Garo-Gedichte

    • Bonsoir!
      ConanKudo und ich fanden uns heute zusammen und übten uns in erquickendster Nostalgie: wir erinnerten Zelda-Erlebnisse aus unschuldigsten Kindertagen. Besonders stach hieraus der Ikana-Canyon hervor, das geheimnisumwitterte Geisterland in TLoZ-Majora's Mask. Vor allem feszinierten und inspirierten uns die Garos; durch ihre Freiheit von Raum und Zeit - Materialisation und Dematerialisation - spornten sie uns an Kunst zu erschaffen, die ebenso vergänglich und doch so unsterblich ist wie sie es sind.
      Kunst in Form dreier Gedichte, die hier aufgelistet sind:


      1.
      In Ikanas Felsenturm,
      Scheinbar mächtig, aber ach!
      Verschwindet feige nach der Schmach
      Der Niederlage: Garo-Wurm.

      Nichts bleibt, weder Staub noch Asche,
      Weg die ganze Kreatur!
      Kein Gedanke, keine Spur
      lässt Pseudo-Ninja Garo-Flasche.

      Divengleich im lila Kleide,
      Wie Rapunzel ohne Scheide,
      Hoch im Turm der warmen Geister

      Drückt ihn Link, der hehre Retter
      Fest von hinten auf die Bretter.
      Und beglückt stöhnt Garo-Meister.




      2.
      Garo-Meister, zeige dich
      Leg ab der Kutte Schutz!
      Zeige mir dein wahres Ich
      Mach dir das Licht zunutz

      Sprich dich aus und öffne dich
      Erzähle uns dein Leiden
      Entblöße dich ganz öffentlich
      Ganz ohne zu verkleiden

      Sage uns, warum du dich
      Stets verstecken musst
      Hinterm Finsternisgesicht
      Im dicken Mantelwulst

      Ist dein Antlitz so verstörend
      So erschreckend, wie verhext
      Dass du, Mutters Rat erhörend
      Es vor aller Welt versteckst?

      Bist du deshalb stetig feige
      Fällst über die Leute her
      Spielst du doch die letzte Geige
      Nächtlich beim Geschlechtsverkehr

      Doch Garo-Meister, weine nicht
      Dein Leben ist nicht schlecht
      Sei nicht traurig bei der Sicht
      Auf’s mickrige Geschlecht



      3.
      Unsichtbar, der Garo-Mann,
      Doch naht ein Reisender heran!
      Habuh! Er springt aus dem Versteck!
      Der Wanderer erbleicht vor Schreck.
      Der Garo hat nen Mantel an
      Den lüpft er nun so hoch er kann,
      Zeigt sein nacktes Hinterdeck
      Und schon ist der Garo weg!



      Auf Feedback jeglicher Art freuen sich ConanKudo und Acobat reader.

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Acrobat reader ()

    • Ein interessantes Gedicht. Ja, ich spreche von einem Gedicht, denn ich denke, die drei Parts gehören zusammen. Das erste ist die Einleitung, das zweite eine wörtliche Rede von Link, geschieht kurz nach dem ersten Absatz. Danach vergehen einige Tage, bis die im dritten Absatz beschriebenen Geschehnisse einsetzen.
      Beim ersten Lesen musste ich natürlich lachen, doch schon beim zweiten mal wurde mir in gewisser Weise ein versteckter Sinn aufgezeigt. Doch nicht nur einer.
      Die Sprache ist einerseits etwas vulgär gehalten, das sehe ich jedoch auch als Sozialkritik an, denn einige werden dieses Gedicht sicherlich nur als Belustigung sehen. Ein geschicktes Täuschungsmanöver.

      Doch kommen wir zum Inhalt. Der Garo-Meister versteckt sich hinter einer Maske und scheint sein wahres Ich zu verstecken. Link versucht ganz klar, ihm zu helfen, in einem Gespräch, in dem sich der Garo-Meister offenbaren soll, indem er seine "Maske" abnimmt. Er scheint ein starkes Problem mit dem Selbstbewusstsein zu haben, das er durch Diebstähle und einer klaren Hierachie (Garo-Meister) aufzuwiegen versucht. Dies zeigt sich auch später, als Link er sich durch das "Ausziehen" offenbart und schließlich weint. Doch kurz nachdem der Garo-Meister mit Link ein Gespräch hatte, scheint er sich der Herrlichkeit seiner Person klar geworden zu sein und wird zu einem ganz normalen Menschen. Jedoch kann er mit seiner Schuld nicht leben, gibt sich noch einmal einem ungefährlichem Spaß hin und bringt sich am Ende des Gedichts um - nackt.

      Ein sehr intelligentes Gedicht, wie ich finde. Hier wird sehr gut gezeigt, wie wahr der Spruch "Harte Schale, weicher Kern" doch ist und wie viel ein freier Blick auf sich selbst doch bewirken und (zum Positivem) verändern kann.

      Prädikat: Wertvoll!
      Top 4™ Agathe
      Oder: Who the fuck is Team Rocket?

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von Omen ()

    • Exzellente Analyse, Neon. Das Kombinieren der 3 Teile ist der Schlüssel zum Erfolg!
      Doch du hast einen entscheidenden Aspekt unterschlagen und das ist und bleibt die Sexualität! Der offensichtliche Exhibitionismus des Garo-Meisters und seiner Lakaien - im Spiel Majora's Mask grotesk und dennoch durch eindeutige, humoristische Antithese angedeutet - ist einer der Kernpunkte unserer Interpretation des Garo-Meisters (die Selbstdarstellung durch Hierarchie wurde sehr richtig erkannt) und der Garos an sich.
      Ein wichtiger Punkt ist die Störung der Sexualpräferenz des Garo-Meisters - im ersten Gedicht deute ich dies durch die Allegorie des "Kampfes" zwischen ihm und Link an. Schon Kafka ließ in seiner Erzählung "Beschreibung eines Kampfes" den Protagonisten in einem vielschichtigen Individuationsprozess auf zahlreiche subtile "Doppelgänger" (eine literarische Technik, die vor allem in der Romantik, aber auch später im Expressionismus angewandt wurde) Erfahrungen sammeln. Kafkas Erzählungen und Romane sind geprägt durch ein unglaublich intensives Verhältnis zum Vater. Im Bezug auf unsere Werke lässt die Hierarchie, die Garo-Meister inszeniert, den Wunsch nach einem Patriarchat vermuten; ergo, und das ist der entscheidende Übertrag auf Kafkas gut dokumentierten Ödipuskomplex, zeigt sich durch die beschriebene (diesmal erneut ins Auge stechend antithetische) Sichtweise des Garo-Meisters eine satirische und doch kafkaeske Hommage an den großen Meister (diesmal Kafka). Ein nettes Schmanckerl ist übrigens die Allegorie an Kafkas Minderwertigkeitskomplex, der sich durch den Exhibitionismus und vor allem! durch die Scham zur Schau stellt, die Garo-Meister im zweiten Gedicht bei der Sicht auf seinen Körper ereilt.
      Auch hier wiederum ist der entscheidende Faktor die Sexualität. Dass den Garo-Meister, wie andere Exhibitonisten auch, eine hämische Genugtuung nach dem Akt der Selbstentblößung ereilt - was durch das frivol anmutende plötzliche Verschwinden danach in Gedicht 3 (und generell sowieso) belegt werden kann - ist ebenso offensichtlich.

      Um weitere Gedanken, Anmerkungen, Kritiken und Urteile wird gebeten!

      Dieser Beitrag wurde bereits 5 mal editiert, zuletzt von Acrobat reader ()

    • Ich kann mich meinen Vorrednern in jedweder Hinsicht anschließen, jedoch würde ich einen Punkt gerne hervorheben, da dieser meiner Ansicht nach noch nicht deutlich genug hervorgehoben wurde: Die Sozialkritik.
      Wie Neon bereits richtig erkannt hat, macht sich diese in dem Gedicht deutlich bemerkbar, einerseits wie erwähnt durch die Sprache, aber natürlich auch inhaltlich.

      Angefangen mit dem ersten der drei Parts. Hier wird mehr als nur subtil die konsequent übertriebene Selbstdarstellung des vermeintlichen "Meisters" angedeutet, gleichzeitig wird ebendieses von ihm selbst erschaffene Bild zerstört und sein wahres Ich offenbart. Wir wollten deutlich machen, dass der sogenannte Garo-Meister nicht mehr ist als heiße Luft, ja nicht einmal Staub und Asche. Dass sich dies erst nach seiner Niederlage offenbart, zeigt die Täuschung, die er sich zunutze gemacht hat. Durch sein bloßes souveränes Auftreten überspielt der Garo-Meister geschickt, dass er in Wirklichkeit nur eine Mogelpackung ist, gleichzeitig verdeckt er auch seine innere Unsicherheit und fühlt sich so mächtig und kann seine psychische Instabilität gekonnt vertuschen.
      Doch wehe, jemand greift in dieses Idealbild ein und schädigt es, dann wird der "Pseudo-Ninja" ganz schnell in die Reserve gedrängt!

      Wer aufmerksam ist, merkt nun: Hier greifen bereits zwei unterschiedliche soziale Kritiken ineinaner über: Zum einen - klar - diesewelche an der Politik, die ähnlich wie unser Protagonist ein öffentliches Bild von sich vermittelt, dass der Realität nicht entspricht. Hakt man hier ein und bringt das Gesamtmotiv ins Wanken, so zeigen sich auch hier ganz schnell Risse und Lücken, unter Umständen gar der totale Zusammenbruch - wie beim Garo-Meister.
      Auf der anderen Seite steht nun etwas völlig anderes: Wir wollten mit unserem Gedicht auf die psychisch bedenkliche Situation vieler Menschen hinweisen, die sich nach Außen hin stark und souverän präsentieren. Wie in unserem Gedicht kommt es oft vor, dass diese Leute, gezwungen sich hinter einer falschen Fassade zu verstecken, innerlich verkümmern und bei der kleinsten Störung ihrer idealen Selbstdarstellung in sich zusammenfallen.

      Ebenso wie Garo-Meister im Verlauf unseres Gedichts sollten diese Leute es schaffen, wieder zu sich zu finden, ihr verfälschtes Bild für die Außenwelt gegen ihr wahres Inneres austauschen und aufhören sich hinter Lügen und Täuschungen zu verstecken.

      Die beiden letzten Strophen des ersten Akts verdeutlichen die Konfusion unserer Hauptfigur, auch deutet sich hier seine sexuelle Verwirrung bereits an, er kann sich nicht zwischen Hetero- und Homosexualität entscheiden und taumelt zwischen den Orientierungen umher. Dass er seine innere Ausgeglichenheit in dieser Hinsicht auch bis zum Schluss nicht findet, wird im dritten Gedicht erkenntlich. Doch dazau später mehr.

      Um nun zum zweiten Teil unserer Gedichtetrilogie zu kommen:
      Hier wird erneut die Psyche des Garo-Meisters behandelt, diesmal allergings deutlicher als zuvor. Dieser Abschnitt ist wie ein Psychiatergespräch aufgebaut, in dem der zu behandelnde Patient ebenjener Garo-Meister ist. Die Psychiaterfigur, dessen Identität ungenannt bleibt, versucht auf den Patienten einzureden und seine gebrochene Seele wieder zusammenzufügen.
      Zuerst tut er dies durch gutes Zureden, doch wir alle wissen, dass psychisch kranke Menschen sich durch bloßes Gerede nicht überzeugen lassen. Daher wird alsbald zu drastischeren Maßnahmen gegriffen, der Garo-Meister wird attackiert und in die Enge getrieben. Im Laufe der Therapie werden die Angriffe immer direkter, bis sich schlussendlich die Ursache seiner problematischen Situation herausstellt: Minderwertigkeitskomplexe, hervorgerufen durch ein zu kleines Glied.

      Dies macht deutlich, dass der Garo-Meister eine machohafte Ader hat, die sein Wohlbefinden und seinen sozialen Status auf die Größe seines Geschlechtsteils reduziert. Bereits in der Strophe zuvor wird dies angedeutet, da offensichtlich davon überzeugt ist, eine "Niete im Bett" zu sein. Vermutlich zurückzuführen auf eben erwähnte innere Reduktion auf die Länge des Glieds und das daraus resultierende Gefühl von Minderwertigkeit und Versagen.

      Es folgt, wie Neon sehr richtig erkannt hat, eine längere Pause - wie lange diese ist, wird im Dunkeln gelassen. Die inzwischen verstrichene Zeit wurde vermutlich für eine intensive Behandlung von Garo-Meisters Psyche aufgebracht.
      Nun könnte man davon ausgehen, die Behandlung sei erfolgreich abgeschlossen worden, der Garo-Meister sei geheilt worden. Auch im Gedicht scheint der Garo-Meister kein Thema mehr zu sein, ein unbedachter Wanderer durchquert ohne Vorahnung sein Hoheitsgebiet(gemeint ist der Ikana-Canyon). Doch plötzlich taucht der genesen geglaubte Garo-Meister aus seinem Versteck auf, der gegenteilig zur Annahme noch immer psychisch sehr labil ist und "überfällt" den Wanderer; auch auf die Verwirrung hinsichtlich seiner Sexualität wird hier durch den Exhibitionismusdrang deutlich hingewiesen. Nach dieser Aktion ist der Garo-Meister endgültig am Ende, er begreift schlussendlich wie verloren er ist. Da er seine auswegslose Situation nicht mehr verkraftet, wählt er in einem Akt der Verzweiflung den Freitod, um sein Leiden zu beenden.
      (Zur Erinnerung: "Zu sterben ohne unsere Körper zu hinterlassen … Das ist der Weg der Garo.", Spielzitat Majora's Mask)

      Die Deutung dieser Szene ist offensichtlich: Ernsthafte psychische Probleme sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, und man sollte sich nicht dem Glauben hingeben sie von heute auf morgen loswerden zu können. Selbst bei vermeintlich geheilten Patienten - wie dem Garo-Meister - können die Überzeugungen noch tief im Inneren verwurzelt sein und jederzeit erneut auftauchen.


      Im Fazit ist zu sagen: Der Garo-Meister steht in unserem dreiteiligen Gedicht stellvertretend für mehrere soziale Problematiken, wobei diejenige der inneren Zerrüttung und des Zerwürfnisses mit dem eigenen Ich besonders hervortritt. Er repräsentiert den Konflikt mit sich selbst, der in unserer Gesellschaft allgegenwärtig ist - viele Menschen unterschätzen psychische Krankheiten und tun sie leichtfertig ab, versuchen sich abzulenken und stürzen nur tiefer in die Verwirrung. Der Garo-Meister, äußerlich ein starker ehrenvoller Krieger, innerlich(und in Wahrheit) ein Wrack, ist ein abschreckendes Beispiel dafür, dass man solche Probleme ernst nehmen sollte, egal wie nichtig die Ursachen auch sein mögen - wie in unserem Beispiel das Geschlechtsteil des Protagonisten. Denn: Ist der Nährboden erst einmal gegeben, kann selbst die kleinste Saat prächtig gedeihen und heranwachsen, und schließlich Seele und Körper völlig zerstören.
      The World is full of Kings and Queens.
      Who blind your eyes, then steal your dreams.
      It's Heaven and Hell!



      AH! Du versaust mir den Groove!

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Freddi ()