzschnell krabbelte sie daraus hervor und begab sich in den schützenden Schatten eines Baumes, der in der Nähe stand. Ängstlich sah sie sich um, doch auf der Lichtung konnte sie niemanden entdecken.
      Dem Mädchen war klar, dass sie noch nicht außer Gefahr war. Sie musste unter allen Umständen eine Skare finden. Hektisch blickte sie sich um, doch den gesuchten Baum konnte sie nirgendwo entdecken. Offenbar musste sie tiefer in den Wald. Dabei kam sie jedoch auch an Stellen vorbei, auf die das Sonnenlicht fiel und an denen sie ungeschützt war. Doch das musste sie riskieren.
      Sie hastete von Baum zu Baum, wobei sie sehr darauf achtete, immer nur für einen kurzen Moment ins Sonnenlicht zu treten. Auch wenn sie die Aswang nicht bemerkte, so war sie ganz sicher, dass das Biest noch irgendwo in der Nähe lauerte und darauf wartete, dass sie einen Fehler machte.
      Sorgfältig suchte sie die Umgebung ab, doch Erfolg hatte sie keinen. Das konnte doch nicht wahr sein, irgendwo zwischen all diesen Bäumen musste doch eine Skare wachsen.
      Katana hetzte weiter und ließ ihre Blicke hin und her schweifen. Plötzlich stutzte sie und kniff die Augen zusammen. Nur vier Bäume rechts von ihr wuchs ein stämmiger Riese, der eine Skare sein konnte. Schnell hastete sie vorwärts und als sie auf ihrem Weg zum Baum durch die Sonne lief, merkte sie den Schmerz, der ihre Schulter durchzuckte. Die Aswang gab einfach nicht auf.
      Nachdem sich das braunhaarige Mädchen ein wenig erholt hatte, betrachtete es den Baum genauer und ihr Herz hüpfte vor Freude. Sie hatte tatsächlich eine Skare vor sich.
      Sofort richtete Katana ihren Blick auf den Waldboden, um festzustellen, ob eine Frucht dieses Baumes unter ihm lag. Doch diesmal hatte sie nicht so viel Glück. Katana seufzte und hob ihren Blick gen Himmel. Sie kniff die Augen zusammen und entdeckte tatsächlich in der Krone des Baumes ein paar Skarel.
      Sie holte einen Pfeil aus dem Köcher, legte ihn auf die Sehne des Bogens, richtete die Spitze des Pfeils in die Krone, kniff ein Auge zu und zielte sorgfältig. Als sie sicher sein konnte, dass der Pfeil die Frucht treffen würde, ließ sie los. Das Geschoss schnellte nach oben und traf die Skarel, die sich vom Baum löste und zu Boden fiel.
      Rasch nahm Katana die kleine runde braune Frucht an sich und zog den Pfeil heraus. Nun konnte sie nur noch hoffen, dass ihr Plan funktionieren würde.
      Sie zückte ihr Messer und schnitt die Frucht in der Mitte durch. Dann setzte sie sich auf den Boden, drückte die Seiten der Frucht leicht zusammen und betrachtete den farblosen Saft, der hervorquoll. Mit der Schnittfläche rieb sie über ihre Beine und ihre Hüften, bis sie die ganze Hose mit dem Saft beschmiert hatte.
      Als nächstes rieb sie ihr Hemd mit dem Saft aus der anderen Fruchhälfte ein – Arme, Schultern, den Bauch die Brust und den Rücken, so gut sie ihn erreichen konnte.
      Der Skarelsaft war sehr gesund, doch man musste ihn rasch trinken, denn wenn er einige Zeit mit Sauerstoff in Berührung gekommen war, verklebte er und war somit als Getränk nicht mehr geeignet. Und genau auf diese Eigenschaft hoffte Katana. Ihre klebrige Kleidung konnte sie später in einem Fluss waschen.
      Im Schutz des Schattens wartete sie noch einige Minuten, dann ging sie wieder zurück zur Lichtung. Von der Aswang war weit und breit nichts zu sehen, doch Katana war sicher, dass sie irgendwo in der Nähe lauerte. Die Xylte hoffte nur, dass nicht ausgerechnet jetzt die Sonne hinter Wolken verschwand.
      Sie betrat die Lichtung und ging zur gegenüberliegenden Seite hinüber. Sie war noch nicht weit gekommen, als sie einen Schmerz am linken Arm verspürte. Doch sie ignorierte ihn so gut es ging und wirbelte herum, wobei sie gleichzeitig ihr Schwert zog. Der Plan war aufgegangen. Die Zunge der Aswang klebte an ihrem Schatten fest. Verzweifelt zog die Frau daran, konnte sie aber nicht wieder in ihren Mund bekommen.
      Und Katana nutzte ihre Chance. Sie holte aus und durchtrennte die Zunge mit dem Schwert. Mit einem erstickten Aufschrei schlug die Aswang ihre Hände vor den Mund. Eine Fontäne aus schwarzem Blut spritzte zwischen ihren Fingern hervor und färbte den Boden der Lichtung dunkel. Halb wahnsinnig vor Schmerzen drehte sich die Frau um die eigene Achse. Schließlich blieb sie stehen und taumelte davon.
      Doch Katana dachte gar nicht daran, ihre Peinigerin entfliehen zu lassen. Sie lief hinter ihr her, stieß ihr mit aller Kraft das Schwert in den Rücken und durchbohrte das Herz der Aswang. Diese streckte ihren Oberkörper vor und fiel zu Boden. Ihr Blut durchtränkte das Seidenkleid, dessen gelbe Farbe sich allmählich in Schwarz änderte.
      Katana atmete tief durch und schob das Schwert zurück in die Scheide. Diese Gefahr war überstanden. Doch das Mädchen machte sich keine Illusionen. Es würde nicht die einzige Gefahr bleiben, solange sie in den Verbotenen Wäldern unterwegs war.
      Sie setzte ihren Weg fort und beobachtete ein paar Baumpelze, die sich hoch in den Bäumen gegenseitig mit Beeren bewarfen.
      Allmählich wurde es Zeit, die Vorbereitungen für das Abendessen zu treffen. Katana lechzte nach einem saftigen Braten und machte sich in Windeseile an die Vorbereitungen. Sie suchte sich zwei kräftige Bäume aus und grub ein kleines Loch zwischen den Holzriesen. Dann legte sie über das Loch ein Netz aus, das die Eigenschaft hatte, dass es sich zusammenzog und in die Höhe schnellte, wenn es belastet wurde. Die beiden Seilenden des Netzes warf sie über jeweils einen Ast der beiden Bäume und verknotete sie miteinander. Dann setzte sie sich in der Nähe an einen Baum. In dieser Position konnte sie die Falle zwar nicht sehen, aber wurde durch das Geräusch informiert, wenn sich ein Tier darin verfangen hatte.
      Zwei Stunden wollte Katana warten. Wenn sich dann noch nichts getan hatte, würde sie sich für den heutigen Abend eben mit Obst und essbaren Blättern begnügen. Die Xylte kannte sich in den Verlorenen Wäldern gut aus und wusste daher, welche Pflanzen sie ohne Bedenken verzehren konnte. Doch vielleicht hatte sie ja Glück und es würde heute Fleisch geben.
      Katana legte den Kopf schief und sah zu Link hinauf. "Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen?", fragte sie.
      "Ich schreie, soviel ich will!", brüllte Link wütend.

      (aus "Wenn ein Stern verglüht")
    • Hallo!

      Heute treffen Link und Katana aufeinander. Und damit beginnt der actionlastige Teil meiner Geschichte.
      Außerdem kriegt ihr im heutigen Kaptel auch meine Signatur zu lesen.

      Viel Spaß!

      Dave

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      6

      Sehr vorsichtig bewegte sich der Hylianer durch die Verlorenen Wälder. Er hatte sie in der Vergangenheit zwar schon mehrmals betreten, aber richtig tief war er noch nie in sie eingedrungen. Wie er aus Erzählungen und leidvollen Erfahrungen, die er selber gemacht hatte, wusste, waren die Gefahren in diesem Teil des Kokiri-Waldes nicht zu unterschätzen. Seine volle Aufmerksamkeit sollte er besser auf das richten, von dem er nicht wusste, was ihn erwartete. Doch immer wieder schweiften seine Gedanken zur alten Ednita zurück. Link nahm sich vor, sie noch einmal aufzusuchen, sobald seine Aufgabe erledigt war. Aber würde er ihr Haus überhaupt wieder finden? Das war sehr unwahrscheinlich, denn er war hier tief im Waldgebiet und eine Ecke sah aus wie die andere.
      Link duckte sich in den Schutz eines Baumes, als er die Schritte hörte. Ein Mensch torkelte in einiger Entfernung an ihm vorbei. Ströme von Blut liefen aus seinem Mund und tropften auf seine Kleidung, die mittlerweile schon verschmiert war. Was war mit dem Mann los? Der Teenager war nicht so dumm, ihm zu Hilfe zu eilen. Vielleicht hatte er keine Hilfe nötig und es war nur ein Trick um seiner habhaft zu werden. Link war nicht scharf darauf, vorzeitig sein Leben zu beenden. Erst als der Mann nicht mehr zu sehen war, setzte auch der Teenager seinen Weg fort.
      „Guten Morgen“, rief Navi erfreut und flog aus dem Halsausschnitt seiner Tunika dicht an Links Gesicht vorbei. Mit einem erschreckten Aufschrei taumelte der Hylianer zurück und stieß mit dem Rücken hart gegen den Stamm eines Baumes, worauf mehrere Beeren auf seinen Kopf prasselten. Link hielt schützend die Arme über seinen Kopf.
      Als der Beerenregen verebbt war, wandte sich der Junge mit wütendem Gesicht an seine Fee, die kichernd vor ihm in der Luft auf der Stelle schwirrte.
      „Verdammt, Navi, wenn du mich noch einmal so erschreckst, dann kannst du zusehen, wie du zukünftig ohne mich klar kommst, hast du verstanden?“
      „Dein Blick war unbezahlbar“, lachte Navi.
      „Ich habe gehört, die Goronen sind unheimlich scharf auf Feenflügel“, sagte Link in warnendem Ton. Navi streckte ihm die Zunge heraus.
      „Außerdem haben wir gar nicht Morgen, sondern schon Nachmittag“, erinnerte Link sie.
      „Macht nichts“, gähnte die Fee. „Für mich ist gerade Morgen.“
      „Kein Wunder, du schläfst ja auch neun Zehntel des Tages“, grummelte Link.
      „Du hast es gerade nötig“, meinte Navi.
      „Vielleicht könntest du jetzt freundlicherweise wach bleiben“, schlug Link vor. „Wir sind nämlich gerade in den Verlorenen Wäldern unterwegs und es wäre gar keine schlechte Idee, wenn du ebenfalls die Augen nach Gefahren offen halten könntest.“
      „In Ordnung“, antwortete Navi, riss ihre Augen auf und flog dicht vor Links Gesicht. Link seufzte und ging weiter, während seine Fee neben ihm her flog.
      Der Hylianer überlegte, wie er sich Nahrung beschaffen sollte. Ednita hatte ihm zwar ein wenig Proviant mitgegeben, aber spätestens übermorgen war dieser aufgebraucht. Und Link hatte keine Ahnung, welche Beeren, Kräuter oder Pilze in den Verbotenen Wäldern essbar und welche giftig waren. Die Hoffnung, jemanden zu treffen, den er fragen könnte, hatte er nicht.
      Navi flog erschrocken zu ihm und klammerte sich an seiner Tunika fest.
      „Augen“, plapperte sie aufgeregt, „da vorne sind Augen.“
      „Wo?“, wollte Link wissen.
      „Da vorne im Busch. Ich habe es ganz deutlich gesehen. Da waren Augen.“
      Link ging langsam zu dem Busch, auf den die Fee gedeutet hatte und betrachtete ihn aus sicherer Entfernung. Er konnte beim besten Willen keine Augen entdecken. Erst als er in die Knie ging und aus dieser hockenden Position den Busch näher betrachtete, sah er, was Navi gemeint hatte.
      „Du Dummerchen“, lachte er, „da sind einige Blätter, die dunkler sind als die anderen. Das sind aber doch keine Augen. Guck selbst.“
      Navi flog vorsichtig und unsicher auf den Busch zu und inspizierte ihn. Dann erkannte sie, das Link Recht hatte. Plötzlich schämte sie sich ein bisschen.
      „Na gut, aber es hätte sein können, oder?“, meinte sie.
      Link griff nach einem Stock, der auf dem Boden lag.
      „Das ist nur ein Gebüsch, siehst du?“, sagte er und ließ den Stock auf die kleine grüne Hecke niedersausen.
      Ein donnerndes Gebrüll riss ihn von den Beinen. Der Busch schraubte sich in die Höhe.
      So schnell er konnte, krabbelte Link rückwärts, während Navi sich kreischend in seine Tunika rettete. Link zog sein Schwert und stieß nach dem Feind, der einen unglaublichen Lärm machte, während er auf den Hylianer zukam.
      Der Busch streckte ein paar Blätter vor, die sich um Links Knöchel wickelten und kräftig daran zogen. Der Teenager schlug hektisch nach den Blättern und es gelang ihm tatsächlich, ein paar von ihnen mit dem Schwert abzuschneiden. Der Busch ließ augenblicklich von Link ab, wandte sich nach rechts und sauste über den Waldboden davon.
      Der in grün gekleidete Junge keuchte vor Schreck und ließ seinen Kopf auf den Boden sinken. Navi tauchte vor seinem Gesicht auf.
      „Nur ein Busch, ja? Da sind keine Augen, richtig? Navi hat ’n Knall, stimmt’s?“ zeterte sie erbost.
      „Könntest du … mal … aufhören … zu meckern?“, japste Link. Seine Brust hob und senkte sich in raschen Abständen.
      „Wenn du sowieso alles besser weißt, dann brauche ich auch gar nicht weiter nach Gefahren Ausschau zu halten“, meinte die Fee beleidigt und verkroch sich wieder in der Tunika.
      Nachdem Link eine Weile verschnauft hatte, stand er auf und steckte sein Schwert weg. Navi würde sich so schnell nicht wieder blicken lassen. Wenn sie erst einmal schmollte, dann konnte das sehr lange dauern, das wusste Link mittlerweile. In diesem Zustand ließ man sie besser in Ruhe.
      Er marschierte weiter. Die Konfrontation mit dem Busch hatte ihn total überrascht und er beschloss in Zukunft mehr auf seine Fee zu hören.
      Doch für einige Zeit würde er auf ihre Unterstützung verzichten müssen, daher ging er noch etwas langsamer und sah sich umso sorgfältiger um. Keine nennenswerten Gefahren waren auszumachen.
      Plötzlich fühlte der Junge einen heftigen Ruck. Er schrie, als er in die Luft gerissen wurde.
      Dann registrierte er, dass er sich in einem großen Netz befand, das zwischen zwei Bäumen hing. Heftig zappelte der Hylianer darin herum. Seine Arme wurden vom Netz an seinen Körper gepresst, so dass er keine Chance hatte, sein Schwert zu ziehen, um die Verknüpfungen zu durchtrennen.
      Navi kam aus seiner Tunika gekrochen.
      „Kannst du dich nicht einmal koordiniert bewegen? Warum machst du immer solche unsinnigen Bewegungen? Kannst du dir vorstellen, wie ich …“
      „Ich bin gefangen, du fliegende Brotkrume“, rief Link wütend.
      „Du brauchst jetzt gar nicht sauer auf mich zu sein. Ich hatte allen Grund, mich schmollend zu verkriechen.“
      „Wir sind in einem Netz gefangen, falls du es immer noch nicht bemerkt haben solltest.“
      Navi flog durch eine Masche hindurch und schwirrte vor Links Gesicht herum.
      „Das siehst du falsch. Du bist in einem Netz gefangen. Und das kommt nur daher, weil du nicht die Augen offen hältst. Hättest du mich vorfliegen lassen, wäre das nicht passiert.“
      Link stöhnte. „Könntest du deine Weisheiten für dich behalten und das Netz untersuchen und mir dann etwas möglichst Tröstliches sagen?“
      Navi schwirrte davon. Nach zwei Minuten war sie wieder da.
      „Du hängst ganz schön hoch in den Bäumen“, verkündete sie.
      „Danke“, entgegnete Link bissig. „Genau das, was ich hören wollte.“
      „Wieso bist du so unhöflich?“, wollte Navi wissen. „Warum bin ich immer an allem schuld.“
      „Weil sonst keiner da ist“, antwortete Link laut.
      „Wenn du die Augen aufmachen würdest, könntest du sehen, dass da unten ein Mädchen steht.“
      Link riss der Geduldsfaden. „Ich kann nicht nach unten gucken, weil ich aus dieser Position …“
      Er beendete den Satz nicht. Erst jetzt drang ihm ins Bewusstsein, was Navi gesagt hatte.
      „Was meintest du gerade?“, fragte er nach.
      „Dass da unten ein Mädchen steht und zu uns hinauf blickt.“
      Link versuchte sich im Netz ein wenig zu drehen, so dass er nach unten blicken konnte, was ihm schließlich auch gelang. Er schaute genau in einen Pfeil, mit dem das Wesen unter ihm auf ihn zielte.
      Das Mädchen ließ den Bogen sinken.
      „Oh, du bist ja gar kein Hase“, stellte sie fest.
      „Messerscharf erkannt“, meinte Link. „Wärst du vielleicht so nett, mich aus dem Netz zu befreien?“
      Sie ging hin und her, um den Gefangenen von allen Seiten zu begutachten.
      „Wer bist du denn? Halt, ich weiss es, du bist … Nein, das kann nicht sein. Für einen Kokiri bist du zu groß.“
      „Ich bin richtig sauer, weil ich aus diesem Netz heraus will“, rief Link. Wenn sie sich nicht bald beeilte, passierte ein Unglück, dass konnte er ihr schriftlich geben. Er war stocksauer auf sie. Sie sollte ihn einfach wieder frei lassen, dann wäre die Angelegenheit für ihn erledigt. Aber sie dachte offensichtlich nicht daran. Den Kopf in die Hand gestützt, dachte sie angestrengt nach.
      „Aber deiner grünen Kleidung nach könntest du ein Kokiri sein. Aber die sind doch nur Kinder.“
      „Verdammt“, brüllte Link und rüttelte wie wild an dem Netz. „Lass mich gefälligst sofort hier raus.“
      Katana legte den Kopf schräg und sah zu Link hinauf. „Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen“, fragte sie ruhig.
      „Ich schreie, soviel ich will“, brüllte Link wütend.
      „Und was hättest du damit gewonnen? Wenn du weiterhin so unfreundlich bist, dann gehe ich einfach und trinke eine schöne Tasse Tee. Du kannst dann sehen, wie du hier oben etwas zu essen bekommst. Vielleicht füttern dich ja ein paar Vögel“, mutmaßte das braunhaarige Mädchen.
      „Wie wäre es, wenn du aufhörst herumzuzetern und mal ein wenig freundlicher bist?“, schlug Navi ihm mit leiser Stimme vor.
      Link kochte vor Wut, aber er kämpfte seine Empfindung nieder und zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht, von dem er hoffte, dass es auch wie ein Lächeln aussah. Der Junge hasste es, herumzuschleimen, aber in diesem Fall war es wohl angebracht.
      „Bitte“, sagte er so höflich wie es ihm möglich war, „hier drin ist es wirklich sehr unbequem. Wärst du bitte so nett und würdest mich aus dieser Zwangslage befreien. Meine Beine schlafen nämlich gerade ein.“
      „Aber dann sagst du mir, wer du bist.“
      „Abgemacht“, sagte Link, obwohl er das nicht im mindesten vorhatte.
      Das Mädchen verschwand aus seinem Blickfeld und dann sauste das Netz zu Boden und Link landete in einem Laubhaufen. Trotz der weichen Landung hatte er einen tüchtigen Schreck bekommen, als die Falle ungebremst abwärts geflogen war.
      Er rappelte sich auf, ließ das Netz fallen und klopfte sich die Blätter von der Kleidung.
      Der Hylianer schaute böse auf das Mädchen, das lächelnd vor ihm stand, als wäre überhaupt nichts vorgefallen.
      „Und wer bist du jetzt?“, erkundigte sie sich, aber Link ignorierte sie und ging an ihr vorbei. Er hatte die Nase gründlich voll von ihr.
      „Hey“, rief sie protestierend. „Wohin willst du denn?“
      „Auf jeden Fall erst einmal weg von hier“, antwortete Link.
      „Und wohin genau?“
      „Raus aus diesem Wald.“
      „Na, dann wünsche ich dir aber ganz viel Glück.“
      Etwas in ihrer Stimme ließ Link aufhorchen. Er drehte sich zu ihr um und musterte sie eingehend.
      „Wie meinst du das?“
      „Warst du denn schon mal in den Verlorenen Wäldern?“, wollte sie wissen.
      „Stell dir vor“, sagte Link garstig. „Nur damals lagen hier keine Netze heimtückisch auf dem Boden.“
      „Tut mir leid“, entschuldigte sich Katana. „Aber irgendwie muss ich doch an mein Essen kommen. Du würdest bestimmt auch Fallen aufstellen, wenn es für dich keine andere Möglichkeit gäbe, dir Fleisch zu beschaffen“
      „Wieso wünscht du mir Glück, um aus dem Wald herauszukommen?“, erkundigte sich Link noch einmal.
      „Ich denke, du warst schon mal hier. Dann müsstest du es aber doch eigentlich wissen“, sagte Katana schnippisch.
      „Schön, dann sagst du es mir eben nicht“, brummte Link. Sie ging ihm ziemlich auf die Nerven. „Ich gehe nach links in diese Richtung und du gehst nach rechts in diese Richtung und dann werden wir uns hoffentlich nicht wieder begegnen.“
      „Das kann man leider nicht wissen“, meinte Katana.
      „Wie meinst du das nun wieder?“
      „Die Verlorenen Wälder bewegen sich“, teilte das Mädchen ihm mit, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt.
      „Du meinst, die Bäume laufen durch die Gegend und das Laub hüpft auf und ab und die Tiere fliegen durch die Luft“, sagte Link höhnisch. „Ich habe schon mehr gelacht.“
      „Quatsch“, winkte Katana ab. „Der gesamte Wald bewegt sich. Und du bekommst es nicht mit. Die Teile des Waldes verschieben sich ständig. Du gehst hinein aber findest den Ausgang nicht wieder, weil der mittlerweile an einer komplett anderen Stelle steckt.“
      „Na toll“, sagte Link, der diese ganze Erzählung für komplett gelogen hielt. „Und wie soll man dann wieder aus dem Wale heraus?“
      „Das schafft man nur, wenn man ihn in- und auswendig kennt“, meinte Katana.
      „Lasse mich raten. Du bist jemand, auf den das zutrifft.“
      „Ganz genau“, sagte Katana stolz. „Wenn du also aus diesem Wald hinaus möchtest, dann solltest du dich mir anvertrauen.“
      „Super, genau das, was den Tag perfekt werden lässt“, murmelte Link fassungslos.
      „Na, was sagst du?“, fragte Katana ihn begeistert. „Das hat den Vorteil, dass keiner von uns alleine durch den Wald zu laufen braucht. Und bei eventuellen Gefahren können wir ihr sogar mit vereinten Kräften entgegentreten.“
      „Und wer sagt mir, dass du nicht so eine Gefahr bist? Und wer sagt dir, dass ich keine Gefahr bin?“
      „Ach, dann hätte einer von uns doch schon längst die Initiative ergriffen und den anderen mit einem Schwerthieb niedergestreckt.“
      Sie sah Link von oben bis unten an.
      „Na gut, vielleicht hättest du zwei Schwerthiebe gebraucht.“
      Link guckte sie aus großen Augen an. Diese Unverschämtheit war wirklich nicht zu überbieten. Aber er hatte wohl keine andere Wahl. Wenn es sich mit diesem Wald wirklich so verhielt, wie das Mädchen erzählte, dann würde er sich ohne ihre Hilfe hoffnungslos verlaufen.
      Erst jetzt betrachtete der Hylianer die Fallenstellerin genauer und ihm fiel ihre Hautfarbe und die merkwürdige Form der Ohren auf. Als er beides entdeckt hatte, wusste er sofort, wer hier vor ihm stand.
      „Ich bin Katana“, sagte sie und streckte die Hand aus.
      „Du bist eine Xylte“, stellte Link fest. „Warum bist du nicht bei deinem Volk?“
      „Das gleiche könnte ich dich auch fragen“, gab sie patzig zur Antwort.
      „Gehen wir“, sagte Link kurz angebunden und stiefelte los. Dass er damit einverstanden war, ihr bis zum Ausgang durch diesen Wald zu folgen, bedeutete nicht, dass er vergessen hatte, wie sie ihm gegenüber aufgetreten war.
      Katana legte den Kopf schief und sah zu Link hinauf. "Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen?", fragte sie.
      "Ich schreie, soviel ich will!", brüllte Link wütend.

      (aus "Wenn ein Stern verglüht")
    • Moin!

      Boah, über anderthalb Jahre ist es jetzt her, seit ich das letzte Kapitel meiner Geschichte gepostet habe. Aber nun geht es weiter. Und ihr werdet euch vor Action kaum noch retten können.

      Viel Spaß beim siebten Kapitel des zweiten Teils.

      Dave

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      7

      „Jetzt guck doch nicht so biestig“, flüsterte Navi dem Hylianer zu. „Vielleicht ist sie ja ganz nett.“
      „Vielleicht habe ich auch Schwimmhäute zwischen den Zehen“, gab Link patzig zur Antwort.
      „Sie konnte nicht ahnen, dass du in ihre Falle laufen würdest. Das ist nun wirklich nicht ihre Schuld.“
      „Nein, aber mich stundenlang da oben zappeln zu lassen und mich erst nach einer halben Ewigkeit zu befreien, das ist ihre Schuld.“ Der Hylianer war immer noch stinksauer.
      „Ihr werdet jetzt ziemlich lange unterwegs sein“, stellte Navi fest. „Meinst du nicht, es wäre von Vorteil, wenn ihr versucht, miteinander auszukommen?“
      Link hatte eine unmissverständliche Antwort auf der Zunge, kam aber nicht dazu, sie zu geben, da er hörte, wie Katana auf ihn zugeeilt kam. Er verdrehte die Augen.
      „Wir werden jetzt ziemlich lange unterwegs sein“, sagte das Mädchen und lief neben ihm her. „Meinst du nicht, es wäre von Vorteil, wenn wir versuchen, miteinander auszukommen?“
      Der Teenager sah Navi streng an. „Ihr habt wohl hinter meinem Rücken bereits Freundschaft geschlossen, was?“
      „Wie bitte?“, fragte Katana, aber Link winkte nur ab.
      Seit Stunden waren sie nun schon unterwegs und die Dämmerung war bereits hereingebrochen. In wenigen Minuten würde es stockfinster sein.
      „Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich habe langsam Hunger“, sagte Katana. „Was hältst du davon, für heute Schluß zu machen mit der Wanderung? Nach dem Essen legen wir uns hin und schlafen, damit wir morgen wieder ausgeruht sind.“
      Bevor Link antworten konnte, sah er vor sich in etwas weiterer Entfernung eine helle Lichtquelle. Offensichtlich befand sich dort eine Hütte oder eine andere Unterkunft, in der sie die Nacht verbringen konnten.
      „Ist in Ordnung“, nuschelte der Junge. „Wir müssen nur noch die …“
      Dann verstummte er.
      Katana runzelte die Stirn.
      „Hey, was ist mir dir?“, wollte sie wissen. Sie blieb stehen, doch Link setzte weiterhin einen Fuß vor den anderen. Katana wusste nicht, was in ihn
      gefahren war, doch als sie geradeaus blickte, war ihr alles klar.
      „Nicht weitergehen“, rief sie dem Teenager hinterher. „Bleib stehen.“
      Doch Link hörte nicht auf sie. Katana rannte vorwärts, packte Link an den Schultern und riss ihn zurück. Im selben Moment schoss dort, wo Link soeben noch gestanden hatte, eine riesige Pflanze in die Höhe, die ihre
      Blütenblätter schloss.
      Katana gab Link zwei kräftige Ohrfeigen.
      „He, was soll das?“, rief Link empört.
      „Du bist geradewegs auf eine Fleisch fressende Pflanze zu gerannt. In der Nacht senden sie helles Licht aus, um ihre Opfer zu sich zu locken. Du solltest wirklich vorsichtiger sein. Hier ist nichts das, wonach es aussieht. Du bist permanent in Gefahr und musst immer auf der Hut sein. Ein Bruchteil einer Sekunde der Unachtsamkeit kann tödliche Folgen für dich haben.“
      „Ja, ist ja gut, ich hab’s begriffen“, meinte Link lapidar.
      „Nimm das nicht auf die leichte Schulter“, schrie Katana. „Du weißt, wo wir uns hier befinden. Ich muss schon aufpassen, dass ich nicht in irgendwelche
      Fallen laufe. Da kann ich nicht auch noch Kokirisitter für dich spielen. Bemühe dich wenigstens um Vorsicht.“
      „Das muss ich mir von dir nicht sagen lassen“, brüllte Link zurück.
      „So lange du zu bescheuert bist, um auf dich aufzupassen, schon“, keifte Katana.
      Genervt wandte sich Link nach links und bahnte sich seinen Weg durch einen dichten Busch bis zu einem kleinen baumlosen Gebiet, das die Form eines Quadrates hatte. Er setzte sich auf den Boden und hörte hinter sich Katana herankommen. Ohne sie zu beachten, packte er seinen Käse aus und biss ein großes Stück ab.
      „Und hinter diesem Busch war natürlich auch alles in Ordnung“, zeterte Katana weiter. „Das hast du sicher vorher gewusst, so forsch, wie du da durchmarschiert bist. Ich wusste gar nicht, dass du hellseherische Fähigkeiten hast. Das wird uns auf unserem weiteren Weg sicher sehr helfen.“
      „Hör endlich auf, mich anzuschnauzen“, schrie Link. „Glaubst du, du bist hier der Boss, nur weil du dich hier besser auskennst?“
      „Ich habe schon mein Volk verloren“, brüllte Katana zurück. „Und ich war froh, endlich jemanden zu treffen, der mir nicht sofort an den Kragen will. Glaubst du vielleicht, da sehe ich zu, wie …“
      Sie führte den Satz nicht zu Ende und Link starrte sie an. Sekunden dauerte das Schweigen zwischen den beiden an, dann warf Katana ihre Waffen auf die Erde und zog einen Beutel mit Beeren und anderem Obst hervor. Ohne ein Wort setzte sie sich und begann zu essen.
      Stumm beendeten beide ihre Mahlzeit. Dann raffte Katana einige Blätter zusammen und schob diese über ihren Körper. Link tat es ihr gleich.
      Die Nacht war ruhig, aber weder der Hylianer noch die Xylte konnten einschlafen. Beide hingen ihren Gedanken nach. Link dachte daran, dass er immer noch nicht wusste, wie es weitergehen sollte. Angenommen, Katana war tatsächlich in der Lage, ihn aus den Verlorenen Wäldern zu führen, was dann? Was sollte er tun, wie sollte es weitergehen? Er war genauso schlau wie vorher.
      Katana dachte an ihr Volk. Durch ihren Wutausbruch war alles wieder massiv an die Oberfläche geschossen. Ihre Gedanken wanderten zu Jetar und zu Vegeta. Ob es ihnen wohl gut ging? Und ob Timal mittlerweile etwas herausgefunden hatte?
      Leider konnte Katana nicht herausbekommen, inwieweit Timal mit ihren Ermittlungen erfolgreich gewesen war. Auch Timal selbst durfte nicht nach ihr suchen und sie informieren. In Katana stiegen die Vorwürfe empor. Was war, wenn sie Timal durch ihre Bitte in Gefahr gebracht hatte? Immer wildere Kapriolen spielten sich in ihren Gedanken ab.
      Nach einer Weile konnte Link doch einschlafen, aber nach kurzer Zeit wurde er von einem Geräusch wieder geweckt, das er zuerst nicht identifizieren konnte. Aber dann wusste er, was für ein Geräusch es war. Er lag ganz still und regte sich nicht, während er zuhörte, wie Katana erstickt schluchzte. Sie weinte heftig und bemühte sich, so leise wie möglich zu sein.
      Link gab es einen Stich, als er ihre Schluchzer vernahm. Und dann regte sich das schlechte Gewissen in ihm. Warum war er so gemein zu ihr gewesen? Warum gab er ihr keine Chance? Navi hatte Recht gehabt, es war gewiss besser, über seinen Schatten zu springen und aufzuhören, den beleidigten Goronen zu spielen.
      Der Hylianer war unschlüssig, ob er Katana ansprechen sollte, aber dann entschied er sich dagegen. Es war ihr garantiert unangenehm, wenn sie wusste, dass er sie beim Weinen beobachtet hatte.
      Schweren Herzens machte Link die Augen zu und obwohl es ihm nun noch schwerer fiel, einzuschlafen, schaffte er es dennoch nach einiger Zeit.
      Am anderen Morgen wurde der Hylianer durch ein lautes Gebrüll geweckt. Erschrocken setzte er sich auf und sah Katana, die mit dem Rücken zu ihm stand und anscheinend Dinge in den Wald warf und dabei ohrenbetäubend schrie. Schließlich drehte sie sich wieder um und sah, wie Link angespannt auf dem Boden saß.
      „Guten Morgen“, meinte sie. „Hast du gut geschlafen?“
      „Ging so“, antwortete Link. „Werde ich jetzt jeden Morgen so geweckt?“
      „Vielleicht schreie ich morgen nicht ganz so laut.“
      „Das wäre sehr rücksichtsvoll.“
      „Dann darfst du dich aber nicht beschweren, wenn irgendwelche Tiere an dir knabbern.“
      „Was für Tiere?“, erkundigte sich Link.
      „Das möchtest du lieber nicht so genau wissen. Sie sind ziemlich fies, aber auch sehr schreckhaft. Deshalb vertreibe ich sie ja durch Schreien und indem ich Dinge nach ihnen werfe.“
      „Zum Beispiel?“
      „Zum Beispiel dein Schwert“, sagte Katana unbekümmert und grinste, als Links erschrockener Blick auf seine Waffe fiel, die immer noch dort lag, wo er sie vor ein paar Stunden abgelegt hatte.
      Schweigend aßen beide ihr Frühstück. Als sie es beendet hatten und Katana ihre Sachen zusammenpackte, räusperte sich Link. Sofort blickte sie ihn an.
      Er schaute zu Boden und scharrte mit der Stiefelspitze.
      „Wegen gestern … es tut mir leid. Ich hätte mich nicht so aufführen sollen.“
      „Schon in Ordnung. War auch blöd von mir, dich nicht gleich befreit zu haben. Aber deinen Namen weiß ich immer noch nicht.“
      „Ich bin Link“, stellte der Hylianer sich vor.
      Katana dachte angestrengt nach. „Irgendwo habe ich deinen Namen schon gehört. Aber du bist kein Kokiri.“
      „Richtig, ich bin Hylianer. Bis ich das herausgefunden hatte, habe ich allerdings bei den Kokiri gelebt. Und das habe ich beibehalten. Ich habe ihnen sehr viel zu verdanken.“
      Das braunhaarige Mädchen nickte.
      Jetzt war es an Link, einige Fragen zu stellen.
      „Du hast gestern gesagt, dass du dein Volk verloren hast. Magst du darüber reden? Warum bist du nicht bei den Xylten.“
      Katana schluckte. Obwohl es ihr schwer fiel, erzählte sie Link die ganze Geschichte, die sie sich selbst nicht erklären konnte. Zwischen dem Mädchen und dem Jungen herrschte eine eigenartige Vertrautheit. Sie spürten es, dass sie dem jeweils anderen vertrauen konnten und dass kein Feind vor ihnen stand. Keiner von beiden konnte es erklären, aber obwohl sie sich noch nicht einmal einen Dis kannten, machte es ihnen nichts aus, dem anderen ihre Geschichte zu erzählen.
      „Das ist ja ungeheuerlich“, rief Link aus. „Die hatten doch keinerlei Beweise, dass du die Perle gestohlen hast.“
      Katana nickte traurig.
      „Komm, lass uns gehen“, schlug sie vor. „Wir können ja im Laufen weiterreden.“
      Gemeinsam gingen sie nebeneinander durch die Verlorenen Wälder. Als sie unter einem tiefen Ast gebückt hindurchgehen mussten, übernahm Link die Führung.
      „Jetzt weiß … Au“, rief Katana. Sie war genau unter dem Ast hochgefahren und hatte sich den Kopf gestoßen. Sie verzog das Gesicht und rieb sich die getroffene Stelle, während sie zwei Schritte rückwärts stolperte, wo sie sich gefahrlos aufrichten konnte.
      „Jetzt weiß ich, woher ich deinen Namen kenne“, sagte sie und ihre Hand umfasste den Schwertgriff. „Du hast einige Einbrüche begangen und Leute niedergeschlagen.“
      „Nein“, verteidigte sich Link. „Das habe ich nicht. Ich habe herausgefunden, dass es jemand war, der mir schaden will. Deshalb imitiert er mich und das macht er ziemlich gründlich. Jeder denkt, dass ich es gewesen bin, aber das stimmt nicht. Deshalb bin ich auch hier. Ich will den Plagiator finden und ihn nach Kakariko bringen, damit er dort zugibt, dass er hinter alldem steckt. Allerdings weiß ich überhaupt nicht, wo ich mit dem Suchen anfangen soll. Ich habe keinerlei Anhaltspunkte.“
      „Und das soll ich dir glauben?“, fragte Katana misstrauisch. „Woher soll ich wissen, dass du nicht doch derjenige bist, den sie suchen?“
      „Ich weiß, dass ich es nicht war. Du kannst glauben, was du willst. Aber ich werde den Täter finden. Nur weiß ich nicht, wo ich suchen soll.“
      Katana überlegte angestrengt und verkündete dann: „Ich weiß nicht, ob du es warst oder nicht. Aber wenn du unschuldig bist und nicht weißt, wie du den Schuldigen ausfindig machen kannst, dann kann dir vielleicht das Baumorakel helfen.“
      „Das was?“, fragte Link erstaunt.
      „Das Baumorakel. Du darfst ihm eine Frage stellen. Und es liefert dir dann die Antwort. Zum Beispiel könnte es dir sagen …“
      „Warum ihr zwei so einen Krach macht und einer hart arbeitenden Fee nicht ihren verdienten Schlaf gönnt.“ Gähnend streckte Navi ihren Kopf aus Links Tunika.
      „Wo arbeitest du denn hart?“, wollte Link wissen.
      „Was meinst du, wie anstrengend es ist, ständig die Flügel zu bewegen.“
      Link verdrehte die Augen. „Das ist übrigens Navi“, sagte er zu Katana.
      „Vorstellen kann ich mich noch selbst“, protestierte das kleine Wesen.
      „Wenn du nicht gerade schläfst oder gähnst. Und auf diesen Moment möchte Katana vielleicht nicht so lange warten“, antwortete Link grinsend.
      Schimpfend verkroch sich Navi wieder.
      „Weißt du denn, wo wir das Baumorakel finden können?“, fragte Link.
      „So ungefähr“, antwortete das Mädchen. „Im Gegensatz zum Rest der Verlorenen Wälder bewegt sich das Baumorakel nicht von der Stelle.“
      Link zuckte mit den Schultern. „Ich kenne mich hier überhaupt nicht aus. Ohne dich wäre ich verloren. Das hast du mir gestern selber zu verstehen gegeben.“
      „Gut, ich führe uns hin. Gib mir nur etwas Zeit.“
      „In Ordnung, wenn das Orakel nicht wegläuft“, antwortete der hylianische Junge.
      Auf ihrem weiteren Weg sammelte die Xylte Pilze, Beeren und essbare Wurzeln. Link schaute ihr zu und versuchte sich genau einzuprägen, was Katana ihm über essbare und nicht essbare Pflanzen erzählte, denn er wollte mehr über die Verbotenen Wälder lernen, über die er nach seiner Meinung viel zuwenig wusste. Es gab bestimmte Beeren, die sehr viel Saft enthielten und somit gut geeignet waren, um den Durst zu löschen. Andere Beeren wiederum enthielten fast keinen Saft und waren extrem trocken und nicht als Nahrungsmittel zu gebrauchen, obwohl sie nicht giftig waren.
      Ab und zu kletterte Katana auf einen Baum und pflückte verschiedene Blätter, die man als Gewürze verwenden konnte. Auch verschiedene andere Gegenstände untersuchte sie, denn mit ihnen konnte man ein Feuer entzünden oder Verletzungen heilen oder sich durch sie neue Kräfte zuführen. Was sie gesammelt hatten, wurde von Katana in Gefäßen gelagert, die sie aus Baumrinde hergestellt hatte.
      Zur Mittagszeit legten sie an einem Bach eine Rast ein und Katana wusch ihre Kleider, die vom Skarelsaft immer noch sehr klebrig waren. Dann breitete sie die Kleidung auf einem Baumstumpf aus und hüllte sich in ein großes weiches Blatt eines plötzlich erschienen Riesenbaumes, das so groß war, dass es ihren gesamten Oberkörper einhüllte.
      „Wie kommt der denn hierher?“, wunderte sich Link.
      „Der Riesenbaum?“, fragte Katana nach.
      „Ja, der war doch vor einer Minute noch nicht hier.“
      „Ach, der kommt und geht, wie es ihm gerade passt. Aber seine Blätter sind schön flauschig. Pflück dir auch mal eines.“
      Link streckte die Hand aus und griff ins Leere. Der Riesenbaum war verschwunden.
      „Beim nächsten Mal solltest du ein bisschen schneller reagieren“, riet Katana ihm lachend.
      Nach ein paar Minuten zog die Xylte ihre getrocknete Hose und ihr getrocknetes Hemd wieder an und ging neben Link weiter.
      Vor einer grau-blauen Blume blieb sie stehen und kramte in einem Gefäß. Sie holte zwei schwarze Kugeln hervor.
      „Was hast du vor?“, fragte Link neugierig und schob seinen Kopf vor.
      „Das sind Kraftkugeln“, erklärte das Mädchen ihm. „Und die werde ich jetzt dieser Pflanze zu essen geben.“
      „Meinst du nicht, wir könnten die Kraftkugeln selber gebrauchen?“, wollte Link wissen.
      „Klar, aber auf diese Weise haben sie eine stärkere Wirkung.“
      Der Hylianer fragte gar nicht mehr nach. Katana würde schon wissen, was sie tat. Doch insgeheim wollte er schon wissen, wie die Kugeln eine stärkere Wirkung entfalten konnten, wenn sie an eine Blume verfüttert wurden.
      Seine Begleiterin warf die Kugeln in die Blüte der Blume, die ihre Blütenblätter schloss und zu kauen begann. Dann wurde ihr Stiel ein wenig dicker. Etwas schien sich von unten nach oben durch den Stängel zu bewegen. Für Link unerwartet öffnete die Blume ihre Blütenblätter wieder und die beiden Kugeln waren in weißen Schleim gehüllt und fielen zu Boden.
      Link wurde übel, als Katana die Kugeln mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck aufsammelte und zurück in das Gefäß legte.
      „Die muss ich aber nicht essen, oder?“, erkundigte er sich.
      „Nur, wenn dir richtig schlecht ist“, antwortete Katana.
      „Also jetzt.“
      Das Mädchen grinste.
      „Weißt du“, erklärte sie ihrem Begleiter, „die Kugeln sehen jetzt zwar eklig aus …“
      „Das fällt kaum auf“, sagte Link ironisch.
      „… aber durch den Schleim wird ihre Wirkung um gut ein Viertel stärker.“
      Link verspürte nicht die geringste Lust, noch weiter über Kräfte verstärkende Maßnahmen durch Pflanzen zu sprechen. Gemeinsam drangen sie tiefer in die Verlorenen Wälder vor. Katana sah sich um, um sich zu orientieren.
      „Gut, die nächste Veränderung kommt erst in etwa einer Stunde“, meinte sie.
      „Woher weißt du das?“
      „Ich lebe schon viele Ahno hier. Mittlerweile hat man den Rhythmus der Veränderungen im Gefühl.“
      Mit jeder Minute fragte sich Link, ob er sich dafür beglückwünschen oder ohrfeigen sollte, dass er sich Katana angeschlossen hatte.
      „Erzähle mir mehr über das Baumorakel“, forderte er Katana auf. „Wie funktioniert es?“
      „Keine Ahnung. Es ist schon ewig hier in den Verlorenen Wäldern. Man geht zu ihm, wenn man ein Problem hat und stellt ihm eine Frage. Und darauf antwortet es. Nur leider antwortet es verschlüsselt. Eine klare Aussage darf man von ihm nicht erwarten. Aber die Verschlüsselungen sind mal leicht und mal schwer zu enträtseln. Es ist reine Glückssache, auf welche Art dir das Orakel antwortet.“
      „Hast du es schon einmal nach etwas gefragt?“
      „Nein, man sollte sehr sparsam mit den Besuchen beim Orakel umgehen. Im Laufe eines Lebens darf man es nur insgesamt dreimal in Anspruch nehmen. Viele ungeduldige Xylten haben ihre drei Male innerhalb kurzer Zeit aufgebraucht und als dann die richtig großen Probleme kamen, war ihnen die Antwort verwehrt.“
      „Wirst du dem Orakel auch eine Frage stellen?“, erkundigte sich Link.
      „Das habe ich eigentlich nicht vor. Aber vielleicht kann es ein wenig Licht ins Dunkel der Geschehnisse bringen, die mit meiner Verbannung zu tun haben.“
      Der Teenager kam an eine Pflanze mit sehr langem Stiel, die sofort vor ihm zurückwich.
      „Zurück“, schrie Katana, warf sich nach hinten und riss Link mit sich. Er wollte protestieren, doch dann erkannte er, warum Katana so gehandelt hatte. Aus der Pflanze schoss ein Strahl einer hellgrünen Flüssigkeit, der anstelle von Link einen Baum traf, dessen Rinde anfing zu rauchen und weggeätzt wurde.
      „Heiliger Deku-Baum“, hauchte Link, der kreidebleich geworden war. „Was ist das?“
      „Ätzgras“, antwortete Katana, gab Link einen kräftigen Stoß, so dass er nach rechts taumelte, und sprang selber zur linken Seite. Dort, wo die beiden eben noch gestanden hatte, spritzte der hellgrüne Strahl durch die Luft.
      „Duck dich und bleib unten“, befahl Katana.
      Link kauerte sich hinter einen Baum und rief: „Was hat es gegen uns?“
      „Es hat gegen jedes Lebewesen, das Beine hat, etwas“, rief Katana ihm zu. „Wenn dich der Strahl trifft, wird dein Körper verätzt. Von dir bleibt nichts übrig außer einer wässrigen Flüssigkeit. Das Ätzgras hat Wurzeln, die sehr tief in den Boden und sehr weit in die Umgebung reichen. Die Wurzeln saugen die Flüssigkeit, die du mal warst, auf. So funktioniert die Nahrungsaufnahme vom Ätzgras.“
      „Okay, dann sollten wir ihm zuvorkommen“, meinte Link. „Wie kann man das Gras besiegen?“
      „Gar nicht. Du musst aus der Reichweite des Strahls verschwinden. Dann kann es dir nichts mehr anhaben.“
      Link glaubte sich verhört zu haben.
      „Aber es muss doch irgend etwas geben, was dieses Gras vernichten kann“, warf er ein.
      „Ja, das gibt es auch“, gab Katana zu, „aber was es ist, erkläre ich dir, wenn wir aus der Reichweite verschwunden sind. Versuche das Gras zu umgehen. Achte aber darauf, dass du immer im Schutz eines Baumes stehst.“
      Link und Katana huschten von Baum zu Baum und manchmal fehlte nur eine Fingernagelbreite und sie wären vom Strahl getroffen worden. Dieses Gras reagierte blitzschnell, wenn potentielle Opfer in die Reichweite gerieten. Doch zehn Minuten später hatten sie es geschafft. Der Flüssigkeitsstrahl konnte sie nicht mehr erreichen und sie waren außer Gefahr.
      „Das ging gerade noch einmal gut“, atmete Katana hörbar auf.
      Link wischte sich den Schweiß von der Stirn und sagte: „So, und jetzt möchte ich gerne wissen, wie man diesem Gras den Garaus machen kann.“
      „Das ist ein wenig schwierig. Man muss das Gras ebenfalls mit einer ätzenden Flüssigkeit bespritzen. Doch diese ätzende Flüssigkeit muss so stark sein, dass sie alles verätzt. Und ich meine damit wirklich alles.“
      Link stutzte.
      „Das ist doch gar nicht möglich. Wenn eine Flüssigkeit alles verätzt, dann kann man sie ja nicht einmal zur Pflanze transportieren, weil sie das Transportgefäß ja auch verätzen würde.“
      „Kluger Hylianer“, lobte Katana ihn. „Aus diesem Grund ist es auch noch niemandem gelungen, diese Pflanze zu besiegen. Wenn nicht noch jemand eine andere Vernichtungsmethode entdeckt, dann wird die Pflanze nur auf natürliche Weise zugrunde gehen können.“
      Über diese düsteren Aussichten dachte Link auf dem weiteren Weg zum Baumorakel nach.
      „Haben wir das Orakel bald erreicht?“, erkundigte er sich, nachdem jeder von ihnen für eine ganze Weile geschwiegen hatte.
      „Morgen mittag müssten wir unser Ziel schon sehen können“, kündete Katana an.
      „Sollen wir irgendwelche Opfer mitnehmen?“
      „Wozu?“
      „Für das Orakel. Oder benötigt es keine Opfer?“
      „Wir müssen nur ein Opfer bringen. Wir müssen zum Orakel gelangen.“
      „Logisch, wenn wir ihm eine Frage stellen wollen“, meinte Link.
      „Du verstehst mich falsch“, sagte Katana. „Wir müssen erst Prüfungen bestehen, bevor wir zum Orakel dürfen. Nur wenn wir eine bestimmte Anzahl Prüfungen bestanden haben, dann sind wir würdig, dem Orakel eine Frage zu stellen.“
      „Ach, das ist ja interessant“, erboste sich Link und stemmte die Hände in die Hüften. „Das fällt dir sehr früh ein, mir das mitzuteilen.“
      „Wenn wir am Eingang des Orakels gewesen wären, wäre es auch noch früh genug gewesen. Du kannst dich auf die Prüfungen nicht vorbereiten. Es heißt, dass die gleichen Prüfungen niemals öfter als einmal gestellt werden. Dafür ist das Orakel berühmt.“
      Dem Jungen kam ein unangenehmer Gedanke.
      „Sag mal, Katana, erreichen viele das Baumorakel, um ihre Frage zu stellen?“
      Katana wiegte den Kopf hin und her und überlegte angestrengt. Dann antwortete sie: „Von allen Wesen, die Rat suchen, landen ungefähr sieben Prozent beim Orakel.“
      Link blieb abrupt stehen. Sieben Prozent! Das war von hundert Leuten gerade jeder vierzehnte. Seine Chancen standen mehr als schlecht. Eigentlich könnte er sofort wieder umkehren. Doch Katana zerstreute seine Zweifel.
      „Hey, du schaffst das. Du wirst vor das Orakel treten und deine Frage stellen.“
      Der Hylianer bewunderte den Optimismus von seiner Begleiterin. Er selber konnte diesen Optimismus überhaupt nicht teilen.
      „Und was macht dich so sicher?“, fragte er. „Warum glaubst du, dass ausgerechnet ich es schaffe, dem Orakel meine Frage zu stellen?“
      Katana klopfte ihm auf die Schulter.
      „Na, das ist doch ganz klar. Weil du dringend eine Antwort benötigst.“
      Katana legte den Kopf schief und sah zu Link hinauf. "Glaubst du, wenn du schreist, erreichst du deinen Willen?", fragte sie.
      "Ich schreie, soviel ich will!", brüllte Link wütend.

      (aus "Wenn ein Stern verglüht")

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