Wie fang' ich an? Versuchen wir's mal so: Vol. 1 ist, und dahinter stehe ich mit Leidenschaft, schrecklich überbewertet. Seeeehr. Man wird in die Grundgeschichte, die Welt der Handlung eingeführt, alles sehr hübsch präsentiert und aufgemacht, der Anfang in Vernita Greens Haus, anschließend alles Rückblick von der "Hochzeit" bis zu jenem Zeitpunkt. Die Flucht aus dem Krankenhaus ist gut inszeniert, der Besuch bei Hattori Hanzo ebenfalls, sogar das völlig überzogene Auftreten der Yakuza und Beatrix' Stealth-Action im House of Blue Leaves fand ich noch recht gut gemacht, aber dann-- urgh.

Der Thread hier ist zwar Asbach uralt, aber srsly-- der sattsam bekannte Kampf gegen O-Rens Crazy 88 (wir erinnern uns: überall herumfliegende Gliedmaßen) ist zwar eine sehr hübsche Hommage an die ganzen Yakuza-Gorestreifen, aber verflucht noch mal, es ist einfach die mit weitem Abstand (!) langweiligste Szene beider Filme. Und darauf wird Kill Bill zu oft reduziert. Auf diesen Kampf. Von irgendwelchen Pfosten, die NUR Vol. 1 kennen, zudem.
Die Qualität steigt dann, Schneeoptik und Wasserspiel sei Dank, im Kampf gegen O-Ren wieder rapide an. Aber dennoch, es bleibt halt alles sehr schablonenhaft. Die Hintergrundgeschichte, die Charaktere (insb. Beatrix, leider) sind nur ein Typus, am meisten in Sachen Background erfährt man noch über O-Ren Ishii (sehr hübsch erzählte Animesequenz, ein Highlight in Vol. 1) und das will schon was heißen. Hatte hier auch stets das Gefühl, dass Uma Thurman schlechter spielt, als sie könnte. Als ich den Film zum ersten Mal sah, beeindruckte er mich angesichts der riesigen Marketingkampagne zum Release nicht besonders.

ABER DANN.

In Vol. 2 (für den im Vgl. kaum geworben wurde): Alles ganz anders. Und viel besser. Alles wirkt viel realer, menschlicher, viel aufgefüllter mit Emotionen, Hintergründen, Gefühlswelten. Die stets steril bleibende Welt der Gewaltorgien aus Vol. 1 weicht einer zerbrechlichen Welt voller kaputter Leute, man will kaum glauben, dass es eine direkte Fortsetzung. Man erlebt direkt zu Beginn den wesentlichen Teil des Two Pines-Massakers, von dem in Vol. 1 nur das Ende zu sehen war, anschließend großer Auftritt von Michael Madsen als heruntergekommener Ex-Killer & die buried alive-Szene (L'Arena als Soundtrack -- famos!) mit Rückblick auf die Lehre bei Pai Mei (kleine Referenz zu Vol. 1) und danach geht alles ganz schnell... Der ebenso chaotische wie klasse inszenierte Kampf gegen Elle Driver (denn sie und nicht etwa Bill ist Kiddos Nemesis, wie jeder bemerkt haben dürfte), der Besuch bei Esteban (eine allgemein stark kritisierte Szene, hab' ich nie nachvollziehen können) und dann-- FINALE. WOOHOO.

Ich möchte ja gar keine Worte über alles ab Beatrix' Ankunft auf der Hazienda verlieren, nicht etwa aus Spoilergründen, nein, mir fehlen einfach auch nach Jahren noch die Worte für a) diesen Storytwist und b) die großartige Interaktion der beiden (bzw. drei) Charaktere miteinander. Schon allein David fuckin' Carradine. Ich meine, ernsthaft. Vol. 1 fällt schon dadurch ab, dass er fast GAR NICHT drin vorkommt. Die letzte halbe Stunde, oder vierzig Minuten, jedenfalls das Ende von Vol. 2 ist einfach gran-di-os. Wer mir erzählen will, der Kampf sei "anti-climax", scheint irgendwo ganz gewaltig falsch abgebogen zu sein, denn er beginnt bereits weiiiiiit vor dem Kreuzen der Schwerter.
(Außerdem, der verdammte ABSPANN von Teil 2 mann! Alle Charaktere noch einmal mit Name und Darsteller! Zur Musik von Chingon! Das war so ein GROSSER Moment, dass ich zum wiederholten Male auch Großbuchstaben verwenden mus.)
Wer, wie viele Filmkritiker beim Release von Vol. 2, dem Film "erzählerische Längen" zuschreibt, die es "beim Vorgänger nicht gab" (und ähnlichen Schmu), der hat schlicht und ergreifend keine Ahnung von Filmkunst. So einfach ist das in meiner kleinen Welt. Hyper hyper. o/

Der Soundtrack ist zwar in beiden Teilen großartig, aber auch da trifft der zweite irgendwie 'nen besseren, geschlosseneren Ton, der erste wirkt auf mich zusammengestückelter (anbei, Demise of Barbara and Return of Joe als Hintergrundmusik zu Bills Tod = LE EPIC).

Wenn man's also, wie es sich für den Film gehört, beide Teile als ein Ganzes sieht, muss ich feststellen, dass die erste Hälfte so unnötig aufdreht, dass man schon gar nicht mehr glaubt, in der zweiten könne noch was richtig Großartiges kommen. Ich lasse zwar gelten, dass O-Ren direkt als erstes auf der Liste stand und Beatrix sich an ihr so richtig "austoben" konnte/wollte, aber das rechtfertigt keine dramaturgisch so navien Schnitzer wie die 88-Szene und mangelnde Charakterhintergründe.

Was Vol. 3 angeht, so hoffe ich, dass das Projekt noch gecancelt wird. Große Filme mit Fortsetzungen zerstören = NO GO. :[ Klar, es gibt noch Potential (Elle Driver & Vernita Greens Tochter...), aber trotzdem, es wäre einfach... so völlig falsch.

Vernita ist selbst Mutter geworden, hat also eine menschliche Seite (weshalb sie wohl ausstieg). Wobei der krasse Gegenteil zu Kiddo klar wird: Kiddo durfte nicht aussteigen und zu dem Zeitpunkt ist nicht klar, ob sie das Kind verloren hat.O-Rens Vorgeschichte lässt mMn direkt Sympathien für sie reifen, zumindest aber Mitleid. Besonders wenn sie sich am Ende entschuldigt.Budd erklärt offen, dass er Kiddos Rache für gerechtfertigt hält.Elle ist meiner Meinung nach wohl die einzige auf der Death List Five, der man nichts Positives abgewinnen muss. Bill hingegen kümmert sich um Kiddos Tochter, außerdem wirkt er nie als hätte er Kiddo aus Hass töten wollen sondern nur aus Enttäuschung. Er wirkt nicht wie der 08/15-Bösewicht, mehr wie eine Mischung aus dem kalten Genie und jemandem, der von seinen Gefühlen getragen wird und letztendlich aus Eifersucht und Enttäuschung den Tod eines Menschen in Kauf nimmt, den man eigentlich liebt.Um es abzukürzen: Im Gegensatz zu vielen anderen Filmen haben die Gegner einen sehr detaillierten Charakter, wobei nicht nur das Böse betont wird.